Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M I1B38. 
Sonntag, den 3. Oktober 
1879. 
Deutsches Reich. 
München, 1. Olt. Das Justizministerium hat über die 
Geschäftsführung der Gerichtsvollzieher 36 Paragraphen 
enthaltende Vorschriften ergehen lassen. Ebenso wurden über die 
Ausführung der den Gerichtsvollziehern obliegenden Zustellungen und 
Anheftungen Weisungen ertheilt. 
Die wichtigsten 88 des der Kammer vorgelegten Entwurfes 
der Malzaufschlagsnovelle haben solgenden Wortlaut: 
Z 2. Art. 8 des Gesetzes über den Malzaufschlag vom 16. Mai 1868 
soll lauten: Von dem Hektoliter ungebrochenen Malzes ohne Unter⸗ 
jchtidung zwischen trockenem oder eingesprengtem Malze und ebenso 
pon dem Hekioliter des zur Grünmalzbereitung für aufschlagpflichtige 
Fabrikation bestimmten Getreides wird als Rerarialmalzaufschiag der 
Betrag von vier Mark, von dem Helioliter des zur Bierbereitung 
bestimmten Malzes der Betrag von fünf Mark nach der in der 
Mühle oder am Betriebsorte vorgenommenen Abmessung erhoben. 
Ein Malz⸗ oder Getreidequantum, welches weniger als vier Liter 
beträgt, bleibt außer Ansatz. Die k. Regierung ist ermächtigt, den 
Lluffchlag für das zur Bereitung von flüssiger Kunst ⸗(Malz) Hefe 
bestimmte Malz, insoferne hiebei das gewöhnliche Maß der Malz 
verwendung bei Herstellung von trockener Hefe Übeirschritten wird, 
zu einem Theile zu erlassen und die deßfalls nothwendigen Sicher 
ungs maßregeln anzuordnen. Art. 8. Art. 11 erhält im Äbs. 1 jclh 
gende Fassung: Wird im Inlande erzeugtes Bier in das Ausland 
ausgeführt, so hat der Ausführende für jede Sendung, welche min⸗ 
destens sechszig Liter bettägt, Anspruch auf Rückvergütung des 
Malzaufschlages. 
Attikel 1. Dem Artikel 6 dis Malzaufsschlaggesetzes von 
1868 ist als vierter Absatz beizufügen: „Das zur Erzeugung von 
Branntwein und anderen Spirituosen, von Essig oder Hefe della⸗ 
rirte Malj darf ohne besondere Genehmigung und Nachzablung des 
nach dem höheren Steuersatze treffenden Aufschlages nicht zur Bier⸗ 
bereitung verwendet werden.“ Art. 4. Dem Art. 27 ist ala 
fiebenter Absatz beizujügen; „Die Haltung von Futterschrotmühlen 
ohne Kontrolapparat kann, wenn ein aufschlagpflichtiges Geschäft 
aicht betrieben wird, auch in anderen als den vocstehend (Abs. 6) 
bezeichneten Fallen, beim Nachweise des Bedürfnisses unter geeig⸗ 
neter Kontrole gestattet werden.“ Art. 5. Art. 43 Ads. 83 soll 
lauten: „Die gemäß der bezeichneten Einhebungstermine gewährte 
ordentliche Stundung (Nachborge) tritt dann außer Wirlsamkeit, 
und es ist die Aufschlagberwaltung zur sofortigen Einforderung des 
verfallenen Aufschlages befugt, wenn der Besißer eines aufschlag 
pflichtigen Geschaftes dasselbe deräußert oder wenn besondere Um⸗ 
stände einen Ausfall im schuldigen Aufschlag besorgen lassen, es sei 
denn, daß der neue Erwerber die Berichtigung der bestehenden Auf⸗ 
schlagschuldigkeit nach Ausweis des Vertrages übernimmt, oder daß 
eine von der Aufschlagverwaltung als ausreichend erkannte Sicher⸗ 
heit bestellt wird.“ Art. 6. Dem Art. 69 ist als zweiter Absaß 
beizufügen: „Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welter das zut 
Erzeugung von Branntwein und anderen Spiriiuosen, von Essig 
oder Hefe declarirte Malz ohne besondere Genehmigung und Nach- 
zahlung des nach dem höheren Steuersatze treffenden Aufschlages 
zur Berbeceitung verwendet.“ Art. 7. Die Ueberschrift des rt. 
77 hat zu lauten: „Desfraudation in Fallen der Rückvergütung und 
des Erlasses von Malzaufschlag.“ Der genannie Aruülel erhält 
jolgende Fassung: „Wer im Inlande erzeugtes Bier zum Zwecke 
der Rckvergütung des Malzausschlages zur Ausfuhr deciacirt, wäh⸗ 
tend in den Gefähen, welche augeblich das Bier enthalien sollen, 
kein Ber oder solches in geringerer, als in der declaritien Quan⸗ 
tität sich befindet, ist mit dem zehnfachen Betrage der Rüdver⸗ 
gütung, welche er sich widerrechtlich zu verschaffen suchte, zu strafen. 
