Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberker AAnzeiger. 
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M IGIT. Dienstag, den 19. Oktober 
1880. 
Deutsches Reich. 
Dem „Pf. K.“ wird aus München berichtet: Am 27. ds. Mt. 
wird beim Verwaltungsgerichtshof zum ersten Mal seit dem In— 
krafttreten des Gesetzes vom 18. August 1879, die Entscheidung 
der Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungs— 
behörden oder dem Verwaltungsgerichtshof betreffend, auf Grund 
des Art. 29 dieses Gesetzes ein Kompetenzkonfliktssenat zusammen— 
hreten. Es liegt diesem, aus dem Präsidenten und drei Räthen 
des Verwaltungsgerichtshofes, dann aus drei höheren Verwaltungs 
beamten (Ministerialrath v. Aichberger, Ministerialrath Zeitlmann 
und Oberregierungsrath Kald) bestehenden Senat die Frage zur 
Entscheidung vor, ob der Verwaltungsgerichtshof oder die Kreis— 
regierungen, Kammern des Innern, zuständig find, in letzter In⸗ 
stanz darüber zu entscheiden, ob gegen den um die Erlaubniß zum 
Betrieb einer Gastwirthschaft, Schenkwirthschaft oder des Klein⸗ 
handels mit Branntwein und Spiritus Nachsuchenden „Thatsachen 
bdorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß er das Gewerbe 
zur Förderung der Völlerei, des verbotenen Spiels, der Hehlerei 
oder der Unsittlichkeit mißbrauchen werde“ (Art. 33, Abs. 2, Ziff. J 
der Reichsgewerbeordnung.) Der Verwaltungsgerichtshof hatte näm⸗ 
lich, entgegen dem Autrag des Oberstaatsanwalts, in einer solchen 
an ihn gelangten, gegen eine Entschließung der Regierung von 
Oberbayern gerichteten Beschwerde ausgesprochen, daß die Frage, 
ob Thatsachen vorliegen ꝛc., eine Rechtsfrage und nicht eine den 
Verwaltungsbehörden zu selbstständiger Entschließung anheimgegebene 
Ermessungsfrage sei — was das Ministerium des Innern auf 
Antrag des Oberstaatsanwaltes zur Anregung des Kompetenzkon⸗ 
fliktes veranlaßte. 
Wie von verschiedenen Seiten übereinstimmend gemeldet wird, 
sollen sich die süddeutschen Regierungen, besonders die bayerische, 
entschieden gegen die Einführung des volkswirthschaftlichen 
Zenates, wie solcher in Preußen errichtet werden soll, im ganzen 
Reiche ausgesprochen haben. Ueberraschend wäre dies nun wohl 
gerade nicht, wenn die Art der Zusammensetzung, wie solche bereits 
in verschiedenen Blättern gemeldet wird, sich bestätigen sollte 
Bayern beispielsweise hat schon längst eine derartige Institution, 
welche unsere Regierung zur Abgabe von diesbezüglichen Gutachten 
und Vorschlägen in Sachen des Handels, der Gewerbe und der 
Landwirthschaft mit bestem Erfolge benützt. Wir meinen die Han⸗ 
dels- und Gewerbekammern, sowie den landwirthschaftlichen Verein. 
Der volkswirthschaftliche Senat hätte natürlich nur dann einen 
besseren umfassenderen Zweck, wenn seine Thätigkeit eine wesentlich 
erweiterte werden würde und die Reichsregierung diesen Senat mit 
größerer Machtvollkommenheit als ähnliche vorhandene Körperschaften 
ausstatten würde. 
Die Regierungen von Bayern, Preußen, Sachsen, Württem— 
berg, Baden. Braunschweig und Schwarzburg-Rudolstadt sind für 
allgemeine Reviston des Strafgesetzbuches. Bereits hat 
Bayern, gelegentlich der Berathung der Strafgesetznovelle, im Bun⸗ 
desrathe erklärt, daß eine allgemeine Revision des Strafgesetzbuches 
unvermeidlich sei und daß vielleicht noch vor der Antragstellung beim 
Bundesrath das Gutachten einer besonderen von Fachleuten zu 
bildenden Kommission einzuholen sein würde. 
Die Kolner Dombaufeier ist am 15. ds., vom besten 
Wetter begünstigt, in überaus feierlicher und großartiger Weise vor 
sich gegangen. Vor Kaiser und Reich, in ˖Gegenwart der deutschen 
Fürsten oder deren persönlichen Abgesandten und den Vertretern 
des deutschen Volles ist der Schlußstein dem Riesenbau eingefügt, 
dessen Vosllendung nahezu mit dem Wiederaufbau eines neuen 
Deutschen Reiches in der Gedankenwelt der Nation zusammenge ⸗ 
wachsen war. Beide Träume find nun erfüllt, und der erste Kaifer 
des neuen Reiches hat die Weihe des aus alter Zeit überkommenen 
ehrwürdigen Nationalmonumentes vornehmen koͤnnen. Die Worte 
aber, welche jener nationalgesinnte preußische König dor achtund⸗ 
dreißig Jahren bei der Grundsteinlegung zur Vollendung des Baues 
sprach, werden heute gewiß im Herzen der Nation einen lauten 
Widerhall finden, die Worte: „Der Dom von Köln, das bitte ich 
don Gott, rage über diese Stadt,“ rage über Deutschland in Zeiten 
Jreich an Menschenfrieden wie an Gottesfrieden bis an das Ende 
der Tage.“ 
Nach Wiener Meldungen, welche von Brünn eingegangen sind, 
erwartet man in Troppau das Eintreffen des deutschen Kron⸗ 
prinzen mit großer Suite, um den Kaiser von Oesterreich bei 
Gelegenheit der Reise desselben nach Oesterreichisch-Schlesien zu be⸗ 
grüßen. 
