Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberker Anzeiger. 
Der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wöchentlich;/ mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
age) erscheint wöchentlich viermal? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis betragt vierieljahrlich 
A 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 60 —, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Auzeigen werden mit 10 J, von Auswarts 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blatischriit oder deren Naum, Reclamen mit 30 — pro Zeile berechnet. 
M 16. I Dienstag den 27. Januar 
1880. 
—— —— 
—⏑⏑ 
Deutsches Reich. 
München, 25. Jan. Die mit 81. d. M. zu Ende ge⸗ 
sende Dauer des Landtages wird dem Vernehmen nach bis Mitie 
Februar verlängert werden. Ob bis dahin das Budget von beiden 
ammern erledigt wird, ist freilich noch zweifelhaft. 
München. Die Staatsregierung läßt einen Gesetzentwurf 
misarbeiten, der die Einrichtung einer Hagelversicherung unter staat⸗ 
icher Leitung bezweckt. 
Durch ein Erkenntniß des kgl. Oberlandesgerichts München 
wird ausgesprochen: Die von Jemand in einem Wirthshause einer 
Mehrzahl von Personen gegen einen gewissen Geldeinsatz dargebotene 
Möglichkeit, je nach Ziehung einer geraden oder ungeraden Nummer 
ine vorher bestimmte Waare beanspruchen zu dürfen oder den Ein— 
atz zu verlieren, stellt sich als eine öffentlich veranstaltete Aus— 
spielung, nicht als Wette dar, und es ist eine solche Ausspielung 
deim Mangel obrigkeitlicher Erlaubniß als Vergehen des strafbaren 
Figennutzes von der landgerichtlichen Strafkammer zu verfolgen. 
z 286 des R.⸗Str.G.⸗-B., 8 2 der Verordnung vom 10. Juli 
867, die Bewilligung zur Veranstaltung öffentlicher Lotterieen betr.) 
München. Wie in militärischen Kreisen verlautet, werden 
m Laufe dieses Jahres wieder umfafsende Landwehr⸗Uebungen im 
janzen deutschen Heere stattfinden, namentlich wird die Einziehung 
olcher Landwehr-Offiziere beabsichtigt, welche in den letzten Jahren 
ius der Reserve in die Landwehr üͤbergetreten sind, um denselben 
u einer weiteren Ausbildung besonders in Bezug auf selbständige 
ommandos (als Landwehr⸗Kompagnie-Führer) Gelegenheit zu geben. 
Die bayerischen Staatsbahnen haben i. J. 1879 ein klein 
venig mehr eingetragen als i. J. 1878; das Mehr beträgt 
39.860 M. Im Ganzen war ihr Ertrag im abaelaufenen Jahr 
13,709,862 M. (Brutto.) 
Bei der Reichstagswahl im Wahlkreis As chaffenburg wurde, 
vie zu erwarten war, der Candidat des Klerikalen gewähü. 
Der Bundesrath hat in seiner Sitzung vom 23. De— 
ember 1879 beschlossen, daß in Zukunft in sämmtichen statistischen 
lebersichten Zeniner und Pfund durch das Kilogramm zu ersetzen 
eien, wobei auch statt des einfachen Kilogramm die Zugrunde⸗ 
egung von hundert Kilogramm und der Tonne (tausend Klogramm) 
ils Gewichtseinheiten für zulässig zu erachten. 
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines für das ganze Deutsche 
Reich geltenden Gesetzes über die Abwehr und Unterdrückung von 
Ziehse uchen zugegangen: derselbe soll am 1. April 1881 Giltiq⸗ 
eit erlangen. 
Verm ischtes. 
FSt. Ingbert. Hier ist der gewiß seltene Fall vor⸗ 
gjekommen, daß eine Ziege 5 Junge zur Welt gebracht hat. 
FWie sehr durch ein allseitiges Bepflanzen der Straßen 
ind Wege mit Obstbäumen das materielle Wohl unserer Pfalz 
jefördert würde, lehrt uns ein Blick auf die Obsterträgnisse in 
Württemberg im Jahre 1878. Nach den Zusammen⸗ 
tellungen der dortigen k. Oberämter wurden in diesem Jahre ge⸗ 
erntet: 1,776,255 Zentner Kernobst und 271,770 Zeniner Stein⸗ 
»bst oder in Summa 2,048,025 Ztr. Rechnet man nun den 
Zentner im Durchschnitt zu 4 Mk., so ergibt dies einen Obstertrag 
bon 8,192,100 Mark.ʒ 
F Der im Jahr 1876 in Zweibrücken verlebten Rentnerin 
Fräul. Katharina Schneider, welche ihr ganzes Vermögen (176,000 
M.) den Armen hiesiger Stadt vermacht hatte, wurde unlängst, 
durch die Stadt, auf ihrem Grabe ein Denkmal aus Troppstein 
und schwarzem Marmor errichtet, dessen Kosten sich auf 2000 M. 
belaufen sollen. (Pf. 3.) 
Am Freitag Abend gegen 9 Uhr ging der Gendarm Becker 
n Zweibrücken durch die Kuͤchenallee und hörte plötzlich Hilferufe. 
