Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Acnzeiger. 
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A 21. 
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Donnerstag den 5. Februar 
1880. 
Deutsches Neich. 
München. Durch das Gesetz vom 10. März 1879 waren 
dem Justizministerium aus Anlaß der neuen Gerichtsorganisation 
323, 200 M. für größere Erweiterungs- und Neubauten, dann 
197,600 M. für kleinere Baufallwendungen und Einrichtungen zur 
Verfügung gestellt worden. Letztere Summe hat nicht gereicht, 
vährend erstere nicht ganz gebraucht wurde. Das Justizministerium 
jat nun beim Landtag die Ermächtigung nachgesucht, die Erübrig— 
ingen an letzterer Summe zur Deckung des vorerwähnten Abgangs 
verwenden zu dürfen. 
Aus der Sitzung der Abgeordnetenkammer vom 31. 
Jan. ist noch zu erwähnen, daß ein Antrag des Abg. Schels 
ultr.), den Gehalt der Malzaufschlag⸗ Einnehmer um 300 M. auf—⸗ 
ubessern, mit allen Stimmen gegen die einzige des Antragstellers 
bgelehnt worden ist. 
Der Einfluß der hohen Gerichtskosten macht sich auch der 
oayerischen Staatskasse in wahrscheinlich unerwarteler Weise fühl⸗ 
»ar. Die neuen erhöhten Gebühren u. s. w. sind nämlich für 
ie Monate Oktober und November 1879 hinter jenen des gleichen 
Zeiraums von 1878 um 150,000 M. zurückgeblieben. 
Die erste fächsische Kammer hat den Antrag, die Regierung 
olle beim Bundesrath den Erlaß eines Reichsgesetzes gegen den 
Zinswucher befürworten, einstimmig angenommen. 
Ausland. 
Paris. Das von dem Finanzminister Magnin in der Ab⸗ 
eordnetentkammer eingebrachte Budget für 1881 schließt mit einem 
leberschuß von 32 Millionen Franken ab, wovon 28 zur Ent⸗ 
astung der Getränke- und 3 bis 4 Millionen zur Entlastung der 
dapiersteuer dienen sollen. (A. Z3.) 
In den katholischen Kirchen New⸗Horks wurden am Sonn⸗ 
ag 25,000 Dollars zu Gunsten der nothleidenden Irländer ge⸗ 
ummelt. 
Washington. Dem Congreß ging der Antrag zu, daß 
Zräsident Hayes aufgefordert werde, den im Krieg begriffenen süd⸗ 
merikanischen Staaten seine guten Dienste zur Herstellung des 
zriedens anzubieten. 
Das gelbe Fieber fängt an in Brasilien aufzutreten, 
is jetzt zwar nur in unerheblichem Grade, doch fürchtet man eine 
veitere Ausdehnung der Epidemie. 
uuf dem Eisenwerke der Herren Gebr. Krämer dahier aus 
Nordamerika eine Vestellung von 120,000 Ceniner eiserner Ei⸗ 
enbahnschienen einlief. 
F. Als Geschworener zu der am 8. März nächsthin beginnen⸗ 
)en Schwurgerichtssession des 1. Quartals 1880 vwird aus dem 
danton St. Ingbert Herr Mich. Wack, Ackerer und Bürgermeister 
n Ommersheim, einberufen werden. 
F Kaiserslautern. Das dreizehnjährige Söhnchen eined 
Jiesigen israelitischen Metzgers hatte sich seit acht Tagen heimlich 
»om Hause entfernt, nachdem es bei verschiedenen Fleischkunden 
etwa 130 M. einkassirt hatte. Da kam ein Brief des Flüchtlings 
aus Basel an seine Eltern an, in welchem denselben mitgetheilt 
vird, daß ihr Söhnchen wohlbehalten in Basel angekommen, bei 
inem Metzger in die Lehre geireten sei und bereits verschiedene 
lusgaben gemacht habe. In dem Briefe spricht der Kleine die 
röstliche Hoffnung aus, einst als reicher Mann nach Hause zu⸗ 
rückzukehren. 
F H. Hanauer in Winnweiler hat ein Patent auf einen 
iachgebenden Korb an Stiftendreschmaschinen erhalten. 
F In Neustadt haben über 20 Meister die Beschickung 
der Ausstellung von Lehrlings-Arbeiten in Kaiserslautern zugesagt. 
Die auf Sonntag den 1. Februar nach Neustadt ausge⸗ 
chriebene Versammlung pfälzischer Brauer zählte etwa 100 Theil⸗ 
nehmer. Es wurde ein pfälzischer Bräuerbund gegründet, der sich 
dem schon gegründeten bayerischen Brauerbund anschließt. Als 
Borort wurde Kaiserslautern bestimmt, weshalb vier Kaiserslauterer 
Brauer, Köhl, Schuck, Janisch und Dr. Orth den Vorstand bilden. 
