5* . Ingberler Anzeiger.
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43 189. Samstag, den 27. November
1880.
Deutsches Reich.
Der von der bayerischen Staatsregierung der Kammer
vorgelegte Gewerbesteuergesetzentwurf führt neben manchen Aender—
ingen auch diese mit sich, daß das Bäckergewerbe in seiner Nor—
nalsteueranlage um 2Klassen höher gesetzt wurde als seither. Dieser
Umstand hat die Münchener Bäckergenossenschaft veranlaßt, eine
Petition an die Kammer der Abgeordneten zu richten, in welcher
jebeten wird, die Kammer wolle der Versetzung des Bäckergewerbes
neine höhere Steuerklasse die Genehmigung versagen.
Berhin, 25. Nov. Ein Petersburger Privattelegramm des
Tageblatt“ meldet: Der bayerische Gesandte v. Rudhart ist gestern
dachimittags plötzlich vom Schlage getroffen worden; er verlor die
Ztimme. Sein Zustand ist bedenklich.
Der „Schwäb. Merkur“ schreibt: Angesichts der immer stär—
eren rückläusigen Bewegung in der protestantischen Kirche richtet der
Ausschuß des deutschen Protestantenvereius die Anfrage an die Mit—
zlieder des weiteren Ausschusses, ob er einverstanden sei, daß im
jächsten Frühjahr ein deutscher Protestantentag in Berlin
Ztatt finde.
Die „Provinzial-Korr.“ schreibt, die leichte Erkültung, welche
»er Kaiser sich zuͤgezogen hatte, sei glücklicherweise wieder ge—
chwunden.
Offizisõs wird geschrieben: Ueber den Verlauf der zweitägigen,
uis Anlaß der Interpellation Hänel im preußischen Abge—
»dnetenhause geführten Debatte ist folgendes zu bemerken: Die
Sztaatsregierung ist ersichtlich von dem Wunsche geleitet gewesen,
iie Veranlassung zu der erregten Debatte abzuschneiden; deutlicher
onnte dies nicht an den Tag gelegt werden als durch die Erklärung,
»aß die Staatsregierung erstlich mit der Angelegenheit noch gar
azicht befaßt sei, daß sie aber zweitens nicht daran denke, eine
lenderung der die Unabhängigkeit der staatsbürgerlichen Rechte vom
celigiösen Bekeuntniß aussprechenden Verfassungsbestimmungen her—
zeizuführen. In der letzteren Erklärung zu der wenigstens eine
irelte Verpflichuung aus dem Stande der Angelegenheit nicht her⸗
uleiten war, lag ein Entgegenkommen gegen die Seite, von welcher
ie Interpellation ausgegangen war; um so wunderlicher war es,
»aß Herr Virchow die Erklärung „kühl bis ans Herz hinan“ fand.
Als ob die Kundgebungen der Staatsregierungen der Ort wären,
ine besondere Gefühlswärme zu entwickeln. Der Wunsch der
Staatsregierung, eine erregte Debatte womöglich vermieden zu sehen,
st indeß nicht in Erfüllung gegangen, einmal nicht, weil die kon⸗
ervativen Parteien und ebenso das Zentrum die Stellung der Inter⸗
jellation als eine Provokation aufgefaßt hatten, daher antworten
vollten, andererseits darum, nicht weil auch die Fortschrittspartei
eigen wollte, daß sie den Ausführungen der gegenseitigen Redner
zu stehen gerüstet sei. Den Wunsch der Staatsregierung völlig
getheilt hat nur die nationalliberale Partei. Was nun aber das
eẽrgebniß der herbeigeführten Debatte betrifft, so hat dieselbe zu
nichts weniger als zu einem klaren Verdikt geführt und dazu auch
nicht führen können. Man kann in dieser Beziehung sagen, daß
die Sache in der öffentlichen Meinung genau so steht, wie sie vor—
ser stand, daß die Gegensätze nicht geklärt und noch weniger be⸗
chwichtigt worden sind; eher könnte man das Gegentheil behaupten.
Soviel ist aber gewiß, daß der Zweck, den die Fortschrittspartei
durch die Interpellation unüberlegter Weise erreichen wollte, nämlich
eine Verurtheilung der antisemilischen Bewegung durch das Abge—
xrdnetenhaus nicht im Mindesten erreicht worden ist, man muß viel⸗
nehr sagen, daß die Stärke dieser Bewegung durch diese Debatte
erst zu Tage gekommen ist, und daß die Bewegung aus dem durch
diese Verhandlungen erlangten Bewußtsein dieser Stärke eher neuen
Muth schoöpfen, als irgendwie sich entmuthigt fühlen wird.
