Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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Aß I1. Sonntag den 183. Januar 
1880. 
Deutsches Reich. 
München, 15. Jan. In den Einlauf der Abgeordneten⸗ 
kammer gelangte neuestens ein Gesuch der katholischen Kirchenge— 
meinde Schweighofen, Bezirks-Amt Bergzabern, um Bewilligung 
eines Staatsbeitrages zum Bau⸗ der katholischen Pfaar- und Ge— 
zächtnißkirche zu Schweighofen. — Die Zahl der um Aufhebung 
»es 7. Schuljahres eingelaufenen Petitionen beträgt 124. 
Die Abgeordnetenkammer genehmigte in der Sitzung vom 
Mittwoch dem Ausschußantrage entsprechend die Position für Prä— 
darandenschulen mit 525, 496 M., ebenso nach längerer Debatte, 
in der sich nicht weniger als 8 kath. Pfarrer betheiligten, 5,7 17,555 
Vt. für die Volksschulen. In der Sitzung vom Donnerstag wurde 
ein die Herstellungskosten einer Turnhalle in Blieskastel be— 
reffender Antrag des Abg. Trauth (kgl. Amesrichter in Blieskastel) 
rotz warmer Befürwortung abgelehnt. Am Freitag sollte der Kul⸗ 
usetat zu Ende berathen werden. 
Dem „Bayer. Kur.“ schreibt man über das voraussicht⸗ 
iche Schicksal der neuen Kreditvorlagen des Kriegs— 
ninisteriums: „Wie man vernimmt, wird sich eine große An⸗ 
ahl der Landtagstagsabgeordneten ziemlich ablehnend zur neuesten 
VBorlage der Kriegsverwaltung verhalten und nur wenigen Posi⸗ 
ionen in modifizirter Weise zustimmen. 
Berlin. Im Budget der Reichsjustizverwaltung wird eine 
Mehrausgabe von 200,000 M. für Einrichtung eines dritten Hilfs- 
enats beim Reichsgericht beantragt. Die Zahl der eingelaufenen 
Zachen hat schon am 14. October über 2600 betragen. 
Das preußische Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag die 
1Verwaltungsgesetz-Vorlagen an eine Kommission von 21 
Mitgliedern verwiesen. 
Ausland. 
Paris, 15. Jan. Gambetta hat sich erst heute Vormittag 
entjchieden, das Präsidium der Deputirtenkammer zu übernehmen. 
Bei Uebernahme des Präsidiums in der heutigen Sitzung hat der⸗ 
elbe keine Ansprache gehallen. 
Paris. Gambetta drückte der Deputirtenkammer seine tiefe 
Erlenntlichleit für die ihm erwiesene Ehre aus und sagte, er werde 
»er Kammer Alles widnien, was er an Thätigleit, Einsicht, Festig⸗ 
eit 8 Aufmerksamkeit besitze. (Beifall auf allen Banken der 
rinken. 
Baudry d'Asson (Rechte) interpellirte über die Absetzung von 
8 Maires in der Vendee, welche an einem legitimistischen Bankett 
Theil genommen haben. Der Minister des Innern, Lepoͤre, ant⸗ 
vortete, indem er das Recht der Regierung, gegen sie selbst ge⸗— 
richtete Kundgebungen zu unterdrücken, für die Regierung in An⸗ 
pruch nahm. Die Kammer ging hierauf mit 367 gegen 86 Stim⸗ 
nen zur einfachen Tagexsordnung über. 
Angelegenheiten ferne, so wünschen wir ihm doch, seinen edlen und 
humanen Bestrebungen wegen, ein 
„Vivat, crescat, Floreat!“ 
*St. Ingbert, 17. Jan. Die hiesige Ocarinaka⸗ 
pelle conzertirt morgen (Sonntag) Abend im Kappel'schen Saale 
zu Homburg. Der Ertrag des Conzertes nach Abzug der Un⸗ 
'osten ist für die Homburger und hiesigen Armen bestimmt. 
Nach einer Bekanntmachung der Pfalzer Bahnen 
werden Unterstützungsgegenstände für Oberschlesien fracht⸗ 
ire i befördert, wenn dieselben an staatliche oder siädtische Behör⸗ 
»en adressirt sind und der Frachtbrief den Vermerke, Freiwillige 
shaben für die bedrängte Bevölkerung einzelner Kreise Oberschle⸗ 
iens“ trägt. 
.Kaiserslautern, 11. Jan. Wie weit die Bescheidenheit 
n politischen Dingen manchmal getrieben wird, dabon hier ein 
leines Beispiel: Einer der thätigsten Agitatoren gelegentlich der 
etzten Stadtrathswahlen dahier läßt dieser Tage bei den Mitglie— 
dern des neuen Stadtrathes eine Liste cirkuliren mit der Aufforde⸗ 
ung: „Freiwillige Beiträge für seine durch die Wahlagitation 
zjehabten Auslagen und Kosten gefälligst einzeichnen und bezahlen 
ju wollen“. Zur Illustration möge die Thaisache dienen, daß 
»ie Partei, für welche er agitirte, keinen ihrer Candidaten als 
SZtadrathsmitglied durchbrachte. 
