Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

* Auf dem letzten Zweibräüder Viktualienmarkte konfis- 
zirte die Polizei mehrere Klumben Butter von zu leichtem Gewicht. 
Es ist gewiß sehr erfreulich, wenn das kaufende Publikum auf diese 
Weise von der Polizei vor Prellerei geschützt wird. 
4 Ein in Gant erklärter Porma sse n ser Schuhfabrikant 
welcher früher flüchtig gegangen war und wegen betrügerischen 
Banquerotts und Wechselfälschung verfolgt wurde, ist vergangent 
Woche in Lurxemburg verhaftet und in Untersuchungshaft nach 
Zweibrücken verbracht worden. 
F Die Reifenberger Felde und Waldjagd wurde am 
Mittwoch um den Preis von 810 M. verpachtet. Seither betrug 
ber Pacht 102 M. und wurden durchschnittlich 24230 Hasen 
geschossen. (Da gibt es theueren Hasenpfefferl) 
In Wolf stein wurde am 22. Febr. der älteste Mann 
bon dori, Jakob Stumm, begraben. Er hat das Alter von 86 
Jahren erreicht. Geboren zu Kusel in demselben Jahre, wo diese 
Slaͤdt auf Befehl der Pariser Schreckensmänner niedergebrannt 
wurde, wäre er fast mitverbrannt, da die besorgte Mutter in ihrer 
Angst nicht den Koͤrb mitnahm, worin sie das vier Monate alte 
Hueblein gelegt hatte, sondern einen andern mit alleꝛl:i Sachen 
gepackt. Vom Wachtposten am Ausgange der Stadt aber ange— 
halten und, befragt, was sie in ihrem Korbe da mit sich forttrage, 
merkte sie jetzt erst zu ihrem großen Schrecken, daß sie sich in dem 
Korbe bergriffen und ihr Kind zurückgelassen habe. Es verstehl 
sich von seibst, daß sie zurückeeilte und ihr Kind holte. Mit 16 
Jahren ließ sich der Jüngling als Soldat anwerben und diente 
— Im Jahre 1812 machte 
rden berühmten unglüdlichen Feldzug Napoleon's nach Rußland 
mit und war im brennenden Moskau mit dabei. Während über 
eine halbe Million Kameraden in Rußland theils verhungert, theils 
erfroren zurückblieben, lam er glücklich wieder heraus, da er bei 
der Truppe war, die den Kaiser Napoleon unmittelbar begleitete 
und deßhalb eine etwas bessere Pflege hatte. In der Schlacht an 
der Kahbach unter dem Marschall Macdonald gegen den General 
Blücher wurden seinem Pferde die beiden Vorderfüße von einer 
anonenkugel weggerissen; das Pferd stürtzte und fiel auf seinen 
Reiter, der dabei den Arm brach; kampfunfähig gerieth er in Ge— 
fangenschaft und wurde zu Breslau internirt ... Der biedere Veteran 
bezog die kärgliche Pension von jährlich 8 Gulden oder nicht ganz 
14 Mark. 
Frankenthal. Vor der Strafkammer des kgl. Land⸗ 
gerichts am am 24. ds. Mis. folgender Fall zur Verhandlung: 
Jacob Appel, 17 Jahre alt, Meßggerlehrling von Weisenheim a. S. 
schlich sich in der Racht vom 23. auf 24. November v. Is. in 
das Haus des Kaufmauns Jacob Löb in Weisenheim a. S. ein, 
entwendete, während dieser schlief, zum Nachtheil desselben, 1815 
Mtk. in baarem Geld und eine silberne Ankeruhr mit vergoldeter 
Kette, werth 830 Mk., und entfernte sich, nachdem er dem Löb ein 
unaussprechliches Eiwas neben dessen Bett hinterlassen hatte. Der 
damals noch unbekannte Thäter trieb sich im Kanton Grünstad! 
umher und ließ öfter bei'm Kauf geringer Sachen Goldstücke wech 
eln. Dies lenkte die Spur auf ihn, und verhaftet, gestand er 
sber ein. Löb erhielt fast noch den ganzen Betrag des gestohle— 
nen Geldes zurück. Einem Zeugen, der den Angeklagten der Auf—- 
merksamkeit der Polizei empfahl und dem die rasche Entdeckung 
des Thäters zu verdanken ist, soll Löb, seinem Versprechen gemäß, 
eine großere Summe als Belohnung gegeben haben. Der Ange— 
klagte Appel wurde, indem das Gericht über den Antrag des tgl 
Staͤatsanwalts hinausging, zu 1 Jahr und 6 Monaten Gefäng— 
niß verurtheilt. 