Als wünschenswerth erschien es den versammelten Herren, einen 
inheitlichen Schenkpreis des Bieres, 13 Pf., in der ganzen Pfalz 
jerbeizuführen, welches Ziel, wie aus den gemachten Mittheilungen 
jervorging, schon in eineni nicht kleinen Theil der Pfalz erreicht 
st; der Preis, um den das Bier an den Zapfwirth abzugeben ist, 
vurde jedem Brauer anheimgestellt. 
.Dr. Mehlis in Dürkheim ist mit einer Geschichte 
)er Völkerwanderung beschäftigt, die im Verlag von Cotta erschei⸗ 
ien soll und von welcher einzelne Theile bereils in der Zeitschrift 
„Ausland“ abgedrucdkt find. 
Bei der Mechenheimer Jagdverpachtung 
purde als Pachtpreis die Summe von 1630 Mi. erlöst; früher 
betrug derselbe 3154 Mark. 
F Der Stadtrath in Annweiler hat den Beschluß gefaßt 
ie vor einigen Jahren daselbst errichtete Mädchenarbeitsschule vom 
Zeptember an aufzuheben, um der Gemeindekasse die Ausgabe 
zu ersparen. 
. Glaubwürdigen Nachrichten zufolge wird die in Edenkoben 
zurch Versetzung des Notars Hoseus nach Speyer in Erledigung 
zekommene Notarstelle nicht mehr beseht. 
F. In Landau wurde am Sonntag Vormittag der kath. 
Ztadtpfarrer Seibel während der Predigt auf der Kanzel von 
inem Schlaganfalle betroffen, dem er noch am Nachmittage dessel⸗ 
ʒen Tages erlag. 
F G. H. Weber in Landau hat ein Patent auf eine Ein⸗ 
pann⸗ und Zugvorrichtung bei Drahtflecht⸗ Maschinen erhalten. 
F. Ingenheim. Eine ergöhliche Scene spielte sich im hie⸗ 
igen Bürgermeistereilocale ad. Frau X. war in ihrer Nachbar⸗ 
haft in den Verruf einet „Here gekommen. Als solche war sie 
elbstverstandlich im Stand, verschiedene Gestalten anzunehmen und 
zing sie öfters mit einetr Nachbarsfrau, beide in Katzen verwandelt, 
n der Nachbarschaft umher. Der Fuhrmann 3. hatte ganz be⸗ 
onders die nachtheiligen Folgen dieses Spukes zu tragen und be⸗ 
jauptete steif und fest, daß ihm Kuh und Pferd verhext worden 
eien. Eines Abends erwischte seine Frau wirklich zwei Katzen und 
rügelt die vermeintlichen Heren gründlich durch. Als nun am 
nächsten Morgen Frau X. zufällig in Folge einer Verwundung 
nit verbundenem Kopfe umherging, war es dem Fuhrmann sonnen⸗ 
lat, daß Frau und Katze identisch waren, und triumphirend er⸗ 
äählte er allen Nachbarn, wie die Hexe von seiner Frau tractirt 
vorden sei. Bald aber merkte er, daß mit Hexen nicht zu spassen 
Vermischtes. 
St. Ingbert, 4. Febtr. In heutiger Schöffen⸗ 
tzung kamen folgende Fälle zur Aburtheilung: 1) Ein Hand⸗ 
verlsbursche erhielt wegen Londstreicherei und Bettelns 60 Tage 
daft und wurde der Landespolizeibehörde überwiesen. — 2) Ein 
remder Händler erhielt wegen Hausirhandels 4 M. 50 Pf. Geld⸗ 
trafe. — 8) Zwei Handwerksburschen erhielten wegen Bettelns 
», bezw. 4 Tage Haft. 
Zur Schöffensitzung am 11. Februar haben als Schöffen 
erscheinen die Herren: Haud, Mülser in Rohrbach und Zott, 
caufmann zu Schnappbach. 
*St. Ingbert, 3. Febr. Das kgl. Landgericht Zwei⸗ 
‚rücken hat in seiner gestrigen Sitzung oen Geschaftsagenten und 
zerichtsvollziehergehilfen Fiͤcker von hier in mehreren Fällen 
et Veruntreuung ihm anvertrauter Gelder für überführt erklärt 
mind in eine Gefängnißstrafe von 18 Monaten verurtheilt. 
— Ueber den in voriger Nummer des „Anz.“ mitgetheilten 
»orfall in Sul zbach wird uns berichtigend mitgetheilt, daß 
er junge Mann, Namens Leistenschneider, indem er das Messer 
‚ebrauchte, aus Nothwehr handelte. Derfelbe war, ohne Veran⸗ 
assung von seiner Seite, während er einige Mädchen auf deren 
Zitten nach Hause begleitete, don mehreren jungen Bergleuten aus 
einem Muthwillen angegriffen und mißhandelt worden. Um sich 
er Angreifer zu erwähren und das eigene Leben zu schützen, hatte 
c zum Messer gegriffen. Er befindet sich bereits wieder in Frei⸗ 
eit, während die Complicen des Getödleten noch hinter Schloß 
nd Riegel sitzen. 
*Der „Zweibrüder Ztig.“ wird von hier geschrieben, daß