St. Ingberler Znzeiger.
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich;/ mit dem Haupitblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit illustrirter Bei⸗
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—1880.
A 190.
Deutsches Reich.
Das General⸗Komite des landwirthschaftlichen Vereins in
Bayern, berieth über den Entwurf einer Instruktion zum Voll-
zuge des Rteichsgejetzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung
don Viehseuchen. Das Komite begutachtete wesentliche Abänder-
ungen des Eutwurfes. So soll z. B. die Anordnung und Durch-
führung der gesetzlichen Schutzmaßregeln den Ortspolizei-Behösrden
zugewiesen werden.
Der Steuergesetz⸗ Ausschuß der bayerischen Abgeordnetenkam⸗
mer hat am 285. ds. von den neulich erwähnten Modifikations⸗Anträgen
zu Art. 2 des Gesetz-Entwurfes über die Kapitalrentensteuer
einen modifizirten Antrag des Abgeordneten Walter angenommen,
wonach die Kapitalrentensteuer in folgender Weise anzulegen ist:
mit 1*42 Prozent bei einer Jahresrente von über 40 bis 300 M.;
mit 2 Prozent von über 300 bis 600 M.; mit 2 Prozent von
über 600 bis 1000 M.; mit 3 Prozent von über 1000 bis 3000
M. und mit 36 Prozent bei einer Jahresrente von über'8000 M.
Aus der weiteren Berathung ist noch hervorzuheben, daß der zweite
Absatz des Art. 9, welcher lautete: „Bayerische Staatsangehörige,
welche, ohne einen Wohnsitz in Bahern zu haben, sich dauernd im
Ausland aufhalten, sind der Kapitalrentensteuer nicht unterworfen“,
gestrichen wurde.
Bekanntlich hat die Thronrede bei Eröffnung des preußischen
Abgeordnetenhauses die frohe Botschaft verkündet, daß dem Lande
aus den Ueberschüssen der Einnahmen ein Steuernachlaß von 14
Millionen zu Theil werden sollte. Der hinkende Bote kam aber
sosort nach, indem für die Beseitigung des Nothstandes in Ober—
schlesien 830 Millionen gefordert wurden, welche durch ein Anlehen
zu decken sein würde. Jetzt verlautet in Abgeordnetenkreisen gar
noch, daß die Matrikularbeiträge für das kommende Jahr um 13-15
Millionen erhöht werden müßien. Für den Steuererlaß bliebe dann
nichts mehr übrig, es sei denn, daß man die Mehrforderung an
Matrikularbeiträgen auch noch durch eine Anleihe decken will, was
jedenfalls eine höchst merkwürdige Finanzwirthschaft wäre.
Der „Reichsanzeiger“ meldet unterm 25. Nov.: Die Genesung
des Kaisers schreitet fort, jedoch kann er das Zimmer noch nicht
oerlassen.
Die „Elsaß-Lothr. Zeitung“ meldet amtlich, daß auf Grund
kaiserlicher Ermaͤchtigung der Statthalter eine Kommission eingesetzt
hat zur Prüfung der Staatsangehörigkeit derjenigen Personen,
welche von den Befugnissen, die Art. 2 des Friedensvertrages oder
Art. 1 der Zusatzkonvention vom 11. Dezember 1871 einräumte,
Gebrauch gemacht oder Elsjaß⸗Lothringen bis zum 28. Januar
1873. ohne vorherige Optionserklärung verlassen und seitdem die
deutsche Staatsangehörigkeit weder ausdrücklich noch durch Stellung
zur Militärpflicht anerkannt haben. Vorsitzender der Kommission,
deren Anträge dem Statthalter zur Entscheidung zu unterbreiten
sind, ist Unterstaatssekretär v. Puttkamer, Beisitzende die Ministerial—
räthe Dursy, Hoseus. v. d. Goltz, Staatsrath Klein, Architekt E.
Petiti sen.
