Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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/* —2 * 
Aß 52.. —— Donnerstaa den 1. April 
180. 
Deutisches Reich. 
WVermischtes. 
* St. Ingbert, 31. März. In heutiger Schöffen⸗ 
säitzung kam ein einziger Fall zur Verhandlung. Ein Mann 
von hier hatte nämlich gegen einen Strafbefehl, in welchem wegen 
groben Unfugs auf eine Haftstrafe von zwei Tagen erkannt war 
— Einspruch erhoben, der verworfen wurde, jedoch unter Min⸗ 
derung der Strafe auf 1 Tag Haft. 
In der Sitzung vom 24. März kam ebenfalls nur eine 
Verurtheilung vor, indem ein Mann von hier wegen vorsätzlicher 
störperverletzung 2 Monate Gefängniß erhielt. 
Gestorben in Blieskastel am Morgen des 30. März 
herr Distriktsbauschaffner Ph. Wolfius. 
Aus dem Bliesgau. In Ommersheim fand am Oster⸗ 
nontag die erste Bezirksversammlung des „Cäcilienvereins“ Statt, 
der sich zur Aufgabe gemacht hat, den lateinischen Gesang in den 
atholischen Kirchen wieder zu heben. Die Versammlung war von 
nah und fern sehr stark besucht, wozu wohl auch der heitere Himmel 
sein gut Theil beitrug. Nachdem der Herr Pfarrer Lemaire von 
habkirchen erschienen war, begaben sich die Vereine zur Kirche, wo 
ie Proben ihrer Thätigkeit ablegten. Die Palme des Sieges trug 
der Ommersheimer Gesangverein davond. was allgemein anerkannt 
vurde, und was wohl daher rührt, daß der lateinische Gesang da- 
elbst schon lange eingeführt und gepflegt wird und trüchtig geschulte 
räfte besitzt. (Zw. Ztgh. 
Der am 20. Maͤrz bei den Gebrüdern Dörr auf Tripp⸗ 
cheidterhof verunglückte und am 22. März beerdigte Nikolaus 
Schwarz wurde am 26. März wieder ausgegraben, auf Anord⸗ 
uung des Gerichtes einer Sektion unterworfen und dann wieder 
heerdigt. 
7Das diesjährige Sängerfest des Bezirkssängerbundes Zwei⸗ 
drücken wird bei günstiger Witterung am ersten Sonntag im 
Juni in Einöd abgehalten werden. 
Die Eheleute Andres Bounet in Obermoschel be⸗ 
gingen am 25. März das Fest der goldenen Hochzeit. 
.Aus dem Lauterthale wird der K. Z.“ berichtet, daß 
es dieses Jahr um den Honig schlimm stehen wird, da fast sammt⸗ 
iche Bienen erfroren seien. In Ortschaften, in denen stets über 
100 Bienenvölker gehalten wurden; existiren deren nur mehr 3 bis 
3; der diesjährige harte Winter hat die Hoffnungen der Imker auf 
Jahre hinaus zerstört. 
F Die Kaiserslauterer Bildungsanstalt für Kindergärtnerinen 
zählte in ihrem ersten Schuljahr 1879,80 20 Theilnehmerinen, von 
denen 19 die in der vor. Woche durch Seminarinspektor Dr. An⸗ 
dreä vorgenommene Prüfung bestanden und damit zur selbststän⸗ 
digen Leitung eines Kindergartens für befähigt erklart wutden. 
F Den, in der am Ostermontag in Kaiserslautern statt ge⸗ 
habten Generalversammlung des pfalz. Dampfkesselrevisionsvereins, 
zemachten Mittheilungen entnehmen wir nachstehende Daten: In 
1879 stieg die Zahl der Vereinskessel um 65 und beträgt nun 
881, von denen 772 auf die Pfalz treffen. Nur mehr 78 pfälzet 
essel gehören dem Vereine nicht an. Unfälle waren nicht zu be—⸗ 
klagen; an Prämien für verdienstwolle Heizer wurden 250 M. 
festaeletzt. 
rDas Bürgermeisteramt Kaiserslautern erläßt nachstehende 
eitgemähe Belannmmachung: „In Folge der in jüngfter Zeit wieder⸗ 
jolt tonstatirten Brände an Straßenböschungen, auf HPaideflächen 
ind in Waldungen sieht man sich veranlaßt, das Publikum dring⸗ 
u erfuchen, bei Entzunden von Feuern oder beim Gebran 
euerzeuges auf dem Felde ꝛc. die größte Vorsicht zu ba 
die Vermuthung sehr begründet ist, daß fast alle de 
nur durch leichtfertige und unvorsichtige Behand 
der Feuerzeuges entstanden sind. — Dabeien 
nerksam gemacht, daß die Schuldigen we— 
nicht allein strafbat sind, sondern auch“ 
n haften haben.“ 
F In Billighe im wurde 
art in die Hand gebifsen, daß 
zweifelhaft ist, ob nicht zur R 
des Vorderarmes deschritte 
Muͤnchen. Se. Maj. der König haben geruht, aus dem 
Nachlasse Sr. Maj. des hoͤchstseligen Königs Maximilian II. in 
Gemeinschaft mit Sr. kgl. Hoheit dem Prinzen Otto den Betrag 
von 630,000 Mark auszuscheiden und mit dieser Summe eine 
allgemeine Landesstiftung unter dem Namen „Wittelsbacher Stif⸗ 
tung für Wissenschaft und Kunst“ zu gründen. Die Stiftungs— 
renten kommen zunächst für die Zwecke und Arbeiten der bei der 
Akademie der Wissenschaften bestehenden historischen Commission 
für deutsche Geschichts- und Quellenforschung zur Verwendung. 