FœKaiserslautern, 15. Jan. Ein Gaunerstreich seliener 
Irt wurde dieser Tage dahier von einem Handwerksburschen aus⸗ 
jeführt. Derselbe, jedenfalls gewohnt, sein Mittagsschläfchen zu 
nachen, schlich sich gegen 1 Uhr in die Polizeiwachtsiube, verschloß 
im ja nicht gestört zu werden, die Haupteingangsthür von innen 
ind legte sich auf eine nagelneue, nur für die Polizeisergeanten 
»estimmte Matraze. Gegen 4 Uhr wollie sich ein Polizeidiener in 
as Local begeben, fand dasselbe verschlossen und mußte durch eine 
Zeitenthür eindringen. Zu seinem Erstaunen fand er da den 
-chläfer noch im besten Schlafe. Daß derselbe nicht umsonst ge⸗ 
yeckt wurde, versteht sich von selbst. 
F Die in der Nähe von Lauterecen gelegene Loh⸗ und 
zchneidmühle von R. Brosius ist in der Racht von Dienstag auf 
Mittwoch niedergebrannt, wobei 1200 Centner Lohrinden mitver⸗ 
hrannten. 
F Aus der vorderpfälzer Ebene. Das Tabaksge— 
chäft ist in den letzten Tagen wieder sehr flott von Statten ge⸗ 
jangen, so daß nur noch geringe Quantitäten unverlauft sind. 
der Werth, den die diesjährige Tabalskreszenz für manche Ge⸗ 
neinde repräsentirt, ist enorm zu nennen. Fuͤr das Heine Dorf 
zusheim z. B. kann heuer ein ungefähres Ergebniß von tausend 
zentnern Tabak angenommen werden, welches einer Summe dvon 
twa vierzigtausend Mark gleich zu achten ist. Wie man hört. 
oll auch die günstige Tabalstonjunttur von merklichem Einfluß 
uuf die örtlichen Geschäftsverhältnisse sin. 
F Speyer. Heute früh wurde der hiesige stadt. Waag⸗ 
neister und Rentner Ludwig Müller, früher Bierbrauer zum Ro— 
ner, in der Fruchthalle erhaängt aufgefunden. Da derselbe in gu⸗ 
en Verhälmissen lebte, so ist man um so mehr über diesen Selosi⸗ 
nord erstaunt. (Pf. Zig.) 
*Die Steinkohlenforderung auf den preußischen Saargruben 
zetrug im Jahre 1879 89,499,210 Ctr. Von den früheren 
Jahren hat nur das Jahr 1876 eine größere Förderung aufzu⸗ 
veisen. Der Absatz des verflossenen Jahres ist auf 89,806,799 
Etr. gestiegen und hat hiermit auch denjenigen des bis dahin günstig- 
ten Jahres 1876 noch etwas übertroffen. 
F Mülhausen. Dieser Tage brachte ein französischer 
händler ein fünffüßiges Schwein hierher. Das rechte Vorderbein 
jatte unterhalb des Knies einen Auswuchs, der sich zu einem Fuße 
ildete. Diese Unregelmäßigkeit scheint dem Thiere übrigens nicht 
jeschadet zu haben, denn es war vollständig ausgewachsen, feit 
ind wog übet 190 Kilogramm. Nachdem das Thier geschlachtet 
var, wurde der feltene Doppelfuß abgeschnitien und dem Museum 
der Société industriello übermacht. 
— Der Schaden, den die heffische Ludwigsbahn durch die Un⸗ 
kerbrechung des Verkehts und die Herstelluna des Vischofsssheimer 
Vermischtes. 
St. Ingbert, 16. Jan. (Eingesandt.) Der seit Fe⸗ 
oruar 1877 unter Schmelzarbeitern gegründete Arbeiter-Hilfs— 
e rein hatte am 10. d. Mts. behufs Rechnungsablage und Neu— 
vahl, seine ordentliche Generalversammlung. 
Der Verein hat den Zweck, seinen Mitgliedern resp. deren 
Angehörigen eine Unterstützung bei Sterbefällen zu gewähren. 
Ehe man zur Neuwahl schritt, wurde dem Ausschusse unter 
dinweis seiner sehr umsichtigen und gewissen Leitung der Vereins⸗ 
ingelegenheiten seitlens der anwesenden Mitglieder volle Anerken⸗ 
aung gezollt und fiel auch in diesem Sinne mit geringer Aender— 
ing die Neuwahl aus. 
Der reine Vermögensstand am 12. Januar 1879 ergab die 
ziffer von 615 Mk. 89 Pf.; am 10. Januur 1880 eim solche 
on 1270 M. 46 Pf., welche Summe im hiesig. Vorschußvereine 
»eponirt ist. — Der Vercin zählt bis heute 286 Mitglieder. Bietel 
»er Verein seinen Mitgliedern auch keine glänzende Unterhaltungen, 
o gewährt er ihnen doch zur bedrängten Zeit einen sichern Noth⸗ 
feimig. Möchten doch diejenigen Schmelzarbeiter, welche dem 
Pereine bis jegt noch ferne stehen, den schönen Zweck desselben recht 
heherzigen und ihm nicht länger den Rücken kehren. 
Stehen wir auch dem Vereine in Beziehung auf seine inneren