Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberker Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich“ mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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As 176. 
Donnerstag, den 4. November 1880. 
CCM- 
an 
Deutsches Reich. 
München. Die Landräthe aller Regierungsbezirke 
sollen auf Montag den 6. Dezember einberufen werden. 
Die offiziöse „Nordd. Allg. Ztg.“ erklärt die Meldung der 
Wiener Montagsrevue, daß der Reichskanzler seine Entlassung 
zefordert habe oder zu fordern gedenke, als jeglicher Begründung 
entbehrend. 
Es bestätigt sich vollkommen, daß die Reichsregierung damit 
umgeht, dem Bundesrath und Reichstag ein GSesetz über die 
Trunkjncht vorzulegen. Ueber Inhalt und Umfang des Ge⸗ 
jetzes kann um so weniger etwas bekannt sein, als die Arbeiten 
ich augenblicklich zumeist nur auf Erhebungen über einschlägige 
Verhältnisse in den verschiedenen Bundesstaaten beziehen, womit 
nan übrigens seit längerer Zeit nach verschiedenen Richtungen hin 
ingelegentlich beschäftigt ist. 
Aus den Zollen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern hat 
die Reichskafse in dem Halbjahr vom 1. April bis 80. Sep⸗ 
sember 1880, nach Abzug der Verwaltungskosten und Bonifika— 
fionen, eingenommen 170,209,198 M. (d. h. 2,866,231 M. 
weniger als in dem gleichen Zeitraum des Jahres 1879). Die 
Zölle allein ertrugen 76 Millionen, fast 5 Millionen weniger als 
nn dem gleichen Zeitraum des Jahres 1879; hiergegen ertrug die 
kübenzuckersteuer 3,371,629 Mark mehr, nämlich 51,868,720 M. 
Der vormalige Oberpräsident von Elsaß-Lothringen v. Möller 
Vorgänger Manteuffels in Straßburg) ist zu Kaffel an einer 
Lungenentzündung gestorben. 
Ausland. 
Von dem durch ein Wiener Blatt gemeldeten angeblichen Rück— 
tritt Gladstone's von dem Posten des euglischeu Premier-⸗Ministers 
zu Gunsten Hartington's) ist wie aus London gemeldet wird, 
daselbst durchaus nichts bekannt. Selbst gerüchtweise hat von einer 
derartigen Kabinetsänderung nichts verlautet. Die Wiener Meldung 
ist daher als gänzlich unbegründet anzusehen. 
Duleigno ist immer noch nicht in den Händen der Mon— 
enegriner. Die dortigen Aufständischen leisten den türkischen 
Truppen, welche die Besetzung des Platzes vornehmen sollen, um 
ihn alsdann an die Montenegriner auszuliefern, anscheinend ernst⸗ 
lichen Widerstand. 
Aus New-Nork eingelaufenen Nachrichten zufolge ist die 
Wahl der republikanischen Kandidaten Garfield zum Präsidenten 
und Arthur zum Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten als ent⸗ 
chieden anzusehen. 
eingehender Diskussion über den Gegenstand, bei welcher ausdrück— 
lich von jeder Bezugnahme auf die politische Richtung des Blattes 
Abstand genommen wurde, gelangte das Komite einstimmig zu der 
leberzeugung, daß genanntes Blatt mit Veröffentlichung fraglichen 
Bedichtes zweifellos in einer den Frieden und das gute Einver— 
iehmen zwischen Arbeiter und Arbeitgeber bedrohenden Weise in 
ozialdemokratische Agitationen eingetreten ist, und daß somit für 
die Arbeitgeber des Saargebiets die Nothwendigkeit entsteht, nach 
Maßgabe der in der Versammlung vom 6. Juli 1877 gefaßten 
Beschlüsse gegen das in Rede stehende Blatt die vorgefehenen Maß— 
egeln zu ergreifen. Ein dem Beispiel der Firma Gebrüder Stumm 
entsprechendes Vorgehen sämmtlicher Arbeitgeber des Saargebietes, 
usbesondere der kgl. Bergwerks-Direktion und der kgl. Eisenbahn⸗ 
Zerwaltung, steht somit unmittelbar bevor und ist theilweise bereits 
iingeleitet. 
F In Zweibrücken ist unter zahlreicher Theilnahme ein 
Verein zum Ausbau der protestantischen Alexander⸗Kirche gegründet 
worden. 
F Aus Neunkirchen wird der „Pf. Post“ ein Vorkomm— 
aiß berichtet, das für die Betheiligten leicht hätte sehr fatal werden 
fönnen. Vom 21, bis 22. Oktober arbeiteten in einem „Ort“ 
des Kohlenbergwerkes Ziehwald fünf Bergleute. Da einer außer—⸗ 
jalb noch etwas zu verrichten hatte, ging er heraus. Aber kaum 
var dieses geschehen, so stürzte eine große Strecke des Stollens zu⸗ 
ammen und versperrte den übrigen vier den Ausgang. Als man 
iun den Stollen wieder fahrbar machte, stellte sich heraus, daß 
zieses nicht so leicht und schnell gehe, da in Folge des Regenwetters 
mmer wieder neuer Schutt nachrutschte. Man grub nun von außen 
einen Schacht, der hinterhalb des Zusammenrutsches in den Stollen 
nünden sollte. Die Vermessung erwies sich dann auch als ganz 
genau. Schon am 23. Abends war der Schacht durchschlagen, 14 
Meter tief. Tag und Nacht war aber auch mit Aufbietung aller 
Kräfte daran gearbeitet worden. Die vier Bergleute waren noch 
am Leben, hatten aber ziemlich gelitten, da sie schon längere Zeit 
bis unter die Arme im Wasser stehen mußten. 
