Sf. Ingberler Anzeiger.
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M 130. Sonntag, den 15. August 1880.
Deutsches Reich.
Ueber die Ansprüche des königlichen Hauses an Griechenland
jört man, daß der selige Kbnig Ludwig J. in seinem Testamente
zinsichtlich ihrer eventuellen Verwendung bereits Vorsorge getroffen
Jat. Die Angelegenheit scheint sich erfreulicher Weise immer reeller
und thatsächlicher zu gestalten.
Der deutsche Kaiser Wilhelm traf am Donnerstag wohl⸗
behalten, von Ischl kommend, auf Schloß Babelsberg ein, wo er
bon der Kaise rin und sämmtlichen anwesenden Mitgliedern des
iöniglichen Hauses empfangen wurde.
Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ bezeichnet die Notiz der „Ham—
zurger Reform“ über den Ankauf des Gutes Silk durch den Fürsten
Bismarck, soweit sie dazu dienen solle, die daran geknüpften Fol-
gerungen zu begründen, in allen Punkten als unrichtig. Silk sei
jon dem Fürsten Bismarck bereits vor sechs Jahren erworben
vorden, weil es das einzige größere Gut sei, welches an der
Sachsenwaldgrenze und zu dessen Arrondirung geeignet gewesen sei.
Die Dreistigkeit, womit diese tendenziöse Erfindung verbreitet werde,
eige von Neuem, wie kein Mittel gescheut werde, um in An—
inüpfung an das Privatleben des Reichskanzlers denselben mit
benso gehässigen wie plump ersonnenen Verleumdungen zu ver—
dächtigen. (Die „Reform“ hatte etwa gesagt: Fürst Bismarck be—
hauptet den Rückgang der Rentablität der Landwirthschaft und
bennoch erwirbt er neue Landgüter; die Getreidesteuer komme den
Broßgrundbesitzern zu Gute u. dgl.)
Gambeltas Revancherede hat in Berliner leitenden Kreisen
wie zu erwarten, befremdet; ein definitives Urtheil will man vor⸗
behalten bis der vollständige Wortlaut vorliegen wird.
Durch die Ernennung des Präsidenten vom Reichskanzleramt
ind preußischen Ministers Hofmann zum Staatssekretär für Elsaß—⸗
Lothringen ist jener durch den Rücktritt des Herrn Herzog er⸗
edigte Posten besetzt, das Präsidium des Reichskanzleramtes aber
erledigt worden. Man darf auf die Wiederbesetzung dieses schwierigen
Postens einigermaßen gespannt sein. — Hofmann ist ein geschmei—
diger Beamte, der es zwischen sich und dem Statthalter schwerlich
zu Differenzen wird kommen lassen.
Ausland.
Der Fürst und die Fürstin von Rumänien sind in Wien
ingekommen und begaben sich von da nach Ischl. Ebendahin hat
iich auch Graf Moltke zum Gebrauch der Kur auf mehrere Wochen
egeben.
Aus Cuba wird gemeldet: Nachdem der letzte der rebellischen
Bandenführer, Carlisto Garcia, sich mit nur fünf Begleitern
nn die Gebirge geflüchtet hat, kann die Insel als vollständig pazifizirt
ingesehen werden.
Vermischtes.
— Die Jagd auf Feldhühner wird dem Vernehmen nach am
20. ds. eröffnet.
— Die feierliche Eröffnung des Pfälzischen Gewerbemuseums
n Kaiserslautern findet als Vorfeier des 700jährigen Re—
zierungsjubiläums des Hauses Wittelsbach bekanntlich am Sonntag,
den 23. August, statt. Zu diesem Fest, welches Vormittags 1114
Ahr beginnt, und an welchem wahrscheinlich einer der Herren Minister
sowie Se. Exc. der Regierungspräsident der Pfalz Herr v. Braun
heilnehmen, hat der Verwaltungsrath des Gewerbemuseums-Vereins
nicht allein die Stellen und Behörden der Pfalz, die pfälzischen
Bürgermeisteramtsvorstände, die Direktion und die Verwaltungsräthe
der Pfälzischen Bahnen, Kunstinstitute und Gewerbevereine, die
Vorsteher der technischen Anstalten der Pfalz, sowie sämmtliche
Vereinsmitglieder des Gewerbemuseums-Vereins und die Vertrekter
der pfälzischen Preßorgane eingeladen, sondern auch an die Regier—
ingsbehörden der benachbarten Länder Elsaß-Lothringen, Baden,
hessen und Rheinpreußen sowie an deren Kunst-Institute und die
Vertreter der auswärtigen Presse Einladungen ergehen lassen.
F Wie der „Pf. Pr.“ mitgetheilt wird, ist die Ernennung
des Pfarrers Schlarb in Gerolsheim zum Pfarrer an der
deutsch-evangel. Gemeinde Worns in Südrußland, eingetroffen.