Nach dem Muster des englischen Ironand Steel Institute soll
ommenden Sonntag in Düsseldorf ein „Verein deutscher
Eisenhüttenleute“ gegrundet werden, dessen Statutenentwurf
ils Zwed des Vereins die Ausbildung des praktischen Eisen⸗ und
—AD
ieser Industriezweige und die Förderung des Verbrauches von
Fisen und Stahl in allen Formen angibt. Die Jahresbeiträge von
xca 11,000 Mark sollen vornehmlich zur Herausgabe von Fach-
schriften verwendet werden. Wie der Verein „die Förderung des
Verbrauchs von Eisen und Stahl in allen Formen vewirken will,
ist nicht gesagt. Vermuthlich laufen die Bestirebungen des Vereins
m Wesentlichen darauf hinaus, die Arbeitgeber den Ärbeitern gegen⸗
iber in den Lohnfragen zu vereinigen und den Käufern gegenuͤber
die Preise nach geheimem Uebereinkommen in die Höhe zu schrauben.
Eine am 24. ds. Mis. an der Hamburger Vörse auf⸗
jelegte Protesterklärung gegen die neuerdings von 24 Hamburger
Beschäftsleuten auf Grund der bekannten Korrespondenz mit dem
steichskanzler versuchten Gründung einer kaufmännischen Zollan⸗
chlußpartei erhielt sofort nahezus 1000 Unterschriften, darunter
diejenigen fast aller ersten Firmen.
Ausland.
Aus Irland kommt die Nachricht, in Cork seien am 24. Nob.
14 Personen verhaftet worden, wegen Betheiligung an einem Auf⸗
uuge aus welchem auf die Polizei gefeuert worden war.
Aus Cattaro wird unterm 24. Nov. gemeldet: Derwisch
Lascha marschirte gestern in Dulcigno ein nach einem kleinen
SZcharmützel mit den Albanesen. Auf seine Einladung ging heute
der montenegrinische Kommissär Matanovich nach Kunja ab, um
hort mit dem türkischen Kommissär Bedri Bey die nöthigen Ver⸗
ibredungen über Dulcignos Besetzung durch die Montenegriner zu
reffen.
Der deutsche Botschafter bei der Pforte, Graf Hatzfeldt,
uchte eine Abschiedsaudienz bei'm Sultan nach; er begibt sich auf
Arlaub nach Deutschland.
Die Rückreise des Kaisers Alexander von Livadia nach
Petersburg soll in den nächsten Tagen erfolgen, zu welchem
Zwecke außerordentliche Vorsichtsmaßregeln ergriffen werden. Man
Jaubt dazu seine guten Gründe zu haben, denn es treffen in
Petersburg fortwährend Drohbriefe namentlich aus denjenigen süd⸗
ussischen Städten ein, welche der kaiserliche Zug passiren muß.
Wahrscheinlich sind dies nur Schreckschüsse, welche von den Nihi⸗
isten abgefeuert werden, um den Zaren in fortwährender Aufreg-
ing zu halten.
Wajshington, 24. Nov. Das Zirkular des Staatsdepar⸗
ements betr. die naturalisirten Deutschen führte hier zu Mißber⸗
tändnissen und wurde in Folge dessen zurückgezogen.
Vermischtes.
*St. Ingbert, 26. Nov. In seiner gestrigen Sitzung
zeschäftigte sich der Stadtrath mit der Erwerbung eines Bauplatzes
ür ein neues Gefängnißgebäude. Nach lebhafter Debatte entschied
ich die überwiegende Majorität (13 gegen 83 St.) für den Platz
neben Bader Buser in der alten Bahnhofsstraße, der s. Z. von
en Vertretern der kgl. Regierung als besonders geeignet befunden
vurde. Der Ankaufspreis desselben wird sich auf circa 6 bis 7000
Nark stellen. Eine Eingabe einer großen Anzahl Bürger, die dem
ztadtrathe andere, und wie gesagt wurde, billigere Plätze in Vor—
hlag brachten, blieb ohne Berücksichtigung. —
In derselben Sitzung wurde auch der Beschluß gefaßt, die
zekannte Kaiserslauterer Petition an die Abgeordnetenlammer um
derabsetzung der Häusersteuer bei den Hausbesitzern hier zur Unter—
chrift in Zirkulation zu setzen. Da der Gegenstand demnächst im
randtage zur Verhandlung kömmt, so glauben wir die Betreffenden
zu zahlreicher und rascher Betheiligung auffordern zu sollen.
F Eine Entschließung der Kreisregierung der Pfalz ver—
hietet den Werkiagsschülern die Theilnahme an Turnfesten und
den damit verbundenen Aufzügen.
F Der k. Regierungspräsident der Pfalz, Hr. Staatsrath v.
Braun, hat beschlossen, zur Forderung des Kunstgewerbes für
das Jahr 1881 drei Ehrenpreise, bestehend in Diplomen, auszu—
etzen, und ladet zur Bewerbung das Töpfergewerbe ein.
Es ist ein Wasser⸗ oder Bierkrug, wie er in den Haushaltungen
zebräuchlich ist, circa 2 Liter haltend, anzufertigen, der ungefaͤhr
),35 - 0, 40 m Höhe und an der weitesten Sielle eine Stärke
von beiläufig O,15 —0,20 m haben kann und mit einem Henkel
ind ausgebildeter Basis oder Fuß versehen sein soll. Derselbe ist
m allen seinen Theilen in gebranntem Thon oder auch in Stein⸗