St. Ingberler AAnzeiger.
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1880.
M 125. Samstag, den 7. August
Deutsches NReich.
Mürnchen. In der kgl. Münzstätte dahier wurde vor
rinigen Tagen die Prägung für das Reich mit dem Rest von
3668 Stück Kronen beendigt und diese Summe nach der Reichs—
hankstelle Chemnitz abgeführt. Es tritt nun in der Prägung an
der hiesigen Münzstätte eine längere Pause ein.
Dem Vernehmen nach sollen die Steuerausschüsse der bayer.
Abg.⸗H. nicht vor dem 15. Oktober berufen werden. Man
yofft, daß dieselben die erste Lesung bis Weihnachten zu Ende
bringen, daß nach Neujahr die Kammern berufen werden lönnen,
veil die zweite Lesung nur in Gegenwart der Kammern und in
estündiger Fühlung der Ausschußmitglieder mit ihren Kollegen er—
'olgen soll.
Während der diesjährigen Herbstwaffenübungen in Bayern
verden verschiedene Versuche hinsichtlich der feldmäßigen Verpfleg—
ing der Truppen angestellt werden und soll hauptsächlich die Ver—
vendung des Hartgemüses (Linsen und Erbsen), das bei den nord—
deutschen Truppen schon seit längerer Zeit mit Vortheil benützt
vird, in Erwägung gezogen werden.
Auf Antrag des königl. baher. Gendarmeriecorps
vurde vom kgl. Staatsministeriums des Innern genehmigt, daß
die Erübrigungen aus den Jahren 1878 und 1879 im Betrage
zu 54,098 Mtk. an die Mannschaften der Landcompagnieen ver—
heilt werden. Diese Remuneration wird in 4 Abstusungen, und
war von über 13 Dienstjahren mit 40, mit über 8 zu 80, von
3 bis 8 zu 20 und von 1 bis 3 Dienstiahren zu 12 Mk. zur
luszahlung gelangen.
Nach dem „Verl. Tgbl.“ stoßen die im Reichs-Justizamt vor—
jenommen Arbeiten bezüglich der Revision des Alktiengesetzes auf
o mannigfache Schwierigkeiten, daß es kaum möglich sein dürfte,
dem RNeichstag schon in seiner nächsten Session hierüber eine
Vorlage machen zu können.
Es fällt auf, daß die ultramontanen Blätter das Tab ak—
monopol nicht mehr so entschieden verwerfen, wie früher, son—
dern zu der Ansicht gelangt sind, unter Umständen ließe sich da—
über reden. Manche wollen darin ein Anzeichen sehen, daß das
Fentrum wohl bereit wäre zu einem Tauschgeschäft Tabakmonopol-
Maigesetze mit dem Reichskanzler, ähnlich jenem, was im vorigen
Jahr bei Gelegenheit der Zolltarifberathung auch von ihnen inten⸗
dirt gewesen zu sein scheint und vielleicht auch effectuirt worden
väre, wenn Windthorst wirklich so früh aufgestanden wäre, als er
ich gerühmt hatte.
Die Mittheilung, daß die Feier der Vollendung des Kölner
Domes in diesem Jahre nicht stattfinden werde, wird jetzt all—
eitig bestätigt.
Kaum glaublich ist es, welche Fortschritte die deutsche
Marine in der verhältnißmäßig kurzen Zeit ihres Bestehens ge—
macht hat. Vor zwei Jahrzenten noch wehte in dem Kieler Hafen
ie dänische Flagge, und vor zehn Jahren war unsere Marine ge—
zöthigt, sich klugerweise auf die Defensive zu beschränken. Für die
Offensive kamen nur die Panzerfregatten „König Wilhelm“, Fried⸗
ich Karl“ und „Kronprinz“ in Betracht. Heute zählt die deutsche
Schlachtflotte, wenn wir die Panzerkorvette „Baden“ mitzählen,
12 Panzerschiffe — immerhin eine Macht, die auch jede Seemacht
xsten Ranges ernst nehmen muß. Und 'es ist nicht viel mehr als
ein Menschenalter verflossen, als die Engländer ssich geberdeten, als
venn sie den Deutschen das Recht zur Führung der Reichsmarine—
lagge streitig machen wollten. Damals sah es mit Preußens
Macht zur See noch traurig aus; sie bestand 1848 aus der Segel⸗
orvette „Amazone“ und aus 2 Kanonen⸗Jollen! Beim Ausbruch
es deutsch-dänischen Krieges waren schon 7 Kriegsfahrzeuge, dar—
inter allerdings die Hälfte Kanonenschaluppen, mit zusammen 380
Heschützen vorhanden. Bis zum Schluß der sechsziger Jahre war
die Zahl der gedeckten Korvetten auf 5, die der Glattdedskorvelten
uuf 4 gestiegen. Erst in dem letzten Jahrzehnt hat die Entwickelung
yer Flotte sich in einem schnelleren Tempo voliziehen köͤnnen, da
as Reich bereitwillig die Mittel zu der im Jahre 1888 plan—
zaßig zu beendigenden Ausführung des Flotlengründungspianes
bewilligte. Es muß aber auch 'anerkannt werden, daß bei dieser
Ausführung mit ganz seltener Energie und Hingabe gearbeitet
worden ist, und daß in das letzte Jahrzehnt eine wichtige Reform⸗
periode fällt, die für die Zukunst unseres Seekriegswesens von
zrundlegender Bedeutung sein wird. Deutschland hat nunmehr ein
oolles Recht, auf seine Marine stolz zu sein. Möge die sich aber
auch die unangenehmen Erfahrungen zu Nutzen machen, auf daß
ie vor so schrecklichen Unfällen, wie der Untergang des „Großer
urfürst“, in Zukunft bewahrt bleibe!
