Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Slt. Ingberlker Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich?“ mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementsvpreis betragt vierteljährlich 
A 40 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1I A 60 H, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 —, von Auswäris 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattichrist oder deren Raum. NReclamen mit 30 A pro Zeile berechnet. 
M IGSs. Dounerstag, den 21. Ottober 1880. 
Deutsches Reich. 
Ueber die Veranstaltung einer internationalen Weltausstellung 
in Berlin sind beim ständigen Ausschuß des deutschen Handels— 
ages von 30 Handelskammern Gutachten eingelaufen. Hiervon 
prechen sich elf gegen Weltausstellungen überhaupt aus: im Ganzen 
tehe der praktische Nutzen in keinem Verhältniß zu den Kosten, 
welche eine Weltausstellung dem Land und insbesondere den ein— 
elnen Ausstellern auferlege. Von den übrigen Gutachten wollen 
einzelne theils den Provinzial-, theils den Fachausstellungen den 
Vorzug geben. Andere Gutachten glauben, daß in Folge der gar 
u raschen Wiederholung der Weltausstellungen die früher allgemein 
vahrnehmbare Begeisterung für dieselben abgenommen habe und 
eine gewisse Ermüdung und Uebersättigung eingetreten sei, und 
vümnschen deßhalb ein möglichst weites Hinausschieben des Termins 
ür eine neue Ausstellung. Andere aber erklären ihre rückhaltlose 
Zustimmung zu dem Plan oder sprechen sich mit größerer oder ge— 
ringerer Wärme für denselben aus. Alle aber sind einig in der 
Ansicht, daß, falls in nächster Zeit eine Weltausstellung in Europa 
zeranstaltet werden sollte, unter allen Umständen Berlin der Ort 
ein müßte, wo sie Statt zu finden habe. 
Die beiden Häuser des preußischen Landtages sind zum 
28. d. M. einberufen. 
Die Konferenz von Delegirten der deutschen Handels- und 
Bewerbekammern wird auf Anregung der hansestädtischen Gewerbe— 
lammern in diesem Jahr doch noch abgehalten werden und zwar 
zu Eisenach vom 7. bis 9. künftigen Monats. Die oberbayheri— 
sche Handels- und Gewerbekammer hat sich wiederholt für Noth— 
vendigkeit einer Konferenz ausgesprochen, um so mehr als ja in⸗ 
wischen die Uebernahme des preuß. Handelsministeriums durch den 
Fürsten Bismarck erfolgt ist und Versuche zu durchgreifenden wirth⸗ 
chaftlichen Aenderungen in sicherer Aussicht stehen. Die Konferenz 
vird sich mit den brennendsten Fragen der Gegenwart beschäftigen, 
als da sind: die Innungsfrage, der Volkswirthschaftsrath, die Ar—⸗ 
jeiter⸗ Versicherung, Wechselfähigkeit u. A. und sich hierüber noch 
dor dem Zusammentritt des Reichstags schlüssig machen. 
Demnächst werden die Sitzungen des Bundesraths ihren 
Anfang nehmen, doch sollen vorläufig angeblich nur Verwaltungs- 
jegenstände und Angelegenheiten von untergeordneter Wichtigkeit zur 
Verhandlung kommen. Diese Angabe ist jedoch nicht ganz wörtlich 
u nehmen, da eine der ersten Angelegenheiten sich auf die Frage 
zu beziehen haben wird, ob außer der Reichshauptstadt auch noch 
indere deutsche Städte und ihr Gebiet des sogen. kleinen Belage— 
ungszustandes theilhaftig zu machen seien. 
Nach der „Kreuzztg.“ weist die preußzische Eisenbahn⸗ 
Verwaltung so bedeutende Ueberschüsse auf, daß das Gleichge— 
vicht zwischen Einnahmen und Ausgaben im Etat im Gegensatz 
jum vorigen Jahr wieder hergestellt worden ist. 
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat die Seemächte 
ür den 1. September 1881 zu einer internationalen Konferenz 
eingeladen, zu dem Zwecke, einen Vorschlag zu diskutiren und an— 
unehmen, dahin gehend, daß regelmäßig gegenseitig Bericht er— 
tattet werde über den Gesundheitszustand der Häfen und den aus 
ihnen absegelnden Schiffen. 
Die Hochzeit des Prinzen Wilhelm von Preußen 
soll, wie verlautet, im März gefeiert werden, wahrscheinlich auf 
den Geburtstag des Kaisers. — Wie den Berliner Innungsvor⸗ 
ständen auf Ersuchen eröffnet worden, sind demnächst authenutische 
FEröffnungen über die Gewerbegesetzentwürfe des Fürsten Bismarck 
zu ermarfen 
Ausland. 
Am 16. Okt. begann in ganz Frankreich die Ausführung 
der Dekrete vom 29. März gegen die nicht erlaubte Ordensgesell- 
schaft der Karmeliter. Die Karmeliter erhoben Protest und er⸗ 
laärten, daß sie nur der Gewalt wichen. 
