Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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M 27. 
Sonntag den 15. Februr 1880. 
Deutsches Reich. 
Müünchen, 13. Februar. Die Abgeordnetenkammer berieth 
heute über den Zinszuschuß für die Pfälzischen Bahnen und ge— 
nehmigte, daß nach dem Ausschußantrag zu diesem Zweck 2,700,000 
M. für jedes Jahr der 15. Finanzperiode in's Budget eingesetzt 
werden. 
Die Kammer berieih dann die Rückäußerung der Reichsraths⸗ 
lammer bezüglich des Budgets; sie lehnte die von letzterer wieder 
eingesetzten 3840 M. für Veförderung von Beamten des Justiz⸗ 
ministeriums ab; sie lehnte ferner die Einsetzung von 18,240 M. 
für acht neue Bezirkzamtsassessor⸗Stellen ab. 
Desgleichen wurden die von der Reichsrathskammer für die 
Jubelfeier der Würzburger Universität bewilligten 40,000 M. nach 
lebhafter Debatte abgelehnt. Bei den Eisenbahngefällen wurde der 
Beschluß der Reichsrathskammer gleichfalls abgelehnt, dagegen ein 
Antrag Dallers mit 72 gegen 71 Stimmen angenommen, statt der 
früher von der Abgeordnetenkammer angenommenen 1,873,500 M. 
nur 1,018,060 M. über den Regierungs-Voranschlag hinaus in's 
Budget einzusetzen. Eine königliche Botschaft verlängert die Dauer 
des Landtages bis zum 21. Februar. 
München, 12. Febr. Die Einberufung der Kammeraus- 
schüsse zur Berathung der Gesetzentwürfe über die directen Steuern 
vird, wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, erst in einigen 
Monaten, jedenfalls erst nach Ostern erfolgen. 
Se. Maj. der König traf. am Mittwoch Abend von Hohen⸗ 
schwangau zu einem mehrmonailichen Aufenthait in München ein. 
Die Eröffnung des deutschen Reichstags hat durch den 
Stellvertreter des Reichskanzlers, Grafen Stolberg, stattgefunden. 
In Betreff des dem Bundesrath zugegangenen preußzischen 
Entwurfs von Vorschriften, betreffend den Schuß gewerblicher 
Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit, hat der Bun⸗ 
desrath, dem preußischen Antrage entsprechend, beschlossen, den 
Reichskanzler zu ersuchen, den Entwurf durch eine Commission 
dvon Sachverständigen prüfen zu lassen, zu welcher Aufsichtsbeamte 
und hervorragende, im Dienste der Industrie practisch beschäftigte 
—XL 
Ausland. 
Die französische Abgeordnetenkammer lehnte einen Antrag 
von Louis Blanc, die Amnestie auch auf die bisher noch nicht 
»egnadigten Commune⸗Verurtheilten auszudehnen, ab. 
Das Organ Gambettas, die Repuͤblique frangaise“, wendel 
sich in einem Artikel gegen die Verbreitung beunruhigender und 
unheilschwangerer Gerüchte. Die französische Nation, die ihre 
Geschicke selbst leite, sagt das Blatt des Kammerpräsidenten, richte 
ihre Gedanken auf Frieden und werde sich durch Nichts in Auf— 
regung versetzen lassen. Entschlossen, jede Provokation seinerseit? 
zu vermeiden, strebe Frankreich nur dahin, die Ueberzeugung zu be⸗ 
festigen, daß es sich eifriger als je der Arbeit in Ruhe und Samm⸗ 
iung hingeben wolle. 
Die italienische Negierung wird sofort nach dem Wieder⸗ 
zusammentritt der Kammern am 17. d. einen Gesetzentwurf, be— 
trefsend die Erhöhung des jährlichen Rekrutencontingents. ein⸗ 
zringen. 
In Rumänien machen sich eigenthinnliche russische Agita⸗ 
cionen bemerkbar, an deren Spitze der Fürst Gregor Sturdza steht 
und deren Spitze gegen die Herrschaft des hohenzollernschen Fürsten 
Karl von Rumänien aqerichtel ist. 
„Kusel. Ztg.“ schreibt, ein etwa fußlanges Gasrohr, daßs, neben 
zie Treppe gelegt, offenbar kunstgerecht geladen und mit einer Zuünd⸗ 
chnur zum Schusse gebracht worden war. 
In Hoheinöd brannten am 10. ds. M. die Oelonomie⸗ 
zebäude des Ackerers Schäfer nieder. Trotzdem die Scheuer voll 
Stroh und Heuh war, gelang es doch, das unter demselben Dach 
tehende Wohnhaus zu retten. Schäfer ist versichert, jedoch ist die 
Persicherung am 12. 1l. M. abgelaufen. Wäre der Brand sohin 
2 Tage spaäter vorgekommen, so hätte der Beschädigte an die Ver— 
icherungsgesellschaft keinen Anspruch machen können. Versäume 
darum Niemand, seine Versicherung rechtzeitig zu erneurn. 
fF Kaiserslautern. Der vielgenannte Rentner Niedham⸗ 
mer, sowie der Geschäftsführer der „Pfälz. Post“, Otto, werden 
äch wegen des bekannten Pamphlets (Berufsbeleidigung) und der 
Redakteur der „Kais. Ztg.“ Julius Matz, wegen einer anderen 
Berufsbeleidigung, begangen durch die Presse, vor dem nächsten 
Schwurgerichte zu verantwworten haben. so daß unsere Stadt und 
Bresse diesmal gehörig, konservativer, demokratischer und liberaler 
Zeits, vor den Schranken des Schwurgerichts verireten ist. 