Die Waldecker halten es nicht länger aus: ihr Vaterland
muß größer sein. Der Vorsitzende des waldeckschen Landtags haf
dem preußischen Abgeordnetenhause eine Denkschrift übermittelt,
worin geradezu die Annexion des Ländchens als das Ziel der leb—
haftesten Sehnsucht des gesammten waldecdc'schen Volks, als wahre
Erloͤsung aus den gegenwärtig ganz unleidlichen Verhältnissen ge—
priesen wird.
novic in Kunja hat heute stattgefunden. Die Türken forderten,
der Einmarsch der Montenegriner in Dulcigno solle morgen Mittag
stattfinden und die versiegelten Häuser seien unberührt zu lassen.
Beide Forderungen wurden angenommen. Die Unterzeichnung der
Militär⸗Konvention erfolgte heute.
Vermischtes.
*St. Ingbert. Die Petition der hiesigen Hauseigen—
hümer an die Abgeordnetenkammer, betreffend Aenderung des Haus⸗
teuer⸗Modus, ist identisch mit jener von Augsburg und Kaiserslautern
und lautet wie folgt:
Hohe Kammer der Abgeordneten! Die ehrerbietigst unterzeichneten Haus⸗
zesitzer St. Ingberts erlauben sich, einer hohen Kammer der Abgeordneten bei
Belegenheit der Berathung über die Steuer-Reformen zum Zwecke der Er⸗
zielung einer gerechten Besteuerung der Reinerträgnisse aus Hausmiethen ꝛc.
mehrere nicht unbedeutende Gruünde in Nachstehendem näher zu entwickeln und
vorzutragen: Die Haussteuer wird von der Roheinnahme aus der Miethe
erhoben und also auch berechnet für Beträge, die ein Einkommen des Haus⸗
hefitzers nicht bilden, wie z. B. Kosten der Hausunterhaltung, Wiederherstellung
abgenützter Wohnungsräume, Assekuranz, Auslagen für häufige und oft kost-
pielige polizeiliche Anordnungen, Reinigungsarbeiten, endlich Miethentgang in
Folge von unvermietheten Räumen und insolventen Miethern u. s. w. Durch
die ohnehin sehr hoch gegriffene Steuerquote der Roheinnahme wird hiebei
diejenige des Reineinkommens außerordentlich erhöht. Die auf den Häusern
ruhenden Hypotheken werden nicht nur von dem Inhaber versteuert, sondern
auch noch von dem Hausbesitzer, der doch um den Betrag der betreffenden
dypothetzinsen weniger Einkommen hat. Es ergibt sich deßhalb regelmäßig,
daß nicht sehr hoch verschuldete Hausbesitzer viere und mehrmal so viel von
ihrem Reineinkommen Steuer bezahlen müssen, als Besitzer anderer fundirter
Einkommen, wobei der Fall der horrenden Hinterziehung der Kapitalsteuer
von Seite des mobilen Kapitales noch gar nicht berücksichtigt ist. Auf Grund
and proportional dieser äußerst unbilligen Veranlagung werden vom Haus⸗
besitzer auch noch die Kreis⸗ und Gemeinde-Umlagen erhoben, so daß die
Wirkung dieser Besteuerung eine den Werth der Immobilien außer ordentlich
zerstörende ist Der Fall einer starken Erhöhung aller Steuern in Folge
größerer Nationalunglücke käme einer völligen Zerstörung des Vermögens sehr
hieler Hausbesitzer gleich. Wir erlauben uns weiter darauf aufmerksam zu
nachen, daß der Werth der Häuser im Jahre 1878 durch die damals be⸗
chlossene exorbitante Besitzwechsel-Gebühr schon wesentlich erniedrigt wurde.
