Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

sich vorfanden, so scheint es, daß die beiden Herren nur die Angst 
niedergestreckt. 
F Ueber der Stadt Preß burg und Umgebung (Oesterreich) 
entlud sich dieser Tage ein Gewitter von seltener Heftigkeit. Pfund- 
schwere Schlossen fielen etwa 20 Minuten lang, durchlöcherten 
Dächer und schlugen junge Bäume nieder. Die Verwüstungen sind 
groß. Straßen und Gärten glichen Eiskugelfeldern. Die Fenster 
ganzer Gassen sind zertrümmert. 
4 Die Arbeitseinstellung in Ro ubaix (Frankreich) dauert 
fort; die Zahl der Feiernden beträgt 15,000, welche 82 Fabriken 
angehörten. Am 8. Mai gingen 4000 Arbeiter nach dem Dorfe 
Vallon, wo jeder Arbeiter 8—10 Fr. erhielt. Woher das Geld 
floß, wird geheim gehalten. 
F Die amtlichen Berichte der Capitäne des englischen Canal⸗ 
geschwaders werden Portsmouth als Bestätigung der schlimmsten 
Vermuthungen, die man sich dort betreffs des Verbleibes der 
Atalanta“ gebildet, betrachtet. Man zweifelt nicht länger, daß 
das Schiff bald nach der Abfahrt von Bermuda während des 
fürchterlichen Sturmes am 12. Februar seinen Untergang fand. 
Die englische Marine ist dadurch um 300 Seeleute ärmer geworden. 
ꝓp'Einem aus Petersburg kommenden Courierzuge ist 
vor einigen Tagen an der Grenze ein Unfall zugestoßen, wie er 
in des Geschichte der Eisenbahnen wohl noch nicht zu verzeichnen 
gewesen sein dürfte. Eine Eisenbahnschiene, welche entweder in 
nicht vorschriftsmäßiger Weise neben dem Schienenstrange gelegen 
zatle, oder von berbrecherischet Hand neben demselben aufgestellt 
war, wurde, nachdem die Maschine und mehrere Wagen die Stelle 
anstandslos passirt hatten, von der einen Ecke der Stirnwand des 
Schlafwagens erfaßt, drang durch den starken Fußbodenbelag, 
naͤhm ihren weiteren Weg durch das Retiradencoupé und den im 
Innern des Waggons dahinlaufenden Gang und drang schließlich 
durch das Dach. Bei der rapiden Geschwindigkeit muß die Eisen— 
bahnschiene wie ein Projektil durchgeflogen sein, denn die Wider— 
stände der Bretier und Balken sind doch bedeutend, und doch waren 
dieselben wie von einer Kanonenkugel durchschlagen. Der fast noch 
neue Schlafwagen ist arg mitgenommen worden, doch ist, trotzdem 
derselbe stark besetzt war, wunderbarer Weise auch nicht einem 
Passagier ein Haar gekrümmt worden, wenn auch, wie Einige er— 
zählten, die augenblickliche Situation eine äußerst verzweifelte war 
und im ersten Augenblick an eine Katastrophe à la Moskau er⸗ 
innerte, Niemand wagte, sich von seinem Platz zu rühren, und als 
nach dem Ergebniß der Wagen ruhig im Zuge weiter lief, beruhig— 
ten sich auch nach und nach die Gemüther und kamen erst zum 
Bewußtsein der Gefahr, nachdem der Wagen zum Stillstand ge—⸗ 
zracht worden war. 
4 Ein versunkenes Dorf. Wie die türkischen Blätter melden, 
st das Dorf Heleddi in der Nähe der kleinasiatischen Seestadt 
Sinopa während eiues Erdbebens, das daselbst vor einigen Tagen 
ttattfand, gänzlich ins Meer gesunken, so daß von den sechszig 
häusern und der Moschee, aus denen dasselbe bestand, auch nicht 
die geringste Spur übrig blieb. Von den Bewohnern des Dorfes, 
die sich noch bei Zeiten retten konnten, soll auch nicht einer dabei 
verunglückt sein. 
F Der der Union-Company gehörige Postdampfer „American“ 
ist auf dem Weg nach dem Cap der guten Hoffnung am 23. April 
in der Nähe des Aequators untergegangen. Sämmtiliche Passagiere 
und Mannschaften haben sich glüchlich in 8 Booten eingeschifft, 
wovon 3 von Schiffen aufgenommen, die übrigen 5 aber nach dem 
Cap Palmas gehend gesehen worden sind. 
FWunderding eerzählen die Amerikaner von einer neuen 
Feder, deren Halter hohl ist und so viel gewöhnliche Tinte enthält, 
daß 70 bis 80 Seiten ohne Nachfüllen geschrieben werden können. 
