Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberler Anzeiger. 
Der Et. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich; mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mif illustrirter Wei⸗ 
lage) ericheint wöchentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstan und Sonntag. Der Abounementspreis beträgt vierieljährlich 
1AM 40 Z einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 60 , einschließlich 40 Zustellgebühr. Auzeigen werden mit 10 B, von Auswärii 
mit 15 — fuür die viergespaltene Zeile Blattschrisft oder deren Naum, Reclamen mit 30 A pro Zeile berechnet. 
A 48. Dienstag den 23. März, 
1885. 
AbonnementsEinladung. 
Bei dem bevorstehenden Beginne eines neuen Quartals er— 
lauben wir uns, zum Abonnement auf den „St. Ingberter 
Anzeiger““ hiermit ergebenst einzuladen. 
Im Erscheinen und im Preise desselben wird keine Ver⸗ 
ünderung eintreten. 
Der „Anzeiger“ wird fortfahren, die politischen Tagesereig⸗ 
nisse in gedrängter Uebersicht, aber möglichst rasch und voillständig 
mitzutheilen. Besondere Aufmerksamkeit wird er den lokalen und 
provinziellen Angelegenheiten zuwenden. Daneben wird er seine 
Leser mit den interessantesten Fällen aus dem Gebiete der 
Rechtspflege (mit besonderer Berücksichtigung der Schöffengerichts 
tzungen dahier) und mit den wichtigsten Handels · und Ver—⸗ 
lehrsnachrichten bekannt machen. 
Neu bestellungen wollen gefälligst bald, sowohl bei der 
Post, wie bei uns oder unseren Austrägern gemacht werden. Un— 
seren bisherigen hiesigen Absnnenten wird der Anzeiger“ auch 
im neuen Quartale fortgeliefert werden, wenn sie nicht ausdrück 
lich abbestellen. Die neuzuge henden Abonnenten werden die schon 
erschienenen Nummern der laufenden Erzählung im Unterhaltungs 
blatte gratis nachgeliefert erhalien. 
Schließlich erlauben wir uns noch, den „St. Ingberter An⸗ 
zeiger“ zur Aufgabe von Inseraten aller Art einem geehrten hie⸗ 
gn und auswärtigen Publikum in empfehlende Erinnerung zu 
ringen. 
Ausland. 
Die „Agence Havas“ meldet: In einem an das Gericht 
idressirten Briefe dementirt Hartmann die von englischen 
Journalen publizirte Erklärung (daß er der Haupturheber des 
Moskauer Attentats sei und nächsiens nach Amerika reisen werde) 
und behauptet. weder in Paris noch in London irgend Jemand 
ie Angelegenheit erzählt zu haben. Um die Echtheit seines Brie⸗ 
ees festzustellen, übergab Hartmann denselben einem dem Justiz⸗ 
oirektor persönlich bekannten Freunde. Der Brief ist unterzeichnei: 
Harimann“. 
In Folge der kriegerischen Haltung Chinas werden in Nuß⸗ 
laud Vorbereitungen für einen allenfalls kommenden Feldzug ge⸗ 
roffen. Der Gouverneur von West⸗Sibirien hat den Befehl er⸗ 
alten, angesichts der Concentrationen chinesischer Truppen 5000 
Nann Truppen aus seiner Provinz sofort nach dem ftrittigen Di⸗ 
krict Kuldscha zu senden. Die Regimenter sollen in Eilmärschen 
»orrüden. — Sowohl in Nitlolajeff wie in Kronstadt werden Vor— 
ereitungen für die Entsendung don Kriegsmunition nach dem 
Stillen Ocean für den Schutz der Region des Amur gettoffen. In 
den genannten beiden Plätzen sind Befehle eingelaufen, die Fertig⸗ 
tellung mehrerer Corvetten und Klipperschiffe zu beschleunigen, da⸗ 
mit sie abgesandt werden können, sobald das Eis aufbricht. 
Das Madrider Journal „El Liberal“ glaubt, daß eine Inter⸗ 
vention der europäischen Staaten in Marocco sich bald als dring⸗ 
lich erweise. Das Blatt berichtet über neue gegen Juden beqan⸗ 
gene Excesse. 
Redaktion und Expedition 
des „St. Inaberter Anzeiger“. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 22. Piärz. S. Maj. der deutsche 
Kaiser Wilhelm J. vollendet heute sein 83stes Lebensjahr. 
Da sein Geburtstag dieses Jahr in die Charwoche fiel, so hatie er 
ekanntlich angeordnet, daß die Feier desselben schon am Samstag 
ʒegangen werde. Dieser Anordnung ist man auch in Süddeutsch⸗ 
and vielfach gefolgt, u. A. auch in den pfälzischen Siädlen Speher, 
daiserslautern, Landau, Dürkheim. 
*St. Ingbert, 28. März. Auf dem den Hrn. Gebr. 
Dörr gehörigen Trippscheider Hofe bei Hassel gerieth am 
Zamstag ein Arbeiter, Ramens Schwarz aus Niederwürzbach, in 
»as Treibwerk einer Dreschmaschine und fand dabei seinen Tod. 
