St. Ingberker Anzeiger.
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlichj mit dem Hauptblaite verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
lage) erscheint wöchentlich viermalz? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonnementovpreis beträgt vierieljährlich
4MA 40 Z einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1I A GO , einschließlich 420 Zustellgebihr. Anzeigen werden mit 10 H, von Auswärts
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattschrist oder deren Raum, Neclamen mit 30 4 pro Zeile berechnet.
AMc 124. Donuerstag, den 5. August 1880.
Deutsches Reich.
Nach der Nachweisung über die zur Anschreibung gelangten
Finnahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern, sowie
anderen Einnahmen des Deutschen Reiches für das Etatsjahr 1879,80
betrug die Einnahme 327,982,618 M. Davon gehen ab die be—
zahlten Bonificationen mit 33,877, 408 M., so daß der Reichskasse
berbleiben 294, 1050,210 M. Vecrgleicht man diese Einnahmen mit
denen des Vorjahres, so ergiebt sich für das Etatsjahr 1879 80
ein Mehr von 27,718,637 M., welches zumeist aus den Positionen
Zölle, Rübenzucker und Salzsteuer entstanden ist.
Die Koburger Konferenzen sind beendet. Alle Mitthei—
lungen in den Blättern, nach denen es sich in Koburg lediglich
um eine sogenannte „Zollkonferenz“ gehandelt haben sollte, stellen
siich nachträglich als irrthümlich heraus. Vielmehr lautete das Pro⸗
gramm der Konferenz: „Fortsetzung der Zoll⸗ und Steuerreform
des vorigen Jahres“. Nach dem „Berl. Tgbl.“ ist in Koburg
zunächst die Frage eingehend diskutirt worden, wie hoch das finanzielle
Bedürfniß im Reiche sich stelle, um die Etats der einzelnen Bundes
staaten entlasten und damit auch jene geplante Reform und Reduktion
der direkten Steuern vornehmen zu können, deren Nichteintritt so
viele Wähler kopfscheu gemacht hat. Namentlich soll in Koburg
entscheidendes Gewicht darauf gelegt worden sein, ein gleichmäßiges
Vorgehen betreffs der Herabminderung resp. Beseitigung der direkten
Steuern unter den Bundesstaaten zu regeln. Hierzu war eine
eingehende Diskussion der Frage nothwendig, auf welche Weise im
Reiche die Einnahmequellen zur Deckung herbeizuschaffen seien. Es
verlautet, daß es hierüber zu keiner allgemeinen Einigung gekommen
wäre. Es heißt, daß unter diesen neuen Einnahmequellen auch
die Einführung des Tabaksmonopols neben anderen Steuererhöh—
ungen resp. anderen Steuern figurirt habe und zur eingehenden
Diskussion gestellt worden sei. Ueber die von der Konferenz ge⸗
faßten Beschlüsse, wenn solche überhaupt vorliegen, wird vorläufig
tiefes Stillschweigen beobachtet.
Ausland.
In Frankreich haben die Republikaner bei den am
Sonntag stattgehabten Generalrathswahlen einen großen Sieg er⸗
rungen. (Der Generalrath ist in Frankreich etwa dasselbe, was in
Bayern der Landrath ist.) Corsika ausgenommen wurden gewählt:
902 Republikaner, 372 Konservative (Royalisten, Bonapartisten
und Klerikale), 125 Stichwahlen sind erforderlich. Die Republitaner
zgewannen bis jetzt 240 Sitze.
—ADV—
wurde dem türkischen Minister des Aeußeren am Dienstag zugestellt.
Nach der „Ag. Havas“ wird in dieser Note der Tuͤrkei eine
dreiwöchentliche Frist gewährt, um die Convention mit Montenegro
dom 12. April ds. Irs. auszuführen; geschähe dies innerhalb der
bewilligten Frist nicht, so würde sie aufgefordert werden, sich mit
nächstem wegen der Uebergabe von Dulcigno (statt des in der Con⸗
dention vom 12. April bestimmten Bezirks von Gusinje] mit
Montenegro zu verständigen.)
Vermischtes.
* St. Ingbert, 5. August. Am 6. August 1870 schloß
mit dem Siege der Deutschen bei den Spicherern Höhen für
unsere Stadt eine bange Woche. Es geziemt sich wohl, heute, 10
Jahre nach jenen Tagen, wieder an sie zu erinnern und vor allen
Dingen das dankbare Andenken an die tapferen Männer zu er⸗
wecken, die am 6. August 1870 mit ihrem Leben den Sieg über
den alten Erbfeind erkauften und uns dadurch aus der drückenden
Furcht vor wälschem Uebermuthe herausrissen. Ein Volk ehrt sich
elbst am schönsten, wenn es der Tapfern, die für seine Ehre
lämpften und bluteten, in Dankbarkeit gedentt. Möge darum auch
insere Stadt für alle Zeiten in diesen Tagen eingedenk sein Dessen,
was sie vor 10 Jahren der Gnade des Höchsten und deutschem
Opfermuthe zu danken hatte.
