Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

aus dem Artikel der letzteren: „Nur muß die friedliebende Mehrheit 
heider Nationen wissen, wer es ist, der den Frieden heute bedroht.“ 
Ddie „Republique“ schließt ihre Besprechung mit folgendem Satze: 
Kein Mann in Frankreich in öffentlicher Stellung sprach seit dem 
Frankfurter Frieden Etwas aus, was den gegen die Nation an der 
anderen Seue der Vogesen gerichteten entflammten autorisirten 
Worten gleichkäme, wovon die Tribüne des deutschen Reichstages 
viderhallte, so oft es sich um Erhöhung der Militärausgaben handelte.“ 
Gambetta mag sagen, was er will: er gilt, und sicher mit 
vpollstem Recht, als Vertreter des französischen Rachegedankens und 
würde die erste beste Gelegenheit, uns zu zerschmettern, mit Wonne 
ergreifen trotz seiner angeblichen Friedensliebe. Das steht bei uns 
boinbenfest, und danach handelt man vernünftiger Weise in Deutsch⸗ 
land, so schwer auch die Opfer für unsre Schlagfertigkeit auf 
unserm Volk lasten mögen. Es ist für uns die bitterste Nothwen⸗ 
digkeit, Frankreich ebenbürtig gerüstet gegenüber zu stehen. Er— 
lahmten wir hierin, so hätten wir den Anfang unsres nationalen 
Untergangs eingeleitet! 
Ausland. 
Konstantinopel, 25. August. Wie verlautet, erklärten 
die Votschafter der Mächte gestern der Pforte, die Uebergabe von 
Dulcigno an Montenegro habe unverzüglich zu erfolgen. 
Die britischen Truppen erlitten bei einem Ausfall aus 
Nandahar (Afghanistan) große Verluste; 8 Offiziere und 180 Mann 
odt, 5 Offiziere verwundet. Roberts dürfte heute oder in den 
nächsten Tagen bei Kandahar eintreffen. Nach seinem Eintreffen 
vird es wohl bald zu einer entscheidenden Schlacht zwischen den 
Engländern und Afghanen kommen. 
Die offizibse „Ligence russe“ äußert sich über die Verhand⸗ 
lungen zwischen Rußland und China in einer Weise, 
velche vermuthen läßt, daß schließlich der Zwist in Güte beigelegt 
wird; sie erkennt ausdrücklich an, daß die chinesische Regierung von 
——— sei und in letzter Zeit manche An⸗ 
ordnungen getroffen habe, welche sehr zum Vortheil der in China 
weilenden russischen Unterthanen seien. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Aus Anlaß des kgl. Geburts⸗ und 
Namensfestes und des 700jährigen Regierungsjubiläums des Wit⸗ 
elsbachischen Fürstenhauses wurden von S. M. dem Könige eine 
große Anzahl Orden und Auszeichnungen ver— 
jehen, wovon folgende den nachgenannten Pfälzern zu Theil wur—⸗ 
den: Verdienst-Orden der bayerischen Krone: Großkomthur: 
Staatsrath v. Braun, k. Regierungspräsident in Speier. Ritter⸗ 
freuz: Dr. Glaser, k. Konsistorialdirelior in Speier. Silbernes 
Ehrenzeichen des Verdienstordens der bayerischen Krone: Bürger—⸗ 
meister Decker in Gauersheim und Schullehrer Ludwig Drescher in 
Wolfersheim. Michaels⸗Orden: Komthur: v. Kieffer, k. Ober— 
landesgerichtspräsident in Zweibrücken. Ritter 1. Kl.: Landraths- 
präsident Jakob in Kaiserslautern, die Bürgermeister: Haid in 
Speier, Görg in Kaiserslautern, Maerdcker in Zweibrücken und 
Wolf in Wachenheim, Gutsbesitzer Dr. Armand Buhl in Deides— 
heim, Bankier Hetzel in Neustadt, Graf Fugger, kgl. Regierungs⸗ 
tath in Speier. Den Titel Commerzienrath erhielten: Fabrik—⸗ 
icektor Clemm in Ludwigshafen und Eisenwerkbesitzer Gustav 
Rrämer in St. Ingbert. Den Titel Finanzrath: Direktions- 
cath Neubert in Ludwigshafen. Den Titel Baurath: Directions⸗ 
rath Basler in Ludwigshafen. Rang und Titel eines Regierungs⸗ 
irektors erhielt: Albert v. Jäger, Regierungsrath und Direktor 
der pfälz. Bahnen in Ludwigshafen. 