Der Verunglücte ist verheirathet und hinterläßt 7 Kinder, von 
»enen das Jüngste erst 3 Monate alt ist. Schon früher verun⸗ 
zlückten zwei Arbeiter an derselben Maschine; dem Einen wurde 
ꝛine Hand und dem Andern ein Fuß abgequetscht. 
FIn Hdheinod mußte wegen der Halsbräune, an der 
auch der Schulverweser erkrankt istdie Schule geschlossen werden. 
Auf dem Reichenbacherhofe bei Ouerberg kam 
m 18. d. das 33 Jahre alte Soͤhnchen von Heinrich Hach durch 
Verbrennen um's Leben. Die Cliern hatten den Kleinen allein 
zu Hause gelassen; derselbe hatte Zündholzer in die Hande be—⸗ 
lommen und so das Unglück herbeigeführi. 
F In Kaiserslautern fand am 18. März an der 
andwirthschaftlichen Winterschule die Schlußprüfung in Gegenwari 
»es kgl. Regierungsrathes Fgrhrn. v. Harold Statt. Die Anstalt 
ahlte am Schlusse noch 21 Schüler; das Prüfungsresultat war 
in fehr erfreuliches, wie auch das Verhalten der Schüler zu keiner 
lage Veranlassung gab, so daß wir den Wunsch nicht unterdrücken 
önnen: es möchten unsere pfälzischen Landwirhe noch mehr als 
bisher ihre Söhne diese Winterschule frequentiren lassen. 
fF Auch in Kaiserslauter'n hat sich ein Comite ge⸗ 
bildet, welches Beiträge zur würdigen Begehung der Jubiläums- 
eier der Universitat Wwürzburg entgegen nimmt. 
F Die Hauser⸗Steuer⸗ Revision hat sowohl im jenseitigen 
Bahern wie in der Pfalz Anlaß zu vielen Beschwerden gegeben, 
da sie diele Härten mit sich führt. Eine Reihe von Städten sucht 
arin Abhilfe zu veranlassen und so hat namentlich Kempien ein 
Tircular erlassen, worin Mittheilung über die Folgen der Hauser⸗ 
teuer⸗Revision erbeien und beantragt wird, sich an die Regierung 
u wenden, welche mit der Revision der Steuergesetzgebung beschaf. 
jgt ist, um eine andere Form der Besteuerung berbeinufuͤhren. Der 
Deutsches Reich. 
Der Reichskanzler wird im Laufe der Woche sich nach 
Friedrichsruh begeben, um dort das Osterfest zu verleben. 
Die Rückkehr des Fürsten nach Berlin ist vorläufig für den 5. 
April in Aussicht genommen. 
Die Bundesruthsausschüsse für Zoll- und Steuerwesen 
berathen gegenwärtig über das Reichsstempelabgabengesetz. Es soll 
sich in den Ausschüssen, namentlich von ba yerischer Seite ein 
starker Widerspruch gegen die geplante Quittungssteuer erheben. 
während die Borsensteuer unbeanstandet bleibt. 
In Bundesrathskreisen will man wissen, daß dem Reichstag 
in dieser Session eine Vorlage über die We hrsteuer nicht 
mehr zugehen wird. Es sind hierüber eingehende Besprechungen 
wischen der Militär-Verwaltung und dem Reichskanzler zu führen. 
deren Abschluß noch in weiter Ferne liegt. 
Am Samstag empfing der Kaiser anläßlich seines Geburts⸗ 
jestes (welches der Charwoche wegen schon am 20. März officiell began⸗ 
zen wurde) um 114 Uhr die Generale und Militärbevollmächtigten, um 
12 Uhr die Commandeur der Leibregimenter und der Leibcompagnieen, 
dann die Staatsminister unter Führung des Grafen Stolberg, um 
tUhr die landansässigen Fürsten mit ihren Gemahlinnen, um 134 
UUhr den Bundesrath mit dem Fürften Bismard an der Spitze und 
um 2 Uhr das Reichstagspräsidium. 
Wie das „D. Mont.Bl.“ erfährt, soll der Kaiser zu ei⸗ 
aigen Generälen sich dahin geäußert haben, „wenn die Zeit⸗ 
ungen jetzt sagten, der Friede sei gesichert. so trafen sie das 
Richtige.“ 
In militärischen Kreisen verlautet, daß in kurzer 
Zeit der kommandirende Genetal des 11. Armeetorps d. Bose, 
der schon zu wiederholten Malen um seine Pension nachgesucht 
den erbetenen Abschied demnächst erhalten dürfte. 
Der ,Reichsanzeiger“ konstatiri, daß der don der „Germania“ 
mitgetheilte Text des papstlichen Schreibens an den Kolner 
Erzbischof an einer Stelle abweicht von dem, welcher dem Reichs⸗ 
anzeiger“ vorliegt. Damit ist gleichzeitig als Thatsache konstatirt, 
daß das epochemachende Schreiben der preuß., resp. deutschen Re⸗ 
gierung amtlich zugegangen und sonach das bekannte Zugeftänd⸗ 
niß des Papstes in Sachen der preußischen Kirchengesetzgebung auch 
formell der preußischen Regierung gegenüber erfoigi iñ