Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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Aß 10. 
Samstag den 17. Januar 
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Deutsches Reich. 
München, 14. Jan. Im Gesetz- und Verordnungsblatt 
Nr. 3 wird heute endlich das ded. Hohenschwangau den 12. ds. 
anktionirte Gesetz, die pron. Steuererhebung für das Jahr 
1880 betreffend publizirt. 
Fiür den aus der Abgeordnetenkammer ausgetretene Landge⸗ 
richtspräsieenten Müller aus Kaiserslautern wird, da 
die beiden nächsten Ersatzmänner Gerber Braunsberg aus Franken— 
hal und Dr. Heuck aus Mutterstadt gleich viele Stimmen haben 
Braunsberg aber zu Gunsten des Dr. Heuck auf die Entscheidung 
des Looses zwischen beiden verzichtet, Dr. Heuck in die Kammer 
eintreten. 
Der zur Berathung der neuen Steuergesetze gewählte Aus— 
ichuß wird voraussichtlich vor Herbst dieses Jahres nicht zur Be— 
rathung zusammentreten, resp. einberufen werden. Etwa 4—5 
Wochen nach seiner Berufung wird wohl der Landtag wieder 
»inberufen werden, um dann sich endgiltig über die Gesetze schlüssig 
u machen. 
Berlin. Wie die „NationalsZtg.“ erfährt, hat der König 
don Dänemark bei seinem Besuch dahier unumwunden erklärt, daß 
an ein Nachgeben seines Schwiegersohns, des Herzogs von Cumber⸗ 
land, nicht zu denken sei, daß er dies Verhalten des Herzogs, das 
zemselben nachtheilig sei, bedauere, aber Vermittelungsvorschläge, 
veil ganz aussichtslos, nicht machen könne noch wolle. — Daß 
man im Uebrigen von dem Besuch des Königs von Dänemark am 
hiesigen Hof sehr befriedigt war, ist bekannt. Ee 
Dem preußischen Abgeordnetenhause ist ein Gesetzentwurf 
zugegangen, betreffend den Rechtszustand eines vom Großherzog 
hum Oldenthum an Preußen abgetretenen Gebietstheiles an der 
Kleinen Hase bei Quackeenbrück, sowie die Abtretung eines preu⸗ 
zischen Gebietstheiles an Oldenburg. 
Entgegen anderslautenden Nachrichten wird aus Berlin ge—⸗ 
neldet, daß das Befinden des noch in Varzin weilenden Fürsten 
Bis marck zur Zeit ein durchaus zufriedensiellendes sei. 
In Berliner militärischen Kreisen circuliren sehr wenig er⸗ 
zotzliche Erzählungen über die Stimmungen in russischen Miüitär— 
reisen, welche sich kürzlich bei der Anwesenheit preußischer Officiere 
n Kalisch in einer Weise geäußert haben sollen, daß der deutsche 
Botschafter General v. Schweinitz genöthigt gewesen sei, den Vot— 
fall in St. Petersburg zur Sprache zu bringen. 
Officivösem Vernehmen nach steht die Einbringung des Ent⸗ 
vurfs eines Viehseuchen⸗Gesetzes beim Bundesraih unmittelbar 
ꝛevor, nachdem der früher ausgearbeitete Entwurf mittlerweile der 
hegutachtung von landwirthschaftlichen Sachverständigen unterzogen 
oorden. 
Frankfurt a. M. Das hiesige Stadtiverordneten-Kolle⸗ 
zium hat an Stelle des Dr. Berg, welcher die Wahl abgelehnt 
zatte, seinen bisherigen Vorsitzenden, den Dr. Heußenftamm. zum 
weiten Bürgermeister gewählt. 
Ein Privatteleg ramm meldet gleichzeitig, daß die Bestä⸗— 
rqung der Wahl Miquels zum ersten Bürgermeister erfolgt sei. 
Karlsruhe. In Kreisen, die von der Sache unterrichtet 
ein können, gilt es als sicher, daß der modus vivendi zwischen 
Staat und Kirche (in Baden) gefunden sei und eine diesbezüg— 
iche Vorlage den Ständen binnen kurzem zugehe. Ueber die Einzel⸗ 
jeiten verlautet noch nichts sicheres, doch nimmt man an, daß die 
ormale Anerkennnng des Eramengesetzes durch die Curie mittelsf 
Zulassung von Disvensgesuchen geleisiet wird. 
Ausland. 
Aus Paris wird der Berliner, Tribüne“ geschrieben, Challemel—⸗ 
dacour sei zum Nachfolger des Grafen St. Vallier auf den Posten 
ꝛines Botschafters am kaiserl. deutschen Hof ernannt. Das pro— 
aisorische Verbleiben des Grafen Si. Vallier auf diesem Posten 
mar also nur ein sehr kurzes; er hat seinen Widerwillen, unter 
dem jetzigen französischen Ministerium, das ihm zu sehr links steht, 
dienen, nicht überwinden können. 
Der französische Senat hat seinen bisherigen Präsidenten 
Rartel wieder gewählt. 