Außerdem ist derselbe zum Ersatze der widerrechtlich dezogenen Rüd⸗ 
bergütung derpflichtet. Wer zum Zwede der Erlangung eines Auf⸗ 
ichlagerlassez nach Art. 8 übs. Zdie Menge des zur Hefenbe⸗ 
teitung verwendeten Malzes unrichtig declarirt, ist min dem zehn⸗ 
jachen Betrage des Rachlasses, weichen er sich widerrechtlich zu 
xerschaffen suchte, zu bestrafen. Außerdem geht der Schuidige der 
zewährten Begünstigung verlustig.“ Art. 8. Art. 80 Ziffer 6 
joll laukten: „G, poletitirtes Malz zu einem anderen als den in 
der Polette ungegebenen aufschlagpflichtigen Zwecke verwenden, ohne 
vorher die Abaänderung der Polette erwirkt zu haben, insoferne nicht 
hiedurch eine im Art. 69 oder im Art. 77 vorgesehene Ueber⸗ 
sretung begangen wurde.“ 
Art. 9. Gegenwaͤrtiges Gesetz trilit am 1. November 1879 
im ganzen Umfange des Konigsreichs in Wirksamkeit. Die kgl. 
Staatsregierung ist indeß ermächtigt, den Erlaß des Ausschlages für 
Hdefenmalz (Art. 2) auch sur das vor dem gedachten Zeitpunkt seit 
1. Januar 1879 verwendete Malz zu gewähren, wenn die Menge 
des zur Hefenbereitung verwendeten Malzes in sicherer Weise nach⸗ 
räglich festgestelli werden kann. 
Der „Bayer. Kur.“ bemerkt zu dem Finanz⸗Erposé 
des Herrn Finanzministers von Riedel: „In jedem Falle bleibt 
nach des Herrn Finanzministers Rechnung ein Defizit, das durch 
krhöhung der direkten Steuern gededt werden muß. Der Herr 
Finanzminister bemerkte dabei, wir wissen nicht zum Ttoste oder 
zur Entschuldigung, daß in Bayern die direlten Steuern seit 1856 
nicht erhöͤht worden seien. Das ist richtig, und doch weiß jeder 
Zteuerzahler, daß fich seine Steuer bei einem unveränderten Ein⸗ 
ommen seit jener Zeit sehr bedeutend, oft um das Doppelte erhöht 
hat. Die Kreis-, Distriktb und Gemeindelasten 
ind eben ganz außerordentlich gewachsen. Wir glauben auf diese 
Thatfache sollte die kgl. Regierung einmal recht ernstlich ihr Augen⸗ 
nerk richten. Statt kostspielige Institutionen, für welche im Land⸗ 
iag die Mittel nicht zu bekommen sind, den Steuerzahlern durch 
willfährige Kreisvertretungen aufhalsen zu lassen, sollie sie die 
Minel⸗ und Unterbehörden der Verwaltung einmal recht ernsilich 
inweisen, daß auch sie der Noth der Zeit Rechnung tagen. Un⸗ 
erer Staatscegierung ist ohne Zweifel belannt, wie enorm inner⸗ 
jalb 20 Jahren die Schuldenlast der Gemeinden gewachsen ist. 
xẽs ist neben vielem Uebeiflüssigen gewiß auch recht Nützliches und 
Angenehmes geschaffen worden, aber die wirthschaftliche Lage for⸗ 
derte gebieterisch die Einschrankung auf das Nothwendige. Das 
joll nicht blos von der Volksvertretung und der Staatsregierung 
zedacht, sondern von letzterer auch den Kreigregierungen und Be— 
irksamtera eingeschärft werden. Man möge die Kreid⸗ und Di⸗ 
triktsvertretungen nicht ferner Rit mehr oder weniger langen Nasen 
zedelligen, wenn dieselben nicht zu allen Wunschen der Verwaltungen 
zereitwilligst Ja und Amen sagen, kutz man moͤge auch nach unten 
sin zum Sparen zwingen, dann wird die allgemeine Staatslast 
rtrãglicher sein, auch wenn sie gesteigert wird. Wenn aber von 
allen Seiten dem Rücken des Volkes aufgeladen wird, so trägt 
et's eines Tages nicht mehr.“ 
Berlin, 1. Ott. Zwei hohe amerikanische Postbeamte sind 
in Berlin eingetroffen, um über den Abschluß eines neuen Vertrags 
wischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Rordamerita 
etreffend den Austausch von Postanweisungen zu verhandeln. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 4. Oklibr. Heute früh kurz vor 5 Uhr 
iel der bei dem Ackerer Ludwig Fleck in Dienst siehende Knecht 
Jacob Preizemann aus Engsheim beim Heuholen vom Speicher 
serab und starb in Folge des Sturzes nach etwa 2 Siunden. 
f Der „Pfaͤlzer Zig.“ wird geschrieben: „Ihre Mittheilung 
zezüglich des Papiersformates zu Emgaben und Gesuchen 
st nicht richtig. Allerdings soll nach riner Bela nutmachung vom 
23. August — Ges. und Verord.VBi. Ne. 51 — vom 1. Oltober 
in im amtlichen Verkehre nur noch Papier des neuen Formates 
erwendet werden, „unbeschadet jedoch der in 8 2 der Belannt⸗ 
nachung vom 12. April 1877 statuirten Ausnahmen“, und hier 
Jeißt es: Private können sich zu ihren Eingaben auch der Brief⸗ 
ogen in Quariform bedienen.“ Was die Bemerkung bezüglich 
»es Stempels betrifft, so glaube ich darauf aufmerlsam machen zu 
nüssen, daß vomn 1. Ottober an der Stempel für Eingaben und 
zeren Beilagen ausnahmslos aufgehoben ist; alle Eingaben ꝛc. find 
aher auf frei Papier zu schreiben. Ueberhaupt sind vom 1. Oltober