St. AIngberker Anzeiger.
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As8.
Dienstag den 13. Januar
1880.
Deutsches Reich.
Muͤnchen. Der Eisenbahnausschuß beschloß mit allen Stim⸗
nen gegen die von v. Schloͤr und Zach, dem Plenum vorzuschlagen,
das Eisenbahngesetz in der neuen Fassung der Reichsrathskammer
anzunehmen. Das pfälzische Eisenbahngesetz wurde einstimmig an⸗
jenommen.
Die bayerische Abgeordnetenkammer befaßte sich in ihren Sitz-
ungen vom Freitag, Samstag und Montag mit der Berathung
des Budgeis des Ministeriums für Kirchen⸗ und Schulangelegen⸗
heiten. Nach Schluß der Generaldiskussion wurden die Positionen,
die der Spezialdebatte unterstellt waren, nach den Ausschußanträgen
ingenommen.
Berlin. Wie mitgetheilt wird, erfolgte am 18. December
gleichzeitig mit der Bestätigung des freisprechenden Urtheils des
Zrafen Nonts in Sachen des „Großer Kurfürst“ ein kaiserlicher
ẽrlaß an das gesammte Officiercorps der Marine. Der Erlaß er—
nahnt, allen Hader zu vergessen und unter Würdigung der Ver—
zienste, welche sich die jetzt leitende Spitze (General von Stosch)
xworben habe, durch erhoöͤhte Leistungen die Scharte auszuwetzen.
Die Berufung des Reichstags ist, wie die „Nat.⸗Lib
Forr.“ hört, für die erste oder zweite Februarwoche mit Sicherheit
ut erwarten.
Der Jahreswechsel, welcher dem dentschen Reiche die verhäng—
uißvolle Gabe der Getreidezölle bescheert hat, ist im Getreidegeschäft
nit einem merkbaren Rückgang der Getreidepreise zusammen ge—
roffen. An allen großen Getreidebörsen Europas ist unter dem
Finflusse des fast überall eingetretenen Thauwetters Getreide, ins⸗
hesondere Weizen und Roggen, in den ersten Tagen des neuen
Jahres gesunken. Auch die meisten deutschen Börsen haben sich
dieser Bewegung nicht entziehen können.
Ausland.
Eine französische Commission, welche den Auftrag hat,
das Project einer Eisenbahn durch die Wüste Sahara zu studiren,
jat Paris verlassen und begibt sich nach Afrika, um die nöthigen
Frhebungen an Ort und Stelle vorzunehmen.
— Vor einigen Wochen verschwanden aus Niederwürzbach
ein verheiratheter Mann und eine verheirathete Frai. Der Mann
ließ seine Frau mit 3 Kindern, die Frau ihren Mann mit einem
inde sitzen. Obschon allgemein angenommen wurde, daß dies
aubere Paar nach dem gelobten Lande Amerika sich begeben habe,
o war darüber doch noch keine Gewißheit vorhanden. Dieselbe
ollte aber bald werden. Vor ungefähr 8 Tagen kam ein Brief
nach Niederwürzbach, worin mitgetheilt wurde, daß ein um dieselbe
Zeit ebenfalls nach Amerika ausgewanderter Einwohner von dort
-Schiffbruch gelitten hatte von einem andern Schiffe aufgenommen
worden war. Nicht wenig war derselbe erstaunt, auf diesem Schiffe
dandsleute zu finden, und zwar den ehebrecherischen Mann und die
dito Frau aus seiner Heimathsgemeinde. Möge diese Sippschaft
in der neuen Welt den verdienten Lohn finden! (Zw. Zig.)
* Zweibrücken hat im Jahre 1880 durch Gemeindeumlage
18,000 M. (800 M. weniger als im vorigen Jahre) aufzubringen.
Die städtischen Schulden betragen 302,880 M. Für die Versorg⸗
uing der Armen werden daselbst relativ enorme Summen aufge⸗
wendet. Was das Spital, die städtische Armenpflege, der Frauen⸗
berein, der St. Johannisverein ꝛc. zu gedachtem Zwecke jährlich
aufwenden, ergiebt eine Gesammtsumme von rund 40,000 M.
Moöglich ist dieses nur dadurch, daß die betreff. Institute reich
dotirt sind.
* Nach der „Pf. Volksztg.“ soll in Bierbach vor einigen
Tagen ein Kind erfroren sein.
* In Steinwenden fand in der Nacht vom 8. Januar
ine 80jährige ledige Frauensperson durch Verbrennen den Tod.
Wahrscheinlich fingen ihre Kleider, während sie neben ihrem Ofen,
in dem es noch brannte, eingeschlafen war, Feuer.
In Albersweiler sind die Blattern ausgebrochen.
fLudwigshafen, 10. Jan. In ihrer Art neu ist
die beabsichtigte allgemeine deutsche Patent- und Musterschutz- Aus—
tellung in Frankfurt a. M., welche für die Zeit vom Mai bis
October 1881 daselbst in Aussicht genommen ist. Zweifellos wird
die Zusammenstellung von Gegenständen des Patent- und Muster⸗
schutzes sowohl den Gewerbetreibenden wie den Erfindern bezw.