Er folgte eilig dem Schall und kam zur rechten Zeit, um zwei 
Menschen aus einer gefährlichen Lage zu retten. Ein in genannter 
Straße wohnender Photographengehufe war bei der hölzernen Brücke 
in der Dümmler'schen Gerberei in den Bach gestuͤrzi und wurde 
»on dem Einjährig-Freiwilligen H. bemerkt, der, an der Brücke 
zinunterkletternd und bis an die Brust im Wasser stehend, den 
Unglücklichen zu retten versuchte. Es war Beiden gelungen, sich 
in einen Balken anzuklammern; aber die Kräfte des Retters drohten 
nereits zu erlahmen, als obgenannter Gendarm, sich über das 
hveländer schwingend und sich an einem Pfoften festhaltend, mit 
raftiger Hand Beide aus ihrer bedenklichen Lage befreite und in's 
trockene schaffte. (Zw. 3.) 
In Otterberg wurde am Freitag der Wagner Heinrich 
Ipp mit 44 gegen 4 Stimmen zum Buͤrgermeister gewählt; 
der Rentner Ph. Baumann wurde als Adjunkt wiedergewählt. 
*In Dürkheim wurde am Samstag zwischen 724 und 784 
Uhr Abends ein Erdstoß verspürt, der etwa 2 Sekunden andauerte, 
Thüren und Pfosten krachen und Glaswaaren klirren machte. Auch 
in anderen Orten der Vorderpfalz, in Landau, Speier, Wörth, 
standel, Maxau, wurden leichte Erderschütterungen beobachtet. 
F In Dürkh eim hat sich am 28. ds. eine 46 Jahre alte 
Frau in einem Anfalle von Geistesstörung in den im dortigen Kur⸗ 
Jarten befindlichen Weiher gestürzt und ertrank. Sie himerläßt 
ß meistens unerzogene Kinder. 
FDem „Pf. Kurier“ geht die Berichtigung zu, daß sich um 
die erledigte Pfarrei Cisenberg nicht 65 Pfarrer, wie der „Evang. 
dirchenbote“ gemeldet hatte, sondern blos 18 beworben haben. 
F Auf der Post zu Haßloch wurden am letzten Freitag 
Nacht mittelst Einbruchs 2200 Mi. entwendet. 
f In Heuchelheim bei Frankenthal grassirt die Halsbräune 
inter den Kindern. 
Vom I1. Februar d. J. ab tritt im Land⸗ und Canalabsatz 
ʒer fiskalischen Steinkohlengruben des preußischen Saargebietes 
ine Erhöhung der Kohlenpreise um 2—58 Pfg. pro Centner ein 
. Aus München wird gemeldet, daß in den fürstlich Schwar⸗ 
jenbergischen Revieren Frauenburg und Wittingau im Dezember 
o. Is. nicht weniger als 150 Rehe erfroren seien. — In der 
Pähe von Köln wurden in Folge der starken Källe. der vorigen 
Woche viele Vogel, besonders Rebhühner, todt auf dem Schnee 
zgefunden. 
Herzog Max hat aus Anlaß seines 50jährigen Jubildums 
ils Oberstinhaber des dritten Chevauleger⸗Regiments für dasselbe 
zju Unterstützungszwecken eine Stiftung von 10,000 M. errichtet. 
Koln. Fur den Rosenmoniag ist der Carnevalszug ge⸗ 
ichert, die große Gesellschaft läßt 12 Wagen bauen und die klei. 
zeren Vereine 4. Darunter befindet sich ein als „gestiefelter Ka— 
er“ bezeichnetet Wagen, der von Katen gezogen, iuischirt und be 
vohnt wird. Ein Kater⸗Musikcorps deransiahet Kahenmusite hin. 
Ausland. 
Pest. Die Demonstrationen gegen das adelige Casino haben 
ie Gemüther der ungarischen Aristokralie sehr beunruhigt, ein großer 
kheil derselben hat der Hauptstadt Ungarns bereits den Rücken gekehrt. 
Die französische Regierung wird von der Pforte Genug⸗ 
huung verlangen, weil in Alexandrette türkische Soldaten auf 
ranzosische Matrosen geschossen und einige derlelben geködlet um 
erwundet haben. 
In England sind im verflossenen Jahrzehnt, 1870 bis 
879, nicht weniger als 2352 Arbeiterstriles vorgekommen. In 
e neun Fällen von zehn war der Strike die Folge eine Anspruches 
er Arbeiter auf Lohnerhöhung. In vielen Fällen haben die Ar⸗ 
ꝛeitseinstellungen ziemlich ein Jahr gedauert, in gar vielen aber 
aben sich die Leute nach Schluß des Kampfes mit einem geringeren 
ohnsatze begnügen müssen, als derjenige war, welcher ihnen zuerst 
iicht anstand. Die Ueberweisung der Streitfragen an Schiedsrichter 
at sich nicht bewährt, und es läßt sich kaum annehmen'. vaß' sie 
ich in der Folge besser bewähren sollte. 
Nachrichten aus REima vom 14. ds. melden, daß die peruanische 
stegierung den Antragen des deutschen Ministerpräsidenten entsprochen 
ind den Dampfer „Luxor“ (der don den peruanischen Gerichten 
ils Prise erkllari worden war, weil er früher, namlich vor seiner 
deschlagnahme, Kriegscontrebande geführt hatte) wieder herausge⸗ 
seben und zur Verfügung der Kosmos“ Gejellschaft, der er ge⸗ 
vört, gestellt habe.