Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

ausgeschlossen, als das Mädchen die Tochter des begüterten Ge— 
neindevorsiehers von Grambke ist und ihre Familie, namentlich 
die Mutter mit Thränen in den Augen versicherte; nichts helfe 
bislang, und der sie behandelnde Arzt glaube, daß Bleichsucht die 
Ursache sei. Seit Januar schläft sie unünterbrochen, mit Ausnahme 
bon einigen Stunden in je 6—8 Wochen, in denen sie bei vollem 
Bewußtsein ist und ohne sichtbare Ermattung kleine Hausarbeiten 
vornimmt. Sie ist sich daunn bewußt, daß sie lange geschlafen, 
jedoch ohne von der Zeitdauer einen klaren Begriff zu haben, und 
erklärt, im schlafenden Zustande nichts von dem sie Umgebenden 
u wissen. Schlafend nimmt sie einige leichte, aber nahrhafte 
Speisen zu sich, welches auch in meiner Gegenwart geschah; ich 
emerkte, daß sie solche niederschluckte, wobei ihr Athem ununter⸗ 
zrochen ruhig weiter ging. Die Leute erzählten, am Dienstag sei 
sie erwacht, von 6 Uhr bis zum Abend wach geblieben, und von 
za an schlafe sie wieder ununterbrochen. Im Winter sei es ihnen 
oft eine große Last gewesen bei der Kälte, namentlich während der 
Racht, da sie ja keinen Augenblick das Mädchen allein lassen könn— 
en, und es war wiederum die Mutter gewesen, welche mit rüh— 
ender Mutterliebe sich dieser Sorge meistens allein unterzogen 
Jatte. Jedenfalls ist dieses schlafende Mädchen, ähnlich wie der 
schlafende Ulan, nach meinem Ermessen ein interessanter Gegenstand 
»er Beobachtung für die medicinische Wissenschaft, und ich möchte 
zie Herren Aerzte hiermit auffordern, im Interesse der Wissenschaft 
diesen Fall ihrer persönlichen Beobachtung zu unterziehen, um so 
nehr, da der wohlhabende Vorsteher allen mit größter Liebens- 
vürdigkeit Zutritt gewährt, weil er so gern Hilfe für sein armes 
—— 
za es von der Station Burg Lesum kaum zehn Minuten, von 
Bremen *4 Stunde entfernt liegt. 
Vor Monatsfrist wurde vor dem Kriminalgerichtshof zu 
Mailand über einen gewissen Carla Sala, Maurer von Pro— 
ression, verhandelt. Sala war des Diebstahls bezichtigt, und da 
z. ihm nicht gelang, seine Unschuld zu beweisen, die Thatumstände 
zingegen derart waren, daß sie den Angeklagten als den unzweifel⸗ 
jaften Urheber des Verbrechens erscheinen ließen, so verurtheilte 
hn das Collegiatgericht zu vierjähriger schwerer Kerkerstrafe. Sala 
prach, als er das Urtheil hörte, kein Wort; er ließ den Kopf 
jängen und folgte willig den Aufsehern, welche ihn in das Zellen— 
jefängniß führen sollten; dort angelangt, ließ er sich in einer Ecke 
eines neuen Heims nieder, stützte den Kopf in die Hände und 
rütete vor sich hin. Den ersten Tag rührte er die Speise, die 
hm gegeben wurde, nicht an, am zweiten und dritten Tage that 
r dasselbe. Der Aufseher fragte ihn, warum er denn nicht esse. 
Sala blieb aber stumm, trotz aller Bemühungen der Aufseher, der 
Aerzte, des Strafhausleiters — stumm bis zum dreißigsten Tage, 
in welchem er starb. 
Während des Gottesdienstes in der katholischen Kirche zu 
Derribeg in Irland, welche über einem Bache in einer tiefen 
Felsenschlucht erbaut ist, barst eine Wasserhose und füllte das Got— 
eshaus in wenigen Sekunden mit Wasser, das bald zehn Fuß hoch 
nn der Kirche stand. Die Scene wird als eine entsetzliche geschildert. 
Elf Personen wurden vermißt, bis ietzt wurden aber bloß die Leichen 
von fünf gefunden. 
Ein New-Yorker Blatt erzählt, der Zukunftsmusiker 
Richard Wagner hadbe sich bereit erklärt, nach Amerika überzusiedeln 
ind dorthin sein künftiges Wirken zu verlegen, wenn ihm eine 
Million Dollars zugesichert würde. Ist wohl Humbug! 
