Mehrere Miethsbewohner der oberen Stockwerke retteten Nichts als
das nackte Leben; einige derselben haben auch nicht versichert.
F Von den Straffällen des heurigen ersten Schwurgerichts zu
Hanan war der bemerkenswertheste ein Dienstverbrechen, insbe⸗
ondere durch das ziffermaßig geringe Object gegenüber der schweren
Strafandrohung des Gesetzes. Es handelte sich nur um den Be—
trag von 9 bis 10 M., die ein Obertelegraphen⸗Assistent dadurch
ucrirt hatte, daß er aufgegebene Telegramme, nachdem sie dem
vollen Wortlaut nach bezahlt waren, um einige Worte verkürzte,
deren Entgelt er in die Tasche stekte, und dann im Einnahme-Buch
und in den Belegen dazu die Gleichstellung durch Fälschungen vor⸗
aahm. Es wurden 149 Fälle mit je 5 Pf. und 10 Pf. festge⸗
tellt. Was, wie wohl wahrscheinlich, schon früher in gleicher Art
vorgekommen, war nicht zu ermitteln, weil die Originaltelegramme
nach drei Monaten vernichtet werden. Die Geschworenen sprachen
das Schuldig aus und ließen mildernde Umstände zu. In Folge
zessen erkannte der Gerichtshof auf ein Jahr Gefängniß und auf
Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von
wei Jahren, was den Verlust des derzeitigen Dienstes zur gesetz-
lichen Folge hat.
In Dortimund waurde vor dem Sossengerichte ein
Metzgermeister wegen des Verkaufes von Schweinefleisch, von dem
er wußte, daß es finnig sei, zu 200 M. Geldstrafe verurtheilt.
* Folgender ergötzliche Vorfall passirte jüngst in einer westfä—
üschen Schöffengerichtssitzung. Ein Angeklagier wurde vom Richter
gefragt ob er schon in Untersuchung gewesen sei, worauf derfelbe
ganz naiv erwiderte: „Jawohl, aber als untauglich entlassen
worden.“
Der conservative Verein und Gewerbetreibende in Hanno—
oer haben eine Petition betreffend Einführnng von Zwangsinnungen
in den Reichstag gerichtet, in welcher die Petenten das einzige
Mittel erblicken, das deuische Handwerk vor dem allmählichen Ruin
u schützen.
Seltene Widmung. In dem Altelier eines Wie⸗
uer Künstlers war vor wenigen Tagen ein Gemälde zu sehen,
welches sieben Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren in
reizender Gruppirung darstellte. Der Goldrahmen aber trug die
rerkwürdige Aufschrift: „Der theuren Großmutter zum fünfzehn⸗
en Geburtstage.“ Das Räthsel löst sich leicht, wenn wir bei—
jetzen, daß das Gemälde am 29. Februar seiner Widmunq zu⸗
Jeführt werden sollte.
F Gie Vollendung des Gotthardtunnels) Am Sonn⸗
jag ist der letzte Hammerschlag an einem Werke geschehen, welches
ir alle Zeiten ein Denkmal menschlicher Energie im friedlichen
Kampfe mit der Natur bilden wird.“ Der Gotthärdtunnel ist voll⸗
endet worden. Die Geschichte dieses Baues ist zugleich eine Ge—
schichte der letzten zehn Jahre; sie hat in die große Politik hinein⸗
zegriffen und ist von ihr beeinflußt worden. Bei dem Bau han—⸗
delte es sich um die Herstellung einer Verbindung zwischen
Deutschland und Italien ohne Berührung Frankreichs oder Oesier⸗
ceichs lediglich durch dir neutrale Schweiz. Die Konstellation des
Jahres 1869 wirkte in dieser Richtung mit. Handelspolitisch hatte
ener Bau natürlich für die Schweiz selbst ein Interesse; durch die
Brenner und Mont⸗Cenisbahn war sie von dem großen europäi⸗
chen Verlehr abgeschnitten, resp. mit der Abschneidung desselben
edroht. Daneben handelte es sich für sie um eine geeignete Ver—
indung mit Italien zu den nach Deutschland führenden vielen
Verkehrswegen. Am 15. September 1869 trat unter Beschickung
außer durch die Schweiz durch den norddeutschen Bund, Württem—
berg, Baden und Italien zu Bern die St. Gotthard⸗-Konferenz zu—
ammen. Der Krieg von 1870 verzögerte die Angelegenheit; am
b. December 1871 constituirte sich indeß die Goithardbahngesell⸗
chaft mit dem Sitze in Luzern. Das Baukapital wurde auf 187
Millionen Francs an Staatssubvention, Aktien und Obligationen
peranschlagt. Die Gründerepoche beeinflußte indeß auch jenes Unter—
nehmen; 1876 stellje sich heraus, daß man sich um 102 Millio—
ien verrechnet hatte. Der größten Sparsamkeit gelang indeß die
Herabsetzung des Deficits auf 40 Millionen Francs. Auch sonstige
Schwierigkeiten haben dem Unternehmen nicht gefehlt. In Go——
chenen revoltirten 1875 zwei Tage lang die italienischen Arbeiter,
und mußte das Militär des Kantons Uri seinschreiten, am 17. Sep⸗
ember 1877 schuf der Brand von Airolo ein neues Hinderniß.
