Ausgewanderten 10,017 Militärpflichtige sich befunden, also ein
ttarkes Fünftel der Gesammtauswanderung. Darunter ist die große
Zahl derjenigen Knaben und Jünglinge natürlich noch gar nicht
ngerechnet, welche vor dem Eintritt des militärpflichtigen Alters
hereins das Vaterland verlassen haben.“
Vor solchen Thatsachen das Auge zu verschließen, nützt
nichts. Es gilt, sie anzuerkennen, sie zu verstehen und sie richtig
zu behandeln!
Vom Dinkelsbühler Haändels-⸗nnd Gewerberathe war in
der Sitzung vom 12. v. Mis. beschlossen worden, den Reichstags⸗
abgeordneten Dr. Schreiner zu ersuchen, gegen die beabsichtigte
Algemeine Quittungssteuer, welche den Geschäftsverkehr
in der schwersten Weise schadigen und belästigen würde, zu stimmen.
Auf das bezügliche Schreiben erwiderte Herr Dr. Schreiner vor
einigen Tagen: „In Uebereinstimmung mit dem verehrlichen Han⸗
dels und Gewerbrathe Dinkelsbühl wird die allgemeine Quittungs-
teuer, wie sie in dem „Entwurf eines Gesetzes betreffd. die Er—
Jebung von Reichsstempelabgaben“ dem Reichsstage zur Beschluß⸗
fassung vorliegt, auch von mir und von sehr vielen andern Abge⸗
rdneten für unannehmbar gehalten, so daß man zuversichtlich hoffen
zarf, die Ablehnung dieser Steuer werde mit großer Majorität
erfolgen.“
In Reichstagskreisen wird seit einiger Zeit die Frage erwo—
gen und ein Antrag vorbereitet, ob man nicht dem wachsenden
heheimmittel-Unwesen und der öfter damit verbunde⸗
den Curpfuscherei mit weiteren als den vorhandenen Straf⸗
zestimmungen, und eventuell mit welchen, entgegen zutreten ver⸗
uchen soll. Die an sich schwierige Frage wurde bekanntlich nicht
geloͤst durch die dafür 1875 erlassene kaiserliche Verordnung über
Zie Beschränkung der Abgabe von Arzneimitteln. Im Gegentheil
immt das Uebel zu. Dem Reichstage gingen ebenfalls Peti—
idnen in der angedeuteten Richtung, zum Theil weitergehend zu.
Zwar steht die Beschlußfassung der Petitionscommission darüber
doch aus, doch denkt man auch dort daran, durch geeignete An⸗
räge an den Reichstag dem Bedenklichen des Geheimmittelwesens
näher zu treten. Voraussichtlich wird es noch in dieser Session
iber den Gegenstand, der Leben und Gesundheit betrifft, zu Ple—
narverhandlungen kommen.
Dem Bundesrath ist jetzt der Gesetzentwurf über die Besteuer⸗
ung der zum Militärdienst nicht herangezogenen Wehrpflichtigen
Wehrsteuer) vorgelegt worden.
Die Verhandlungen zwuchen Preußen und dem Vatikan
haben nach einer römischen Korrespondenz der „Nat.⸗Ztig“ einen
rmellen Schritt insofern vorwärts gethan, als eine Kommission
von fünf Kardinälen mit der Berathung der Prüfung der streiti⸗
gen Fragen von dem Papst beauftragt worden ist, während bisher
die Verhandlungen mit Ausschluß der anderen Kardinäle durch die
Fardinäle Jacobini und Hohenlohe geführt worden sind.
Verm ischtes.
Aus der Pfalz. Im August l. J. werden bei den
1 pfäͤlz. Landgerichten Prüfungen für den Gerichtsvollzieherdienft
abgehalten. Die Prüfungscommission besteht aus dem Präsidenten
imd ersten Staatsanwalte des Landgerichts, sowie einem Ober—
amtsrichter, welcher Prüfungscommission ein Gerichtschreiber als
Protokollführer beigegeben wird. Die Bewerher müssen vor der
Prüfemg einen Vorbereitungsdienst abgeleistet haben, welcher 6
Monate dauert und auf einem Amisgericht und bei einem Gerichts⸗
hollzieher geleistet werder muß. Besteht ein Bewerber die Prüfung
nicht, so muß er, wenn er zur nächsten Prüfung wieder zugelassen
werden will, den Vorbereitungsdienst wiederholt leisten. Besteht
er auch zum zweiten Male die Prüfung nicht, so kann er zu einer
olchen nicht mehr zugelassen werden. Die Prüfung soll so oft
tatifinden, als eine genügende Anzahl Bewerber vorhanden ist.