Gegenüber der Angabe, die Großmächte außer England, seien 
einem weiteren Zwang zum Zwede 'der Durchführung der Berliner 
Verträge abgeneigt, bemerken die „Times“; Daß der Vertrag so⸗ 
weit durchgeführt worden, sei hauptsächlich der Beharrlichkeit und 
Entschlossenheit Englands zu verdanken. Das Prinzip der bri⸗ 
ischen Politik sei gewesen, im Einvernehmen mit Europa zu han⸗ 
deln. Ohne dieses Einvernehmen werde England nicht weiter 
gehen, als es jetzt gegangen sei. 
Schon am 17. Okt. wurde in Rijcka zwischen Bedri Bey 
uind dem montenegrinischen Kommissär über den von ersterem vor— 
zelegten Entwurf einer Konvention bezüglich der Uebergabe von 
Dulcigno verhandelt. Nachdem der Montenegriner zwei Punkte des 
ürkischen Entwurfes abgelehnt hatte, erklärte Bedri Bey, die Ver⸗ 
sandlungen aussetzen zu müssen, um neue Instruktionen einzuholen. 
Fangen die Winkelzüge schon wieder an?) 
Montenegro verlangie, die Großmächte sollten jede einen 
Iffizier entsenden, um an den Verhandlungen zum Abschluß der 
donvention mit Riza Pascha bezüglich Duleignos theilzunehmen. 
stußland hat dem Verlangen zugestimmt, die übrigen Mächte haben 
roch nicht geantwortet. 
Aus Athen, 17. Okt. geht dem Londoner „Standard“ die 
Nachricht zu, die griechische Regierung wolle an die Großmächte eine 
stote richten, worin sie erkläre, sie werde, falls die Frage der 
friechisch· türkischen Grenzberechtigung nicht binnen einer bestimmten 
zrist endgiltig gelöst werde, die ihr durch die Berliner Konferenz 
»on 1880 zugesprochenen Bezirke besetzen. Die Hellenen werden 
ich's aber doch noch einmal überlegen, denn diese Bezirke sind zur Zeit 
yon einer sehr starken türkischen Streitmacht besetzt. Weiter wird 
zus Athen gemeldet, die griechische Regierung werde 19/0 Millionen 
yranks anweisen, um die von den Erben des Königs Ludwig J. 
»on Bayern erhobenen Ansprüche zu befriedigen. (Wir wollen 
ehen, wann die Worte sich in Baargeld verwandeln.) 
Je näher der Termin der großen Präsidentenwahl in 
Nordamerika heranrüdt, um so ärger werden die Ausschreitungen 
n dem Wahlfeldzuge. Ein Telegramm aus New⸗PYork bringt z. B. 
olgenden Bericht: Während eines am Sonnabend Abend von den 
Demokraten in Willmington am Delaware abgehalten Umzuges 
vurden von dem Dache eines Hauses Schüsse auf den Zug abge—⸗ 
geben, durch welche sechs Personen, darunter zwei anscheinend tödt⸗ 
ich, verwundet wurden. Die Demokraten erwiederten das Feuer, 
jerstörten das Haus, von welchem die Schüsse gefallen waren. und 
»erwundeten mehrere der Angreifer. 
Vermischtes. 
() St. Ingbejrt, 21. Okt. Bei der am 19. d. Statt ge⸗ 
sabten Ausloosung der auf der Ausstellung in Mannheim aus⸗ 
gestellten 30,000. Pfaff-Nähmaschine wurde die Gewinn— 
Nummer 8524 gezogen. Dem Gewinner wird die Nähmaschine, 
velche höchst elegant ausgestattet, sowie mit allen Verbesserungen 
der Neuzeit versehen ist, gegen Einsendung des hetreffenden Looses 
franko zugestellt. 
Das Kreisamtsblatt der Pfal z Nr. 63 bringt im Auszug 
die hauptsächlichen Bestimmungen über die Vergebung von Preisen 
ius dem pfälzischen Dienstbotenstift, die alljährlich in der ersten 
Woche des Januar vorgenommen wird. Auf einen Aufmunterungs⸗ 
yreis haben solche Dienstboten Anspruch, welche mindestens 5 Jahre 
hei einer und derselben Herrschaft treu und eifrig gedient 
sjaben; Geldbelohnungen und bei Verheirathung Aussteuerprämien 
rönnen solche Dienstboten erhalten, welche mindestens 10 Jahre 
dienstzeit bei einer Herrschaft aufweisen; Präbenden endlich solche 
Dienstboten, welche bei langer treuer Dienstzeit nach Erfüllung der 
Voraussetzungen für zwei Aufmunterungspreise billigen Anspruch 
auf ein ruhiges, vor Mangel geschütztes Alter haben oder im Dienst 
derunglückt sind. (Nach dem gegenwärtigen Stand der Bewerbungen 
ind der verfügbaren Mittel können nur solche Gesuche um Präben⸗ 
den zur Prüfung gelangen, denen vierzigjährige Dienstzeit bei einer 
ind derselben Herrschaft zur Unterstützung dient.) 
F Im Hotel Burgard zu Landstuhl fand am Sonntag 
ine Versammlung von Brennereibesitzern der Pfalz Statt, welcher 
Ir. J. P. Wagner aus Kaiserslautern eine Petition an die Ab⸗ 
jeordnetenlammer behufs Milderung der allzu strengen Instruktionen 
es Branntweinaufschlags, sowie eine solche hetreffs Besteuerung