Der im vergangenen Sommer erfolgte Tod des leitenden Unter⸗
ijehmers Favre war ein weiteres großes Unglück. Jener ausge—
eichnete Mann, ein französischer Schweizer, starb inmitten seiner
Arbeiter wie ein Feldherr auf dem Schlachtfelde. Die schlechte
Luft und die Strapazen der Vergarbeiten haben überhaupt zahl⸗
reiche Menschenleben gekostet; nicht nur im Kriege verlangt die
Keschichte für jeden Fortschriti als Entgelt Hekatomben von Men
eben. Aber auch diese Opfer fallen auf dem Felde der Ehre. Das
chwierige Werk ist vollendet, und der Dampfzug wird unter dem
Berge hinwegbrausen, über den in alter Zeit nur Fuß- und Saum ⸗
hierpfade führten. Seit geraumer Zeit war dort eine Fahrpost;
ieselbe drauchte bei günstigem Wetter elf Stunden. Weniget für
den Personen⸗, als für den Guterverklehr wird jene neue Faht⸗
—A——
tzahnen wie die Brennerlinie werden den Entgang schon merken.
Auch Bayern ist an jenem Verlust mit München leider nicht umbe⸗
heiligt. Die Vortheile für. Lindau und dann namenilich für die
Bfalz müssen Das ausgleichen. Den Haupinutzen untet den deut⸗
chen Ländern wird von jener Linie wohl Baden haben.
FDie vollstandige Fertigstellung der Gotthard-Bahn bis
ur Uebergabe der neuen Verbindungslinie mit Italien an den
yffentlichen Verlehr wird wohl noch mehrere Jahre in Anspruch
iehmen. Die Legung des definitiven Geleises, die Untermauerungen,
der Bau der Vorbahnen und manches Andere bieten zusammen
ioch ein Quantum Arbeit, dessen Bewaͤltigung längere Zeit erfordert.
7 Die von der Schweiz zum Andenken an die Vollendung
»es Gotthard-Tunnels geprägle und an die Arbeiter vertheilte
Denkmünze hat die Größe eines Fünffrankenstückes; sie zeigt auf
der einen Seite in der Mitte eines Lorbeerkranzes die Jahreszahl
»es Durchbruches: Marzo 1880, umgeben von der Inschrift: Ai
avoranti al trafaro del Gottardo, den Arbeitern am Gotthard⸗
unnel. Auf der andern Seite befinden sich über einander die dtei
Wappen der drei betheiligten Staaten mit der entsprechenden Ueber⸗
chrift Gerinania, Ilelvetia, Italia, und darunter Viribus unitis
mit vereinigten Kräften,
f. Wie gefährlich es wat, in dem Augenblicke als die Erplo⸗—
ion erfolgte, an dem Winterpalais in Pekter sburg vorbeizu—
ahren oder zu gehen. Das möge folgende Geschichte beweisen:
Sin Kaufmannssohn aus den großen Verkaufshallen in Petersburg
uhr in seinem eigenenen Wagen, von den Insein kommend, über
den Aleranderplatz zwischen der Siegessaule und dem Palais.
Blötzlich krachten die dreißig Kilogramm Dynamit in die Luft, das
Pferd ein edles Thier, machte einen hohen Satz, der Insasse flog
m Bogen über das Pflaster nach dem Palais zu und der Gaui
nit dem leeren Gefährt wie vom Teufel besessen dadon. Der
unge Kaufmann, der gar nicht wußte, was und wie ihm gesche—
jen, und zum Glüd keine Verletzung davon getragen haite, raffte
ich bald wieder auf und lief vem Flüchtling nach; aber als er
in dem Palaisthor vorbeikam, da padten ihn nerbige Fäuste, und
nan schrie ihm in die Ohren: „Warte, du Canaille, haben wir
dich endlich!“ und es regnete Prügel. Der unglückliche Mensch
vpurde braun und blau geschlagen und eingesperru; erst am andern
Morgen gelang es seinem Valer, ihn zu befreien.