FDer Schlosser L. Gulde in Neustadt erhielt ein Pa⸗ 
lent auf eine Repetirbohrmaschine. 
FIn Frankenthal hat mit Eintritt der gelinden Wit⸗ 
serung die Verladung von Kartoffeln nach Holland wieder be— 
gonnen. Vorerst werden 10 M. für den Doppelcentiner bezahlt. 
Auch in Kirchheimbolanden und in noch anderen pfäl⸗ 
ischen Orten ist in Folge der milden Witterung der Kartoffelver⸗ 
andt ein sehr lebhafter. 
7 Die erste Prüfung für das Gerichtsschreiberamt, die am 
7. Juni l. J. beginnt, wird bei dem Landgericht Landau abge⸗ 
halien. Dies geschieht mit Rücksicht auf die bei dem Landgerichte 
Frankenthal zur Zeit bestehenden baulicheni Verhältnisse. Als Be— 
verber werden übrigens nicht blos Solche zugelassen, welche als 
Zchreiber bei Gerichten, Rechtsanwälten oder Notären, sondern auch 
olche, welche als Rentamtsgehilfen zur Zufriedenheit gedient haben. 
Die Gesuche um Zulassung zur Prüfung sind im Laufe des Monats 
April bei der Prüfungskommission einzureichen. (Zugelassen werden 
bekanntlich nur Solche, welche im Besiß des Reifezeugnisses fite 
—A 
des Gymnasiums oder die Realschule absolvirt haben dJ. 
Aus Lothringen. Die gegenwärtige Verdienstlosigkeit 
hat in den französischen Grenzdörfern einen gewöhnlich nur wenig 
betriebenen Industriezweig zur Blüthe gebracht, nämlich den Schmug⸗ 
gel. Als Hauptartikel des letzteren gelten alle Arten von Brannt⸗ 
wein, der in Lothringen billig zu haben ist, aber in Frankreich nur 
gegen hohen Zoll eingeführt werden kann. Die Spirituosen werden 
in Fäßchen von 25 — 30 L. in den deutschen Grenzdorfern ange⸗ 
ammelt und in dunklen Nächten massenhaft über die Grenze geschafft. 
F Die Kreisregierung von Mittelfranken empfiehlt im 
reuesten Kreisamtsblatte die Einführung obligatorischer Trichinen⸗ 
chau überall da, wo sich zu deten Vornahme taugliche Verjonlich-⸗ 
eiten ermitteln lassen. 
Zu Waldkirchen Miederbahern) hat man sich wie die 
D.ZJ. berichtet, wie anderwärts Dienstag Rachmittag dutch einen 
Faschingszug ein harmloses Vergnügen gemacht, das leider ein boses 
Nachspiel hatte. Ein Wagnergeselle, der den Zug mitgemacht hatte, 
und ein 18jähriger Weberssohn geriethen wegen einer Geringfügig⸗ 
leit in Streit, wobei der Letztere dem Ersteren einen Messerstich 
versetzte, der in die linke Lunge eindrang und den Tod herbeiführte. 
r Die Vorstellungen des Passiousspiels in Oberam- 
merganu sollen dieses Jahr an nachstehenden Tagen stattisinden: 
Am 17., 23. und 30. Mai, 6., 13., 16., 20., 24. und 27. 
Juni, 4., 11., 18. und 25. Juli. 1. 8., 13., 22. und 29. An⸗ 
qust. 5., 8., 12., 19. und 26. September. 
f Die Einwohnerzahl der großten Städte Bayerns am 
zchlusse des Jahres 18709: München 234,000 Einw., Nürnberg 
04,656, Augsburg 64,000, Wurzburg 50,050, Regensburg 
33.,780, Fürth 30, 201, Bamberg 28,223, Kaiferslautern 25.090 
Vayreuth 20.547, Hof 20,322, Ersangen 14.707 
— 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 14. Febt. Auf morgen (Sonntag) 
Nachmittag um 2 Uhr sind zu einer Versammlung im Ober— 
ha uf er'jchen Saale vom Bürgermeisteramte diejenigen Bürger ein⸗ 
betrufen, welche in die zu errichtende städtische Vflichtieuer— 
weht einzutreten haben. 
f Am Sonntag Abend um 10 Uhr, als Polizeidiener Fritz 
in Kasel in die protestant. Kirche gegangen wat, um das her— 
kömmliche Polizeigelaute vorzunehmen ertönte vor der Kirche ein 
starler Schuß. Bei sofortiger Rachforschung fand man, wie die