Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* t. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Jugberter Auzeiger und da ( mil wohh:rtli tz) mit den druztslatte veroandene Aiterhaltunzsblatt. (Sonntazs mit illustrirter Wei—⸗ 
age) eri heint wo hentlig viernal: Dienßtar— Dorreertar Sunztaz und Sonatag. Der Aponnementspreis betragt vierteljahrlich 
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M 26. J 8 I Samstag, den 15. Februar J 1879. 
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Deutsches Reich. 
Munchen. Der Petitionsausschuß der Abgeordretenkammer 
zeschied heute de Petition der Hefene und Speritusfabrikan en der 
Piatz, Schutz derselben angesichts der am 1. Juli in's Leben ge— 
retenen Steuerordnung bezweckend; sie geht nicht in's Plenum, da 
die Regierung bis zum nächften Landtag Berüchsichtigung und 
Drednung der in Mitte liegenden Interessen zugesagt hat. (Fr. K.) 
Mäncdchen, 12. Febr. Der Reichsrath genehmigte ein⸗ 
timmig den Kredtt von 28 Millionen M. — Bei Berathung des 
Antrages auf Verminderunzg der Militärlast erklärte Ministerprä 
ident v. Pfretschner, die Regierung strebe selbstverständlich Erspar⸗ 
nisse au; doh seien hierbei der bayerischen Landesvertretung die 
Brundlagen einer richtigen Beurtheilung nicht gegeben. General 
Fries und Kriegtministet v. Maillinger sprachen ebenfalls gegen 
den Anttag, welcher aber schließlich mit 23 gegen 20 Stimmen 
augenommen wurde. 
Nach dem „Näürnberger Korrespondent“ hat der Eisenbahn⸗ 
NAasschußz der Abgeordretenlammer vicht blos den Bau der Lauter⸗ 
halbahn, sondern auch den Bau einer Verbindungsbahn zwischen 
den Eisenbahnlinien Bitsch- Saargemünd sow'e Zweibrücken- Saarge⸗ 
münd einer⸗ und Saargemünd⸗Saaralben andererseits begutachtet, 
dagegen die Linie Kaiserslautern-Biebermühle asgelehnt. 
Mäünchen. Se. Maj. der König ist von Hohenschwangau 
kommend am Mittwoch, unter Verlegung des kal Hoflagers von 
dorther, zu längerem Aufenthalte in hiesiger Residenz eingetroffen. 
Se. Majeftät erfreut sich des desten Wohlseins. 
e (Erdffnung des Reichstags.) Der deuische 
Reichstag wurde durch Se. Maj. den Kaiser am Minwod Nach⸗ 
nittag lurz nach 29. Uhr im Weißen Saale des k. Schloss s zu 
Berlin eroffnet. Die Tribüne des Saales war Üüberfüllt. Im 
Saale selbst hat'e sich eine große Zahl von Reichstagsabgeordneten, 
Beneralen und bohen Staatzbeamten versammelt. Im Gefolge des 
daisers vefanden sich der Kronprinz, die Prinzen Kart, Friedich 
Karl und Georg. Sowohl beim Eintritt in den Saal wie nach 
Berlesung der Thronrede wurde der Kaiser mit dreimaligen stür⸗ 
mischen Hochs begrüßt. Die Thronrede verlas er bis zu Ende mit 
sester, lauler Stimme. In derselben dankte er dem Rechhstag für 
die Unterstüßung der verbündeten Regierungen bei dem Gesetz gegen 
zie sozialistische Ag tation. Sodann verheißt die Thronrede Gesetz⸗ 
dorla zen zur Beseitigung der wirthschafilichen Uebelstände, zur Be⸗ 
chaffurg neuer Einnahmen für das Reich behufs Aufhebung der am 
chwersten en pfundenen Steuern in den Einzelstaaten. Unsere wirth⸗ 
schaftliche Thatigkeit, heißt es darin weiter, dütfe vollen Anspruch 
auf denjenigen Schuß erheben, welchen die Steuer⸗ und Zoll- Be⸗ 
etzgebung gewähren könne und in manchen Ländern, mit denen wir 
zerkhren, vielleicht über das Bedürfniß hinaus gewähre. Unsere 
Zollgesetzgebuag müsse den bewährten Grundsätzen des Zollvereins 
viederum näher treten, welche seit 1805 in wesentlichen Theilen 
verlassen worden seien. Eine Gesetzvorlage über Ersetzung der Ma⸗ 
ctikularbeitraͤge durch andere Einnahmen werde noch in der dies⸗ 
aͤbrigen Session erfolgen. Um dem Reichstag die Moͤalichkeit zu 
gzewähren, die Mitbürger, welche dem Reichstag nicht angehören, 
jegen Autschreitungen einzelner Abgeordneten zu schützen, werde ihm 
ein Gesehentwurf zugehen. Die jüngsten Nachrichten über die Pesi 
zäben der Hoffnung Raum, daß es bald gelingen werde, die Krank⸗ 
jeit zu untecdtlcken. Die Ungewißheit, worin die Nordschleswiger 
ochh durch Uit. 5 des Prager Friedens erheilten waren, habe den 
daiser bewogen, nachdem die Losung dieser Frage in wiederholken 
Verhandlungen mit Dänemark nicht gelongen war, mit dem Kaiser 
non Oesterreich über Abänderung dieses Artike!'s in Verhandlung 
u treten. Den gegenseitigen freundschaftlichen Beziehungen beider 
heiche entsprechend, sei eine Vereindarung in dem gewünschten 
Sinne zu Stande gekommen und am 11. Januar d. Is. rat ficirt 
vorden. Der Wortlaut derselben werde dem Reichstaz mitgetheilt 
derden. Der Kaiser gedachte noch der durch den Berliner Vertrag 
ekräftigken friedlichen Beziehungen der auswärtigen Mächte zu 
Deutschland und erklärte schließlich, Deutschlauds Vacht, soweit sie 
n feine Hände gelegt sei, zur AMufrechthaliung des Friedens ge⸗ 
hrauchen zu woslsen. — Nach Verlesung der Thronrede erllätt 
Fürst Bismark die Session iüür eröffnet. 
