Full text: St. Ingberter Anzeiger

sich die Erlaubniß, eine Nath auftrennen zu dürfen, und zeigle dem 
erstaunlten Kurfürsten in dem Teppich die Firma Lesißler. Wir 
scheinen in den 60 Jahren, die seit diesem Vorfalle verflossen find, 
recht wenig Fortschritte in der Achtung unserer selbst geinacht zu 
zaben und immer noch recht bedenklich an der Ueberschätzung des 
AUuslanded zu kranken. — — 
FPrag, 16. Nov. Ein übermüthiger Bursche warf heute 
riner Zulutruppe Schneeballen nach. Einer der Zulus wurde ieicht 
vetletzt. Darüber erbost, setzten die Zulus dem Burschen, der sich 
in eine Rasirstube am Petersplatz flüchtete, nach. Der Tursche 
entkam durch eine Seitenthür, worauf die Zulus die Spiegel und 
Fenster der Rasirstube zertrümmerten und dem Jungen in einen 
zegenüberliegenden Greißlerladen nachjagten, wo sie gewaltige Ver⸗ 
vüstungen anrichteten. Vier Mann der Jägertruppe eilten mit 
einem Polizei-Wachmann zur Hilfe herbei. Bei dem nun entstehen⸗ 
den Handgemenge wurden zwei Zulus durch die blanken Waffen 
verwundet. Einer erhielt eine tiefe Kopfwunde und mihrere Stiche, 
rein Anderer einen Stich in de Brust. Unter einem großen Men⸗ 
ichenandrange wurden die Verwundeten in das Spital gebracht. 
F Den Freunden des Champagners wird folgende Mittheilung 
von Intecesse sein. Man schreibt der „Times“ aus Fraut 
reich: In der Champagne hat sich jeit 60 Jahren tein solches 
Unglück zugetragen, wie in diesem Jahre. Nicht eine Flasche Wein 
ist eingebtacht worden. Der Verlust für den großen Weinbauer ist 
urchtbar und beträgt für das ganze Departement 25 —30 Mill. 
Irca. nach oberflächlicher Schatzung. Die Traube ist nicht reif ge⸗ 
worden und man hat sie nur abgepflückt, um Eindringlinge nicht 
zu veranlessen, die Weinberge zu detreten und dieselben zu schädi⸗ 
gen. Die vorhandenen Vorräthe in den bedeutenderen Fadriken 
jollen nur noch für die beiden nächsten Jahre ausreigen. Exportirt 
verden jährlich 18 — 20 Millionen Flaschen. 
GEin alter Herr.) Der Marquis Las Cazes, der 
dauptbesitzer der Weinberge, welche den Chateau Leoville liefern, 
zählt über 100 Jahre und besucht noch heutigen Tages seine Wein⸗ 
berge. Er war Page der Königin Matie Antonie und rettete sich 
in der Rebolution noch England. Der alte Herr lebt noch immer 
in der guten alten Zeit und kayn es seinem Veiter, dem Verfasser 
dert Denkwürdigkeilen Napoleon's auf St. Helenag, nicht verzeihen, 
»aß er sich so innig dem Tyrannen angeschlossen hat. Da der 
Ddarquis doch vermuthlich seiner eigenen Crescenz den Vorzug gibt, 
so scheint Chateau Leoville keinen nachtheiligen Einfluß auf Leib 
und Leben auszulben. 
F Eine Brandstisterin aus Liebe. Ein in den Annalen der 
Strafrechtspflege gewiß seltener Fall kam letzten Sonnabend vor 
den Geschworenen von Versailles zur Verhandlung. Ein 
iebzehnjähriges, sehr hübsches Mädchen aus anständigem Hause, 
Tlemence Blossier, hatte in ihrer Gemeinde eine ganze Reihe, min⸗ 
destens sechs Feuersbrünste angestiftet, blos um unter der Gunst 
der durch den Brand verursachten Verwirrung in einem nahen 
Wäldchen Stelldichein mit einem jungen Menschen haben zu kön⸗ 
nen, dem ihre Eltern das Haus verboten hatten. Die Unglück⸗ 
iche, der rasenden That gesiändig, mit welcher sie einen Schaden 
pon 35,000 Fres. angerichtet hatte, wurde unter Zulassung mil⸗ 
dernder Umstände für schuldig erlannt und zu zehnjähriger Zwangs⸗ 
irbeit verurtheilt. 
