Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ai. Angberter Aunzeige 
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A 160. 
Donuerstag, den 9. Oktober 
1875 
Deutsches Reich. 
Munchen, 6. Oktbr. Aus dem Budgetentwurf für das 
Telegraphenwesen ergibt sich, daß für den internen bayerischen Ver⸗ 
lehr vom 1. Januar 1880 an eine Steigerung der Telegraphen⸗ 
zebühren um 6623 Prezent beabsicht'gt ist, indem mit Rücksicht 
auf die stetig sich mindernden Einnahmen statt der dermaligen Wort⸗ 
joxe von 3 Pf. auch im inlernen Verkehr die im Reichstelegraphen; 
gebiete und im gesammten Wechselverkehr bestehende Woritaxe von 
5 Pf. zur Einsführung gelangen soll. Die aus dieser Erhöhung 
rwartete Mehreinnahme ist auf 210,000 Mt. veranschlagt. 
München, 6. Okt. Der Finanz⸗-Ausschuß der Kammer 
zer Abgeordneten hält am Mittwoch Vormitlag Sitzung, in welcher 
Besprechung über den Gesetzenswurf den Malzaufichlag betreiffend 
erfolgt. 
Der Antrag des Finanzministers v. Riedel auf Erhöhung des 
Nalzaufschlages soll in Abgeordnetenkreisen ebensowenig 
Sympathie finden als bei der Berölkerung. Man füurchtet in 
Müuchen, daß eine weitere Vertheuerung des Bieres namentlich in 
den unteren Classen, die durch die neuen Zölle ohnehin schon stark 
in Anspruch genommen sind, Erbitterung hervorrufen und so den 
o zialdemokratischen Bestrebungen neue Nahrung zuführen würde. 
Vor wenigen Tagen soll Beiliner Blättern zufolge Herr v. 
Forckenbeck zu mehreren seiner politischen Freunde gesagt ha 
ben: „Wenn wir jetzt in eine Reaktion hineingerathen, so 
wird diese viel schlimmer sein, als je eine frühere.“ 
NKusland. 
Venedig, 7. Oklt. Der Kronprinz des Deuischen Reiches 
ist heute im streugsten Inkognito hier eingetroffen und hat in dem 
Hotel Royal Danieli Wohnung genommen. 
unter der Arbeiterbevöllerung seit Kurzem reges Leben. Eine Berg⸗ 
»augefellschaft aus der preußischen Rheinprodinz läßt in dem ganj 
nahe an Bingert gelegenen Niederhäuser Waide die alten verfallenen 
Bergwerte wieder auftäumen, um nach Quecksilber zu suchen. Acht 
Bergleute aus Trier unter Führung eines Steigers find dort nebst 
einigen Arbeitern aus Bingert beschäftigt. Es steht zu hoffen, daß 
in kurzer Zeit noch mehr Arbeiter dart beschäftigt werden können. 
f Ein Fall, welcher lebhaft an den von einem Elberfelder 
Aczte verschluckten und nach monatelangem schwerem Siechthum 
zlüchlich wieder ausgeworfenen Hemdknopf erinnert, ist auch in 
Vaiunz vorgekommen. Ein junger Mann verschluckte vor 13 
Jahren einen Tap⸗ziernagel, welcher durch die Luftröhre in die 
runge drang. Da der Nagel nicht beseitigt werden koönnte, trat 
ine Vereiterung ein, in deren Folge der Arme von einem starken 
Schleimauswurf geplagt wurde und einem körperlichen Siechthum 
zerfiel. Als dieser Tage der Leidende nun wieder von einem sol⸗ 
den Husten befallen wurde, kam mit bedeutenden Schleimmassen der 
dagel zum Vorschein. Dantk der Entfernung dis Störenfrieds er⸗ 
reut sich der junge Mann nun wieder völligen Wohlseins. 
fFBockenheim, 2. Okt. Dienstiag Nachmitlaz wurde 
iin zu 5 Jahren (1) Festung verurtheilter Husar von hier nach 
Dainz zar Verbüßung seiner Strafe abgeführt. Derselbe hatte im 
etzten Manöder einen Kameraden, der wegen eines Dienstvergehens 
in einen Baum stranm gebunden worden war, aus Mitleid mit 
»emselben die Banden eiwas gelockert. Der Wachtmeister der Es—⸗ 
adron, der dies beobachtet hatte, eilte herbei usd ohrfeigte den 
pzusar ob seines Mitleids. Der Husar vergalt Gleiches mit Glei— 
hem und wurde jichließlich festgenommen und später zu obiger 
A 
FMünchen, 2. Ott. In Abgeordnetenkreisen ist d'ie 
Meinung stark vertreien, daß wenn man der Erhöhung des Malz⸗ 
nufschlags um Va Pf. per Liter zustimme, es besser sei, gleich einen 
zanzen Pfennig aufzuschlagen, da anzunehmen ist, daß der andere 
i/jx Pf. doch nur in de Taschen der Bräuer fleßen würde. 