F Der Haupttreffer der Gewerbemuseums-Lotterie von 
30,000 Mark soll einem Handlungsgehilfen Namens Späth, im 
Geschäft von Kanfmann Simson in Passau, zugefallen sein. 
Gewerbemuseumslotterie) Der zweite Haupttreffer 
don 12,000 Mark fiel auf Nr. 35,768; ferner fielen 100 M. 
auf Nr. 47491; je 50 M. auf Nr. 17372, 60162, 56462, 
84655, 70351, 91143, 48180, 37,032, 66679, 28690, 32521 
36041, 77780, 766683. 
x Ueber die Kaiserslauterer Gewerbemuseumslotterie bringt 
die „Pf. Post“ folgende Mittheilung: Wie man hört, wird fuͤr 
das Gewerbemuseum bei der Lotterie höchstens die Summe von 
70-80, 000 M. herausspringen, die schon verwendet sein sollen. 
Abgegangen sind von 100,000 Loosen etwa 65,000, für 15,000 
nüssen die Garantiezeichner aufkommen und 20,000 bleiben übrig. 
Man spricht schon von einer zweiten billigeren Klassenlotterie, um 
die Vollendung des Museums zu ermöglichen. 
— Der demokratischen Volkspartei der Pfalz ist am Sonntag 
n Rockenhausen ein Fiasko bereitet worden. Ihre Wort— 
ührer hatten dahin eine Versammlung „freiheitlich gesinnter Männer“ 
zusgeschrieben, um durch Hrn. Leopold Sonnemann, den Eigen⸗ 
thümer der „Frankfurter Zeitung“, mittelst einer Rede desselben 
ür ihre, die Umwandlung Deutschlands in eine Repubilik anstrebende 
Richtung Propaganda machen zu lassen. Nun fanden sich aber 
hei der Versammlung weit mehr Anhänger der nationalliberalen 
Richtung ein, als Demokraten (die Zahl der letzteren betrug ca. 25), 
und jene verlangten die Wahl eines besonderen Bureaus für die 
Versammlung an Stelle derjenigen Herren, von denen die Einlad⸗ 
ung ausgegangen war und setzten Dies auch trotz des Protestes 
der Gegner durch. Darauf ging der Vorsitz von Hrn. Hohle an 
hrn. Anwalt Neumayer von Kaiserslautern über. Nach diesem 
Vorspiel hielt Ht. Sonnemann eine längere Rede nach demokra— 
ischem Zuschnitt. Sachgemäß erwidert wurde demselben von ver⸗ 
chiedenen Herrn, besonders von Anwalt Groß (Kaiserslautern). 
VTermices. 
*St. Ingbert, 3. Nov. In der heutigen Schöffen— 
itzung kamen folgende Fälle zur Verhandlung: Ein Mann von 
zier wurde wegen Körperverletzung zu einer Gefängnißstrafe von 
acht, sowie dessen beiden Söhne wegen desselben Reates zu zwei 
resp. einem Tag Gefängniß verurtheilt. — Ein Mann von Ober— 
würzbach erhielt wegen ähnlichen Vergehens eine Geldstrafe von 
3 M. — Zwei Männer von hier wurden wegen Berufsbeleidig— 
ing und thätlichen Angriffs zu einer Gesammtgefängnißstrafe von 
e 30 Tagen verurtheilt. — Ein Bursche von Niederwürzbach 
wurde wegen Unterschlagung mit einer Geldstrafe von 3 M. belegt. 
— Ein Handwerksbursche aus München wurde wegen Bettel, 
Landstreicherei, Unfug und Gebrauchs falscher Legitimationspapiere 
zu einer Haftstrafe von 68 Tagen verurtheilt. 
F Das k. prot. Konsistorium hat in Folge des von dem Or⸗ 
zanisten Lützel in Zweibrücken erlassenen Aufrufes zur Bildung 
ꝛines Evangelischen Kirchengesangvereins sich veranlaßt gesehen, 
urch einen generellen Erlaß die Aufmerksamkeit der prot. Geistlichen 
der Pfalz auf jenen Verein zu richten und für eine recht wirk— 
ame Betheiligung an der Gründung und Pflege desselben auf das 
Wärmste einzuladen. 
FDas Komite der vereinigten Arbeitgeber des gesammten 
Saargebiets trat, wie die „Saar- u. Bl.-gtg.“ meldet, am 1. 
sovember in Saarbrücken zusammen, um gegenüber dem 
Reunkircher Tageblatt“ mit Rücksicht auf das von demselben ver⸗ 
zffentlichte Gedicht ‚Der alte Arbeiter“ Stellung zu nehmen. Nach