Sl. Angberter Anzeiger.
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M].
Samstag, den 6. Noven ber
1880.
Deutsches Reich.
München, 4. Nov. Von dem neu zu errichtenden 18.
Infanterie⸗-Regiment kommen zwei Bataillone mit dem Stab nach
Landau, ein Bataillon nach Zweibrücken. (Das Zweibrücker Jäger⸗
bataillon soll nach Aschaffenburg kommen, die zwei zur Zeit in
Landau liegenden Bataillone gleichfalls in's rechtsrheinische Bayern
zurückkehren. Die Verlegung erfolgt am 1. April 1881.)
Daß der neue Gesandte Bayerns am Berliner Hofe,
Graf Lerchenfeld, noch nicht zum Mitglied des Bundes raths
ernannt ist, hat nach der „Allg. Ztg.“ seinen Grund lediglich in
dem Umstande, daß die Ernennung des Grafen Lerchenfeld zum
Gesandten in Berlin zur Zeit noch nicht formell vollzogen ist, so
daß auch seine Ernennung zum Bevollmächtigten beim Bundesrathe
hbisher noch nicht erfolgen konnte. Beide Ernennungen werden in⸗
dessen jenem Blatt zufolge in kürzester Zeit zu gewärtigen sein.
Die „Deutsche Landesztg.“, das Organ der preußischen
Agrarier, spricht sich für eine Erhöhung der Getreide⸗
zölle aus.
Die „Nordd. Allgem. Zeitung“ erklärt die Angabe einiger
Zeitungen, daß Fürst Bismarck das preußische Handelsministerium
wieder abgeben wolle, weil er sich überzeugt habe, daß die Geschäfte
desselben mit seinen sonstigen Aufgaben nicht verträglich seien, für
irrthümlich und unrichtig. Im Gegentheil erfährt das Blatt aus
sicherer Quelle, der Reichskanzler erblickte nach wie vor eine Er—
leichterung seiner Gesammtaufgabe darin, daß er die Leitung des
Handelsministeriums in Händen habe, und sei entschlossen, dieselbe,
so viel an ihm liege, zu behalten. Die Veranlassung dazu, daß
er für jetzt eine Verminderung seiner Geschäfte durch theilweise Ver—
tretung gewünscht habe, liege in einem hoffentlich bald vorüber—
gehenden Unwohlsein, welches ihn in vergangener Woche befallen
habe. Er hoffe, sobald es seine Gesundheit erlaube, die Arbeiten,
namentlich die Vorbereitungen für die Reichsgesetzgebung, bald
vieder aufzunehmen.
Das von dem Reichskanzler zur Vorlegung an den Bundes—
rath in Aussicht genommene Gesetz über die Trunksucht
jat Veranlassung zu Erhebungen in den einzelnen Bundesstaaten
gegeben, deren Resultat für den betreffenden Gesetzentwurf nutzbar
zemacht werden soll. Vor der Hand lehnt sich der Entwurf an die
Forderungen an, welche in den Beschlüssen der ersten ordentlichen
Heneralsynode und in einer Petition vom Rhein aus der vorjährigen
Reichstagssession niedergelegt sind. Danach soll es nicht bei der
Bestimmung des 8 361 des Strafgesetzbuches sein Bewenden haben,
velcher die durch Trunksucht bewirkie Unfähigkeit, für den eigenen
ilnterhalt bezw. für den Unterhalt der dazu gesetzlich berechtigten
Familienmitglieder zu sorgen, mit Haftstrafe bedroht. Es soll viel⸗
mehr die gewohnheitsmäßige Trunksucht mit Stellung unter Kuratel
belegt werden können und auch eine Strafe für die Verkäufer geistiger
Getränke an Betrunkene oder notorische Trunkenbolde statuirt werden.
Weitergehende Forderungen verlangen auch, Trunkenheit als Moment
der Strafverschärfung bei Vergehen und Verbrechen in Ansatz zu
bringen. Jedenfalls würde sich ein Gesetz über die Trunksucht ein—
ach als nichts Anderes denn als eine Revision des Strasgesetzbuches
arstellen.
schenmassen gehindert und aufreizende Reden gegen Diejenigen ge⸗
jalten, welche den Pachtzins bezahlten und leerstehende Pachtguter
vachteten. — In der Grafschaft Cork wird die Polizei verstärkt.
