Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

lehnte sein Gewehr dabei an, als plötzlich der Iltis aus seinem 
Bau herausschnellte. Müller wollte mit einem Stock nach ihm 
schlagen, schlug fehl und fiel zur Erde, wobei das scharfgeladene 
Gewehr umsiel. Im selben Moment schlug auch einer der Treiber 
nach dem Iltis, traf aber unglücklicher Weise das Gewehr, wel⸗ 
ches sofort losging und der Schuß dem am Boden liegenden Müller 
durch den Rücen in den Unterleib drang. Der Getroffene liegt 
nun schwerverletzt darnieder. Bis jetzt gelang es noch nicht, die 
Kugel aus dem Leibe zu entfernen. (S. W.) 
In Saarbrücken verschied im Alter von 46 Jahren 
Frau Die tzssch, geb. Hoff, als Schriftstellerin wohlbekannt unter 
dem Namen E. Diethoff. 
FVon der Maschine des um 6 Uhr 48 Min. Abends von 
Bingerbrück nach Saarbrücken-Paris abgehenden Schnellzuges wurde 
gestern, wie das „Kr. T.“ meldet, im Einschnitti am Rupperts⸗ 
derge ein 25 Jahre alter Hü Ufsweichensteller aus Weiler 
erfaßt und überfahren, so daß der Tod sofort eintrat. Man 
glaubt, daß der unglückliche Mann sich etwas verspätete, und in 
der Eile bemüht, sein Versehen gut zu machen, gefallen ist. 
FMettlach. Ziemlich in der Mitte des Dorfes Meitlach 
entspringt eine allerdings schwache Salzquelle, die schon in ur— 
alten Zeiten bekannt war. Jetzt hat Herr Kommerzienrath Boch 
ein zierliches Badehäuschen über der Quelle herrichten lassen. In 
einemn kleinen Anbau ist ein Kessel aufgestellt, um das Wasser zu 
warmen, und eine Pumpe, die von gebranntem Ton ist, weil alle 
Metallpumpen vom Salzwasser zerfressen würden, dient, um das 
Wasser in die Badewanne zu heben. — Das Wasser wird von den 
Metilachern als Abführungsmittel gebraucht. — Als Bad ist es 
bei Hauͤtkrankheiten sehr wirksam. 
FIn der Diozese Trier sind gegenwärtig 186 Pfarreien 
erledigt. 
FDie kaiserliche Tabaksmanufaktur in Straßburg hal 
zur Umgehung des erhöhten Zolles noch weit stärkere Spekulations— 
einkäufe von Tabak gemacht als die Privat⸗Industrie. Nach ihrem 
neuen Etat braucht diese Manufaktur auch im ganzen, erst im 
April 1881 ablaufenden Etatsjahr keinen Tabak einzukaufen. 
4Daß nicht alle Aktiengesellschaften faule Gründungen sind, 
beweist der Geschäftsbericht der Bad ischen Soda⸗- und 
Anilin-Fabtit Ludwigshafen, welche mit ihren Ge⸗ 
baulichkeiten eine klleine Stadt für sich bildet. Der für 1878 aus— 
gewiesene Bruttogewinn betrug etwa 4200.000 M. An Divi—⸗ 
dende werden 12 Prozent vertheilt, 800,000 Mt. für 1879 vor— 
getragen, nachdem etwa 1 Mill. Mk. für Abschreibungen und 
190.8000 M. für die Reserve verwendet worden sind. Der „Frankf. 
Ztg.“ wird versichert, daß für 1879 trotz großer Abschreibungen 
riwa 20 Prozent Dividende zu erwarten seien. 
Wie der „Miesbacher Anzeiger“ mittheilt, soll der glück 
liche Gewinner des zweiten Haupttreffers der Kelheimer 
Kirchenbaulotterie (14,000 M.) ein in dürftigen Ver— 
halmissen lebender Gütler in Reichersdorf, Amtsgericht Miesbach, sein. 
In Nürnberg wurde dieser Tage wiederum ein in 
eormem Grade von Trichinen durchsetztes Schwein von dem zu⸗ 
stehenden Mikroskopiker beschlagnahmt. Es handelt sich in diesem 
Falle um ein Schwein, das in Nürnberg selbst aufgezogen wurde 
Rach genauer Untersuchung fanden sich in einem Stückhen Fleisch, 
das 021g wog, 927 Trichinen, das macht auf das —A 
2,2250,000. 
