Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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1879. 
„Die Theuerung der Lebensmittel⸗ 
betitelt sich ein Artilel der in Berlin ersa einenden „Hausfrauen⸗ 
Zeitung“, der sich in sehr treffender Weise ber de thatsächlich 
vereits eingetretene und noch wener zu erwartende Theuerung der 
nothwendigsten Lebensmitlel ausspricht und sich an die Hausfrauen 
vendet, in deren Ressort dieser betrübende Umstand einschlägt. 
Wir entnehmen den Ausführungen des genannten Blatles Folgendes: 
Der herannahende Winter brinzt den Hausfrauen werihschaft⸗ 
liche Zustände, deren Tragweite um so empfindlicher wirki, als sie 
)en Ausgabeetat fortwährend vermehren, während die Einnahmen 
der Manner in Folge. des seit Jahren zurück zehenden Geschäfts⸗ 
danges in fast allen kaufmännischen und industriellen Zweigen ge⸗ 
ringer werden. Eine Hauptsorge der Hausfrau ist die Eintheilung 
des Wirthichaftsgeldes bei der ihr oblhegenden Ernährung der Fa— 
milie. Nicht allein in den mittleren und unteren Schidten der 
Besellschaft, sondern auch bei e'nem großen Theil der höheren und 
wohlhabenderen Kreise rechnet die Hausfrau mit beschränkten und 
jest bestimmten Mitteln. Je geringer die Geidmittel sind, welche 
einer Hausfrau zu Gebote stehen, desso schweter bedruͤckt ie die 
Sorge, durch ihre Wirthschafisführung die Hausgenossen zu befrie⸗ 
digen. Ihr Mann und ihre Kinder, sowie ihre Dienstleute haben 
XX Lebensbedürfnisse der Ernaͤhrung und Sättigung, wie die 
Blieder einer beglierier Familie. Aber während sie ber den ein 
achsten Anschaffungen und Zusammenstellungen der Mahlzeiten fich 
auf das geringste Maß einschränken mußz, braucht die glücklichere 
Schwester nur eine verständige Wahl aus der Fülle des Gebotenen 
zu treffen, um reichlich und vom Besten ihre Vorräthe in's Haus 
u schoffen. Immer find es die miere unteren Klassen, 
pie weniger begüterten, die Armen und Aermsten, welche unter 
Theuerung und allgemelnen Nothverhältnissen am Meisten leiden. 
Diejenigen, welche am Härtesten kämpfen und arbeiten müssen, ha⸗ 
pen auch zuerst jede Entbehrung zu ertragen. 
So ist auch im gegenwärtigen Augenblick die Theuerung der 
debensmittel eine Ursache gerechser Klagean der Hausfrauen“ und 
iegt Unzähligen die Pflicht der Einschränskung und Berechnung auf. 
Wir wollen einpmal die Nahrungs: und Genußmitlel nennen, die 
in lezter Zeit in unerhörter Weise in die Höhe gegangen sind, 
heils in Folge der Steuer fttt auslandische Bezüge, heils in Folge 
der Mißernten in anderen Landern, welche bei unß eine größere 
—XC deranlassen, theils der Mißernle in einzelnen Gegenden 
Deutschlauda, wobei auch Spelulationen eine große Rolle spielen 
ögen. So stieg der Zucker vom normalen Preise im Sommer 
ols jetzt ab Fabcit pro Pfund um 9 bdis 10 Pf., das Mehl pro 
bfund 5 his 6 Pfendig, alle Mehlfrüchte in gleichem Verhaͤltuiß, 
dulsenftüchte um 6 bie 10 Pf.,die Kartoffel wird von Woche 
Woche höher auf den Markten bezahlt, die Butter wird bereits wie 
in jedem Winter theurer; nur das Fleisch, das allerdings seit Jahren 
einen hohen Preis behauptete, ist keiner Steigerung unterworfen 
zewesen sda spricht die „Hausfrauen-Zig.“ doch nur von einem 
olalen Vortheil,der für andere Verhalinsse nicht mehr zutrifft]; 
dagegen ist das amerikanische Oorned beet um 5 Pf. theurer ge⸗ 
vorden. Eine dorzügliche Ernte wa mn in Dauerfrüchten, deren 
Breis ein mäßiget ist. 
Wenn wir nun ietzt schon bei der eingelretenen Theuerung 
ede Mahl,zeit mit vergroͤßerten Ausgaben herstellen, wenn ganz be⸗ 
onders der Arme darumet leidet, daß er Brod, Mehl, Kartoffeln, 
dü senfrüchte u, s. w. theurer bezablen muß, wie wird es erst deu 
perechnenden und auf beschränkte Miltel angewiesenen Hausfrauen 
ergehen, wenn die Kornsteuet mit dem neuen Jahre in —XL 
Daß die Theuerung bereits einen allgemeinen Einfluß ausübt, 
then wit an dem dirmeheien Besuch der Volkskuchen, wie aller 
zemeinnützigen Speiseanstalten, weii mir der Großbetrieb bei Massen⸗ 
inkäusen und Ersparnifsen der Feuerung dem Sturm der angraͤn⸗ 
jenden Theuerung Trotz zu bieten vermaz. Während das Rohma⸗ 
erial steigt, find die Pteise der Garküchen und Wirthschaften nicht 
heurer geworden. Wie lange aber werden all diese Anstallen der 
ottwaͤhrenden Preissteigerung noch Stand halten boönnen? 
kines ist undedindt nothwendig, daß die Hausstauen in solchen 
Zenten sich mehr denn je um d'e Marktverhältnisse und Wirthschafts— 
einkäufe lümmern, daß fie von den Ursachen Kenntniß nehmen, deren 
Wirkungen: das Haus empfindet, und daß sie fest zusammenhalten, 
damit zu der durch Konjunkturen und Steuern herbeigeführten Theuer⸗ 
ung nicht noch eine willkürliche Vertheuerung hinzutritt. — 
AHeutsches Reiqch. 