—
7 Ausder Vorderpfalz schreibt der „Pf. K.“: Wie
die Ereignisse lehren, geht Amerika nicht blos als Absatzgebiet für
das weinbauende Deutschland mehr und mehr verloren, sondern es
nacht uns selbst in Europa in dieser Richtung nun auch noch Con⸗
urrenz. Aus San Franzisko wird nämlich gemeldet: „Zur Zeit
iegt zum ersten Mal ein Segelschiff in unserem Hafen, welches
als alleinige Fracht californischen Wein ladet, um solchen nach Bremen
zu bringen. Es handelt sich um nicht weniger, als um ein Quantum
hon 100,000 Gallonen, welche ein Bremer Haus bestellt hat, um
das flüssige Gold unseres Staates in Deutschland einzuführen. Die
bedeutensten der hiesigen Weinhändler und Weinbauern, meistens
Württemberger gedenken von ihrer besten Auslese nach dem alten
Haterland zu senden. Mit jedem Jahr, je weiter die Cultur fort—
chreitet, wird der californische, sowie der Michigan- und Georgia⸗
Wein, immer besser; man hat jetzt schon in Californien Riesling⸗
veine, welche denen am Rhein wenig nachstehen.“ (Eine Gallone
st nicht ganz 4 Liter.)
4Auf dem anthropologischen Kougreß, der dieser Tage in
Berkin abgehalten wurde, hat auch Dr. Mehlis, kgl. Studien-
ehrer in Dürkheim, das Wort ergriffen. Derselbe sprach über
cränkische Alterthümer und die Ueberreste fränkischer Baukunst im
Kheingau.
Die nächste Prüfung von Apotheker-Gehilfen wird am 27.
uind 28. September d. Is. in Speyer abgehalten werden. An—
räge auf Zulassung zu derselben sind längstens bis zum 18. Sep⸗
ember vorschriftsmäßig belegt bei dem Vorsitzenden der Prüfungs-
ommission, dem k. Kreismedizinalrathe Dr. Karsch zu Spehyer,
einzureichen.
'In St. Johann feuerte am Donnerstag Abend in
ꝛiner Wirihschaft ein dort wohnender Friseur zwei Revolverschüsse
nuf einen jungen Menschen ab, welcher früher Gehilfe bei ihm und
um Sonniag entlassen worden war. Was den sonst ruhigen und
Jeachteten Mann, welcher sich selbst freiwillig der Polizei stellte, zu
Hieser That veranlaßte, soll sein in letzter Zeit krankhaft gereizter
Zustand und infolge dessen unbegründete Eifersucht gewesen sein.
Her junge Mensch hat eine, übrigens nicht geführliche Wunde am
Dberarm davon getragen.
p In Irching Giederbayern) hat eine Feuersbrunst den
zrößten Theil des Dorfes, 11 Wohnhäuser und 29 Nebengebäude
eingeäschert: auch sehr viel Vieh und Getreide ist mitverbrannt.
204 Das, Bayer. Vaterland“ schreibt: „Zu dem Kunstftück des
Dr. Tanner, welcher 40 Tage nichts aß, ohne daß er verhungerte,
mag vielleicht die Rotiz von Interresse sein, daß bei Hohenaschau
eine Bäuerin auf ihrem Hofe lebt, arbeitet und vollkommen gesund
ist, die seit vielen Jahren nicht das Mindeste genießt außer Wasser
us einem bestimmten Brnnnen. Etwas Anderes, selbst anderes
Wasser kann sie gar nicht vertragen, ohne krank zu werden.“ Dr.
Sigl vom „Bayerischen Vaterland“ scheint an diese „Notiz“ zu
Jlauben, denn er druct sie ganz ernsthaft ab. Wir wissen nicht,
bas an der Notiz das Intressanteste ist: die Bäuerin, der „bestimmte
Brunnen“ oder der gläubige Redakteur.
ꝓ Der Mann hatte viel — „Schwein“. In Naumburg
tieß ein Mann, der ein verendetes Schwein einschaaren wollte, auf
inen uralten verwitterten Reiterstiefel und fand in demselben viele
voldstücke.
— Goldstücke und Kassenscheine regnet es gegenwärtig in
düässeldorf. Ein Amerikaner und großer Freund des Bacchus
virft nämlich, wie der „Düsseld. Anzeiger“ meldet, in seiner Be⸗
runkenheit mit vollen Händen Gold und Kassenscheinen um sich
ind ist in Folge dessen in einer gewissen Volkstlasse augenblicklich
der gefeiertsie Mann der Düsselstadt.
ꝓ Eigenthümliche Todesursache. Aus Ober⸗Adelsdorf
hei Goldbetg wird unterm 8. August geschrieben: Als gestern der
necht eines hiesigen Gutsbesitzers gemeinsam mit seinen Mitknechten
uuf dem Felde das ihm auf dasselbe hinausgeschickte Mittagbrod
erzehrte und eben einen Loffel Milch zu fich nehmen wollte, ge⸗
ieih ihm plötzlich eine Wespe zugleich mit der Milch in den Mund
Nbwohl er die Wespe sofort ausspuckte, hatte sie ihn schon hinten