4Der 26 Turnvereine zülende pfälzische Turnerbund hält
seinen diesjährigen odentlichen Turntag Sonntag den 2. Mai in
Ansel ab. Derselbe tritt mit diesem Turntage in eine neue
Verwaltungsphase, indem die Leitung des Bundes nicht mehr durch
einen Vorort, sondern durch einen Ausschuß oder Turnrath geschieht.
Auf der Tagesordnung steht u. A.: „Pfälzisches Turnfest i. J.
1881.“ 6Gürgz.)
F In Rheingönheim beiheiligte sich am Samstag Abend
die ganze Gemeinde an einer von den beiden dortigen Gesangver⸗
einen und dem Arbeiter⸗-Unterstützungsverein veranstalteten Abschieds⸗
zeier, resp. Fackelzug zu Ehren des Lehrers Thirolf, der
nach 25jährigem Wirken in dieser Gemeinde nach Ludwigshafen
ernannt wurde. Der Männergesangverein, dessen Begründer und
Mitdirigent Thirolf war, überreichte ihm einen prächtigen Regulator,
onstige Freunde und Verehrer eine werthvolle Dose.
4 In der am 20. April stattgehabten Strafkammersitzung
des kgl. Landgerichts Frankenthal kam die Berufung des
Redacteurs der „Speyerer Zeitung“ A. v. Vangerow gegen ein
Urtheil des Schöffengerichts Speyer vem 19. Januar abhin, wo⸗
zurch er wegen Beleidigung mehrerer Speyerer Metzger zu 50 Mk
Heldbuße verurtheilt worden war, zur Verhandlung. Die Berufung
wurde für begründet erklärt, das erste Urtheil reformirt und v.
hangerow freigesprochen wegen verspäteter Strafantragstellung Sei—
ens der Kläger. Es ist nämlich die Strafantragsfrist eine drei—
nonatliche. Untergebens fand die Beleidigung durch einen Artikel
der „Speyerer Zeilung“ am 10. September v. J. statt. Die
läger erhielten hiervon am gleichen Tage Kenntniß, und so begann
mit diesen 10. September die Antragsfrist zu laufen und endigte
mit dem 9. Dezember darauf Nachts 12 Uhr. Die Kläger reich—
len aber erst am 10. Dezember ihre Klageschrift bei der Gerichts—
chreiberei Speyer ein, obwohl dieselbe schon am 8. Dezember durch
den Geschäftsagenten Jörns abgefaßt war, mithin einen Tag oder
einige Siunden zu spät. Es blieb dieser Umstand in der Schöffen—
itzung unentdeckt, sonst hätte damals schon Abweisung der Klage
taͤttfinden müssen. — Eie Kläger haben nunmehr zu ihrem großen
Malheur noch die nicht gerade geringen Kosten an Zeit und Geld.
— Vor dem Landgerichte Frankenthal wurde der Rent⸗
amtsschreiber Fr. Fleischmann aus Speyer wegen verschiedener
luterschlagungen, verübt auf dem Rentamte Speyer, zu 6 Monaten
Befängniß verurtheilt, wovon 3 Monate, als durch die Unter⸗
uchungshaft verbüßt, abgehen.
FSpeier. Als Nachfolger für den verstorbenen Geistl.
Rath Hällmayer wählte das Domtapitel Hrn. Domvikar Leonhard
uhn.
Mannheim. Der Gießener Student, welcher neulich
sier das Schachturnier zu zwölfen durchführte, heißt A. Fritz.