Die bei der letzten Haussteuer-Revision vorgenommene Abaänderung der alten
Besteuerung hit eine weitere Schädigung verursacht, so daß der Besitß eines
dauses sehr häufig statt Reute nur Vermögensverlust verursacht. Endlich
Tlauben wir uns noch, darauf hinzuweisen, daß durch diese exorbitante Be⸗
lastung der Hausmiethe-Reinerträgnisse auch die natürliche Entwickelung des
däuserbaues gehindert und damit eine große Schädigung aller Gewerbe, ins⸗
esondere der Baugewerbe, bewirkt wird. Es wird also in unserer arbeits⸗
lojen Zeit die Arbeitslosigkeit künstlich vermehrt. Das Kapital wählt nämlich
lieber die Form der mobilen Werthe, in der es sich leicht selbst der einfachen
Besteuerung entziehen kann, während es in der Anlage eines Hauses einer
anerträglichen Belastung unterliegt. Die ergebenst unterzeichneten Hausbesitzer
tellen nun im Hinblicke auf das Vorgeitragene die geziemende Bitte: Eine
sohe Kammer wolle bei der Berathung der Steuerreform darauf hinwirken,
i) daß bei der Berechnung der Haussteuer von der Roheinnahme der Miethen
ein billiger Prozentsatz fur die oben erwähnten Ausfälle außer Ansatz bleibe,
M daß diejenige Steuerquote, die der Hausrente enispricht, welche an den
„ypothekeninhaber bezahlt wird, an der Steuer des Hausbesitzers in Abzug
jebracht werden kann. Einer gütigen Würdigung vertrauend, empfehlen sich
jochachtungsvollst einer hohen Kammer ergebenste (folgen die Unterschriften).“
* Wir machen darauf aufmerksam, daß vom 1. Dezember
nächsthin ab die hiesige Eisenbahnstation auch für den
Privat-Depeschen-Verkehr eröffnet ist.
(Patent-Anmeldung.) 37,059 Karl Schmidt Zwe i⸗
brücken. Kartoffel⸗Sortircylinder.
PIn Kaiserslautern feierte am 26. ds. das Ehepaar
Entzer seine goldene und dessen Sohn am gleichen Tage seine sil—
berne Hochzeit.
ꝓ'Die Verhandlungen des Stadtrathes von Dürkheim
mit einer französischen Gründer⸗Gesellschaft bezüglich der Erwerbung
des dortigen Bades haben sich, wie man der „Pf. 3.“ mittheilt,
bollständig zerschlagen. An das Zustandekommen dieses Geschäftes
hatte man in Dürkheim große Hoffnungen geknüpft.
4 Eine Merkwürdigkeit der internationalen Ausstellung zu
A
Stoff gänzlich möblirtes Haus von Stockhöhe. Allerdings war
das Gerüst desselben aus Holz gezimmert, die Außenwände dagegen
zestanden aus Steinpappe (Cartonpierre) und waren durch Fül—
ungen mit Papierspähnen von den inneren Wänden getrennt. Diese
eigien die reizendsten Arabeslken und Stukkaturnachahmungen in
chaͤrfen Reliefs und waren entsprechend bemalt. Thüren, Fenster—
—
Ausland.
In dem am Donnerstag Statt gehabten englischen Ka—
binets rath wurde beschlossen, der Dezembersession des Parlaments
keine Zwangsmaßregeln für Irland vorzuschlagen, da eine Noth—
wendigkeit dazu nicht vorliege. Nach Zusammentritt des Parlaments
beabsichtigt die Regierung, die irische Bodenreformbill einzubringen.
Der erst vor einigen Tagen in Petersburg angekommene
bayerische Gesandte v. Rudhart hatte am 24. Nov, einen heftigen
Tongestionsanfall, welcher einen Gehirnschlag befürchten ließ; sein
Befinden hat sich jedoch wieder wesentlich gebessert.
Ein Telegramm der „Polit. Korresp.“ aus Cettinje vom
25. Nov. meldet: Die Zusammenkunft von Bedri Bey und Matta⸗