Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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Dienstag, den 27. Juli 
1880. 
Deutsches Reich. 
Im Wahlgesetzausschuß der Bayer. Abg.⸗K. erklärte auf 
eine Anfrage der Ministerialcommissär Dr. v. Müller auf das be— 
ttimmteste, daß sich die Staatsregierung gegen die directen Wahlen 
zur Abgeordnetenkammer entschieden ablehnend verhalte und eine 
Vorlage in diesem Sinne nicht machen werde. Abg. Jörg sprach 
sich Namens der patriotischen Fraction auf das entschiedenste für 
zirecte Wahlen aus. Dr. Daller stellte nach längerer Debatte den 
Antrag auf Vertagung, welcher Antrag gegen eine Stimme ange— 
rommen wurde. 
Nach der im preußischen Ministerium des Innern aufge⸗ 
sttellten Nachweisung über den Geschäftsbetrieb und die Resultate 
der preußischen Sparkassen im Jahre 1878 bezw. 1878,79 waren 
im Betriebe 1157 Kassen mit 1,883,897,126.03 Mark Einlagen, 
was einen Zugang von 71 Kassen mit 83,818,612.87 Mark seit 
dem Jahre 1877 konstatirt. Außer den Einlagen befanden sich in 
den Kassen als Separatfonds 4,078,655,56 Mark und als Reser— 
defonds 82,210,710.59 Mark, so daß ein Gesammtvermögen von 
1.470,186,492. 18 Mark bestand. 
Fürst Bismarck traf am Samstag von Friedrichsruh in 
Berlin ein. Gestern (Montag) Vormittag ist derselbe mit seiner 
Hemqhlin und seinem Sohne, Grafen Wilhelm, nach Kissingen zum 
durgebrauch abgereist. Wie in den Vorjahren, so sind auch heuer 
Pferde und Equipagen aus dem kgl. Marstall in München dem Fürsten 
während seines Kissinger Aufenthalts zur Disposition gestellt. 
Der allerhöchst ertheilten Erlaubniß an preußzische Offi— 
ziere, welche in ktürkische Dienste treten wollen, wird in 
Berlin so geringe Bedeutung beigelegt, daßk der Reichskanzler 
darüber nicht befragt worden ist. 
Trotz der gestellten günstigen Bedingungen soll sich bis jetzt 
kein einziger deutscher Offizier zum Eintritt in türkische 
Dieuste haben bewegen lassen. Uebrigens wird die deutsche Re— 
zierung vorerst den Uebertritt deutscher Beamten und Offiziere in 
türkische Dienste so lange in keiner Weise begünstigen, als die Pforte 
ich nicht den Beschlüssen der Berliner Konferenz gefügt hat, damit 
nicht das Gerücht, als suche und habe die Pforte an Deutschland 
einen Rückhalt für ihren Widerstand. den Anschein von Be— 
zründung habe. 
Die vor einigen Tagen ausgelaufene, ursprünglich nach West⸗ 
indien bestimmte deutsche Glattdeck-Corvette „Victoria“ hat in Ply— 
mouth Befehl erhalten, nach Malta zu gehen. Man vermuthet, 
dieselbe sei zur Theilnahme an der Flottendemonstration in den 
rürkischen Gewässern bestimmt. 
Die viel verbreitete Nachricht, daß für die in nächster Zeit 
tattfindende Konferenz der deutschen Finanzminister in Ko⸗ 
burg eine Vorlage wegen Einführung des Tabakmonopols 
porbereitet sei, findet keine Bestätigung; es wird sich nun um eine 
Nuswahl aus den übrigen bekannten Steuerproiecten handeln. 
Ausland. 
Am 22. Juli sind wieder mehrere deutsche und russische So— 
ialisten aus Frankreich ausgewiesen worden. — Der französische 
riegsminister hat Befehl gegeben, die Zahl der Schildwachen zu 
nerringern und die Posten da, wo sie zwecklos sind, ganz einzuziehen. 
Das „Reuter'sche Bureau“ läßt sich aus Konstantinopel 
melden, der Ministerrath habe die Antwort der Pforte auf die Col⸗ 
lectivnote der Mächte genehmigt. Die Antwort schlage den Mächten 
vor, dieselben möchten im Princip annehmen, daß Larissa, Janina 
und Metzova bei der Türkei verbleiben (das heißt, daß die Grenze 
)es abzutretenden Gebietes merklich mehr nach Süden gerückt werde, 
als die Berliner Conferenz vorschlug) und auf dieser Basis Ver— 
jandlungen einleiten. 
Der montenegrinische Geschäftsträger ist am Samstag in Folge 
einer Abberufung von Konstantinopel abgereist. 
Die Flottendemonstration im Orient ist entschieden und die 
Theilnahme sämmtlicher Großmächte mit je zwei Schiffen ebenfalls. 
Auch deutsche Kriegsschiffe gehen also in das ägäische Meer. Der 
nuf die Türkei auszuübende Druck gilt zugleich der montenegrinischen 
ind der griechischen Angelegenheit; derselbe soll erfolgen, wenn die 
J 
Pforte ablehnt, den Beschlüssen der Berliner Konferenz Folge zu 
eisten. (Die Ablehnung ist bereits erfolat.) 
Vermischtes. 