Aufstellung des Etats für die bayerische Armee. Da der 
Reichstag den Etat für das Reich diesesmal viel rascher erledigt hat 
als in den Vorjahren, so konnte auch in unserem Kriegsministerium 
mit der Aufstellung des Etats für die bayerische Armee pro 1880/81 
noch vor Ostern begonnen und wird die Vollendung der Arbeit und 
der Druck des Etats zur Vorlage an die Kammern auch früher als 
in den Vorjahren ermöglicht werden; im vorigen Jahre konnte der 
Etat erst Mitte Juli an den Landtag gelangen, obwohl das Etats⸗ 
jahr bekanntlich mit dem 1. April beginnt. 
Der ‚„Reichsanzeiger“ bringt eine Reihe feierlicher Kund⸗ 
gebungen, indem er den (französischen) Wortlaut von Telegram⸗ 
men abdruckt, welche aus Anlaß des Geburtstages unseres 
Naisers neuerdings zwischen diesem und dem Zaren gewechselt 
worden sind und welche wiederholt bekunden, welch' inniges Freund⸗ 
chaftsband die beiden mächtigen Herrscher verbindtt. 
Fürst Bismark wird heute (1. April) 65 Jahre alt. Zu den 
großen Verdiensten desselben um Deutschland scheint sich in Bälde 
ein neues von außerordentlicher Bedeutung gesellen zuͤ wollen, dessen 
Gegenstand ja bereits in Sicht ist: die Beendigung des Kultur— 
kampfs ohne Benachtheiligung der Staatsautorität. Möge Fürst 
Bismarck, des Deutschen Reiches Kanzler, noch lange in körperlicher 
und geistiger Vollkraft leben und wirken zu Deutschlands Heil! 
Ausland. 
Der „Köln. Ztg.“ wird unterm 30. März aus Paris tele⸗ 
graphirt: „Die Verkündigung der Dekrete über die geistlichen Ordens⸗ 
Jemeinschaften macht großes Aufsehen, zumal in den äußersten Vor— 
städten. Die Arbeiter traten in die Schenken ein, um auf die 
Auflösung des Jesuitenordens zu trinken, in den klerikalen Kreisen 
dagegen zeigt sich große Entrüstung. Die ultramontanen Blätter 
donnern gegen die Regierung. Die bonapartistischen Blätter billigen 
das Dekret über die Ordensgemeinschaften, bedauern jedoch die be⸗ 
sondere Maßregel gegen die Jesuiten. Die „Ordre“, jetzt das 
Organ des Prinzen Napoleon, billigt die Dekrete, gibt aber zu 
derstehen, daß nur eine starke Regierung dieselben ausführen könne; 
die jetzige Regierung sei nicht im Stande, Dies durchzuführen. 
Das französische „Journal officiell“ veröffentlichte zwei 
Dekrete. Das erste löst die Gesellschaft Jesu in Frankreich binnen 
drei Monaten auf, das zweite fordert die nicht autorisirten Kon— 
gregationen auf, ihre Statuten einzureichen und die Autorisation 
nachzusuchen. Ein Bericht der Minister des Innern und der Justiz 
begleitet die Delkrete und thut die Nothwendigkeit der Auflösung der 
Gesellschaft Jesu dar, gegen welche sich das Nationalgefühl ausge— 
sprochen habe. 
Die Hoffnung, daß unter der Dictatur des Generals Loris⸗ 
Melikow manche Mißstände in der russischen Verwaltung be—⸗ 
seitigt würden, scheint sich immer mehr bestätigen zu wollen. So 
wird aus Petersburg gemeldet, daß mehr als hundert Stu⸗ 
denten der Medizin, welche seit elf Monaten eingekerkert waren 
auf Betreiben Melikow's aus ihren Kerkern entlassen wurden. 
Außerdem gilt General Melikow als Gegner eines Konfliktes mit 
Deutschland und soll seinen Einfluß in dieser Richtung bereits gel⸗ 
tend gemacht haben. 
In allen russischen Lehranstalten soll jetzt mosaischer Reli⸗ 
gionsunterricht für die Juden eingeführt werden. Das hängt wohl 
damit zusammen, daß seinerzeit auf die Frage, woher es komme, 
daß so viele Juden unter den Nihilisten seien, die Antwort gegeben 
wurde, daß hieran wohl der Mangel jeglichen Religionsunierrichté 
für die Juden in Rußland Schuld trage.