St. Ingberler Anzeiger.
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Ms.
Donnerstag, den 22. Juli
1880.
Deutsches Reich.
Ueber die Höhe der bayerischen Militärpensionen sind
schon vielfach Klagen geführt worden, die offenbar nicht unberechtigt
sͤnd. Im Verhältniß zu den betreffenden Ausgaben im Reiche
22,028,363 M.) sollte Bayern 3,007,1853 M. ausgeben; die
wirkliche Ausgabe beträgt jedoch 3,561,270 M., sohin 554,085 M.
mehr, als nach dem Verhältniß im Reiche. Nach dem betreffenden
Spezialetat ist der Pensionsstand vom 1. Dezember 1879 folgender:
Pensionen und Pensionszulagen für Soldaten vom Feldwebel ab⸗
värts, 5479 Mann, Aufwand 1,067,648 M.; Pensionen für
Offiziere: 8 Generalieutenants 79,303 M., 20 Generalmajore
135,432 M., 57 Obersten 289, 463 M., 686 Oberstlieutenants
247882 M., 538 Majore 190,539 M., 346 Hauptleute und Ritt⸗
meister 677,389 M, 85 Premierlieutenants 79,742 M. 130
Secondelieutenants 92,986 M., 44 Aerzte 88,808 M., 198 Be—
amte aller Grade 358,400 M. Dazu kommen Inaktivitäts-Gehalte,
Wartegelder für Offiziere, Aerzte und Beamte 39,966 M.; gesetz⸗
iche Bewilligung für Hinterbliebene von im Kriege gefallenen
Offizieren ꝛc. ꝛc. (über die eigenen Einnahmen des betreffenden
Fonds zu 62,545 M.) 63,131 M.; Unterstützungen an Offiziere ꝛtc.,
shre Relikten, und Pensionszulagen ꝛc, 218,871 Mark.
Wie aus Berlin verlautei, ist die Frage der obligatorischen
Invaliden- und Alterversorgungskassen, die bekanntlich von dem
Abgeordneten Stumm angeregt worden, nunmehr im verneinenden
Sinne entschieden worden. Die Mehrzahl der von dem Reichs-
fanzler um die Abgabe eines Gutachtens ersuchten Bundesstaaten
bezweifelt die Durchführbarkeit des Projektes unter den heutigen
Verhältnissen. So wurde selbst von Preußen trotz seiner Vorliebe
zür Zwangskassen erklärt, daß sich schwer die Grenze finden lasse,
für welche Kategorie von Arbeitern die Pensionskassen bestimmt
werden sollen. Die süddeutschen Staaten haben sich ganz unum—
wunden für die Beibehaltung der freien Kassen ausgesprochen, ge—
stützt auf die Erfahrungen, die man dort überall mit denselben ge—
macht, und auf die übereistimmenden Aeußerungen der um ihr Ur—
heil gefragten Arbeitgeber und Vertreter von Arbeiterbildungs-,
Hewerbes und Handwerkervereinen. Dafür hat man sich jetzt an
zuständiger Stelle entschlossen, allgemeine Normativbestimmungen
ür zu errichtende Invalidenkassen festzustellen und dem Reichstage
einen bezüglichen Gesetzentwurf zu unterbreiten.
Der preußische Regierungsrath Wettendorf, der neuernannte
Mustechar des tuͤrkischen Finanzministeriums, hat sich, wie aus
ttonstantinopel gemeldet wird, nach Berlin zurückbegeben, um das
henöthigte Personal zu engagiren. Er wird nach Konstantinopel
mit den deutschen Herrn zurückkehren, die für die Mustechar-Posten
im Kriegsministerium, sowie im Ministerium des Aeußeren bestimmt
wurden und von sechs deutschen Stabsofficieren begleitet werden.
Ein deutscher Officier, Namens Drigalski. ist zum Adiutanten des
Sultans ernannt worden.
Die seit langer Zeit angestrebte Zentralisirung der im deut⸗
schen Reiche bestehenden Kriegervereine unter einer Oberleitung
ist mißglückt, trotz der Mühe, welche sich der dazu berufene General
v. Glümer gegeben hat. Jener Mißerfolg hat auch den Rück-
tritt des genannten Generals zur Folge.
Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht das von dem Kaiser in
Mainau unterm 14. Juli vollzogene Gesetz betr. die Abänderung
der kirchenpolitischen Gesetze in Preußen.
Belanntlich haben im vorigen Jahre die Finanzminister sämmt⸗
icher deutscher Staaten, zur vertraulichen Besprechung von Steuer—
ind Zollfragen, in Heidelberg getagt. Wie man vernimmt,
ollen diese Berathungen und Verhandlungen im laufenden Jahre,
and zwar schon in allernächster Zeit, in Coburg fortgesetzt werden.