Aus einem Brief eines aus dem Schweinfurter Gau im 
dorigen Jahre nach Nordamerika ausgewanderten jungen Mannes 
veröffentlicht die ‚Würzb. Pr.“ folgende Stellen: 
„Philadelphia, 8. Februar 1880. Werthester Freund! 
Ihren Brief habe ich erhalten und theile Ihnen über mein jetziges 
Leben Folgendes mit: Hätte Ihnen schon längst geschrieben, allein 
in Hinderniß hatte ich, welches mich bis jetzt erst dazu kommen 
ieß. Beifolgend ersehen Sie aus den Zeitungen, wie es mir 
geht. So Gott will, erhalte ich morgen wieder Arbeit, und kann 
dann wieder etwas verdienen. Ich will nicht schildern, wie es 
mir ergangen ist, das will ich Ihnen später erst schreiben, nur 
soviel sei gesagt, daß es mir herzlich schlecht ging und noch geht. 
Ich habe bittere Erfahrungen gemacht in diesem Lande der Ent⸗ 
auschung; da giebt's keine Rüchsicht, keinen Trost, es giebt nur 
das Wort: hilf dir selbst. Ja, in der Fabrik, in der ich mich 
derletzte, mußte ich die niedrigsten Arbeiten thun und mich über 
neine Kräfte anstrengen, und ich danke Gott für diesen Platz; 
denn so und so viel Hunderte sind ohne Arbeit und ohne Brod 
ind melden sich, damit sie ein Unterkommen finden, bei'm Gefäng— 
uisse an, und trotßdem heißt es jetzt allgemein. daß die Zeiten sich 
zebessert haben.“ 
— Ueber das Erdbeben in Smyrna schreibt ein Correspon⸗ 
dent der „Wiener Ztg.“: Um 4 Uhr 40 Minuten morgens, den 
29. Juli, schickte ich mich eben an, mein Schlafzimmer zu verlassen, 
um ein Seebad zu nehmen. So stand ich, den Rücken gegen das 
Bett gekehrt, als ich plötzlich ein brausenähnliches Geräusch vernahm 
ind rasch nacheinander zwei horizontale Erdstöße verspürte. Wenige 
Zecunden darauf folgte ein dritter Stoß, dessen Heftigkeit mich 
uuf das Bett zurüdwaärf. Dröhnend und klirrend erzitterte das 
zaus in seinen Grundvesten und dem Lärmen nach war ich über⸗ 
eugt, daß der schwächer gebaute Theil des⸗Hauses, in welchem sich 
neine Empfangs- und Arbeitszimmer befanden, bereits in Trümmer 
agen. Ein laffender Riß spaltete die Wand, an welcher mein 
Zett stand. Gleichzeitig lenkte Rauschen von Wasser meine Auf⸗ 
nerksamkeit meinem Nachbarhause, der hiesigen Gasfabrik, zu, dessen 
eide Gasometer hin und her wankten, so daß das Wasser in Strömen 
ius derselben hervorstürzte. Der bis zu seiner mittleren Dauer sich 
teigernde und etwas schwächer werdende Erdstoß währte wenigstens 
2 Secunden und war anfangs horizontal, gegen die Mitte vertikal, 
im mit einem jähen, wieder horizontalen Rucke aufzuhören. In 
Szinyrna und dessen nächster Umgebung gibt es kein Gebäude, wel⸗ 
—D0 
Zundert Häuser sind fast ganz eingestürzt und man sieht deren Be— 
dohner unter Zelte lagern. Dank der Morgenstunde, welche die 
zrößere Zahl der Menschen schon wach und viele außer dem Hause 
and, fielen diesem Erdbeben verhältnißmäßig nur wenige Menschen— 
eben zum Opfer. Man spricht von 30 Todten und 120 Ver— 
vundeten in Smyrna und den nächstgelegenen Ortschaften. Darüber 
ind aber alle einig, daß wenn der letzte Erdstoß nur wenige Se— 
unden länger gedauert hätte, Smyrna vernichtet worden wäre. Im 
janzen dürften sich die materiellen Verluste auf 16 bis 18 Mill. 