Das englische Unterhausmitglied Henry Richard hat der 
Friedensliga brieflich angezeigt, daß er während der bevorstehenden 
Parlamentssession einen Abrüstungsantrag einbringen wird. ⁊* 
In Italien ist nächstens wieder eine Ministerkrisis zu er⸗ 
warten, da die Mehrheit des Senats derselben Meinuug ist wie 
die Commission, die sich soeben gegen die Aufhebung der Mahl⸗ 
steuer aussprach. Der Hauptipunkt des ministeriellen Programms 
bildet aber die Abschaffung der Mahlsteuer, und an dem Wider 
stand des Senats wird das Cabinet wahrscheinlich scheitern. 
Die berüchtigte „dritte Abtheilung“ in Rußland, 
welche die geheime Polizei unter sich hat, soll aufgelöst werden und 
von nun an nur eine Abtheilung des Ministeriums des Innern 
bilden. An die Spitze desselben soll der frühere Botschafter in 
London, Graf Schuwaloff treten, der früher auch schon die 
dritte Abtheilung geleitet hat. Auch diese Meldung bedarf indessen 
noch der Bestätigung. 
Nach einer Mittheilung aus Callao hat die chilenische Re— 
gierung die Guanoverschiffungen von den Lobosinseln verboten und 
die Ladungsplätze zerstoͤren lassen. Die noch nicht beladenen Schiffe 
gehen wahrscheinlich nach anderen Plätzen, um Guano aufzusuchen, 
Vermischtes. 
—n. Aus der Kasse des pfälzischen Lehrerwaisenstiftes 
wurden für das Jahr 1879/80 138 dürftige Lehrerwaisen mit 
4008 Mark unterstitzt. Auf den Bezirksverein Blieskastel⸗— 
St. Ingbert entfallen davon für 12 Waisen 22 Mark. 
F Ueber die seit Herbst vorigen Jahres au auf hiesigem 
Bahnhofe in Anwendung gebrachten Zentralweichen schreibt die 
„Zw. Z.“: Es ist dies ein System, wonach zwei oder mehrere 
Weichen auf eine Stelle durch vertikale und horizontale Hebelbor⸗ 
richtungen vereinigt und nur von einem Wärler in einer erhöhten 
Weichenbude oder in einem Thurme bedient werden. Die neue 
Einrichtung hat den Vortheil, 
daß Weichenwärterpersonal erspart und dadurch schon ein er⸗ 
eblicher Vortheil erzielt wird, indem das Anlagekapital durch die 
Ersparniß an Weichenstellergehältern in einigen Jahren fich voll⸗ 
tändig amortisirt; 
daß die Sicherheit bei der Einfahrt der Züge in die Bahn⸗ 
höfe bedeutend erhöht und durch Verhinderung von Unglückfälien 
jroße Summen, welche das Haftoflichtgesetz den Eisenbahnen anf⸗ 
erlegt, erspart werden; 
daß keine Weiche, welche mit der Zentralweichenstellung ver⸗ 
bunden ist, von einem Andern gezogen werden kann, als von dem 
hꝛetreffenden Zentralweichenfleller demnach Unberufene den Diensi 
in keiner Weise stören können und eine fausche Weichenstellung nicht 
leicht denkbar ist; 
daß der Rangirdienst insoferne ein erleichterter ist, als dag 
Rangirpersonal es nur mit einem uud nicht mit mehreren Wärtern 
zu thun hat, und sicherer, da beim Abstoßen von Wagen in zwei 
weleise die betreffende Weiche nicht früher in das eine oder andere 
Heleise gestellt werden kann, als der Wagen sowohl die Eingangs⸗ 
vie die Ausgangsweiche des Verbindungsgeleises passirt hat und 
»adurch der Kreuzungspunkt immer frei ist, wodurch besonders bei 
Nachtzeit ein schon öfter dagewesenes Antennen der Langseite eines 
Wagens oder Zuges vermieden wird. 
Zu diesen Vortheilen der Zentralweichenstellung gesellen sich 
uur zwei nicht so stark in das Gewicht fallende Nachtheile: bei 
Zchneefall oder Schneewehen das bestandige Reinigen dert Weichen 
und zweitens ein langsameres Rangiren. Bei Schneefall ist anzu⸗ 
nehmen, daß die Ausgaben für das Reinigen der Weichen nicht so 
groß und gegenüber der Ersparniß an Weichenwärtergehältern als 
zleich Null zu betrachten sind, wenn man bedentt daß in solchen 
außergewöhnlichen Fallen immerhin Ausgaben Statt zu finden 
haben, daß mit mehr Zeitaufwand vorgenommene Rangiren aber 
desto mehr Sicherheit für Personen und Fahrmaterial bietet. 
fOtterberg. die Neuwahl des hiesigen Stadtralhs 
wird am 20. Januar unter Leitung des Bezirlsamtsassessors Lud⸗ 
wig Glaser stattfinden. 
Der am 4. do. bestellte Ausschuß der pfälzischen Brannt⸗ 
weinbrenner war am vorigen Sonntag in Kalferelautenn