Aus Weyher berichtet die ‚Ggwrt.“. Daß der Grund— 
besitz bei uns immer noch einen Werth hat, trotz der schlechten 
Weinjahre, hat eine gestern hier stattgehabte Güterversteigerung 
bewiesen; sämmtliche Guͤterstücke erhielten einen Preis, der auch 
in besseren Jahren nicht höher gekommen wäre. So wurden un— 
ter anderem 10 Dezimalen Wingert zu 475 M. und 11 Dezimalen 
Wiese zu 460 Mk. zugeschlagen. 
»a 7GPfälz. Turnerbund.) Die 4. Vorturnerversammlung 
für die 18 Bundesvereine der Vorderpfalz pro 1879,80 findet 
unter Leitung des Bundesturnwarts Hrn. Meinhardt aus Speier 
am kommenden Sonntag den 29. Febr. in Frankenthal statt. 
München, 24. Febr. Hr. Premierlientenant a. D. 
Gemming dementirt die Nachricht, daß er in der Kelheimer Lotterit 
30,000 M. gewonnen habe. 
Mannheim. (Efalzgau-Ausstellung.) Die endgiltig 
bindenden Anmeldungen zu der hiesigen Ausstellung mehren sich in 
solchem Umfange, daß der für die Industriehalle in Aussicht ge— 
nommene Raum schon heute überzeichnet ist. Es hängt daher die 
Annahme weiterer Anmeldungen von dem noch ausstehenden Ent⸗ 
schlusse des Centralcomites, weitere Annexe zu bauen, ab. 
F Von Meisenheimer Kaufleuien und Gewerbetrei— 
benden ist ein Gesuch an den Reichstag gerichtet worden um Auf—⸗ 
hebung beziehungsweise Beschränkung des Hausirhandels und der 
Wanderlager. Sie behaupten, daß diese „Auswüchse der Gesverbe— 
reiheit“ sowohl für die Landbewohner, als auch für die ansassigen 
daufleute und Gewerbetreibenden sich als sehr nachtheilig erwiesen 
aben. 
7 Frankfurt. Gelegentlich des im Sommer stattfindenden 
aAllgemeinen deutschen Turnerfestes wird seitens der Frankfurter 
Damen beabsichtigt, den Turnvereinen wie s. Z. den Schützenvereinen 
ein äußeres Zeichen ihrer Cinheit als Bund in Gestalt, einer Fahne 
u übergeben. Die betreffenden Vorbereitungen sind bereits getroffen. 
Wohlfeiler Wein! Der „Pf. K.“ schreibt: Die „Wein— 
Großhandlung“ von Heinrich Rickler in Offenburg (Baden) hat 
dieser Tage ein Circular verschickt, das auch uns zu Handen ge⸗— 
kommen ist. Zu Nutz und Frommen unserer Leser sei Folgendes 
daraus mitgetheilt. Sie offerirt Weißweine (1875er, 1876er, 
1874er) zu 40, 50, 60 Mk. die hundert Liter oder zu 50, 70, 
85 Pf. die Flasche mit Glas; Rothwein (1875er, 1876er, 1874er) 
zu 50, 70, 80 M. die hundert Liter oder zu 70, 85, 100 Pf. 
die Flasche mit Glas. Was für „Gewächs“ diese Weine sind 
hezw. sein sollen, ist in dem Circular nicht angegeben, dagegen 
erhalten wir darin die tröstliche Versicherung, „daß diese mit rei⸗ 
nem Zucker behandelten Weine chemisch von den reinen Natur⸗ 
weinen nicht zu unterscheiden sind.“. Im weiteren Verlauf des 
Firculars wird eine Lanze gebrochen zu Gunsten der „Wein⸗ 
Vermehrung“ und ⸗, Verbesserung“', wobei auf das Beispiel 
Frankreichs hingewiesen wird, wo dies Geschäft in vollster 
Blüthe stehe. 
F In Villingen wurden aus dem Laden eines Gold— 
arbeiters mittelst Einbruchs in der Nacht vom 10. auf 11. Febr. 
eine Menge Gold⸗ und Silberwaaren, meist Uhren, gestohlen; im 
Ganzen find es 73 Stück. 