* Mit Rücksicht auf den Umstand, daß die größeren Bank— 
zeschäfte ihren Zinsfuß gegenwärtig auf 2 04 stellen, haben der 
„Pf. Vztg.“ zufolge, auch einige pfälzische Vorschußvereine 
hren Zinsfuß von 3!/2 auf 390 ermäßigt. 
.Bei der am 81. März 1880 am Sitze der kgl. bayer. 
Iberpostämter abgehaltenen Amtsgehilfenprüfüng ha— 
en sich, der „Pf. Pr.“ zufolge, 141 Postadspiranten betheiligt, 
»on welchen 132 für befähigt erklärt wurden. Aus der Pfalz 
jaben sich 20 Bewerber gemeldet, wovon 19 bestanden. Untetr 
iesen befinden sich u. A. Schindler Ludwig von Minelbexbach 
nit der 3.. Glahn Franz von Blieskastel mit der 5., Frey 
Friedr. von Homburg mit der 54. und Ludwiqg Wilh. don We 
zenheim mit der 88. Platzunummer. 
F Ueber die am Sonntag in Blieskastel stattgehabte 
Feuerwehr-Bezirks-Versammlung schreibt die „Zw. Ztg.“: Als Ver⸗ 
reter der Feuerwehren des Bezirksverbandes waren erschienen: 1. 
ür Bkieskastel: Joh. Braun, 2. Heckendalheim: Nik. Buchheit und 
dudw. Buchheit, 8. Ensheim: Peter Rummel, Kaufmann Fries, 
2dudwig Quin und Franz Werndorff, 4. Ommersheim: Georg 
darry, Karl Uhl und Andreas Lang, 5. Hornbach: Friedrich Hoch, 
ind 6. Zweibrücken: Peter Loch. Keine Vertreter hatten geschickt 
S„t. Ingbert, Niederauerbach, Eschringen, Medelsheim und Nieder— 
vürzbach. Nachdem der Bezirksvorstand die Versammlung eröffnet, 
vurde durch den Schriftführer das Protokoll der letzten Bezirks- 
versammlung zu Ensheim vom 13. Juli 1879 verlesen und dann 
eitens des Bezirksvorstandes Bericht über die bisherige Thätigkeit 
des Vezirksausschusses erstattet. Der Kommandani der Feuerwehr 
n Einöd, Herr Peter Schunk, erklärte hierauf den Beitritt der 
Feuerwehr Einöd zum Feuerwehr-Bezirksverband Zweibrücken. Der 
bertreter von Blieskastel gab die Erklärung ab, daß die Feuerwehr 
Zlieskastel gegenwärtig nicht bestehe und deßhalb auch keine Uebung 
eute abhalten könne, und zwar aus Gründen, die bereits vor zwei 
Jahren zu St. Ingbert mitgetheilt worden, nämlich in Folge zu 
chwacher Unterstützung seitens der städtischen Verwaltung.“ Die 
Zezirksversammlung ersucht nun die anwesenden Herren Bürger— 
neister Mayer und Adjunkt Hauck von Blieskastel, die Reorganisation 
der Feuerwehr so bald als möglich auszuführen, was auch durch 
»eide Herren bereitwilligst zugesagt wird. Auf Antrag der Feuer⸗ 
vehr zu Heckendalheim wurde beschlossen, das kgl. Bezirksamt zu 
rsuchen, daß der freiwilligen Feuerwehr zu Heckendalheim eine 
Anzahl Feuerwehrmänner als pflichtmäßig durch das Bürgermeister⸗ 
amt zu Ommersheim zugetheilt werde. Schließlich wurde noch als 
Irt der nächsten Bezirksversammlung Heckendalheim gewählt. 
F In Pirmasens hat der Stadtrath beschlossen, die Feier 
des Wittelsbach-Jubiläums mit der des Sedantages zu verbinden 
ind 200 M., aus der Gemeindekasse dazu bestimmt. 
Das pfälzische Gewerbe-Museum in Kaiserslautern 
oll am 22. August feierlich eröffnet werden. Man hat ursprüng⸗ 
ich den 25. Aug., den Geburts- und Namenstag des Königs Ludwig, 
n Aussicht genommen, an dem heuer auch die Wittelsbachfeier in 
zanz Bayern stattfindet. Die Minister von Lutz und Pfeufer aber, 
velche der Eröffnung beiwohnen wollen, sind für diesen Tag un⸗ 
ibkommlich. 
x Nach der „Saarbrücker Ztg.“ ist am Sonntag in Baum⸗ 
older abermals ein Brand ausgebrochen, welcher den von dem 
rüheren Schadenfeuer verschonten Stadttheil heimsuchte und 7 Häuser 
n Asche gelegt haben soll; die Hülfe auswärtiger Feuerwehren, u. 
A. von Otiweiler und St. Wendel mußte requiriert werden. 
Nähere Nachrichten fehlen noch. 
F Frankfurt. Der Turner-Festzug am Sonntag zählte 
a. 15,000 Theilnehmer mit etwa 500 Bannern. Der Vorbei— 
narsch dauerte über eine Stunde. Am Samstag Abend wurden 
die Festlichkeiten eingeleitet mit der Ueberreichung der von Frauen 
und Jungfrauen Frankfurts gestifteten Bundesfahne. deren Kosten