Neuerdinge hat der Reichskanzler von mehrecen lundwirth⸗ 
schaftlichen Vereinen Zustimmungsadressen erhalten, in welchen unter 
Anderem auch der Vorschlag gemacht wird, ob nicht eine Besteue⸗ 
ung derjenigen ausländischen Anleihen, welche von jetzt ab an 
eutschen Bötsen zur Zeichnung aufgelegt werden, angemessen sein 
»ürfte, und zwar in gleicher Höhe wie bei einer Eintragung als 
»ypothek das inländische Kopital mit Stempeln und Gebühren be⸗ 
astet ist. Es erscheine, heißt es in den Eingaben, ebenswoil als 
ine Pflicht der Gerechtigkeit, wie der Sittlichkeit, den auslän⸗ 
zischen Hypothekennehmer in gleicher Höhe zu besteuern, wie den 
uländijchen. — . .. 
Das Berl. Tagebl. berichtet, daß demnächst eine Deputation 
aus Hadersleben in Berlin eintreffen wird, um dem Kaiser eine 
ndresse zu überreichen, in welcher ihm der Dank der deutschen Be⸗ 
höͤlterung Nordschlesw'gs für die Aufhebung des Artikel 5 des 
Brager Friedens ausgesprochen wird. 
Das Komité der selbständigen Schuhmacher Frankfurus 
ordert die Gewerbsgenossen zum Anschluß an die Beschlüsse der 
hgersammlung der Leder⸗Iadufitriellen zur Belämpfung der überhand⸗ 
ehmenden schutzzoͤlluerischen Agitation auf, indemn das deutsche 
zchuhgewerbe nur gedeihen könne, wenn ihm die Beschaffung gleich 
juter uünd billiger Materlalien, wie solche die konkurrirenden Länder 
Jesitz n, nicht erschwert wird, und weil der größte Theil der deutschen 
S„chuhindustrie bieher auf amerikanisches und englisches Leder an⸗ 
jewviesen ist, da das deuische Leder sich viel weniger sür maschinen⸗ 
näßige Schuhfabrikalion eignet, und es die ganze Schuhiudustrie 
namentlich in ihrem heutigen Umfange schwer schädigen würde, 
vollle man diejelde auf die inländische Lederprodultion allein be⸗ 
chrarken. Der Aufruf fordert zum perjsönlichen Anschluß der 
—„chuhmacher an die ‚Vereinigung der deutschen Leder-Indu⸗ 
kriellen“ auf. 
Ausland. 
Bezüglich der Kandidalur des Prinzen Altxander von Batten⸗ 
jerg jur den bulçarischen Fücstenthron verlautet, daß diese die meiste 
lussicht habe. Als Sohn eines österreichischen Generals ist er 
itsem Kaiserstaate genehm, in Rußland und Englaud aber fußt er 
zurch Familienverbindungen. Wie man, früheren Nachrichten ent⸗ 
egen, jetzt hört, wird im Falle einer Wahl aus dem Schooße der 
emnächst zusammentretenden Notablenversammlung der j⸗tzt 22jährige 
BZrinz dieselbe nicht von sich weisen. 
Die Oesterrricher üben in Bosnien scharfe Justiz. So schreibt 
nan aus Banjaluka (Bosnien) vom 2. d. M.: „Heute 
vurden hiet wieder fünf bosnische Räuber slandrechtlich erschossen. 
riner von den Fünfen war det gemeinen Mordes üderwiesen, die 
ier Andern hatien einen Pächter, den sie gebanden und geknebelt, 
Ichsen und Külhe geraubt. Morgen werden wiederun diei bos⸗ 
ische Räuber erschossen. Von den heute Hingerichteten ist einer 
»ein Muhamedaner, die vier anderen sind Christen.“ 
In Frankreich ist der große Beamtea⸗ und Generals⸗ 
hub endlich erfolgt. Gestern Vorm ttag unterzeichnete Grevy die 
xrẽ7rnennung von 14 neuen Generalprokuratoren und die Verseß⸗ 
ingen von 4 anderen. Fernec unterzeichnete er Ecnennungen und 
Bersetzungen von 12 KorpRommandanten. Unter andeten wird 
veneral Fatre füe Lyon an Stelle Baurbakis, Clichant für Cha⸗ 
ons und Gall jet für Tours ernannt. General Woiff ersetzt den 
herzoz von Aumale in Besangon. Der Herzog von Auwale wird 
ein „Temps? zufolge zum Generalinspelteur ernannt. Er ist aljo 
nit ener leeren Ehtenstellung faktisch beseitig.. — Gambetta dver⸗ 
angt in seiner Jeitung noch immer neue Stellen für seine eigent⸗ 
iche Parteigruppe, die Bureaus müssen nah seiner Ansicht rd⸗ 
ichtslor „gesäubert“ werden. 
Nicht weniger als fünf Oberhäupter hat die jetzige fran⸗ 
bsche Repablik in den acht Jahren und fünf Monaten ihres Be⸗ 
sehens gehibt (Trocht und Gambetta, Thiers, Mac Mahon, 
Zzrevy); setner 6 Minister des Auswärtigen, 11 des Ackerbaus, 
10 Finanzminister, 11 Minister der Justij, 14 des Innern, 10