Nächsten Samzetag und Sonntag findet zwischen ihm und einem
Mitglied des Mannheimer Schachclubs ein Wettkampf in den Loca⸗
itäͤten des Schachclubs statt, wozu blos Mitglieder des Schach:lubs
Zutritt haben.
Aus Obernhof (bei Nassau) berichtet der „Nass. Anz.“
olgende seltsame Geschichte: In voriger Woche konnte man in der
gemarkung S. eine neue Methode des Umpflügens eines Acker—
tücks beobachten. Der Packträger bei Herrn Stationsvorsteher G.
owie dessen Magd waren von dem Herrn vor einen Pflug ge⸗
pannt worden und zogen denselben, als wären sie „liebes Vieh“.
herr G. spielte den Fuhrmann (ob er auch eine Peitsche hatte,
sonnte man der Entfernung wegen nicht unterscheiden) und seine
Frau legte die Kartoffeln in die Furchen. Auf diese Weise wurde
in ganzer Acker von zwei ziehenden Dienstboten und einem drücken—
den Herrn umgepflügt. Es klingt zwar sonderbar, aber es ist die
reine Wahrheit.
FInSchellenberg Echwaben) schlug der Blitz in das
Haus eines Bauern und toͤdtete die in der Küche beschäftigte Frau
des Anwesenbesitzers, der selbst verletzt wurde.
F Aus Ueberlingen schreibt man der „Bad. Landesztg.“:
Unser Mitbürger, Uhrenmacher Albert Heberle, erhielt vor einigen
Tagen ein Patent für eine Schwungrad-Ankeruhr. Dieseibe hat
32 Theile weniger als jede andere Ankeruhr, ein unzerreiabares
Sesperr, ohne Sperrrad, Kegel und Sperrfeder. In Folge dieser
außerordentlich einfachen Construction ist es möglich, daß die er—
undene Uhr 10 bis 12 Jahre geht, ohne gereinigt zu werden.
Diese Erfindung wird für die Kleinuhrmacherei in der That eine
pochemachende Veränderung hervorbringen. Durch die vereinfachte
Zusammenstellung kann die Herstellung dieser Taschenuhr äußerst
zillig bewerkstelligt werden. Zu bedauern ist nur, daß der Er—
inder wegen Mangels der erforderlichen Mittel das Patent nicht
elbst ausbeuten kann.
FSchweinfurt. Bei den dermalen stattfindenden Ar—
zeiten zur theilweisen Benutzung des alten Friedhofs für eineu
SZchulhaus⸗Reubau hat sich, wie das „Sch. Tgbl.“ berichtet, ein
jalb verwitterter Grabstein aus alter reichsstädtischer Jeit mit fol⸗
gender Inschrift vorgefunden:
„Mich, Bernhardt Mauler, Stadtknecht, hat
„Dahier verscharrt Schweinfurt die Stadt,
„Vergißt man große Männer hier,
„Wer wird denn fragen einst nach mir?
„— Niemand! Doch dies mich nicht anficht.
„Wenn Gott nur weiß, wo Bernhardt liegt.“
F Der landwirthschaftliche Creditverein für Mittel—
franken vertheilt pro 1879 eine Dividende von 5 Prozent.
Der Umsatz betrug im abgelaufenen Jahre rund 9 Mill. Mark.
4 In dem gemeinderäthlichen Wahlausschreiben des Bürger⸗
neisteramtes Rastattt war u. A. auch die Bemerkung enthalten,
aß sich die Wähler in anständiger Kleidung bei der Wahl einzu⸗
inden hätten. Diese Mahnung hatte den Erfolg, daß Wähler
ius dem Arbeiterstand in Glace und Cylinder erschienen, einige
ogar in Chaisen vorfuhren. In einem nahen Locale waren „an⸗
tändige Kleidungsstücke“ zur Benützung bereit gehalten; auch Stie⸗
elwichser boten ihre Dienste unentgeldlich an.
p Aus München wird die bemerkenswerthe Erscheinung
zerichtet, daß die Zahl der Eheschließungen daselbst von Jahr zu
Jahr abnehmen. Im Jahre 1875 betrng dieselbe noch 2318, im
zahre 1879 aber nur mehr 1621. Dabei ist ein großer Theil