Darin unterscheidet sich aber die Mackinnan'sche Feder — das ist 
nämlich die Bezeichnung für diese Wunderfeder — von ähnlichen 
Konstruktionen sehr wesentlich, daß der schreibende Theil nicht stahl⸗ 
feder⸗ sondern bleistiftförmig ist und aus einer Legierung von Gold 
und Iridium besteht. Sobald ein Gegenstand mit dem Stift be— 
rührt wird, fließt die Tinte durch eine kleine Oeffnung in der Spitze 
uimgekehrt hört der Zufluß auf, sobald die Feder das Papier nicht 
mehr berührt. 
Aus Colorado Mord-Amerika) wird gemeldet, daß ein—⸗ 
Bande Indianer 25 Bergarbeiter überfiel und 12 davon nieder— 
netzelte. Die weiße Bevölkerung von Coloroda beabsichtigt nun 
cinen Ausrottungskampf gegen die Rothhäute zu beginnen. 
In New-⸗Orford in Pennsylvanien (Nordamerila) isl 
unlängst einer der letzten Lützoawer, Dr. M. G. Pfeiffer, welcher 
um 26. August 1813 den zum Tode verwundeten Dichter Theodor 
doörner aus dem Gefecht bei Gadebusch tragen half, im Alter von 
38 Jahren zur großen Armee abgegangen. 1822 hatie sich der 
Verstorbene in New⸗-Oxford als Arzt niedergelassen. 
FOleomargarin oder Ochsenbutter, wie man dasselbe 
ehr bezeichnend in Amerika nennt, ist in Folge Beschlusses des 
Kereinigten-Staaten-Congresses von einer aus Chemikern und 
Mikroskopikern bestehenden Commission einer eingehenden Prüfung 
interzogen worden, damit festgestellt werde, ob es als zweckmäßiges 
NRahrungsmittel betrachtet werden kann. Die Commission begab 
ich kürzlich nach der in New-York belegenen Commercial Manu⸗ 
acturing Co., wo täglich 50,000 Pfund Olemargarin bereitet 
verden, um sich von der Art und Weise der Zubereitung durch den 
Augenschein zu überzeugen. Sie sah, wie das rohe Fett von 
Fleischtheilchen ꝛc. befreit, dann durch Wasser gereinigt und hierauf 
in eine Anzahl von Kesseln zum Schmelzen gebracht wurde. Durch 
den bei etwa 120 Grad Fahrenheit vor sich gehenden Schmelz⸗ 
ungsproceß tritt das Oel und Stearin nach oben, während die 
faserigen, unbrauchbaren Bestandtheile zu Boden siinken. Das Oel 
und Stearin wird dann in granulirtem Zustand in hydraulischen 
Pressen einem starken Druck ausgesetzt, wodurch das Oel (Oleo⸗— 
marg arin) abtropft, während das Stearin zurückbleibt. Auf je 
100 Psund Oel werden dann 30 pCt. Milch zugesetzt und 
das Ganze in mit klar gestoßenem Eis gefüllten Behältern rasch 
in feste Form gebracht, nachdem man vorher noch einen leichten 
Farbstoff zugesetzt hat. Dann wird die Masse, um sie compacter 
u machen, in Handpressen gepreßt und ist zum Gebrauch fertig. 
die Commission gab folgendes Gutachten ab: Als Nahrungsmittel 
st Oleomargarin eben so dienlich wie Butter, die aus Kuhmilch 
jergestellt wird; es ist schmackhaft und gesund, kann billiger als 
Zulter verkauft werden und ist, da es weniger lösliche Fette wie 
Butter enthält. dem Ranziawerden nicht so leicht ausgesetzt. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 13. Mai. (Fruchtmittelpreis und Vickualienmarkt.) 
Weizen 11 M. 99 Pf., Korn 10 M. 26 Pf., Gerste zweireihige — M. — P. 
vierreihige o8s M. — Pf., Spelz — M. — Pf. Spelzkern — M. — Ph., 
Dinkel“ M. — Pf.. Mischfrucht — M. — Pf., Hafer 7 M. 88 Pf., 
Erbsen — M. — Pf., Widen — M. — Pf., Karltoffeln 2 M. 50 Pf., 
deu 83 M 20pf., Stroh 3 M. — Pf., Weißbrod 1/2 Kilogr. 58 Pf. 
Kornbrod 3 Kilogr. 72 Pfi, Gemischtbrod 8 Kilogr. 87 Pf., paar Weck 100 
Gr. 6 Pf., Rindfleisch J Qual. 60 Pf. II. Qual. 54 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., 
Hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf., Butter ?/3 Kilogr. 1M., 30 Pf., 
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier J Liter 26 Pf. 
