Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberker Anzeiger. 
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Dienstag den 17. Februar 
Isq. 
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Deutsches Reich. 
München. Se. Maj. der Koͤnig hat zur Linderung des 
in einigen unterfränkischen Bezirken herrschenden Nothstandes den 
Letrag von 3000 Mi. aus seiner Casse genehmigt. 
Der Referent der Kammer der Reichsräthe für den Gesetzent⸗ 
wurf bezüglich des Branntweinaufschlages, Graf v. Seinsheim, 
wird sich, wie wir vernehmen, sür die Aunahme des Gesegtzent⸗ 
wurfes mit den vom Ausschuß der Abgeordnetenkammer beschlos⸗ 
senen Modificationen aussprechen. Die Annahme des Gesetzent⸗ 
wurfes in der Kammer der Reichsräthe. in welcher sich überdies 
oiele Gegner des Aufschlages befinden, soll auch bereits gesicher! 
jein, doch dürfte sich nur eine kleine Mebhrheit sür denselben 
ergeben. 
In Bayern hat die Einstellung der Rekruten des heurigen 
Zahrganges zum Dienste mit der Waffe (Infanterie, Kavalerie, 
Artislerie, Pioniere) je nach näherer Bestimmung der Generalkom— 
mandos zwischen dem 2. und 6, November zu geschehen; die Ent— 
assung der im laufenden Jahre in die Reserve übertretenden Mann⸗ 
schaften des Jahrganges 1877 ist bei denjenigen Truppen-Abtheilungen, 
welche an den Herbst⸗ Uebungen Theil nehmen, am 1. oder 2. Tage 
nach Beendigung derselben, bezw. nach dem Wiedereintreffen in der 
Varnison zu bewerkstelligen, jedoch ist der 30. September als spätester 
Entlassungstermin festgesetzt; an den allgemeinen Entlassungster⸗ 
minen find auch so viele Mannschaften in Dispositions-Urlaub zu 
entlassen, als Rekruten eingestelli werden. 
Es geht das Gerücht, der bayer. Kriegsminister von Mail⸗ 
iinger hege die Absicht, von seinem Posten zurückzutreten, weil der 
inanzausschuß der Abgeordnetenkammer den Eredit für außer⸗ 
ardentliche Bedürfnisse des Heeres nur mit bedeutenven Abitrichen 
jenehmigt hat. 
Der „Koln. Ztg.“ schreibt man aus Berlin: Die Uebel⸗ 
tande namentlich des Zolles auf Roggen, der hauptsächlichen Volks 
nahrung im nördlichen Deutschland, haben sich dermaßen gezeigt, 
zaß der freihandlerische Theil der nationalliberalen Partei im Reichs⸗ 
ag entschlossen ist, einen Antrag auf Aufhebung der Roggenzolle 
u stellen, wenigstens einen solchen zu unterstützen, wenn er von 
inderer (fortschrittlicher) Seile gestelit wird. 
¶ Deutscher Reichstag.) In seiner 2. Sitzung (am 
rreitag) wählte derselbe sein Präsfidium. Bei der Wahl des Prä⸗ 
denten werden 265 Stimmzettel abgegeben, davon sind 21 unbe⸗ 
hrieben. Von den 244 giltigen Stimmen erhält Graf Arnim⸗ 
Boitzenburg (konserv.) 154v. Bennigsen 89 und v. Fordenbed 
Stimme. Graf Arnim-⸗Boitzenburg ist somit zum Vräsidenten 
ewählt. 
Bei der Wahl des ersten Vizepräsidenten werden abgegeben 
256 Stimmzettel, davon 92 unbeschrieben; die 164 giltigen Stim⸗ 
nen fallen sämmtlich auf v. Franckenstein (Zentrum); derselbe 
nunnit die Wahl an. 
Bei der Wahl des zweiten Vizepräsidenten werden abgegeben 
231 Stimmzettel, darunter 81 weiße, ein ungiltiger und 140 für 
. Hölder (nat.lib.), welcher somit gewählt. Derselbe ist im Haus⸗ 
uicht auwesend und wird telegraphisch über die Annahme der Wah 
e ragt werden. Die Schriftführer wurden durch Acclamation, und 
war so gewählt, daß die verschiedenen Parteien berücksichtigt sind. 
Dem Bundesrath ist nunmehr der vom Reichsjustizjamt ausge⸗ 
arbeitete Gesetzentwurf üͤber strafrechtliche Verfolgung des Wucherẽ 
ugegangen, nachdem das preufzische Staatsmninerium sich mu 
ꝛemselben einverstanden erkläri hat. 
Dem Bundesrathe ging der Freundschafts⸗ Handels⸗, Schiff⸗ 
ahrts· und Konsularveritag zwischen Deuischland und dem Konig⸗ 
eiche der Hawai⸗Inseln zu, ferner der Antrag des Reichskanzlers 
uuf Eimächtigung, über einen Freundschafts⸗ Handels⸗ Schifffahrts⸗ 
ind Konsular⸗Vertrag zwischen Deutschland und Madagascar mit 
ner Hova⸗Regierung zu verhandeln, auf der Grundlage, daß da—⸗ 
durch den deutschen Reichsangehörigen auf Madagascat dieselben 
Kechte wie den Angehorigen anderer Staaten. besonders auch dat 
secht zur Etwerbung bon Grundbesitz, zugesichert werde. 
