Full text: St. Ingberter Anzeiger

Mit dem Abschluß des jetzigen russfisch türkischen Friedensver. 
rages, dessen Unterzeichnung bevorsteht, wird gerade das Dußtzend 
der Friedensverteäge voll, welche Rußland und die Türkei und zwar 
jeit einem Zeitraume von zwei Jahrhunderten mit einander abge⸗ 
schlossen haben. Diese zwölf Friedensverträge sind 1. der Frieden 
mit dem Czacen Feodor II. ( 681), der Ruͤßlaud die freie Schiff⸗ 
fahrt auf dem Schwarzen Meere gestattete; 2. der Frieden von 
arlowiß (Januar 1699); 3. der Frieden von Ochaczk (1711); 
I. der Frieden von Belgrad (J. Sept. 1739); 53. der Frieden 
pon Kuschul-⸗Kainardschi (21. Juli 17743; 6. der Frieden von 
Jassy (9. Jan. 1792); 7. der Frieden von Bukarest (28. Mai 
1812); 8. der Frieden von Aljermann (Ottober 1826); 9. der 
Frieden von Adrianopel (14. September 1829); 10. der Frieden 
bon Paris (80. März 1856); 11. der Frieden von San Stefano 
(2. Mätz 1878), und 12. ber Frieden von Konstantinopel, dessen 
Ablchluß eben bevorsteht. Wann, wo und wie wird nun der durch 
jeine Zahl schon ominöse 13. russisch⸗türtische Ftiedensverlrag abge⸗ 
schlossen werden ? 
Die tarkischen Commissäre für die Grenzregulirung mit Mon⸗ 
tenegro sind am 18. Januar in Skutari eiagetroffen und setzten 
sich sofort mit dem Gentralgouverueur von Albanien in Verkehr 
Bermischtes. 
»Sit. Ingberti, 24. Jan. Einen trifiigen Grund zum 
Fechten“ gas uns gestern ein Handwerksbursche an, der, wie sein 
usteelen zu bekunden schien, dieses Geschaft schon lanze und am 
liebsten beireibt. Als er ohne „Zehrpfennig“ abgewiesen wurde, 
wurde er nicht grob und ungehalien, wie mancher andere. Mit 
lachendem Munde erklärte er: „Das ist m'r ganz gleich, ob ich 
waß betomme oder nicht. Ich wurde erst heute aus dem Arrest 
entlassen, den ich wegen Fechtens erhalten hatte. Ich fechte aber 
wieder, weil ich hoffe, dadurch bei der ungünstigen Witterung und 
den „ichlechten“ Zeiten ins Ttockene und zu Brod zu kommen.“ 
Ob wohl die Polizei seinen Wunsch erfüllte? 
* Fast alle Geschäftsbranchen leiden unter dem Druck der 
Zeit. Ueberall werden darum auch die verschiedenartigsten Verfuche 
uͤr Besserung gemacht. Nicht selten laufen diese einander sunur⸗ 
ftracks entgegen. So ist von der Wiedererweckung der Zünfte schon 
lange die Rede; in ihr erblickt man vielfach das beste Heilmittel 
für die Auswüchse der allgemeinen Gewerbefre heit. Wie nun aus 
Baden gemeldet wird, koͤnnen dortfelbst schon zur Zeit praktische 
Bersuche auf diesem Felde beobachtet twerden. JIu Pforzhe'm wollen 
namlich die Schmiede eine Innung gründen; in Freiburg haben 
fich bereits die Schreiner und Schuster zunftmäßig vereinigt. Neben 
der Pflege des zünftigen Gemeingeistes wollen dieselben die Aus 
bildung der Lehrlinge, sowie die Herstellung eines besseren Ver⸗ 
haͤltnissez zwischen Meistern und Gesellen fördern. 
⁊Am 21. Januar waren es drei Monate, daß des Sozia⸗ 
listengesetz in Kraft getreten ist. Es wurden in d'esem Zeitraum 
in ganz Deutschland verboten: 47 Zeitungen, 194 Veceine und 
229. Broschüren und Bücher. Zusammen ergingen also 470 
Verbote. 
(Gewãhrung von Ehrenzulazen an die Indaber des esernen 
sreuzes.) Das Militärverordnungsblatt Nt. 3 bringt das Reichs 
gesetz voin 2. Juni 1878 betreffend die Gewährung einer Eyren⸗ 
sulate an die Inhaber des eisernen Kreuzes vom Jahre 1870/71, 
dann die in Ausführung des 8 2 dieses Gesetzes erlassene kaiserliche 
Berotdnung vom 19. Nobemder 1878 zur Kenataiß und gibt die 
zu diesem Gesetze erlassenen Vollzugsbestimmungen gleichfalls belannt. 