Patentbesitzern von großem Interesse sein, da sie Vergleiche ge⸗
tattet, Neues oder bisher Unbeachtetes vorführt und zu eigenem
Denken und Hervorbringen neuer Ideen, Constructionen und Ver⸗
jahrungsweisen aneifert. Wir glauben daher die Patentinhaber
der Pfalz aufmuntern zu sollen, die fragliche Ausstellung zu be⸗
ichicken, zu welchem Zweck sie sich bis zum 1. Februar ds. Is.
unächst provisorisch bei Herrn Dr. Dronke in Frankfurt a. M.
inmelden zu wollen. (Mittheilung des Secretariats der Pfälz.
Handels⸗ und Gewerbekammer.)
F Speyer. Die Reuwahl, welcher sich Landgerichtsdirector
Reiffel vor seinem Eintritt in die Abgeordnetenkammer zu unter⸗
ziehen hat, ist auf Montag den 19. Januar. Vormittags 10 Uhr
inberaumt.
eGestern Morgen 72 Uhr starb zu Speyer Domcapitu⸗
sar Dr. Wilhelm Molitor. Derselbe war geboren am 24. Au⸗
qust 1819 zu Zweibrücken, stiudirte erst Jurisprudenz und trat
elbst in die juristische Praris, wandte sich aber 1849 der Theolo⸗
zie zu, erhielt 1851 die Priesterweihe und kam dann in das
Speyerer Domkapitel, dem er bis zu seinem Tode angehörte.
1868 wurde er zu den Vorarbeiten für das Vatikanische Conzi!
iach Rom berufen. 1876 in die bayerische Abgeordnetenkammer
zewählt, legte er 1877 sein Mandat freiwillig niedet. Molitor
hat sich auf verschiedenen Gebieten der Literatur bekannt gemacht.
F Aus Saarburg erhält die „Lothr. Ztg.“ die Nachricht,
daß am Morgen des 8. Januar beim Bahnhof Rieding der Per⸗
onenzug 71, in Folge falscher Weichenstellung, auf den Rangirzug
zefahren ist. Außer einer bedeutenden Material⸗Beschädigung wur⸗
den drei Personen schwer, zahlreiche andere leicht verletzt.
4 Metz, 10. Jan. Heute Vormittag wurden wieder fünf
in der Umgegend erlegte Woͤlfe hier eingebracht.
4 Mannheim. Den Umfang des hiefigen Getreidehandels
beleuchtet die Thatsache, daß 1879 im hiesigen Hafen 3, 600,999
Centner Getteide ausgeladen wurden.
Vermiischtes.
*St. Ingbert, 183. Jan. Bei der gestern stattgehabten
Versteigerung des Rosenthal'schen Bierbrauereianwesens kam dieses
um die Summe von 27,400 Mt. in den Besitz des Herrn Rückert
aus Mainz (Schwiegervater des Hrn. Rosenthal). Es wurden nur
wenige Gebote gemacht. Erwähnenswerth ist, daß Hr. Rosenthal
dasselbe Objekt im Oktober 1876 um etwa 45,000 Ml. ersteigerte,
mit den Ausgaben für nothwendige Reparaturen und Neuan—
chaffungen sicherlich das Doppelte der gestern dafür erlösten
Summe.
*Sit. Ingbert. Am Sonntag herrschte an und auf
dem Niederwürzbacher Weiher ein munteres Leben und Treiben.
Von Zweibrücken, von Blieskastel und hier hatte sich eine Anzahl
Damen und Herren daselbst eingefunden, um die Freude des
Schlittschuhlaufens zu genießen. Stundenlang tummelte sich eine
rohliche Schaar auf der glatten Eisbahn.
Als vergangene Woche an einem Vormittage ein Zug der
St. Johann⸗St. Ingberter Bahn in der Nähe des Ortes Rentrisch
juhr, standen auf dem Fahrgeleise zwei Rehe. Das Zugpersonal
exwartete, dieselben würden durch das Geräusch der Lokomotive und
Wagen verscheucht werden; das war indessen nicht der Fall, und
o wurden beide Thiere von den Rädern erfaßt und sofort getödtet
Beide, im Ganzen nicht so zerfleischt und verletzt, das sie unbrauch⸗
har geworden wären, wurden an den Besitzer des betreffenden
Jagdreviers, Müller Groß in Scheidt, abgeliefert.
fF Die Altersrenten⸗Kapitalversicherung der „Kaiser
Wilhelmsspende“, die seit dem 15. Dez. v. J. eroöffnet worden ist
indet eine sehr bedeutende Betheiligung. Es sind in dieser kurzen
Zeit schon 30 Urkunden ausgesetzt und über 600 Einlagen à 5 Mt
gjemacht worden. Als Nebenstellen, bei denen Einzahlungen siatt
inden können, sind in Aussicht genommen Stadt⸗ und Sparkassen
dandrathsämter, kommunalständische Kassen, Eisenbahnverwaltungen
großindustrielle u. s. w.