Das preußische Abacordneenhaus hat den Voranschlag des 
preußischen Staatshaushaltes für 1880,81 in der Art festgestellt, 
daß die Einnahmen und Ausgaben sich mit 798.985580 Mark 
die Waage halten. 
Höl der lehnte die Wahl zum zweiten Vicepräsidenten des 
Reichstags ab. Wahrscheinlich wird jetzt als solcher von den ver⸗ 
ꝛinigten Fraktionen der Conservativen uͤnd Cletikalen der sächsische 
Abgeordnete Ackermann (conserb.) gewählt worden. 
Die Novelle zum Militärgeseß ist bereits dem Reichstage 
ugegangen. 
Da die Frage der zweijährigen Dienstzeit jetzt im Vorder⸗ 
grunde des öffentlichen Interesses sieht und in nächster Zeit jeden⸗ 
falls auch im Reichstag von Neuem einer gründlichen Erörterung 
anterzogen werden wird, so ist es von Wichtigkeit zu konstatiren, 
daß auch in denjenigen Kreisen, die sonst eine entschiedene Gegner⸗ 
schaft gegen die zweijährige Dienstzeit zu bekunden pflegten, mehr 
und mehr die Erkenntniß Platz greift, daß dieser Gedanke durchaus 
populär ist und die Bedingung bilden wird, unter welcher der 
Reichstag sich bereit finden lassen dürfte, die militärischen Mehr⸗ 
forderungen zuzugestehen. 
Ausland. 
Die englische Tagespresse bezeichnet die deutsche Thronrede 
als entschieden beruhigend. „Times“ meint, es sei alle Ursache 
vorhanden, die Verficherungen des Kaisers, der Einfluß Deutsch⸗ 
lands werde beharrlich zu Gunsten des Friebens ausgeübt werden, 
zu akzeptiren. Es sei vorläufig glücklicher Weise kein Anzeichen 
»orhanden, daß andere Natiouen ein anderes Verfahren einschlagen 
würden. — Die französischen Blätter heben den friedlichen Ton 
der deutschen Thronrede mit Befriedigung herbor. 
Nachdem die Pforte eine ungenügende Ktompensation für die 
Zrenzdistrikte Gusinje und Plava bicet, theilte der Fürst don 
Montenegro den Signatarmächten seinen Entschluß mit, daß er auf 
Regelung des Grenzstreites iaut den Bestimmungen des Berliner 
Vertrags verharre, und bezeichnete als letzten Termin zur Besitzer⸗ 
greifung der Distrikte mit Waffengewalt den Monat Aupril. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Zu der am Sonntag Nachmittag im 
Oberhauser'schen Saale stattgehabten Versammlung behufs Bildung 
ꝛiner Pflichtfeuerwehr waren etwa 250 Bürger eingeladen. Der 
veitaus großte Theil der Eingeladenen war erschienen. Herr Bür⸗ 
germeister Custer eroffnete die Bersammlung, indem er den Zweck 
derselben kurz darlegte, die Vorschläge des Comites zur Besetzung 
der Chargen kundgab und die Anwesenden aufforderte, sich freiwillig 
zu derjenigen Abtheilung melden zu wollen, zu der jeder Einzelne 
Lust und Vefähigung habe. Vorgeschlagen ist Herr Posthalter Con— 
tadals Kommandant, Hr. Kaufmann H. Fischer als Adjutant, 
or. Zimmermann Georg Uhl als J. Brandmeister, Hr. Joseph 
Schuster, Schreiner als II. Brandmeister, Hr. Stadischreiber 
Bayer als Schriftführer. Die Hrn. Schwarz, Dreher, und 
Vogelsang, Rentner, haben sich in anerkennenswerther Weise als 
Zeugmeister erboten. Die Vorschläge wurden ohne Widerspruch 
nufgenommen und zweifeln wie nicht daran, daß die Besetzung der 
genannten Chargen durch die vorgeschlagenen Herren die vollste 
Billigung findet. Nach definitiver Regelung der Sache werden wir 
nich die Namen der übrigen Chargirten und Feuerwehrleute und 
das Wichtigste aus den Staluten zur Kenntniß unferer Leser bringen. 
f Aus Zweibrücken haben 28 Gewerbsmeister mit 33 Lehr⸗ 
lingen ihre Betheiligung bei der in Kaiserslautern stattfindenden 
Ausstellung von Lehrlingsarbeiten zugesagt. 
F Die Stadt Otterberg liegt mit dem dortigen prak⸗ 
tischen Arzte Dr. Goldfus im Proceß den der letztere gegen erstere 
»ar etwa 2 Jahren anstrengte, weil ihm der Stadtrath die Summe 
»on 300 Gulden, welche er in den drei ersten Jahren seines Dort⸗ 
eins jährlich bezog, verweigerte. Der Proceß spielt vor dem Land⸗ 
zericht Kaisenslautern und wird in der Sitzung vom 2. Adril 
nachsthin abermals zur Verhandlung kommen. 
f Auch in Landauͤ sind einige Soldaten der dortigen 
Barnison am Genickkrampf erkrantt Merkwürdigerweise trat Ns⸗