F Der Kassierer des Waisenhauses in Petersburg hat 
aahezu 5 Millionen Rubel unterschlagen und ist in's Ausland ge⸗ 
düchtet. Wie mögens die armen Kinder gehabt haben! — 
f Zahnstocher⸗ Fabrilation. Im Jahre 1866 kaufte eine 
Zonstoner Firma das Patentrecht zur Fabrilation hölzerner 
Zahnstocher für die Dauer von 24 Jahren und legte ern Bucksfield 
m Staate Maine die nöthigen Gebäulichkeiten an. Ungeheure 
Massen von Zahnstochern wurden dort fubricitt. Im Laufe des 
Jahres wurden an 4-85 Tausend Klafter Holz zu diesem Zwecke 
zerarbeitet. Die Maschinerie gedieh im Laufe der Zeit zu einer 
olchen Vollkorawenheit, daß ein Holzstamm von 6 Fuß Läange und 
18 Zoll im Ducchmesser in 5 Min. in schöne gespitzte Zahnstocher 
erlegt werden konnte. Im Großverkaufe wurden 25 Cents für 
2500 Stück berechnet und der Nutzen davon war enorm. Als das 
Patentrecht ablief, baute eine andere Bostoner Firma eine Zahn⸗ 
tocherfabtil im tiefsten Walde des Staates Ohio. Durch diese 
Toncurrenz wurde der Preis von 25 auf 8 Cents für 2500 Stück 
heruntergedrückt. Die Firma in Maine glaubt aber jetzt, daß die 
Firma in Ohic auf dem letzten Loche pfeift und beabsichtigt, na h⸗ 
)em sie ausgepfiffen hat, den Zahnstocherpreis wieder auf 25 Cents 
ginaufzuschrauben. 
Aus China wird gemeldet, daß die Hungersnoth in 
Nordchina noch immer nicht erloschen, sondern vielmehr im Zuneh⸗ 
nen begriffen ist, so zwat, daß für den Winter eine unsägliche 
stoth hereinbrechen wird, die schrecklicher sein wird, als die im 
dahre 1877 und 1878, wenn nicht aus Europa rasche und reich⸗ 
iche Hilfe kommt. Der q,ristlichen Mildthätigkeit ist hier ein rei⸗ 
heß Feld geöffnet. 
Eine Goethe-Anekdote. Der alte Goefhe sißt 
hehaglich in Jena in einer Weinstube am Fenster und verdünnt fich 
— aus welchem Grunde, bleibe unerörtert — eine feurige Maͤrke 
zin und wieder durch Zuguß des Elements, dessen Zauber er im 
Fischer? so dämonisch besungen hat. Im Hiniergrund sitzt eine 
vruppe angeheiterter Studenten, die natürlich unvermischten Trank 
onsumiren, dennoch aber nur fades Geschwäß produziren, welches 
hließlich doch den innern Unwillen des nachfichtigen Altmeisters 
xregt. Indeß, er bezähmt fich. Da, als der Weinübermuth den 
züchsten Grad erreicht hat, trift einer der Musensöhne welche sich 
iber den weinfälschenden Philister schon lange ennuyirt haben, an 
en ihnen Unbekannten heran und inquirirt ihn mit lallender 
Zzunge: „Sagen Sie mal, alter Herr, bedenken Sie eigentlich das 
Zerwerfliche Ihres Thuns J Warum falschen Sie fündhaft die reine 
zachusgabe??“ Dem Frager erwidert der alte Olymp'er sofort 
nit etwas gereizter Würde: „Tas will ich Ihnen sagen, mein 
unger Freund: 
„Wasser allein macht stumummm 
Das beweisen im Teiche die Fische. — 
Wein allein macht — dumm, J — 
Das bezeugen die Herren am Tisch!: — 
Dieweil ich nun leines von Beiden möch' sein — 
So trink ich vermischt mit Wosser den Wein.“ F 
Mit hoheitvollem und befriedigtem Lächeln die ob dieses poetischen 
Anhauchs versiummten Aufdringlichen anblickend, wandte der alte 
Nerr von Goethe diesen und der Kneipe den Rücken und mochte 
iller Heiterkeit voll der verflossenen Zeit gedenken, wo er selöst 
Ztudien zut Studenten⸗Scene in Auerbach's Keller gemacht hatte. 
Die „Halle'sche Zeitung“ erzählt diese bisher unbekannte Goethe⸗ 
Inekdole. 