Ausland.
Die am 10. d. M. zu Jschl Statt findende Zwei⸗Kaiser⸗
Zzusammenkunft mahnt daran, daß dieselbe die erste persönliche Be—
jsegnung der beiden Kaiser nach dem Abschlusse des österreichisch⸗
)eutschen Septemberbündnisses des vorigen Jahres ist. Das Werth—
yollste an diesem Bündniß ist, daß es nach elfmonatlicher Dauer
uicht nur noch existirt, sondern sich sogar gekrüftigt hat, für Bünd⸗
uisse der Gegenwart schon eine geraume Zeit.
Der Sieg der republikanischen Partei bei den Generalraths—
wahlen in Frankreich kommt zwar nicht unerwartet, die Groöͤße
der Niederlage der monarchistischen, klerikalen und ultra⸗radikalen
Parteien übertrifft aber dennoch sowohl die Hoffnungen als Be—
ȟrchtungen. 1412 Generalrathswahlen waren dorzunehmen, davon
waren früher 668 Freunde, 774 Gegner der Republik. Das Ge—
ammtergebniß der letzten Wahlen wird sich nun einschließlich der
Stichwahlen auf etwa 1000 republikanische und 400 reaktionäre ec.
Beneralräthe stellen. Damit find von 80 Departements-General⸗
cäthen mindestens 70 in Händen der Republitaner. Dieser Sieg
der Republik hat eine große rückschauende Bedeutung und folgen-
chweres Gewicht für die Zukunft. Die Kundgebung eines groͤßen
Theiles des französischen Volkes wie sie in den Wahlen des letzten
Zonntags vorliegt, ist eine Billigung der Regierungspolitik. Die
Feinde der Republik hatten das Amnestievotum und die Märzdekrete
hren Wählern in den schwärzesten Farben dargestellt und aus den
lusschreitungen der intransigenten Presse, den brutalen und lächer⸗
ichen Theorien der Sozialisten-Kongresse für sich Kapital zu schlagen
jesucht. Vor Allem hatten sie laut verkündigt, daß sie als Ver—
reter der religiösen Freiheit kandidirten und sich bemüht, die Wahlen
nuf den Boden des Widerstandes gegen die Märzdekrete zu verlegen.
Dieß ist ihnen mißlungen, das Laͤnd hat sich weder von der Aus—
ührung der Märzdekrete noch von dem rothen Gespenst aufregen
assen. Die Wähler sahen in der Republik die Gewähr für die
Irdnung und Ruͤhe im Innern, für die Mehrung der Staatsein
nahmen, für das Blühen von Handel und Gewerbe und damit
zie Dauer des in weiteren Kreisen sich geltend machenden Wohl⸗
tandes. Und damit Dieses alles bleibe uͤnd gesichert werde, wählte
)as Land republikanische Generalräthe, aus deren Wahl bekanntlich
m Anfang des nächsten Jahres drei Viertheile des neuen Senats
)ervorgehen werden. Die Generalräthe waren bisher die feste Burg
der Reaktion, welche in die Verfassung die Bestimmung hinein⸗
zrachte, daß die Vertretung der Departements die Senatoren zu
vählen hätte; diese Waffe, durch einen reaktionären Senat der
nufrichtig republikanischen Regierung Hindernisse in den Weg zu
egen, ist durch die neuesten Wahlen den Feinden der Republik
gründlich aus der Hand gewunden. Aus den nächsten Wahlen
vird eine bedeutende feste republikanische Mehrheit des Senats
jervorgehen, und Das haben die Wähler, die letzten Sonntag an
ie Urne traten, im Hinblick auf die schwankende Haltung des
etzigen Senates in den Fragen des Artikels 7 und de Amnestie
nit Bewußtsein gewollt.
Vermischtes.
*Si. Ingbert. In der öffenttichen Sitzung des kgl.
randgerichts Zweibrücken wurden am Mittwod für die am 6. Sep⸗
ember nächsthin unter dem Vorsitzende des Herrn kgl. Oberlandes⸗
gerichtsrathes Wolff beginnende Schwurgerichtssession pro III.
Quartal 1880 die Geschworenen gezogen. Unter denselben befinden
ich aus dem Kanton St. Ingbert die HH. Heinrich Krämer.