Die bayerischen Kuirassire wurden bekanntlich vor nicht gar 
langer Zeit in „schwere Reiter umgetauft, und nun soll eine aber⸗ 
malige Ümtaufe bevorstehen, indem die fraglichen zwei Regimenter 
den Namen Dragoner bekommen sollen. 
p— Eine entsetzliche Situation. Auf dem Königssee brach 
jüngst ein Forstgehilfe durch das Eis, hielt sich mit ausgebreiteten 
Armen auf dem Eise fest, daß die Joppenärmel anfroren, und hing 
so anderthalb Stunden mit dem Unterleib im Wasser, bis er ge⸗ 
reitet wurde. 
FMünchen. Der oberste Gerichtshof hat in einem Erkennt⸗ 
niß ausgesprochen, daß ungegerbte Häute nicht innerhalb be⸗ 
wohnter Häuserquartiere, sondern nur in Räume gelagert werden 
dürfen, welche allseitig isolirt und von bewohnten Gebäuden ent⸗ 
fernt gelegen sind. Art. 94 des Pol.⸗Str.⸗G.⸗«B., durch welchen 
der öffentlichen Reinlichkeit in Städten ec. Schutz gewährt werde, 
beschränke sich keineswegs auf die Reinhaltung der Straßen und 
Plahe, sondern erstrecke sich zweifellos auch auf den Luftraum, in⸗ 
sofern die Verunreinigung desselben durch aus Privatlocalen aus⸗ 
strömende Gerüche bewirkt wird und dadurch Belästigung für das 
Publicum nach sich zieht. 
München. Vor ein Paar Tagen fand dahier die Trau— 
ung eines 24jährigen Mannes mit einer ledigen Frauensperson 
deren ältestes Kind 3 Jahre älter ist, als sein neuer Herr 
apa. 
p In der Münchener „Südd. Presse“ findet sich folgende 
Annonce: „Freiherr, Letzter seines Stammes, adoptirt gegen 
Entschädigung.“ 
Die Münchener Kunst und der Erbort nach Amerika. Es 
dürfte vielleicht nicht ohne Interesse sein, zu wissen. welch' gute 
Kundschaft die Münchener Kunst an Amerika hat. Von München 
allein exclusive Augsburg) wurden während des letzten Quartals 
October, November, Dezember 1879) nach den Vereinigten Staa⸗ 
sen exportirt: Gesammtwaaren für 710,347 M. 20 Pf. hiervon 
Delgemälde für 2418.348 M. Während des Jahres (1 Januar 
bis81. Dezember 1779) von München allein im Ganzen für 
632,695 MPlastische Werke und Photographieen, sofern solche 
aAs Kunstsachen zu betrachten sind, für 151,005 M., somit für 
Kunstgegenstände 783,670 M. 
In Münster (Westphalen) wurde ein Seconde⸗Lieutenant 
von der Reserve des Feld⸗Artillerie Regiments Nr. 22 mit schlichtem 
Abschied entlassen, weil er als Katholik es mit den Vorschriften 
einet Religion nicht in Einklang bringen zu können erklärte, ein 
duell einzugehen. Bekanntlich bedroht auch das Strafgesetzbuch 
das Dnell mit Strafe. Aber nichtsdestoweniger werden Officiere 
verpflichtet, das Geseß zu übertreten. Die Rückhsicht auf die Stan⸗ 
desehre ist eben in gewissen Kreisen stärker als die Rücksicht auf 
Recht und Gesetz. 
FBerlingsen (bei Soest, 18. Jannar. Ein entsetzliches 
Unglück hat sich hier zugetragen. Die Tochter des Oekonomen 
Tigges kochte Milchsuppe und rührte statt des Mehles Bleiweiß an, 
velches zur Bereitung von Farbe in gröseren Quantitäten auf dem 
dande gehalten wird. Sämmtliche sieben Personen, welche von der 
berhängnißvollen Milchsuppe gegessen hatten, erkrankten iu der Nacht 
mer all' den schrecklichen Symtomen einer Vergiftung. Der Oe⸗ 
konom selbst ist nach der „K. Vlksz.“ in der Nacht vom 17. zum 
18. gestorben. Wahrscheinlich fordert das ungkückliche Versehen der 
Tochter noch weitere Opfer. 