Ger Einfluß des Singens auf die Gesundheit.) Die
St. Petersburger medizinische Wochenschrift“ schreibt: Aus den im
derbste 1878 auf der Klinik von Prof. Monassain in Petersburg
in 222 Sängern im Alter von 9 bis 53 Jahren unternommenen
üntersuchungen, bei welchen hauptsächlich auf Wuchs, absoluten
Zrustumfang, auf die Differenz der letzteren und der Korperlänge
ind auf Athmungsgröße gesehen wurde, ergab sich Folgendes: Der
elative und auch der absolute Brustumfang ist bei den Sängern
rößer, als bei Nichtsängern, und nimmt mit dem Wuchs, mit dem
llter und mit den Jahren zu. Trunksucht hemmt die Entwicklung
er Brust. Die Expansion der Brust, sowie die vitale Kapazität
er Lungen ist bei Sängern größer und nimmt ebenfalls in oben—
zenannter Weise entsprechend zu. So häufig bei Saängern Kehl⸗
opftatarrhe vorkommen, ebenso selten sind Bronchialkatarrhe. Sehr
venig Sänger sterben an Lungenschwindsucht. Das Singen ist
urch gleichsam turnerische Uebimg der Lungen ein ausgezeichnetes
ßrophylaktikum für Phthisiler, es ist das beste Mitteh zur Ent—
vickelung und Stärkung der Vrust Und muß in dieser Beziehung
der Gymnastik der Arme und Beine entschieden vorgezogen werden.
Einem Telegramm aus Tokio vom 23. Februar zufolge
hat in Jaban ein beftiges Erdhehen siattaefunden.
Marktberichte.
Zweibrücken, 4. Maärz. (Fruchtminelpreis umd Deeanede
Peizen 11 M. 84 Pf. Korn 10 M. 48 Pf., Gerfte zweireihige d M. — pf.
ierreihige d M. — Pf., Spelz O M. —pf. Spelztern — M. — pf.
Dinkel — M. — Pf., Mischfruht 0 M. — ppf., Hafer 7 M. 40 Pf.,
erbsen — M. — Pf., Widen 5 M. 87 Pf., Karloffeln 3 M. 70 pf.,
deu 8 M. 20 pf., Stroh 8 M. — Pf., Weißbrod 1/ Kilogr. 58 pi,
dornbrod 8 Kilogr. 72 Pf Gemischtbrod 8 Kilogr. 87 Pf, paar Wed 1006
ür. 6 Pf. Rindfieisch J.Qual. 60 Pf. II. Qual. n0 ppf. faaloͤfleisch 10 Pf.,
dammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 586 Pf. Butleru/ dildart. 1 M. Wein
liler 830 Pf., Bier 1Liter 24Pf.
Homburg, 8. März. (Iruchtmittelpreis und Victualienmarkt.) Weizen
12 M20 Bf Korn 10 Mgeb Pf, Spelztern — M. —Pf. Spel o M.
. Pi. Gerste Aeihige — M. — Pf., Gerste 4reihige d M. — pf., Hafer
7 M. 78 Pf., Mischsfrucht 10 M. 36 Pf. Erbsen d m — pfro Widen
8 M. —. Bf., Bohnen d M. — pPf.nleejamen — M. — Pi, Korn-
brod 6 Pfund 83 Pf., Gemijchtbrete6 Pfund — Pf. Odhenfleisch — Pf.
Kindfleisch 30 Pf. Kalbfleisch 36 Pf, Hammeldeisch — Pfr Schweinefleisch
50 Pf. Butter 1 Pfund 1M. — Pf Kartoffein ver Cir 4M. — pi.
Kaiserslautern, 2 Marz. (42itiespreis und Victualienmarkt)
eizen 11 M. 42 Pf., Korn 10 M. 103 Speiakern 11 M. 74 Pf. Spelj
Wi. 77 Pf., Gerste d M. 7 75 — 50 Pf., Erbjen 08 M.
32 Pf, Wicken 5 . en 48 M. —
f., Swarzbrod egen
Pfund 45 Pfg. Su. 1. — Pf.Katr⸗
eln per Cent. O M.- ru o — Piao—
Fur die Redeclion verantwartlich: F. *
Dem