Mänchen. Der Abq. Schels hat folgenden Antrag zu den 
Nachweisungen über den „Eiat der Oelonomicen und Gewerbe“ für 
das Jahr 1877 in der Kammer der Abgeordneten eingebracht: 
„Die Kammer wolle beschließen: „„Es sei den Nachweisungen über 
zie Einnahmeposition zu 181,090 M. 18 Pf. Mieth- und Pacht⸗ 
rtrag aus Gebäuden und dazu gehörigen Gärlen““ die Anerkenn⸗ 
ing zu verjage. Motive. Es handelt sich hier nicht um die Frage, 
ob die kgl. Staatsregierung berechtigt ist, Dienstwohnungsfreiheit 
den Staatsdienern zu bewilligen, welche Frage den Verhandlungen 
es Finanzausschusses zu Grunde gelegt und von ihm in seinem 
Zeschlusse aus streitig bezeichaet wurde. Die Frage, um die es sich 
lier dreht, ist eine ganj andere. Die Mielhzinsen, welche der kal. 
Ztaatsminister des Inneren und die kgl. Präsidenten der kgl. Kreis⸗ 
egierungen für ihre Dienstwohnungen an die Staatskasse zu ent⸗ 
ichten hatten, waren in dem zwischen der kgl. Staatsregierung und 
den beiden Kammern vereinbarien Budget für die 13. Finanzperiode 
und in dem von Sr. Majestät dem König sanctionirten Finanzge⸗ 
etze etatisirt. Dadurch, daß die kal. Staalsregierung im Laufe 
der 13. Finanzpetivde dem !Igl. Staatsminister des Innern und 
den Präsidenten der Kreisregierungen die Miethzinse für ihre Dienst⸗ 
vohnungen — die im Ganjen jährlich 42071 M. betrugen — er⸗ 
ieß, hat dieselbe eine etatisfirte Einnahme aufgegeben, und hierzu ist 
e nicht berechtigt. Deßwegen beanfrage ich, den Nachweisungen 
lber diese Einnadmeposition die Annerkennung zu versagen“. 
Berlin, 19. Novbr. Nah den gestrigen Verhandlungen 
iber das Schankstättensteuergesetz zu schliehben, hat dasselbe nicht 
ziel Aussicht guf eine Majoriͤt, Auch die Redner von der Rech⸗ 
en, die den Entwurf nach Moͤglichkeit vertheidigten und über den 
Jrünen Klee lobten, mußten sich gleichwohl zu dem Eingeständniß 
jerbeilassen, daß eine große Vienge lleiner Gastwirthe durch ein 
)eratliges Gefetz brodlos werden würde. Schon jetzt laͤßt sich vor⸗ 
nussehen, daß die Kommission, wenn sie die Vorlage nicht gerade⸗ 
oegs ablehnt, dieselbe doch dergestalt abändern wird, daß fie ihrer 
ez gen Form kaum noch ähnlich sehen dürfte. In diesem Falle 
vilrde natürlich die Regierung den Entwurf ganz zurückziehen, an⸗ 
tatt ihn in wesentlich gemilderter Tendenz zur Ännahme gelangen 
in lossen. Und wer weiß, ob ein detartiges Schichsal des Gesehes 
nicht auch den Konservatiben ganz erwünscht lommen würde. Sie 
vissen recht gut, daß die Landbevölkerung auf das Schanlsteuergesetz 
nicht gut zu sprechen ist, und fürchten vielleicht, nicht wieder gi— 
vählt zu werden, wenn sie zum Zustandekommen des allgemein 
zemißbilligten Gesctzes mitwirken. Im Uebrigen erhält sich auch in 
harlamentarischen Kreisen die Meinung, daß die Regierung selber 
Jar nicht so großen Werih auf die Aunahme des Gesetzvorschlages 
ege, denselben vielmehr nur als eine Urt Abschlagszahlung auf 
hr Versprechen betrachte, die Kommunen eutlasten zu wollen, da 
ie in anderer Form für die nächsten Jahre nichts zu dieser Ent⸗ 
astung beitragen koͤnne. (Berl. Tagebl.) 
Nach der ‚Frtantf. Ztg.“ wäre nicht die Einführung einer 
zreußischen, sondern einer deutschen Reichsbörsensteue,e 
X 
Ausland. 
Wien, 18. Nob. Enn den beiden hiesigen offiziösen Blättern, 
em Fremdenblait und der Presse angeblich aug Rom zugekommenes, 
mter Vorbehalt wiedergegebenes Telegramm meldet, der Nuncius 
Falobini habe on den Papst geschrieben, er koͤnne ihm die erfreuliche 
Nittheilung machen, die Unterhandlungen mit Deuschland seien so 
ben glüclich beendet. Jacodini werde noch im Dezember in Berlin 
nit Bismark eine Zasammenkunft haben und sich dann zur Bericht⸗ 
rstattug nach Rom begeben. Die Beftatigung dieser Rachricht ist 
bzuwarien. 
Partis, 17. Nov. Eine Uebersicht der bisherlgen Wirkungen