Sf. Ingberler Anzeiger.
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Sonntag den 16. Maii—
1885
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Deutsches Reich.
Berlin, 13. Mai. v. Bennigsen speiste am Tag nach
dem Reichstagsschluß bei'm Fürsten Bismarck. Letzterer soll ge—
äußert haben, die Reichsregierung beabsichtige, die in dieser Session
nicht erledigten Steuervorlagen dem Reichstag in nächster Session
wieder vorzulegen.
Aus Berlin wird gemeldet: Ueber eine demnächst bevor⸗
stehende Reise des Fürsten Bismarck (nach Kissingen?) steht bis
etzt nichts fest.
Fuͤrst Bismarck hat am 13. Mai Nachmittags dem König
bon Sachsen, der gegenwärtig in Berlin weilt, einen nahezu
einstündigen Besuch abgestattet.
Ausland.
Paris, 18. Mai. Die Regierung hat die militärische Be—
setzung der belgisch-französischen Grenze angeordnet. Die strikenden
Arbeiter von Roubaix und Umgegend, die jeden Tag über die
Grenze gehen, treiben nämlich Schmuggel. Da sie zu zahlreich
sind, so können die Grenzwächter allein nichts gegen- sie thun. Es
ind Schriften verbreitet worden, in welchen die Arbeiter zum be—
waffneten Widerstand aufgefordert werden. Die Regierung hat eine
Antersuchung eingeleitet. Auch in dem industriellen Thal von
Maromme bei Rouen haben die Arbeiter der Bleichanstalten die
Arbeit eingestellt. (K. 3.)
Die französische Regierung hat angeordnet, daß von nun
an der 14. Juli als Jahrestag der Erstürmung des Bastille, mit
velchem Ereigniß bekanntlich die große französisch Revolution ihren
Anfang nahm, durch ein Nationakfest alljährlich gefeiert werden soll.
Die Regierung deutet damit an, daß sie auf dem Boden jener
Grundsätze stehe, welche in der ersten Zeit der Revolutionen ver—
kündet wurden.
Die letzten Meldungen stellen es außer Zweifel, daß die
Albanesen die Selbstständigkeit und ein eigenes Fürstenthum
Albanien unter der Oberhoheit des Sultans errichten möchten.
Ali Pascha von Gusinje soll zum Fürsiten von Albanien ausersehen
ein.
Vermischtes.
f Die Ausfuhr der Kartoffeln deren Zunahme in diesem
Jahre sich in manchen Gegenden für die ärmere Bevölkerung
empfindlich fühlbar gemacht hat, betrug nach dem Märzheft der
deutschen Reichsstatistik im ersten Quartal d. J. 2,211,989 Doppel-
entner gegen 464,002 Doppelcentner im ersten Quartal v. J.
4 Kalkbrenner Michael Fuchs in Hecendalheim fing
uim 5. do. einen jungen sehr schönen Bienenschwarm, was in An—
vetracht des kalten langen Winters gewiß 'als Seltenbeit betrachtet
verden muß.
F Eisenwerk Kaiserslautern. Die Generalversammlung
genehmigte eine Dividende von 10 Procent. — Zehn Actien des
Fisenwerks wurden aͤm 12. ds. versteigert. Es wurden zusammen
750 M. dafür geboten, dieselben aber um diesen Preis nicht ab⸗
gjegeben. Später wurden sie aus freier Hand zu je 1000 M.
das Stück (auf 600 M. lautend,) verkauft.
F In Lambrecht fiel am 12. do. ein dreiiähriges Kind
in den Speierbach und ertrank.
Ein Mann Namens Hof von Ingenheim wurde am
IJ. ds. von seinem scheu gewordenen Pferde eine Strecke weit ge—
chleift, wobei derselbe starke Verletzungen erlitt. Das Pferd, das
1000 M. werth sein soll, mußte, dem „T. f. d. S.“ zufolge ge—
ödtet werden.
F In Grünstadt feierten am 12. d. die Abraham Neu'schen
Fheleute das Fest der goldenen Hochzeit.
7 Am 18. Mai fuhr ein zuͤm Transport von Auswanderern
bestimmter Extra-Dampfer der Koln-Düsseldorfer Gesellschaft von
2Zudwigshafen ab, der in Mannheim und Ludwigshafen zu⸗
ammen etwa 250 dieser Europamüden an Bord genommen hatte.
„ Speyher. Wie der „Sp. Ztg.“ mitgetheilt wird, be—
bsichtigt die Tabakmanufactur in Siraßburg aͤhnlich wie in der
egend von Lahr, auch in der Pfalz eine Fuliale zu errichten.
7 Auf der Bürgermeisterei in Mainz fand dieser Tag eine
Fonferenz der dortigen Brauereibesitzer in Saächen der Bierpreffionen
statt. Nach Uebereinkunft mit dem Burgermeister Dr. Dumont
wird für die Folge die Reinigung sämmtlicher Bierpressionen unter
der Aufsicht einer dazu von der Bürgermeisterei ernannten Persön⸗
ichkeit stehen, und werden alle Pressionen wöchentlich einmal mittelst
Dampf gereinigt werden. Diejenigen Brauereibesitzer, welche in
hren Etablissements Dampfkraft besitzen, können selbst die Reinig⸗
ing vornehmen, Restaurateure und Zäpfler, welche nicht in dieser
dage sind, erhalten ihre Schläuche gegen eine noch festzustellende
Bergütung mit Dampf gereinigt.