Homburg, 12 Mai. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarkt.) Weizen 
12 M 37 Pf. Korn 10 M. 21 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Spelz O M, 
— Pf., Gerste 2reihige — M. — Pf., Gerste 4reihige O M. — Pf. Hafer 
7 M. 74 Pf., Mischfrucht 19 M. 42 Pf. Erbsen — M. — Pf., Wicken 
0 M. — Pf., Bohnean O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
brod 6 Pfund 83 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund — Pf. Ochsenfleisch — Pf. 
Rindfleisch 50 Pf., Kalbseisch 40 Pf., Hammeltleisch — Pf., Schweinefleisch 
60 Pf., Butter i Pfund 1 M. 20 Pf. Kartoffeln per Ctr. 2 M. 50 Pi. 
Kaiserslautern, 11 Mai. (rruchtmillelpreis und Victualienmarkt.) 
Weizen 11 M. 81 Pf., Korn 10 M. 15 pf., Spelzkern — M. — Pf. Spelz 
7 M. 93 Pf., Gersted M. 50 Pf., Hafer 7 M. 51 Pf., Erbsen O M. 
— Pf., Wicken O M. — Pf., Linsen — M. — Pf., Kleesamen — M. — 
Pf., Schwarzbrod 6 Pfund 80 Pf., do. 3 Pfd. 40 Pf., Gemischtbrod 
3 Pfund 45 Pfg. Butter per Pfd. I M. — Pf., Eier 2 Stück O9 Pf. Kar⸗ 
toffeln ver Cent.2 M. 50 Pf. Stroh 8 M. — Pf. Heu 2 M. 20 Pfg. 
c. — ÆEDOTTFOA 
Fuür die Redaction verantwortlich: F. XR. Demeß. 
Postanschlüsse 
an die kgl. bayer. pfälzischen Eisenbahnen 
vom 15. Mai 1880 an. 
hinfahrt. Rudfahrt. 
St. Ingbert-Ensheim. 
Nachm. Vorm. 
Aus St. Ingbert..7 8 Ensheim .35360 
In Ensheim.. . . 820) In St. Ingbert .. 6850 
Ensheim-St. Johann-Saarbrücken. 
Vorm. Nachm. 
Aus Ensheim. .. 7* Aus St. Johann .. 3 
In St. Johann . 918 In Ensheim. 446 
Deutsches Familienblatt.— 
Vierteljährlich M. 1,60. — In Heften zu 50 Pf. 
Verl:g von J. H. Schorer in Gerlin. 
—A—— Inhalt: Nr. 17. 
Zonrad Eisendecker. Eine Kriegsgeschichte von Veit Ried. Fort⸗ 
etzuug. — Mein Onkel Do n Ju an. Roman von Hans Hopfen. 
Mit Illustrationen von Woldemar Friedrich. Fortsetzung. DiccEn ste h⸗ 
ung d,e S,»Rihibismus. JIV. Won Ernst Frande. — AluNürn 
bergs Niedergang. Mit Abbildung des jetzt an Rothschild für 
600,000 Mark verkauften Jamitz er schen Tafel-Aufsfatzes. Drar 
axrkort. Von Otio Jung. Mit Bildniß. — Plauderecke: Slturm von 
Adolf Pichler. — Sichere Kennzeichen — Geistesgegenwart. — Gastrono⸗ 
mischer Rathgeber. — Bürgerstola. — Der iunge Seefahrer. — Vom 
Buchertisch. — 
Nr. 18. Außer den Fortsetzungen von Konrad Eisendeder“ 
und „Mein Onkel Don Ju an' einen Artikel über Die Befestig—⸗ 
ung Wiens. Von“ “. — Fetner: Dere i Dom e. Van Ferdinand 
Pflug. — Robert Schuhmann. Von Eujebiug. Mi übbisdung 
des neuen Tenkmals in Bonn. — Eine Gestalisnusß dem Lorn 
doner Bollsleben. Von H. Scheube. Plauderede. Ent— 
widhlungsskala. Von GerhardvonAmyntor. — Aberglaubische 
Vorstellungen in Bezug auf Zahlen. — Bardenweisheit. — Pumpernitel. 
Biel Lärm um nichts. — Charade und Au flöͤsungen. — Vom Buchertisch. 
Die beiden Nummern enthalten außerdem noch zwei Kunstblätter in 
achtiger Holzschnitt, Ausjührung. Der junge Seefahrer von H. Valkenburg. 
Niel Lärm um nichts. Von Max Volkhart. J 
FJ ‚Man abonnirt au jeder Zeit in allen Buchhandlungen und 
Nastanstalten 
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