Sf. Ingberler Auzeiger.
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei—
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M 152. Donnerstag, den 23. September 1880.
Deutsches Reich.
Berlin, 21. Sept, Der Kaiser besuchte gestern Abend das
Schauspielhaus und nahm heute Vormittag die regelmäßigen Vor—
räge entgegen. Se. Majestät reist voraussichtlich am 27. Sept.
nach Baden-Baden ab.
Berlin, 22. Sept. Der „Nordd. Allg. Zeitung“ zufolge
ist die preuß. Regierung entschlossen, den mehrfachen Anregungen
»er Rhein⸗Nahebahn-Gesellschaft wegen Ankaufs der Bahn
iunmehr auf der Grundlage Folge zu geben, daß den Aktionären
eine baare Abfindung von rund 24 pCi. ihres Aktienkapitals an—
geboten werden soll. Es dürfte die Einberufung einer außerordent⸗
ichen Generalversammlung zum Zweck der Beschlußfassung über
diesen Vorschlag binnen kürzem zu erwarten sein.
Ein Telegramm der „Agence Havas“ aus Stutigart sagt,
Frhr. v. Varnbüler habe formeh erklärt, daß er memals ir⸗
jendwelche Mittheilungen bezüglich der behaupteten Unterhandlungen
wischen Frankreich und Rußland von denen er in der improvisierten
Rede in Ludwigsburg gesprochen, erhalten habe und daß er sich
einfach zum Echo der Gerüchte in den Journalen gemacht habe,
velche mit dem vorigen Jahre über jene Angelegenheit wiedecholi
aufgetaucht seien.
Elberfeld, 21. Sept. Die „Elberfelder Zeitung“ meldet
aus Düsseldorf: Bei dem gestrigen Festmahle des Zentralver—
bandes deutscher Industrieller iheilte der Präasident
haßler einen Brief des Kommerzienraths Baare aus Bochum mit,
wonach Letzterer auf Einladung des Reichskanzlers soeben zwei
Tage in Friedrichsruh mit dem Fürsten über die Frage der Ar—
beiter-Versicherung konferirte. Der Schreiber des Briefes
rklärt sich ausdrücklich ermächtigt, öffentlich zu erklären, daß der
Reichslanzler diese Angelegenheit energisch zum Abschluß zu bringen
zedenke, unter dem Beirath von Sachverständigen. Haßler brachte
ein begeistertes Hoch auf den Kaiser aus und die Versammlung
andte sofort ein Danktelegramm an den Reichskanzler, den ener
zischen, nimmer müden Foͤrderer nationaler Wohlfahrt.
Ausland.
Wien, 21. Sept. Nach hier vorliegenden beglaubigten
Nachrichten bestätigt sich, daß Riza Pascha die Besetzung Dul⸗
rignos durch mehrere Tausend Albauesen gestaitete und selbst
mit den regulären Truppen abzog. — Der englische Botschafter
Goschen theilte heute in Stambul mit, daß die Flottenkund—
zebung begonnen habe; eine ähnliche Erklärung überbrachte
Dberst Karr nach Skuiari und ein anderer Offizier nach Dulcigno.
die Lage wird hier als nicht unbedenklich aufgefaßt; die Stim—
nung gegen die Pforte ist ungünstig.
Paris, 20. Sept. Das „Journ. offiziel“ veröffentlicht fol—
gendes Schreiben des Präsidenten der Republik an den Minister—
räsidenten Freycinet: „Herr Präsident! Ich bedauere, daß Sie auf
)»em Entschluß, zu demissioniren,, beharren. Ich werde der Dienste
nicht vergessen, welche Sie der Regierung leisteten, und bewahre
Ihnen meine Zuneiguͤng und Sympathie.“
Paris, 21. Sept. Alle Morgenblätter sprechen sich für die
Aufrechterhaltung der bisherigen friedlichen Politik aus. Unmittel-
»ar nachdem das neue Kabinet gebildet ist, soll, wie in gut unter—
ichteten Kreisen verlautet, ein —
m die Vertreter Frankreichs im Auslande gerichtet werden.
Die „Republique francaise“ erklärt die Angabe des „National“,
aß Herr Gambetta durch einen Botschaftssekretär Unterhandlungen
nit der päpstlichen Diplomatie angeknüpft hätte, „von einem Ende
‚um anderen für falsch“ und bemuͤht sich aufs Neue, zu beweisen,
»aß, wer immer Herrn von Freycinet in der Leitung der auswär⸗
igen Geschafte ersetzen möge, an der „mit Würde, aber Entschie⸗
»enheit friedlichen·“ Politik der franzsösischen Regierung
aichts geändert werden wird. Dasselbe betheuert übrigens
cuch die dem Elysee nahe stehende „Paix“ und Herr Ranc im
Voltaire“. Durch den Letzteren beschuldigen die Herren Constans
ind Genofsen Herrn von Freycinet, daßer nicht blos in Mon⸗
ruban auf eigene Faust gesprochen, sondern auch als Minister
es Aeußeren die wichtigsten Schritte gethan, also z. B. die Flotte
nach Ragusa geschickt hätte, ohne sie zu Rathe zu ziehen, in der
unesischen Angelegenheit zumal alle Beschlüsse allein gefaßt und
»em Ministerrath nur immer die vollendete Thatsache angezeigt hätte.