F (Oeilmittel gegen Verbrennung.) Die „Pharmazeulische 
Zentralhalle“? berichtet: „JIn einer Versammlung in S a lem er—⸗ 
tattete kürzlich De. Waters einen Bericht über ein von ihm ent⸗ 
»edtes Heilmittel sür Brandwunden und Verbrühungen. Er 
ehaupfet, daß die Anwendung von doppeltkorlensaurem Natron, 
velches man fast in jeder Haushaltung unter dem Namen „Bull⸗ 
ichs Salz“ antrifft, den Schmerz sofort zum Aufhören briuge, und 
aß es genügend sei, oberflächliche Braidwunden innerhalb weniger 
ztunden zu heilen. Um die Wirkung des Heilmittels zu zeigen 
auchte Waters einen Schwamm in kochendes Wasser und drückte 
eßleres über dem Handgelenk aus. Das Wasser floß über dasselbe 
ind verursachte eine beinahe zwei Zoll breite Brühwunde um das⸗ 
elbe. Dann streute er doppeltkohlensaures Natron auf die Wunde, 
egte einen angefeuchteten Leinwandstreifen darüber und wie mit einem 
Zauberschlag. verschwand die Geschwulst. Am nächsten Tage war 
zie Verbrühung so gut wie geheilt; nur eine geringe Röthe der 
daut war noch wahrzunehmen. 
Verloosungen. 
Bei der Ziehung der ersten Serie der Lolterie des 
ayerischen Veteranen⸗, Krieger⸗ und Kampfgenossenbundes wurden 
ie folgenden Gewinnste gezogen: Serie 2373 Nr. 89 gewinnt 
0 000 Mack; S. 2542 Nr. 96 10,000 M.; S. 1890 Nr. 13 
000 M.; S. 2172 Ne. 78 1500 M.; S. 1178 Nr. 44 1500 
N.; S. 2994 Pr. 86 1000 M.; S. 2447 Nr. 69 1000 M.; 
5. 728 Nr. 857 1000 M.; S. 16091 Nr. 52 1000 M.; S. 
2944 Nr. 58 1000 M.; S. 660 Ne. 7 1000 M.; S. 389 
r. 42 1000 M.; S. 1079 Nr. 36 1000 M.; S. 915 Nr. 16 
1000 M.; S. 124 PNr. 51 1000 M. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 20 November. (Fruchtmittielpreis und Victualienmarkt. 
Weizen 11 M. 18 Pf. Korn 8 M. 86 Pf., Gerste zweireihige 8 M. 03 Pf. 
ierreihige 7 M. 12, Pf., Spelz 6 M. 15 Pf., Spelzkern — M. — Pf. 
ZDinkel os M, 71 Pf., Mischfrucht — M. — Pf. Hafer 6 M. 88 pf. 
rosen — M. — Pf., Widen 5 M. 84 Pf., Karloffeln 2 M. 80 Pf., 
deu 8 M, 20 Pf., Stroh 8 M. — Pf., Weißbrod 17/3 Kilogr. 56 pf. 
dornbrod 3 Kilogr. 82 Pf., 2 Kilogr. 55 Pf. 1Kilogr. 23 Pf, Gemischi— 
rod 83 Kilogr. 97 Pf., das Paar Weck 100 Gr. 6 Pf. Rindfleisch J. Qual. 
z0 Pf. IN Qual. 80 Pf., Kalbfleisch dd pf. Hammelfleisch o spf. Schweinefleisch 
36 Pf., Butter )/3 Kilogr. O M. 90 Pf., Wein J Liter 80 Pf. Bier J Liler 24 pf. 
Fur die Redaction verantwortlich: F. X. Demetz. 
Schönheit und Jugend, Reichthum und Ehre, Talente und Fähigkeiten, 
was bebenten an diese Gaben und Vorzuge, wenn der Leib siech isi 
ind eine hartnädige Krankheit am Leben zehrt. „Mens sana in corpore 
ano“, Nur im gesunden Körper wohnt eine gesunde Seele! Diese Wort, 
ind eine mahnende Wahrheit fur Jene, welche oft aus Unwissenheit gegen 
die Gesundheit sündigen, denn es fällt den Wenigsten ein, sich Uber ihre 
herpflichtungen, die sie dem eigenen korperlichen Ich gegenüber zu erfülien 
aben — gründlich zu unterrichten. 
Ein Buch, welches diesem Zwecke dient, den Leser in leichtfaßlicher Weise 
nit Ursprung, Charaklter und Behandlung jeder Krankheit bekannt macht, 
hne ihn mit dem Ballast unverdaulicher wissenschaftlicher Phrasen zu be⸗ 
chweren, fanden wie in dem in 110. Auflage erschienenen Buche „Dr. Airy's 
Laturheilmethode“, welches in Richter's Verlags⸗-Anstalt in Leipzig erschienen 
ind gegen 1 Ml. 20 Pf. in Briefm. franco zu beziehen ist.