St. Ingberi. Die hiesige Lateinschule begann das jetzi
ablaufende Schuljahr 1879,80 mit 130 Schülern. Von diesen
traten im Laufe des Jahres 14 aus. Unter den 116 Schülern,
mit denen die Anstalt das Schuljahr schließt, sind 81 hiesige und
35 auswärtige. 75 sind Katholiken, 33 Protestanten, 2 Mennoniten,
6 Israeliten. Die J. Klasse zählt 36, die II. Klasse 27, die DI.
Klasse 29, die IV. Klasse 14 und die V. Klasse 10 Schüler. Von
iesen Letzteren beabsichtigen 9, das humanistische Gymnasium zu
hesuchen. Das nächste Studienjahr beginnt Moniag, den 27. Sep—
tember mit der Inscription der Schüuler. Die Aufnahms- und
Nachprüfungen werden am 28. und 29. September abgehalten.
Niederwürzbach. Gemgß Erlasses des Herrnuk.
Oberstaatsanwaltes vom 15. Juli ds. Irs. wurde der Standesbe⸗
amte von Niederwürzbach wegen musterhafter Führung der
Standesregister pro 1879 belobt. Daraufhin bewilligte der Ge—
meinderath von da, dem Gemeindeschreiber, Hrn. Lehrer Peter
Wolf, eine Remuneration von neunzig Mark.
Blieskastel. Die Geschwister Karl, Katharine und
Karoline Wolfius dahier haben ein Patent auf Herstellung von
Stoslen in Sandformation erhalten.
Aus dem Bliesgau wird der ‚Zw. Zig.“ geschrieben:
Der Stand der Feldfrüchte berechtigt dieses Jahr zu den schönsten
Hoffnungen. Wenn es auch bei der ersten Schur nicht sehr viel
Heu gegeben hat, so ersetzt jetzt die zweite Schur und das Ohmet
»as Fehlende. Das Korn ist jetzt allenthalben abgemacht, und
einige gute Tage brächten dasselbe in die Scheunen. Könnte auch
)Die Quantität besser sein, so wird der Mangel durch die Qualität
reichlich ersetzt. Der Weizen steht über Erwarten schön, und von
dem lästigen Brand ist nur bei einigen Nachlässigen Etwas zu be⸗
merken. Ebenso schön ist der Hafer und die Gerste, und die Kar—
toffeln haben noch selten so viel versprochen wie dieses Jahr, so—⸗
vohl in der Güte als in der Menge, und wenn wir gute trockene
Witterung bekämen, damit die Fäulniß nicht überhand nähme, so
uüßte der Preis ein sehr niedriger werden. Zu beklagen sind nur
die diesen Winter durch die harte Kälte zu Grunde gegangenen
Apfelbäume, namentlich der für unsere Gegend so sehr geeignete
sogenannte Siebenschläfer. Viele glaubten, dieselben würden sich
im Laufe des Sommers wieder erholen; doch sind alle angestellten
Mittel umsonst, und alle Wiederbelebungsversuche nützen Nichts.
Der Schaden ist ganz enorm.
7Zweibrücken. Der Bau⸗Unternehmer Mohr von hier,
der die Bauarbeiten in der neuen kath. Kirche leitete und deshalb
sur den am 1. Sept. v. J. vorgekommenen Unglücksfall — 8 Ar⸗
eiter wurden mehr oder minder verletzt — verantwortlich gemacht
wurde, ist von der Beschuldigung der fahrlässsgen Körperverletzung
ireigesprochen worden. (Pf. V.)
7 DDie sammtlichen 36 Abiturienten des kgl. Schul⸗
lehrer⸗ Seminars Kaiserslautern sind zur Praxis zugelassen.
F Die „Pf. Pr.“ berichtet aus Grünstadi, es gehe da⸗
elbst das Gerücht, daß fünf Rentämter der Pfalz aufgehoben werden
ollen.
(Aberglaube!)) Mitte Juni l. J. wurden einem Manne
in Wernersberg, Kanton Annweiler, 165 Mark baar ge⸗
tohlen, und zwar durch einen bis jetzt noch unbekannten Thäter.
Um diesen letzteren ausfindig zu machen, glaubte ersterer die Sym⸗
pathie eines Mannes aus Lug in Anspruch nehmen zu müssen,
velcher sich auch zum „Diebsbannen“ bereit erklärte. Alles, was
nach der Meinung des Diebsbanners hiezu nöthig schien, wurde
veranlaßt und ausgeführt, aber der Thäter, der ein Nachbar des
Beraubten sein sollte, blieb dennoch unbekannt. (L. A.) (Lug und
„Diebsbanner“ paßt ja wohl ganz gut!)
In Roxheim wurde zur Erinnerung an 1870/71 auf
dem Friedhof ein hübsches Krieger⸗Denkmal errichtet und am Sonn⸗
lag eingeweiht. Schon am Montag früh aber fand man dasselbe
von ruchloser Hand verwüstet, indem etwa 18 Stücke abgeschlagen
sind. Die Gemeinde hat auf die Ermittlung des Thäters eine
Belohnung von 100 Mark ausgesetzi.
F In Bollen dorf bei Trier sind drei junge Leute, Brüder,
in der vorbeifließenden Sauer ertrunken. Der vierte Bruder, ein
djähriger Knabe, mußte rathlos und weinend am Ufer stehend dem
Tode seiner Geschwister zusehen.