Aus London meldet man der „N. fr. Pr⸗n. Die Situ⸗
ation ist sehr ernst, der politische Horizont umwölkt.
Aus gewissen Anzeichen muß man schließen, daß zwischen England
und Frankreich wirklich ein Einvernehmen getroffen wurde, welches
— von Rußland vollständig unterstützt — Deutschlands und Oester⸗
reichs Politik durchkreuzen soll.
An Handelshäuser in Paris und Petersburg eingetroffene
Briefe sollen übereinstimmend des Gerüchtes erwähnen, daß für
eine eventuelle Uebersiedelung des Sultans und der Re—
gierungsspitzen nach Brussa Anstallen getroffen werden.
e ee 21. Sept. Es heißt, der englische
Botschafter habe den Vertretern der anderen Mächte in Folge er⸗
jaltener Instruktion den Vorschlag gemacht, dem Wunsche der
Pforte zuzustimmen, und, wenn Dulcigno nach dem österreichischen
Borschlage (ohne Dinosch und Gruda) ungesäumt übergeben werde,
von jeder weiteren Flottendemonstration abzusehen, die Rechte der
xinwohner Dulcignos zu schützen und weilere Ansprüche für Mon⸗
enegro seitens der Mächte nicht zu erheben.
Vermischtes
* Unter 17 Lateinschulen in der Pfalz, die nicht mit Gym⸗
aasien verbunden sind, nimmt St. Ingbert den 4. Rang mit
116 Schüler ein. Den 1. Rang nimm Grünfstadit mil' 160
und den 17. Homburg mit 39 Schüler ein.
*—. Ueber die in voriger Nummer kurz gemeldete Tödtung
gelegentlich des Sulzbacher Kirchweihfestes wird der Saarbr. Ztg.
interm 21. dss. aus Sulzbach berichtet: Der 21jährige Berg⸗
mann Peter Schira aus Eppelborn wurde gestern Morgen
um S5 Uhr in dem berüchtigten Dorftheile „Liebergallshaus“ in ohn⸗
nächtigem Zustande von seinem Kameraden aufgefunden. Der
Berletzte blutete aus mehreren Wunden am Kopfe. Mit großer Mühe
vurde er von seinem Kameraden in sein Kosthaus gebracht. — Der schnell
jerbeigerufene Arzt konnte dem Unglücklichen jedoch keine Hülfe mehr
hringen, da das Gehirn durch mehrere Messerstiche verletzt worden
var, infolge dessen der Tod nach wenigen Stunden eintrat. —
Der Thäter konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Man er—⸗
ählt sich, daß der Veruͤnglückte in der Nacht ein Mädchen nach
Dudweiler begleitet habe und auf dem Rückwege wahrscheinlich von
einem Rivalen überfallen und auf oben bezeichnete Art verletzt
vorden wäre. — Der Verunglückte war ein braver Mensch und
der Sohn achtbarer Eltern.
Aus der Pfalz. Die rechnerischen Nachweisungen des
»ayer. Landeshilfsvereins als Organ „der Kaiser Wilhelms⸗-Stift⸗
ing für deutsche Invaliden“ der Pfalz, als Zweigverein pr. 1877,
1878 und 1879, führen eine Einnahme von 26,035 M. 24 Pf.
ind eine Ausgabe von 8721 M. 62 Pf. bei 161 Imaliden und
15 Hinterbliebenen auf. Es verbleibt demnach ein Vermögensstand
vx. ultimo Dezember 1879, von 17,313 M. 62 Pf. Als Kreis⸗
zuschuß dieser Abtheilung hat die Pfalz in den Jahren 1877, 1878
ind 1879 an Einnahmen 129,675 M. 1Pf. und Ausgaben
2,378 M. 55 Pf. bei 132 Invaliden, 35 Hinterbliebenen und
Offizier zu verzeichnen, dem entsprechend also ein Vermögens⸗
tand pr. Ende 1879 von 117,801 M. 46 Pf. vorzutragen war.
Am Montag 27. Sept. wird dem Buchhändler und frühern
Redakteur Herrn Karl Kl ein in Zweibrüden der sämmtliche
Waaren⸗ und Büchervorrath zwangsmäßig versteigert.
F In Kaiserslautern starb am Sonntag Morgen
Staatsanwalt Eckhard nach langem, schwerem Leiden im Alter
von 44 Jahren.
F Neustadt. K. F. Müller dahier hat ein Patent auf
ꝛine Getreidereinigungsmaschine erhalten. J
.Dürkheim, 20 Sept. Von einigen hiesigen Wirthen
wurde Weißes geherbstet und beträgt das Mostgewicht 92 Grad
nach Oechsle; Ungsteiner Gewächs 93 Grad; in Ungstein wurde
ür Portugiejwr M. 21-27, in Ellerstadt M. 20 -23, per Logel
40 Liter, bezahlt. (D. A.)