Von wohlunterrichteter Seite wird der „Frankf. Z.“ aus
Köln mitgetheilt, daß in diesem Jahr das Dombaufest nicht
tattfindet.
Der deutsche Kaiser ist bei schönem Wetter am Montag in
Bastein eingeiroffen.
Durch die Entsendung deutscher Beamter nach Konstantinopel
ind verschiedene Mächte unangenehm betroffen worden. Beifall
dürfte das Vorgehen nur bei Oesterreich gefunden haben; England
und Rußland fühlen sich hinsichtlich ihrer orientalischen Politik
ꝛtwas gehindert und auch Frankreich ist mißtrauisch.
Ausland.
Nach Meldung der „Times“ aus Kabul vom 18. ds. hat
die Réeumung Kabuls seitens der Engländer begonnen. Nach
Meldung der „Daily News“ aus Konstantinopel vom 18. ds. hat
n Adanga (Kleinasien) eine Christenmetzelei stattgefunden.
Vermischtes.
*Si. Ingbert, 21. Juli. In heutiger Sitzung des
Schöffengerichts kam nur ein Fall zur Aburtheilung. Es würde
nämlich ein Mann von Hassel wegen Körperverletzung zu 1 Tag
Befängniß verurtheilt. — Zwei weitere Fälle wegen Körperver⸗
etzung und beziehungsweise Unterschlagung mußten wegen Nicht⸗
erscheinens der Angeklagten ausgesetzt werden und wurde deren
Berhaftung und Vorführung verordnet.
*]St. Ingbert, 22. Juli. In der heutigen Verstei⸗
gerung des Heuüsse r'schen Bierbrauereianwesens wurde dieses
nit dem gesammten dazu gehörigen Häuser- und Gartencomplex
Irn. Jean Heusser aus Otterberg um die Summe von
19,100 M. zugeschlagen.
*— Gestern Nachmittag passirte unsern Bahnhof das in
Me tz garnisonirende Bataillon des 2. bayer. Fußartillerieregiments.
Die Direction der Pfälz. Bahnen hat den Turnern, welche
ich durch eine Festkarte über ihre Theilnahme an dem deutschen
Turnfest in Frankfurt a. M. ausweisen, 50 Prozent Fahrtar⸗
ermäßigung gewährt. Die Billete werden vom 23. bis 29. Juli
ausgegeben und gelten bis 30. Juli einschließlich. Andere Besucher
—
mindestens 50 Personen zugehen und die Hinreise in geschlossener
Besellschaft geschiehtt.
Mit dem 1. August d. J. wird das Postauftragsverfahren
mm Verkehr mit Deutschland einerseits und Fran kreich-Algerien
indererseits eingeführt. Die Einziehung von Geldern im Wege des
Postauftrags kann hiernach bis zum Betrage von 400 M. oder
500 Fres. erfolgen und kommt hierbei von Seiten Deutschlands
das bisherige Deutsche-Post-Auftragsformular in Anwendung. Die
Sendungen unterliegen der Frankirung.
In Bliesbolchen rettete der Ackerer Louis Kiefer
am Freitag einen 3 J. alten Knaben mit eigener Lebensgefahr aus
der Blies.
Von einem grausamen Schicksal werden die Dachdeckers⸗
eheleuse Rücker in Zweibrüchen verfolgt; dieselben mußten
am 19. ds. ihr letztes von 12 Kindern begraben.
„7 In Heltersberg stürzte vorige Woche ein dortiger
Bürger, der mit Kirschenbrechen beschäftigt war, vom Baume und
berletzte sich dergestalt, daß er kurze Zeit darauf starb. J
4 Bei der in Leipzig gegenwärtig stattfindenden Ausstellung
der deutschen Wollen-Industrie sind auch pfälzi sche Wollwaaren—
Fabriken mehrfach vertreten. Unter denselben nimmt die große
dammgarnspinnerei in Kaiserslautern die erste Stelle ein.
Auf dem Thierhäuschen bei Kaiserslautern haben
in jangster Zeit mehrere kleine Brände stattgefunden. Am Montag
wurde in dem dazu gehörigen Garten ein Brandbrief gefunden,
in welchem der Besitzerin mitgetheilt wurde, daß das Haus ein
Raub der Flammen werden solle. wenn sie es nicht hinnen 8 Tagen
verkaufe.
4 In der Gemarkung von Ungstein finden sich bereits
reife weiße Trauben vor.
4 In Waldsee ertrank beim Baden ein 12jähriger Knabe.
der sich zu weit in den Altrhein hineingewagt hatte und des
Schwimmens unkundig war.
F In der Gemarkung von Freins heim wurden auf ver—⸗
schiedenen Kartoffeläckern Käfer mit Puppen und Larven gefunden,
die man für Colorado-Käfer hält, doch ist vorerst noch das Urtheil
vor Sachkundiger abzuwarten.
In Hanbofen fiel am Samstag ein dreijähriger Knabe