F Eine recht heitere Episode spielte fich vor einigen Tagen 
in Gera ab. In einem dortigen Hotel kam in einem Kreise 
bon Männern die Rede auf die Nothleidenden und was für die— 
selben gethan wird. Dabei wurde ein anwesender wohlhabender 
Mehlhändler aufgefordert, aus seinem Vorrathe auch ein Opfer dar—⸗ 
zubringen. Derselbe ging darauf ein unter der Bedingung, daß 
der Hotelbesitzer, ein ziemlich beleibter Mann, einen 14 Ctr. 
schweren Mehlsack von der Leipziger Straße in den Reußischen Hof 
auf dem eigenen Rücken trage. Er mochte wohl den Gedanken 
haben, daß die Gegenleistung schon des Straßenauflaufes wegen 
uinterbleiben würde. Jedoch der Gegner wußte sich zu helfen durch 
Verkleidung. Montag Vormittag 105 Uhr schritt derselbe mit 
hrauner Perrücke und braunem Barte, die hellen Beinkleider in 
langen Stiefeln, mit Jaquet und Mütze bekleidet, die Sorge hin— 
auf, von Niemandem erkannt, sprach im Mehlgeschäft vor und ver⸗ 
langte einen Sack Mehl. Wie staunte der Besitzer des Geschäftes, 
als sich aus dem anscheinend Fremden sein Freund entpuppte. 
Er hielt sein Wort. Der schwierigste Theil der Komödie begann 
nun. Mit edler Selbstverläugnung lud der Hotelier die bedeutende 
Last auf seinen Rücken und trug dieselbe von der Leipzigerstraße 
bis in den Reußischen Hof, von Zeit zu Zeit ausruhend, wie 
nusbedungen war. Ein ihn begleitender dienstbarer Geist trug 
inen Tisch nebenher, der beim Ruhen die Last aufnehmen sollte. 
Das Tragen mochte wohl nicht so recht nach den Regeln der Kunst 
geschehen sein, denn ein vorübergehender Kenner rief: „Bruder, 
Du machst Dir's viel zu schwer! Auf die Achsel!“ Ohne Unfall, 
iber mit äußerster Kraftanstrengung und manchem Schweißtropfen 
am der Träger mit seiner ungewohnten Bürde am Ziel an. 
Nach dem „Schw. Merk.“ ist im großen Gotthard⸗ 
dunnel zwischen den beiden Richtstollenvortrieben nur noch eine 
Wand von etwa 65 mi zu durchbrechen. Die Arbeiter auf der 
Rordseite hören bereits ganz deutlich das Stoßen und Arbeiten 
der Bohrer von jenseits, von der italienischen Seite her. 
Jin Kanton Neuenburg soll, dem „Bigneron“ zufolge, 
die Phylloxera (Reblaus) erfroren sein. Reben, die von dem ge— 
nannten Insecte befallen waren, wurden ausgerissen und mitroskopisch 
untersucht. Wenn der strenge Winter 1879 80 dies zuwege ge⸗ 
bracht hätte, so dürften ihn die schwer heimgesuchten Weinbauern 
egnen. 
Der Erbauer der Rigibahn, Ingenieur Riggenbach von 
Solothurn, ist nach Asien abgereist, um dort Pläne für ähn— 
iche Zahnradbahnen festzuftellen. 
Eine fidele Ortsbehörde. In einem bei Göͤrz gelegenen 
Orte war dieser Tage der Gemeinderath zu einec öffentlichen Sizung 
versammelt. Dieselbe fand Nachmittags 5 Uhr statt. Da sich 
doch, wie der „Isonzo“ erzählt, das Sitzungslokal in einem Gast⸗ 
jaus befindet, ereignete es sich, daß gegen 7 Uhr Abends die Ge— 
mahlinnen und Töchter der Herren Gemeinderäthe erschienen, daß 
die Sitzung sofort unterbrochen und bis zum nächsten Morgen 
getanzt wurde. 
Von einem klugen Elephanten wird aus Moskau fol⸗ 
gende ergötzliche Geschichte erzählt: In der Nacht von Donnerstag 
nuf Freitag brach in dem Comtoir des Zoologischen Gartens Feuer 
aus, bei welcher Gelegenheit der große Elephant einen Lösche und 
Rettungseifer bewiesen haben soll, der ihm eine hervorragende