Sl. Ingberler Anzeiger.
Der St. Ingberter Anzeiter und das (2 mal wocheutlich/ mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei—
lage) ericheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonunementspreis beiragt vierteljahrlich
JA) 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1A 60 B,/ einschließlich 420 Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 —, von Auswaͤrts
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattichrist oder deren Raum, Reclamen mit 30 Dvro Zeile berechnet.
M 20.
— —
Dienstag den 3. Februar
— — — —
1880.
Deutsches Reich.
Aus der Sitzung der Abg.⸗Kammer vom 30. Jan. ist zu
erwähnen die Berathuug über den „Eiat für besondere Leistungen
des k. Aerars an Distrikte und Gemeinden“, zunächst die Zuschuͤsse
an überlastete und leistungswillige Distrikte fur den Neudau und
die Unterhaltung von Distriktsstraßen. Die Regierung hatte
diesen Posten mit 750,000 M. bedacht, der Kammerausschuß da—⸗
gegen beantragte die Genehmigung von 850,000 M., also 100,000
M. mehr. Der Ausschußantrag' wurde mit 107 gegen 33 Stim⸗
men angenommen.
Der schon erwähnte, von sämmilichen pfälzischen Abgeordneten
zestellte Antrag auf Abänderung des Art. H des pfälzischen Nota⸗
riatsgesetzes vom 25. Ventose IX. schlägt folgenden einzigen Artikel
zur Annahme vor: „In der Pfalz können Notariatsurkunden ohne
Zuziehung von Zeugen oder eines zweiten Notars aufgenommen
werden. Die Zuziehung von zwei Zeugen oder eines zweiten No—
lars ist jedoch geboten: 1) wenn ein Betheiligter blind, taub, stumm
oder der deutschen Sprache nicht mächtig ist; 2) wenn ein Bethei⸗
ligter Dies verlangt. Unberührt bleiben die bisherigen gesetzlichen
Bestimmungen in Ansehung 1) der Testamente, 2) der Schenkuͤngen,
jelbst unter Ehegatten, 3) des Widerrufs von Testamenten und
Schenkungen und 4) der Vollmachten zur Vornahme der unter Ziff
2 und 3 bezeichneten Rechtshandlungen. Bezüglich der Eigenschaften
der beizuziehenden Zeugen finden die bisher geltenden gesetzlichen
Bestimmungen mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle
des Erfordernisses der Staatsangehörigkeit das der Reichsangehörig⸗
leit tritt“ (Wie die „Südd. Presse“ vernimmt, hat sich die kgl.
Staatsregierung mit dem vorstehenden Antrage einverstanden erklärf.)
Der Absender des Schreibens an de Feldmarschall Grafen
Moltke, worauf dieser die in vor. Nr. ds. Sl. mitgetheilte Ant⸗
wort gegeben hat, ist ein dem Arbeiterstand angehörender Einwohner
eines Dorfes in der Nähe von Liebstadt.
Regierungsrath Julius v. Auer in Augsburg, ist in
geicher Diensteigenschaft in das Cultusministerium berufen worden.
Derselbe wird das Referat über das Schulwesen erhalten.
Nach dem Berichte des Reichsschatzamts betrugen die Ist⸗Ein⸗
nahmen an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern in der
Zeit vom 1. April bis Ende 1879 zusammen 216391,104 M
oder 37,218,121 M. mehr. als in der entsprechenden Vorjahrszeit
Lei Weitem die größten Mehreinnahmen, über 33 Millionen Mark
bachten die Zölle.
Alle jungen Leute, die sich freiwillig zum dreijährigen
Militärdienst melden wollen, dürste es interessiren zu erfahren, daß
en Freiwilligen die Wah'! des Truppentheils, bei dem sie ihrer
Nilitärpflicht genügen wollen, in Zukunft innerhalb des ganzen
deutschen Reichs freisteht, während seither die Wahl des Truͤppen
theils nur innerhalb des Brigadebezirks gestattet war. Die bezüg⸗
ichen Militärpflichtigen erhalten, zu diesem Zweck im Musterungs⸗
ermine Meldescheine ausgestellt und konnen sich damit bei jedem
deutschen Truppenkommando zum Diensteintritt melden. Die An—
iahme und bezw. Einstellung der Freiwilligen ist natürlich dabon
bhängig, daß sie zu dem gewählten Truppentheil tauglich sind.
Ausland.
Aus Wien berichtet das „Montags-Blatt“: Hier verlautet
geruchtweise, der Nuntius Jacobini werde vor seiner Abrcise nach
kom für einige Tage nach Berlin gehen, um mit Fürst Bismarä
zuu konferiren.