Francs beziffern, denn noch immer stürzen Gebäude ein. Mehr 
soch als die Stadt Smyrna haben Magnesia, Menimen, Giaurkö, 
dorostio und Cordelio gelitten. Die Eisenbahnlinie Smyrna⸗Kassaba 
'at an ihrem Bahnkoöͤrper großen Schaden gelitten, theils direkt 
zurch die Erderschüiterung, theils wie bei Menimen, durch Erdrisse, 
zie sich bildeten und aus denen der Fluß in beträchtlicher Höhe 
mporschnellte. Burnabat eine Stunde von Smyrna entfernt, ist 
in Trümmerhaufe. Während in allen diesen kleineren Ortschaften 
zurch das Einstürzen der hohen Minarete arger Schaden entstand, 
jat in Smyrna seibst der türkische Stadttheil weniger gelitten. Faft 
iberall sind die artesischen Brunnen wieder wasserreich, und manche 
Züßwasseradern sprangen, freilich nur für ein oder zwei Tage, aus 
»em Boden hervor. Die Stoßwellen dieses Erdbebens hatten die 
stichtung von Nordwesten nach Südosten. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 19. August. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarkt, 
Weizen 10 M. 88 Pf., Korn 08 M, 84 Pf., Gerste zweireihige 7 M. 56 Pf. 
ierreihige 6 M. 98 Pf., Spelz 7 M. 14 Pf., Spelzkern — M. — Pf. 
Dinktel M. — pf., Mischfrucht 9O M. 10 Pf., Hafer 6 M. 50 Pf., 
zrbsen — M. — Pf., Widen — M. — Pf., Karloffeln 2 M. 40 Pf., 
deu 2 Me90 Pf., Stroh 3 M. — Pf., Weißbrod 1/ stilogr. 57 Pf, 
tornbrod 3 Kilogr. 64 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 81 Pf., paar Weck 100 
Br. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 60 Pf. II. Qual. 54 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., 
hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf., Butter !/1 Kilogr. O M., 84 Pf., 
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier J Liter 24 Pf. 
Homburg, 18. August. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarkt.) Weizen 
1M. 67 Pf, Korn 8 M. 78 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Spelz M, 
— Pf., Gerste 2reihige — M. — Pf. G.rste 4reihige M. — Pf. Hafer 
J M. 85 Pf., Mischfrucht 08 M. 70 Pf. Erbsen — M. — Pf., Wicken 
) M. — ppf., Bohnen O M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
drod 6 Pfund 78 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund — Pf. Ochfenfleisch — Pf. 
kindfleisch 50 Pf., Kalbfleisch 40 Pf., Hammelfleisch 60 Pf., Schweinefleisch 
30 Pf., Butter 1 Pfund O M. 85 Pf., Kartoffeln per Ctr. 8 M. — Pf. 
Kaiserslautern, 17 August. (Fruchtmillelpreis und Victualienmarkt.) 
Weizen i0 M. 72 Pf. Korn 05 M. 06ĩ Pf. Spelztern 11 M. — Pf., Spelz 
M. 08 Pf., Gerste 0o8 M. 19 Pf., Hafer 7 M. 06 Pf., Erbsen 0 M. 
— pf., Wicken O M. — Pf., Linsen 09 M. 28 Pf., Kleesamen — M. — 
üf., Schwarzbrod 6 Pfund 76 Pf., do. 3 Pfd. 88 Pf., Gemischtbrod 
3 Pfund 483 PPfg. Butter per Pfd. 0 M. 80 Pf., Eier 2 Stück 11 Pf. Kar⸗ 
offeln per Cent. d M. — Pf., Stroh 2 M. 20 Pf., Heu 2 M. 50 Pig. 
Flr die Ndaction vero worniche FDeme. 
ewerbliche und landwirthechaftliche 
Ausstellung des Ptalagaues. 
ED MAMNM HBREIMIISSO. 
Unter dem Proteéctorat Sr. Kgl. Hoheit des Grossh. 
Friedrich von Baden. 
20 — 
Geöffnet bis Octoher 1880. 
Eintritt MIL. 1. — 
Fahrpreis-Ermüssigung bei der Badischen Pfälzischen Hes- 
sischen und Main Neckar-Bahn 
—XEXECVV 
Herrn F. Nestler P. 5, 2. 
9 4 
Thenard'sche Schreib-& Copir-Dinte 
Chemisch analysirt und als vorzüglich anerkannt 
von Dr. Richter in Cöln. 
Diese erprobte Dinte durch Zeugnisse der ersten Bank- und 
dandlungshäuser attestirt, hat sich in Deutschland als vor⸗ 
refflich bewährt ist in St. Ingbert zu haben bei J. Peters. 
Der Preis ist Mk. 2,00 — 75 Pfg. und 25 Pfg. per 
xasche