Das Würzburger Militärbezirksgericht verurtheilte am
4. Mai den Lieutenant Schmidtborn vom kgl. 2 Jägerbataillon
Zweibrücken) wegen Zweikampfs zu drei Monaten Festungshaft.
Schmidtborn's Gegner, stud. jur. Friedrich Schmidt von Zwei⸗
rrücken, z. Z. in München, wird vor dem Zivilgericht abgeurtheilt.
FGegen das in dem bekannten Würzburg er Amselprozeß
»om igl. Landgerichte Würzburg am 28. Februar d. J. erlassene
zweitinstanzliche) Urtheil ist vom Staatsanwalt Revision eingelegt
vorden, und nun gelangt die gegen den Gürtner Winter und Uni—
versittsprofessor Graf Semper wegen unberechtigter Jagdausübung
gerichtete Anklage am 1. Juni bei dem Oberlandesgericht München,
als Revisionsgericht, zur Verhandlung.
poIn Rosenheim (berbayern) haben sich das Eisenbahn⸗
ꝛersonal, Salinen⸗ und Fabrickarbeiter schriftlich verpflichtet, das
hon den Brauern auf 26 Pfg. hinaufgesetzte Sommerbier nicht zu
rinken. Die Zahl der Theiinehmer an diesem Strike ist bereits 800.
In Berlin- ist eine große Anzahl Arbeiter (Schmiede,
Zchlosser, Mechaniker c.), insgesammt 700 Mann, meist in Berlin
vohnende Familienväter, nach der „Berl. Ztg.“ in letzter Woche
aus den Central-Artilleriewerkstätten und der k. Gewehrfabrik entlassen
vorden. Weitere Entlassungen von Arbeitern stehen bevor. Ein⸗
chränkung des Betriebes wird als Ursache angegeben.
4 In Heringen Amt Limburg, lebt wohl der älteste
Lehrer Deutschlands. Es ist dies der israelitische Religionslehrer
Abraham Lewi Dickstein, der bei einem Alter von über 100 Jahren
noch immer unterrichtet und dafür das winzige Gehalt von 120
M. bezieht.
FParis, 183. Mai. Der Vicomte Civry, natürlicher
Enkel des weiland Herzogs Karl von Braunschweig, wurde wegen
Diebstahls mit Einbruch zu drei Jahren Gefängniß verurtheilt.
In der Niederlage der Handelskammer zu Borde aur
zrach eine Feuersbrunst aus, durch welche ein auf 2,000. 000 Fres.
geschätzter Schaden verursacht wurde.
Die Vorbereitungen für die Ausstellung in Melbourne
ind, soweit sie die deutschen Aussteller betrefsen, in vollem Gang.
die Erftührungen, welche von dem Reichscommissär Geh. Rath Reu⸗
eaurx in Sidney gemacht worden, sind dabei verwerthet worden.
Die Betheiligung der deutschen Industrie ist eine über die Erwart⸗
ing große und übersteigt jene für Sidney.
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DBie Tagesceag
ür den am 17. Mai 188, vormintags von 11 Uhr ab im Hotel Karlsberg
u Kaiserslautern stattfindenden Verbandstag des pfälz. Gewerbe Vereins ⸗
zerbandes in Verbindung mit einem allgemeinen Handwerkertag enthält: J1.
Das Lehrlingswesen mit Bericht über die J. pfälz. Ausstellung von Lehrlings-
irbeiten Referent: Tr. W. Medicus, kgl. Reallehrer, Kaiserslautern. 2.
die Beleiligung der pfälz. Gewerbe⸗Vereine an den Sammlungen für die
Bittelsbach⸗Stiftung. Referent: Chr. Jung, 1 Sekretär des Bororts Kaisers⸗
autern. 3. Stellung der pfälz. Gewerbe⸗Vereine gegenüber der von Nord⸗
eutschland ausgehenden Bestrebungen zur Beschränkung der Gewerbefreiheit.
weferent: Reallehrer Klein, Frankenthal.
Zu diesem Verbands⸗ und Handwerkertage sind Gewerbeireibende, Hand⸗
verker und Interessenten des Gewerbebetrie bes freundlichst eingeladen. Selbst⸗
edend lönnen dabei aus der Versammlung Vorschläge, welche mit den Gegen⸗
änden der Tagesordnung im Zusammenhange stehen, gemacht und zur
diskussion gebracht werden. An Stoff zu solchen Vorschlägen dürfte um so
veniger Mangel sein, als die Punkte 1 und 3 der Tagesordnung so tief ein⸗
chneidende, den gesammten Gewerbebetrieb umfafsende Fragen zur Erörterung
ringen und in der Lehrlingsarbeiten⸗Ausstellung dem aufmerksamen Beschauer
ugleich eine solche Füulle von Material und praktischen Beweisen an die Hand
jegeben ist, daß ein Pfingstausslug zum Handwerkertage, Nützliches und An⸗
jenehmes verbindend, zu den empfehlen?wertesten Pfingstpartien unbedingt
u technen ist. Aljo: Auf zum Handwerkertage nach dem gastfreundlichen
Zaißerslautern!