München, 6. Olt. Nach den bis jetzt eingegangenen Be⸗ 
ichten haben die Prüfungen der im Oktober v. J. eingetretenen 
kinjährig Freiwilligen Behuss Beförderung zum Reserve⸗Ofsizier 
ein günstiges Resultat ergeben und wird die große Mehrzahl der—⸗ 
Iben als Gefreite in die Reserve versetzt; so haben z. B. von 
7 Kandidaten des 1. Feld⸗Art.eRegis. nur 7, von 28 des 8. 
Feld-Art. Rgts. gar nur 8 das Qualffikations-Aitest zum Reserve⸗ 
Affizier erhalten und wurden zu üherzähligen Unteroffizieren beför⸗ 
dert. Das Gleiche war bei 18 von 22 Kandidaten des Infanterie⸗ 
deibregiments der Fall. 
FStaraberg, 2. Okt. Gestern in den Mittagsstunden 
jab es auf unserem Bahnhof eine aufregende Scene. Von Weil⸗ 
zeim war telegraphisch Sicherheitsmannschaft an den Bahnhof re⸗ 
zuirirt, da mit dem betreffenden Zuge ein sehr gefährl cher Ver⸗ 
techer die Station passiren würde. Die hiesige bewaffnete Macht 
»ersammelte sich und traf richtig den Signalisirten nichts ahnend 
n einem Coupe. Derselbe war so überrascht, daß er sich faft 
villenlos in den Warisaal führen ließ; h'er aber fing er an sich 
u wehren, so daß er nur mit Mühe von mehreren kräftigen Män⸗ 
jern überwältigt werden konnte. Er wurde sofort untersucht, und 
nan fand bei ihm Geld und Werthsachen, sowie verschiedene Legi⸗ 
imalionspapiere, von denen eines auf den Namen Wild ausgestellt 
har, uud einen geladenen Revolver; als ihm letzterer weggenommen 
hvurde, äußerte er grimmig, er bedauere, nicht gleich im Coupe ge- 
hossen zu haben. Ueber sein Verdrechen ist hier Folgendes be⸗ 
annt geworden: Der Verhastete, ein etwa 24jähriger Mann von 
ingenehmen Aeußern, hatte in Weilheim bei dem Lohnlutscher und 
Delonom Joseph Lindner in Dienst gestanden, vorgestern Abend 
exst dessen Haushälterin, dann den Bauern selbst erschlagen und 
Veld und Werihlsachen sich angeeignet. Da die drel allein hausten, 
st das Verbrechen erst in der Früh entdect worden. Der Mörder 
jatte die Nacht bei seiner Geliebten zugebracht und war gegen Mit⸗ 
ag in den Muünchener Zug gestiegen, der ihn dann allerdings blos bit 
jieher brachte. Heute ist er der zuständigen Behörde zugeführt worden. 
BVermischtes. 
F Nach der Gemeinde⸗Ordnung millssen die Gemeinde— 
watzhben für die Wahlperiode 1879/84 in den Monaten Novem⸗ 
ver und Dezember nächsthin stattfinden in der Weise, daß sie bis 
15. Dezember beendigt sind. Die Bürgerme'sterämter werden daher 
zeauftragt, zum Vollzuge dieser gesetzlichen Besiimmungen im Laufe 
des Monals Oktober die Listen der Wahlberechtigten herzustellen. 
Diese Listen sind nach vorgängiger Bekanntmachung während 10 
Tagen im Gemeindehbause oder in einem sonst geeigneten Lokale zur 
Finsicht der Gemeindebürger aufzulegen. Die gegen die Wählerliste 
rhobenen Reclamationen sind dem Gemeinderathe vorzutragen, der 
jierüber unter Vorbehalt des Recurses zu entscheiden hat. Sobald 
die Wahlliste ducch den Gemeinderath richtig gestellt ist, hat das 
Bürgermeisteramt dies sofott dem kgl. Bezirlsamte anzuzeigen, damit 
dasselbe die Wahlcommissäre ernenne. Die Listen der Wahlberech⸗ 
ligten müssen in allen Gemeinden des Kreises bis längstens 31. 
Oltober nächsthin festgestellt und berichtigt sein. Durch die gegen 
Berichtigungsbeschlüsse der Gemeinderäthe eiwa erhobenen Beschwerden 
darf das Wadlverfahren nicht aufgehalten werden. Die berichtigte 
diste bildet die Grundlage der Wahl. Es kann also Niemand 
vählen oder gewählt werden, der in diesr Liste nicht eingetragen ist, 
z sei denn, er waäre erst nach Ablauf der Reclamationsfrist in den 
Besitz des Wahlrechtes gelangt oder es wäre sein Wahlrecht seit 
Abschluß der Liste durch Entscheidung einer höheren Instanz aner⸗ 
'annt worden. Die eine wie die andere Voraussetzung hat er bei 
dem Wahlausschusse durch ein Zeugniß der Gemeinde-Verwaltung 
nachzuweisen. 
F Am 4. ds. ertränkte sich in Zweibrücken im Canal 
ein junges Mädchen (Leyser) von hier, wie man sagt, aus reli⸗ 
ziösem Fanatismus — sie war Methodistin. (Pf. Pr.) 
F Im Bahnhofe Kaiser blautern wurde am Montag 
der Arbeiter Prill aus Boͤcweiler überfahren; der 24jährige Mann 
tarb nach kurzer Zeit. 
F In Neustadt beschlossen die Bürgermeister von Haardt, 
Bimmeldingen, Königsbach, Winzingen, Hambdach und ein Vertretet 
von Neustadt, den Beginn des Herbstes auf Donnerstag, den 16. Okt. 
estzufetzen. 
bFeil, 6. Olt. In dem nahegelegenen Bingert herrscht