ASt. Ingbert. Von den hiesigen Vereinen beging 
der „Arbeiter⸗Bildungsverein“ die Feier des siebenh. indert⸗ 
jahrigen Regierungsjubilaums des Hauses Wittelsbach in einer 
Weise, welcher die Bezeichnung schön und gelungen in jeder Be⸗ 
ziehung beigelegt werden kann. Die Mitglieder versammelten sich 
zu diesem Zwece in ziemlicher Anzahl am Dienstag Abend im 
Zereinslokale bei Wittwe Poller. Dasselbe war mit einem pracht- 
vollen Gedenkblatte an die Jubiläumsfeier“, mit den Bildnissen 
Sr. Majestät des Königs Ludwig II. und Sr. Majestät des Kai⸗— 
ers Wilhelm, einem Transparente mit den Worten: „Hoch Wit⸗ 
elsbach“, sowie mit Kraͤnzen und Fahnen sinnig und festlich ge— 
schmüctt. Der Garten machte durch die zwischen den Bäumen 
zufgehaängten erleuchteten buntfarbigen Lampions einen überraschenden 
Findruck. Mit dem Männerchore: „Vaterlandsgruß“ wurde die 
Feier eröffnet. Die Festrede hielt Lehrer Günther. — In der⸗ 
elben warf er zuerst einen kurzen Rüdblick auf die Geschichte des 
erlauchten Wittelsbacher Hauses, hob dann besonders hervor, wie 
dasselbe ehrwürdig durch Alter, ruhmreich durch Thaten, geachtet 
bon den Nationen und geliebt von seinem Volke dastehe. Darauf 
ührte er einige hervorrägende Herrscher und Helden an, welche 
das Haus zieren und Zeugniß davon ablegen, welch' hohes An⸗ 
ehen es überall genoß. Er schilderte, wie sich Graf Otto von 
Wittelsbach durch dem Kaiser Friedrich Barbarossa geleistete Dienste, 
Fesonders durch die bekannte Heldenthat in der Veroneser Klause, 
unsterblichen Ruhm erwarb und zum Lohne für seine Tapferkeit 
ind Treue von dem Kaiser auf den bayer. Herzogsthron gesetzt wurde. 
—EIRDD im Allgemeinen 
reine allseitige und ununterbrochene Fürsorge für seine Unterthanen, 
usbesondere seine Verdienste um Kunst und Wissenschaft, Gewerbe 
ind Unterrichtswesen, und pries sein eifriges Bemühen dem deutschen 
Valerlande Macht und Ansehen verschaffen zu heifen, sowie seine 
berdienste um Deutschlands Einigung und Ruhm im Jahre 1870 71. 
wvodurch er sich mit Recht den Beinamen „der Deutsche“ 
erworben habe. — Die Rede schloß mit einem Toaste auf unsern er⸗ 
habenen Landesvater König Ludwig I. Dem begeisterten Hoch folgte 
s von allen Anwesenden gesungene Lied: „Heil Dir im Siegerkranz,“ 
vährend dessen der Garten bengalisch beleuchtet wurde. Mit großem 
Beifalle ausgenommene Gesänge und Deklamationen patriotischen 
Inhalts wechselten in angenehmer Reihenfolge mit einander ab und 
hiellen die freudig erreglen Theilnehmer bis zu später Stunde in 
heiterer Unterhaltung beisammen. — (Auch die Sänger des „Musik⸗ 
Freins“ und der „Gemüthlichkeit“ hatten sich am gleichen Abend 
zu einer kleinen entsprechenden Feier des Jubelfestes in den Räumen 
der Brauerei Heusser versammelt.) 
Niederwürzbach, 26. August. Das Geburts- und 
Namensfest Sr. Maj. des Königs, verbunden mit der Jubiläums⸗ 
feier der 700jährigen Regierung des Wittelsbach'schen Haufes 
vurde ganz dem äufgestellten Programm gemäß abgehalten: —1. 
Feierlicher Gottesdieust. 2. Schulfeier: a. Vortrag von 
passenden Liedern mit Einlegung von Deklamationen. bh. 
Rede, 1stündige, des Lehrers P. Wolf. c. Kurze An— 
sprache des Pfarrers H. Hölscher, endend mit einem Hoch 
nuf Se. Majestät. 3. Spaziergang mit den Schulkindern auf 
einen schönen Platz des Gemeindewaldes, wo Spiele, Gesänge und 
Vortrag von Gedichten wechselten. 4. Weckevertheilung. 