Ausland. 
Die Wiener „Montagsrevue“ erklärt, daß trotz des von der 
Pforte kundgegebenen ernsten Willens, Dulcigno zu uͤbergeben, die 
dereinigte Flotte angewiesen sei, bis zur gänzlichen Erledigung der 
Dulcigno⸗Frage bei Cattaro zu bleiben; die naͤchste Entwickelung 
weise übrigens nur beruhigende Momenie auf. 
Das Wiener „Tagblatt“ meldet: Der Admiral Seymour 
erhielt vom Fürsten von Montenegro die Mittheilung, er 
würde nicht eher von Dulcigno Besitz ergreifen, bevot nicht die 
Mächte eine Garantie geben, daß sie fuͤr Montenegro eintreten 
würden, falls die Albanesen ihm feindlich gegenüber treten. Sey⸗ 
mour sei mit dem Gang der Ereignisse unzufrieden und glaube 
nicht an eine friedliche Austragung. 
Auf dem zur Zeit in Paris tagenden Postkongreß hat 
sich der französische Minister für Postwesen und Telegraphie Cochery 
für die vom deutschen Generaipostmeister Dr. Stephan vorgeschlagene 
internationale Regelung der Packetbeförderung sehr ieb⸗ 
haft ausgesprochen, auch die Vertreter der übrigen Staaten sind im 
Prinzib mit der angestrebten Reform einverstanden. Der Kongreß 
hat eine Kommission niedergesetzt, und diese hat als Kolli⸗Einheu 
5 Kilogramm angenommen. Die Form der Padete wird durch 
ein späteres Reglement bestimmt werden. Wahrscheinlich werden 
25 Centimeter für die Breite und 50 Centimeier für die Länge 
als Maximum angenommen. Es wird nur ein Tarifsatz, aber 
höher als 50 Centimes, festgesetzt werden. Ausgenommen sind 
Länder von ungewöhnlicher Ausdehnung, wie Rußland. 
Der französische Minister Barthelemy empfing die Mit⸗ 
zlieder des Postkongresses, beglückwünschte dieselben, daß es 
hnen vergönnt sei, an dem Werke der Eintracht und des Friedens 
mitzuarbeiten, und bemerkte noch weiler: Wenn Sie in Ihre Hei⸗ 
math zurückkehren, werden Sie die aufrichtige Liebe Frankreichs für 
den Frieden bekunden können, den es aufrechterhalten hat und mit 
unerschütterlicher Beharrlichkeit aufrechterhalten wird. 
Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Cettinje unterm 
17. Olt: Der von der Pforte zur Besprechung der Modalitäten 
von Dulcigno's Uebergabe entsendete Oberst Bedri Bey traf in 
Rijcka ein, von wo er ein Schreiben an die montenegrinische Re— 
gierung richtete, um diese zur Entsendung eines Delegirien nach 
Rijcka einzuladen. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 19. Okll. Am verflossenen Sonntag 
beging der Gewerbe⸗-Verein (früher Arbeiterbildungs -Verein) 
sein Stiftungsfest. Das bei dieser Gelegenheit von demselben am 
Nachmittag im Lokale von Wirth Schweitzer arrangirte Konzert, 
wie auch der Abends im Hotel Lehnert stattgefundene Ball ver⸗ 
lief in der schönsten Weise. 
*St. Ingbexrt. Laut Bekanntmachung des kgl. Land⸗ 
wehrbezirlskommandos Zweibrücken findet die Herbstkontrolversammlung 
pro 1880 für den Kompagniebezirk Blieskastel (2. Komp. 
Bez.) an den nachbezeichneten Orten und Tagen Statt: 
Zu Blieskastel auf dem Marktplatze Samstag, den 
80. Oktober, Vormittags 9 Uhr für sämmtliche Kontrolpflichtige 
—V 
Walsheim. 
An deniselben Tage Nachmittags 2 Uhr für die Kontrolpflich⸗ 
tigen des Bürgermeisteramtes Blieskastel. 
Zu St. Ingbert im Oberhauser'schen Saale Dienstag, 
den 2. November Vormittags 9 Uhr fuͤr die Kontrolpflichtigen 
des Bürgermeisteramtes St. Ingbert. 
Zu Ensheim im Fries schen Saale Mittwoch, den 8. 
November, Vormittags 10 UÜhr für die Kontrolpflichtigen der Bür⸗