Rom. Das neue vatikanische Blatt „Aurora“ publizirt
zinen neuen Artikel betitelt: „Fürst Bismarck und die Aurora.“
Lerselbe ist hauptsächlich behufs Wiederlegung eines Leitartikels in
'er „Italie“ geschrieben, welcher die Erklärung der „Provinzial⸗
lorrespondenz“ als eine Verleugung des Ministers Puttkamer durch
ꝛen Fürsten Bismarck auslegte. Die „Aurora“ leugnet es, daß
ne sich vor dem Fürsten Bismaͤrc erniedrigt habe, sie sei nur höflich
ind vertrauensvoll gegen den mächtigen Mann und ihre Friedens
offnung sei keine Feigheit. Die Verleugung Puttkamers erscheine
benso unwahrscheinlich, als die von der „Italie“ angedeutete
Nöglichkeit einer Entlassung dieses Ministers. Die „Au⸗
J
rora“ sagt schließlich: „Die Kirche bekämpfe nicht die Staats—
rechte, sondern wünsche ein Bündniß mit dem Staat zur
Bekümpfung der wachsenden Revoluütion.“
Der Petersburger Polizei scheint ein großer Fang ge⸗
Jückt zu sein, wenigstens meldet der russische Regierungsboie die
Aufhebung einer Geheimdruckerei, in welcher das Revolutionsblatf
„Naradnaja Wolja“ hergestellt wurde.
— —
Vermischtes.
*St. Ingbert. Gestern hatte eine Frau im Josephs⸗
thale das Unglück, ihr etwa 4 Jahre altes Söhnchen mi heißem
Waschwasser nicht unerheblich zu verbrennen. Der Kleine lief der
Mutter unerwartet unier das Geschirr, das dieselbe mit heißem
Wasser gefüllt vor sich her trug. Dadurch verschüttete sie den In⸗
halt des Geschirres über den Knaben.
*— Wie uns mitgetheilt wird, wurde in der Nacht von
Sonntag auf Montag in Sulzbach ein lediger Arbelier a—
tochen. Als Thäter wird ein gewisser Reifschneider, der in einer
Schnappbacher Glashütte beschäftigt war, genannt; er ist bereits
verhaftet. Die Ursache des Mordes soll ein Frauenzimmer sein,
um dessen Gunst sich Reifschneider und sein Opfer bewarben.
T. Pfälzisches Sängerfest.) Zur. Betheiligung angemeldet
haben sich die Vereine Billigheim, Blieskastel, Edenkoben, Franken-
thal, Gruͤnstadt, Haßloch, Kaiserslautern (8 Vereine), Kusel, Kirch⸗
heimbolanden, Lambrechi, Landau— Landstuhl, Lauterecken, Ludwigs⸗
hafen, Maikammer, Nußdorf, Neustadt, Niederauerbach, Rohrbach,
St. Johann-Saarbrücken, Speier (2 Vereine), Zweibrücen und
Wolfstein. Professor Speidel in Stuttgart hat die Wahl zum
Festdirigenten angenommen.
Einem Wirth und Bäcker in Blickweiler wurden in der
Nacht vom 80. auf 31. Januar vermittelst Einsteigens 8 Laib
Brode und ein circa 18 Pfund wiegendes Stück Schweinefleisch
entwendet. Der Thäter ist noch nicht ermittelt.
F. In Homburg brach in der Nacht auf den 1. Februar im
Hause des Ackeres Bieg Feuer aus, welches in kurzer Zeit alles
Brennbare darin verzehrt hatte. —
F Kaiserslautern. In der oberen Stadt wird für Ein⸗
mündung der Lauterthalbahn in den hiesigen Nordbahnhof agi⸗
tirt. Am 80. Jan. hai eine Versammlung zu diesem Zwecke Statt
gefunden, in welcher ein Agitations-Komit gewählt wurde.
F In Göllheim brannte am Freitag das Brauhaus der
Brauerei Schildknecht ab. Der Schaden ist nach der „pf. Pr.“
ein bedeutender, da eine ziemliche Anzahl Bierfässer mitverbrannten.
F Im Saalbau in Neustadt soll am 16. d. M. eine
Versammlung von Wirthen zur Berathung der Frage stattfinden,
auf welchem Wege eine Verlängerung der Polizeistunde an den
zweiten Kirchweihtagen zu erreichen sein dürfte.
F Jüngst fand in Dürkheim ein sehr besuchter, bis srüh
zum Morgen dauernder Damen⸗Maskenball, ohne Herren, — siatt.
Die Veranstalterinnen desselben wollen nämlich den Dürkheimer
Herren gegenüber ihre Unabhängigkeit documentiren und zeigen,
sie sich auch ohne dieselben amuͤsiren. Sie arrangiren deshalb all⸗
jährlich einen Maskenball, auf welchem ein Theil der Damen die
Herrenwelt zu vertreten hat. (Pf. K.)
FSpeier. Von München kommt die Nachricht;, daß der
Pionierlieutenant Schaupert don der hiesigen Garnison in einem
Säbelduell mit dem Forstkandidaten Lyncker stark verwundet wurde
Anlaß zum Zweikampf war eine sog. Beleidigung, welche gelegent⸗
lich eines Tingeltangel-Konzertes in der Schwarßz'schen Wirthschaft
dahier von L. ausging, zu Ostern 1878. Herr Sch. soll noch vier
andere Duelle zu bestehen haben. (Sp. A.)
Speier. Die Noten über das letzte juristische Examen
sind ausgegeben worden. Dem Vernehmen nach erhielt nur ein
einziger Kandidat die J. Note, nämlich Hert Jak. Krapp von hier.
F Für manchen Sammler von abgeschnittenen Cigarrenspitzen
wird es von Interesse sein, zu hören, daß auf eine bezügliche Än⸗
frage Herr Kaufmann Bechtluft in Speier sich bereit erkläͤrt
hat, für das Pfund 25 Pf. zu bezahlen.