In Freiburg i. Br., wurde das Andenken an die fieg⸗ 
reichen Gefechte des 14. deutschen Armeecorps bei Belford am 15., 
6 und 17. Januar 1871, wodurch zunächst das badische Oder⸗ 
and die genannte Stadt von dem Einfall der Franzosen unter 
Bourbaki geschützt worden sind, in herkommlicher Weise mit Glocken⸗ 
Jeläute, Geschühessalven und Beflaggung der Stadt gefeiert. 
4 Berlin. Die „Nat.-Lib. Corr.“ redet in einem längeren 
Artikei sehr eifrig den Schulsparkassen das Wort. Neuerdings, so 
erzählt fie, hat man zu Uelzen in Hannover auch einen pralti⸗ 
chen Anfang gemacht. In der untersten Volksschule wurde dort 
amit in aller Stille im Frühjahr 1878 begonnen, und der nach 
inderthalb Jahren angeflellte Rückblick lautet entschieden ermuthi⸗ 
jend. Unter 390 Schülern hatten 186, also fast die Hälfe, 
kinlagen gemacht, und zwar zusammen 1022, darunter 731 unter 
Maͤrk, 233 von 1bis 5 Mark, 831 von 5 bis 10 Mark, und 
7 Einlagen noch höher. Die höheren Einlagen sind nur in 
ʒen Obecklassen erfoigt — hauptsächlich im Hochsommer, wo das 
geerensammeln den Kindern einen verhältnißmäßig reichen Ertrag 
ibwarf, und im October, wo sie bei der Kartoffelernte halfen. Ein 
knabe hat sich so in den anderthalb Jahren insgesammt 58 Mark 
50 Pf. erspart. Wo wären die geblieben, ohne die von der 
z-chule gebotene Aufforderung und Gelegenheit zu ihrer Erhaltung? 
Sänmmiliche Lehrer,“ fügt der Bericht hinzu, „sprechen sich außerst 
Hefriedigt über die neue Einrichtung aus, und bezeugen übereinstim⸗ 
nend, daß sie nach keiner Richtung einen ungünstigen sittlichen 
Finfluß auf die Kinder geübt habe. Von unkindlichem Geiz oder 
dabsucht oder Neid sei nichts zu bemerken; im Gegentheile wirke 
zas Bewusstsein, durch eigene Entsagung und durch Verzicht auf 
ein Vergn igen', sich ein Sparkassenbuch erworben zu haben, sittlich 
hebend auf die Kinder ein. Die sieben Lehrer der Schule haen 
ich einmüthig dahin ausgesprochen, trotz der nicht unerheblichen 
Mühe und Arbeit, welche die Sparkasse ihnen bereitete, dieselbe 
uicht wieder entbehren mögen. 
p In Ber hin erstickten durch Rauch 3 Kinder im Alter 
don Jubis 5 Jahren, welche von ihren Eltern ohne Aufsicht in 
der Wohnung zurückgelassen worden waren. 
F Der berühmie Afrikareisende Gerhard Rohlfs ist in 
Berhin eingetroffen und vom Kaiser empfangen worden. 
— Dem Admiralitätsrath Dr. Neumayer in Hamburg 
geborener Pfälzer) wurde der preußische rothe Adlerorden 3. Classe 
mit der Schleife verliehen. 
Aus Meclenburg wird der „Berl. Bürger-Ztg.“ ge— 
chrieben: In diesen Tagen hielt sich hier ein Mormonen Apostel 
mis Amerika auf, der von der Secte mit sechszehn Gehilfen zur 
Anwerbung von Anhängern nach Deutschland gesendet worden ist. 
In einer Versammlung band er den Zuhörern auf, daß Petrus 
ind Johannes dem Stifter der Secke in Amerika erschienen seien 
und ihm einen mit Inschrift bedeckten Stein gezeichnet hätten. Um 
diese lesen zu können, habe ihm Petrus eine Brille ausgraben 
sassen, welche anstatt der Gläser Steine enthielt. Der Apostel war 
nuf dem besten Wege, seiner Zuhsrerschaft noch mehr solch unsin— 
niges Zeug aufzubinden, als der Bürgermeister erschien und die 
Becsammlung aufloste. Wie ich weiter vernehme wäre besagter 
Apostel nicht nur init einer Mission in Norddeutschland fondern auch 
n Schweden und Dänemark betraut. Seinen gewonnenen An— 
ängern empfiehlt er, auch in ihrem Vaterlande mormonische Sitten