Nach denselben ist die Ehrenzulage mon itlich post numerando 
zahlbar. Die Zahlung derselben erfolgt durch die Generalmilitar⸗ 
kasse und zwar an alle Empfangsberechtigten, soweit dieselben Mi⸗ 
litärpersonen des Friedensstandes sind, unter Vermittlung der zu⸗ 
ständigen Truppenkassen, an alle übrigen Empiangsberechtigten, 
soweil sie in München ihren Wohnsitz haben, durch die General⸗ 
wiluttossa direkt, aun die übrigen unter Vermittlung der mit 
Auszahlung der Reichsinvalidenpensionen beauftragten k. Fmanz⸗ 
und Militärkassen. Die Zahlung isi nur zu leisten gegen Vor— 
zeigung eines die Enpfangsberechtigung bescheinigenden Legitimations⸗ 
atlestes und gegen Aushändigung einer vollständigen, über die 
Zahlung des Vettages aus der Beneralmilitärlasse lautenden 
Quittung, auf welcher die Unterschrift und das Leben, sowie der 
Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte des Emp'ängers durch den 
Truppentheil beziehungsweise die Ortsbehörde descheinigt ist. 
7 De öffentliche Zehung der Nürnberger Lotterie findet am 
28. Januat 1879 in der Kalharinenkirche daselbst statt. 
Ausder Pfalz. Wer hier Gelegenheit hatte den Ver⸗ 
handlungen vor den kgl. Landzerichten anzuwohnen, dem wird es 
kaum entgangen sein, daß sich in den letzten Jahren besonders de 
slagenauf Auflsösung von Modiliar-Kaufvetträgen gegen früher 
auff illend vermehrt haben. Man werd kaam irten. wenn man diese 
xrscheinung in Verdindugg mit der all jeneinen Geschäftsflaue, den 
sgenannten schlechten Zeten brinjzt. Diese Act von Mobilien⸗ 
eckäufen ist eine Manipulalion leichtsfinniger und unredlicher 
Schuldner, welche hart an Betrug streift. Nicht nur in den unte⸗ 
ren' Sshichten der Bevölterung, sondern auch in den anscheinend 
besseren Classen gebraucht man dieses Mandver, wenn von Glaͤubi⸗ 
Jera gedräugt wird. Es werden dann die Mobilien tout la 
doutiqus an Verwandte und Bekannte verkauit, der Alt registrirt 
and wenn der Gerichtsvollzieher zur Pfändung schreitet, dann wird 
Dpposition gegen die Piandung gemacht und die Sache muß 
chließlich gerichtlich ausgetragen werden. Nicht nur Privatacte, 
ondern auch notarielle kauen aber, wenn eine unredliche Absicht 
der Contrahenten vetmuthet oder nachgewiesen wird, von den dabei 
interessitien Gläubizern angefochten werden. In vorkommenden 
Fällen darf man der richterlichen Gewalt vertrauen, daß sie bei er⸗ 
wiesenen Auhaltspunkten den fingirten Act unnachsichtig als wir⸗ 
ungtlos erklärt. Zuweilen wird dem Käufer und Berkäufer von 
dem Gläubiger der Eid über die Aufrichtigkeit und Wahrheit des 
Actes zugeschoben, welcher wenn spater als falsch erwiesen, die ge⸗ 
eßlichen Foigen des Meineides nach sich zieht. Sollte einer oder 
der andere der Leser durch Gegenwärtiges aufmerlsam gemacht 
verden, so sind diese Zeilen nicht zwecklos geschrieben. (Pf. K.) 
Fausder Pfal;. Jöteressante Verwechslung! Jüngst hat 
der Gemeindedieuer eines Dorfes in der Pialz Folgendes mit der 
Schelle bekannt gemacht: „Am nächsten Dienstag kommt der Ein⸗ 
aehmer und putz; nächsten Samstag kommt der Schornsteinfeger und 
sJebt Grundsteuer.“ 
*In der Racht von Mittwoch auf Donnerstag brannte es 
uu Zweibrücden in der Wirthschaft von J. Kopf Poststraße). 
Den Anstrengungen der Fouerwehe gelang es, das Feuer auf jeinen 
Heerd zu beschränlken. 