Die letzten Nachrichten aus Griechenland lauten außer⸗
ordentlich kriegerisch. Nach einer Meldung der „Daily News“ aus
Athen wäre ein Krieg zwischen Griechenland und der Türkei um—
dermeidlich, falls die Großmächte nicht die Türkei zur Herausgabe
von Thefsalien und Epirus zwingen. Bekanntlich haben aber die
neisten Großmächte dazu keine Lust und so müßte es denn zum
kriege kommen, wenn nicht der überschäumenden Begeisterung der
Zellenen noch ein Dämpfer aufgesetzt wird. Ob die edlen Griechen
nicht am Ende gar darauf warien, ähnlich jenem Manne, der bei
»inem Streite seinen Freunden zurief: „Haltet mich, oder ich bringe
hn um!“ Daß übrigens die deutsche Regierung den dortigen Vor⸗
zängen die größte Aufmerksamkeit schenkt, geht daraus hervor, daß
»er stellvertretende Botschafter in Paris, Graf Radowitz, den Befehl
rrhielt, sosort nach Athen abzureisen. Diese ganz unverhoffte Abreise
des Grafen Radowitz, sowie der Umstand, daß die deutjche Botschaft
in Paris bis zur Wiederherstellung des Fürsten Hohenlohe vielleicht
auf Wochen einem zweiten Sekretaär zur Führung überlassen wird,
deutet klar genug an, daß man den Griechen auf die deutlichste
Weise zu erklären bereit ist, daß die Gladstone'sche Politik im Orient
auf den Widerstand Deutschlands und wohl auch Oesterreichs stoßen
werde.
—
Die Wahlberichte derjenigen Staaten, wo das Wahlresultat als
weifelhaft galt, konstatiren ebenfalls den Sieg der Republikaner.
Harfield verfügt in New-NYork, Maine und Connecticut allein,
elbst wenn in den übrigen Staaten die Demokraten siegen sollten,
inter allen Umständen über 192 Wahlstimmen. Die Wahl Gar—
ields ist demnach durchaus als sicher zu betrachten, da nur 185
Stimmen erforderlich sind. Der „New-PYork Herald“ berechnet die
Wahlstimmen Garfields auf 202. Die demokratischen Journale
äumen ein, daß die demokratische Partei unterlegen ist. Die
„New-York Wrold“ bezeichnet die Wahl Garfields als die that—
ächliche Wiederwahl Grants.
DVermischtes.
Der ständige Ausschuß der pfäl zisch en Generalsynode
ist auf den 22. November nächsthin zu seiner ordentlichen Jahres
versammlung einberufen.
f Kaiserslautern. Herr Thomas, Besitzer des Karls⸗
herghotels, hat, laut Meldung der „Volkszig.“, der städtischen
Verwaltung den Vorschlag gemacht, dasselbe gegen das alte Siadt-
Jaus zu vertauschen und es für dieses zu benutzen. Welche Be—
ingungen Herr Thomas an diesen Umtausch weiter geknüpft hat,
weiß das Blatt nicht.
FGewerbemuseumslotterie.) Am3Z. Nov. fielen
Bewinne von je 100 M. auf Nr. 18579, 83653 und 94082;
e 50 M. auf Nr. 77789, 76663, 86041, 12988, 93326, 11360
7839, 14411, 39935, 62805, 83899. 15105. 92999, 20746.
34155 und 50892.
In Knittel 8Sheim erhängte sich am Freitag ein 144
hriges Mädchen, das dem „S. W.“ zufolge durch die schlechte
Behandlung seitens der Eltern in den Tod getrieben wurde.
F Für die am 9. November zu Ludwigshafen Statt
indende Plenarversammlung der pfälz. Handels- und Gewerbe—
ammer ist folgende Tagesordnung festgesetzt: 1) Anschluß an die
kingabe der suüͤddeutschen Abtheilung des Vereins deuischer Tabak—
abrikanten in Betreff der Straßburger Tabak-Manufaktur (Antrag
iner Anzahl Firmen in Kaiserslautern). 2) Ergebniß der Eingabe
in Betreff der Uebergangsabgabe auf Branntwein bei Verwendung
esselben zu gewerblichen Zwecken. 3) Das Regulativ betreffend
zie Rückvergütung des Getreidezolls bei der Ausfuhr von Mehl und
nusländischem Getreide. 4) Einsetzung eines Reichs-Eisenbahn⸗
Berichtshofes. 5) das Gerichtskostengesetz (Antrag von Speyer).
3) Eisenacher Konferenz deutscher Handels- und Gewerbe-Kammern.
7) Abänderung des Statuts des deutschen Handelstags und Tages⸗
rdnung des 9. Handelstages am 19. und 20. November. 8)
Zudget der Handels- und Gewerbekammer für 1880.
Ausland.
In Frankreich werden die Ausweisungen von Angehöri—
xen der Kongregationen fortgesetzt; in Paris haben indeß keine
Statt gefunden. In vielen Orlen wurden die Volizei-Agenten
tkommunizirt.
Im italienischen Kriegsministerium ist ein Gesetz⸗
entwurf, die Einführung der „Wehrsteuer“ in Italien
detreffend in Vorbereitung. Derselbe dürfte bereits in der laufenden
Parlamentssession zur Vorlage kommen. Die Minimalsteuer würde,
wie verlautet, auf 22 Franks jährlich beziffert werden.
Aus Irland kommt die Nachricht, daß 19 Hauptführer
der Agrar⸗Liga in Anklagestand versetzt sind. Die Antlage lautet
uuf Verschwörung, um die Pächter an der Bezahlung des
zesetzlichen Pachtzinses zu hindern, ind beschuldigt die Ängeklagten,
ie hätten die Eigenthümer an der Einziehung des Pachtzinses, der
Berpachtung der Landgüter durch Zusammenrottung großer Men⸗