FDer Siadtrath von Zweibrücken hat an S. M. den 
Zönig zum Jubelfeste der 700jährigen Vereinigung des bayerischen 
Volkes mit dem erhabenen Herrschergeschlechte der Wittelsbacher 
eine prachtvoll ausgestattete Huldigungs-Adresse abgehen lassen. 
F Vie Prüfung für das Gexrichtsvollzieheramt wird beim kgl. 
dandgerichte Zweibrücken Ende nächsten Monats abgehalten. 
Zu derselben hatten sich 10 Bewerber gemeldet, von denen jedoch 
iur 5 zugelassen wurden. Die übrigen 5 wurden wegen unge— 
aügenden Alters, da sie noch nicht 21 Jahre alt sind, zurückze⸗ 
viesen. 
4 Wie die „Pf. Post“ hört, wird am 2. September der 
Moltkefels auf dem Donnersberg vom Verschönerungsverein 
der Pfalz mit einer kleinen Festlichkeit dem Publikum übergeben 
verden. Ein prächtiger vergoldeter Reichsadler, der das ganze 
Werk krönen soll und weithin sichtbar sein wird, findet bei dieser 
Velegenheit Aufstellung. 
F Der „Land. Anz.“ schreibt: „Verschiedene Correspondenzen 
ruswärtiger Blätter, wie „Pf. Ztg.“, „Frkf. Journ.“ beschäftigen 
ich neuerdings mit dem Austritt der hiesigen Officiere aus dem 
Musibberein und Casino. Wir bemerken, daß alle bis jetzt er⸗ 
chienenen Artikel sowohl den dem Befehl zu Grund liegenden Vor— 
all, als auch die von militärischer Seite geschehenen Schritte falsch 
zarstellen. Wenn die Zeit gekommen sein wird, werden wir mit 
iner Darlegung des Sachverhaltes nicht zurüchalten; so lange 
aber eine Beilegung der Affaire noch zu erwarten ist, halten wir 
es für besser, dies zu unterlassen.“ 
PIn Mundenheim wurde eine Riejenkartoffel im Ge— 
vicht von 4 Pfund geerntet. 
Aussder ppfalz. Zur Illustration der Höhe der Pro⸗ 
zeßkosten theilen wir andurch ohne jeden Commentar, da Zahlen 
ür sich selbst sprechen, das Verzeichniß der in nacherwähntem Pro— 
esse entstandenen Kosten mit. S. erwirkte für seine Forderung 
in die Wittwe und Kinder F. im Betrage von 359 M. 78 pf. 
Urtheil beim kgl. Landgerichte. Bis nun letzteres ergangen und 
zie entstandenen Kosten durch das Gericht festgesetzt waren, waren 
olgende Kosten erwachsen: Prozeßgebühr des Anwalts 14 M., 
Fertigung der Klageschrift und 9 Copien 4 M., Zustellung der— 
elben 7'M. 10 Pff., Verhandlungsgebühr des Anwaltes 7 M., 
Staatsgebühr 15 M., Urtheilsabfertigung und 8 Abschriften 11M. 
30 Pf., Zustellung des Urtheils 6 M. 86 Pf., Antrag auf Er— 
heilung der Vollstreckungsklausel und Ertheilung derselben 3 M. 
10 Pf., Inscription 5 M. 15 Pf., Porto 52 Pf., Gesuch um 
Zostenfestsetzung 1 M. 30 Pf., Staatsgebühr 1M. 40 Pf., Kosten⸗ 
erzeichnisse und Abschriften des Beschlusses 3 M. 80 Pf. Her⸗ 
tellung derselben 7 M. 60 Pf., in Summa 88 M. 67 Pf. Die 
ntstandenen Kosten betragen somit etwas weniger als ein Viertel 
der eingeklagten Forderung, welch' letztere nunmehr 448 M. 45 
Pf. beträgt. Will nun der Glaäubiger die Zwangsvollstreckung be⸗ 
rreiben, so entstehen noch weitere, nicht unbedeutende Kosten. 
FIn Saargemünd waren am 25. August zu Ehren 
des Geburtstages des Königs von Bayern die öffentlichen und 
iele Privatgebäude beflaggt. Durch die Abwesenheit des Regi— 
nents waren die Feierlichkteiten diesmal geräuschloser. In den