'Kaiserslautern, 22. Jan. Der Postwagen von 
Zauterecken kam heute früh in siark be schädigsem Zustönde hier an; 
)erselbe fiel zwischen erstgenanutem Orte und Woljstein die Bösch— 
ing hinab. Seitenwand und Wagendede siud abgerifsjen. Od 
Reisende beschädigt sind, ist nicht dekannt. 
FODeidetheim, 21. Jan. Seit ungefähr zwei Mo⸗ 
raten wurden dem Gutsdesizer Johann Ludwig Wolf in Wachen⸗ 
heim etwa 700 Liter jeinen Weines im Werth von 1000 M. durch 
diher unbelannte Thäret entwen det. Gestern wurde durch die 
genedarmerie von Dürlkheim bei zwei verdächtigen Personen Haus⸗ 
suchung gehalten und ein Haupischlüssel zum Wolf'schen Keller ge⸗ 
unden, Die Diede werden nug der verdienten Strafe nicht ent⸗ 
gehen. (Pf. Kurier.) 
fLandau, 28. Jan. Die Nachticht, daß in der Pfalz 
die 4 Bezirkegerichte ais Landgerichte bestehen bleiben sollen, hat 
ach einer Corresponsenz d.s „N. C.“ aus München die Abg. aus 
den altbayerischen Provinzen in hohem Grade überrascht. Man 
zrblidt darin eine gänzlich unmotevirte Begünst gung der Pializ, in⸗ 
dem in dieser Provnz ein Landgerichtsbezirk nur 150. 000 (160. 000) 
in den jensertigen Kresen dagzegen 200.000 Seelen umfassen 
pürde. Wir enigebmen aus dem Vorstehenden zunächst eine Be⸗ 
zatigung unserer früheren Mittheilung bezüglich der Zahl der in 
inserer Provinz zu errichtenden Landgerichte, zugleich aber auch, 
daß eine solche Bisttumung nicht ohne — hoffentlich ersolglose — 
Anfechtung bleiben witd. Eilbote.) 
f Vom Rhein. (Pi. Zeitunz.) Ju Nr. 1. der ‚Pfal;. 
dehrerztg.“ begegnen wir einer staristischen Zusam nenst lung „der 
Besoldungsverhälinmisse der Lehter in den größern Siädten der 
Piatz“ bezw. Bayerns. Hiernach beträgt der Marx malgehalt eintß 
behrers in München 2460 Mt., in Nürnberg 2232 Mt., in Augs⸗ 
butg 2180 Mt., in Lteg⸗nsburg 2060 Mt., in Landau (Pjalz) 
21384 Mi. in Ludvigshafen 1980 Mk., in Fürth 1900 Mt. in 
Zweibrücken 1850 Mi., in Würzburg und Landshut je 1800 Mt., 
in Speyer 1784 Mk., in Neustadt a. d. H. 1687 Mti. und in 
Zaiserslautern 1627 Mt. Alles einschlieklich der Remunerationen 
für Aohaltung der Sonntagsschule und der Cortecturgeldetr. Aus⸗ 
wärtige Dienftjahre werden in Neusladt voll, in Speh ˖r zur Halfte 
und in Kaiserslautern nicht angerechnet. Auch ergibt sich aus Vor⸗ 
ehendem, daß die Stadtlehter in dem jenseitigen Bayern durchweg 
efser besoldei sind, als in der Pfalz. Hierzu kommt aber noch, 
daß in dem rechtsrheinischen Bayern den Lehrern noch sehr nam⸗ 
hafie Quiescenzbezüge, Waisen⸗ und Wittwen⸗Uaterstützungen, neben 
den staatlichen, zugesichert sind. So beziehen die Lehrer in München 
ind Nuͤrnberg im Falle der Pensionirung 30, s20, 20 und 200 
hres Activzehaltes; Augsburg zahlt einem Lettter mit 10 Dienst⸗ 
Agren Ind mit 20 Dierstj. Nuon, mit 80 Dienstj. Nuo0 und m'i 
10 Dienstjahren den vollen Betrag seines Act v lätszehaltes. In 
Würzburg wird zu den staulichen Pensiondbezllen ein Zaschuß biß 
iu 70, 8, No und nich 49 Dienstlahren bis zum oollen Be⸗ 
irag des bisherigen Gehaltes geleist t. MAehulich in Farih; Kegens⸗ 
zurg gewährt den Lehceen einn Q uescen gehalt voa 1200 Mt. 
jädclich und unterstügt Lihrer: Witwen und Wusen nah Analogie 
der Staitsdien: t⸗ Neliiten. Ju Lindshat erhält ein Lehcec dei eir⸗ 
sretender Prensipnirunz *45 seines Functionzzeh iltes und in Kempf