Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberker Anzeiger. 
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422. Samotag den 7. Februar 1880. 
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Deutsches Reich. I 
Muͤnchen, 3. Februar. Der zum Wittelsbacher Jubiläum 
dahier projectirte Festzug ist auf 234,000 M. Kosten berechnet. 
Hiernach wären also zu dem Magistratsbeitrage von 100,000 M. 
ioch 134,000 M. privatim aufzubringen. (Fr. K.) 
Muünchen. In der Kammer der Abgeordneten wurde der 
Vesetzeniwurf über das Spielen in auswärtigen Lotterien nach 
ängerer Debatte angenommen. Der Initiativantrag Kuby, betr. 
Artikel 6 des pfälzischen Notariatsgesezes, wurde in erster und in 
weiter Lesung einstimmig augenommen. — Die Anfrage Vaillant's 
iber die Stellung der Regierung zu dem Antrage beantwortete der 
zuftizminister dahin, daß eine definitive Entscheidung vor Annahme 
m Neichsrath unmöglich sei; er habe jedoch gegen das Gesetz keine 
crinnerung. 
Zum Etat der Ausgaben auf Reichszwecke brachte Abg. 
Daller den Antrag ein, an Se. Maj. den König die Bitte zu 
ichten, er möge Vaierns Vertreier im Bundesrath gegen die Mi— 
itärgesetz -Novelle und jedes weitere Septennat (Festsetzung der 
Bräsenzstärke des Heeres auf 7 Jahre) stimmen lassen. Die Be— 
ratung dieses Antrages und des Etats selbst wurde auf Antrag des 
Abg. Jörg für einige Tage aufgeschoben. 
Der Branntweinsteuer-Ausschuß der Abgeordnetenkammer hat 
ich in seiner Mehrheit für den Gesetzentwurf ausgesprochen und 
vie modificirenden Anträge der Referenten angenommen. 
Das preußische Abgeordnetenhaus hat in dritter Lesung 
in Gesetz über Besteuerung des Wanderlagerbetriebes ange⸗ 
ommen, ebenso nahm es den Gesetzentwurf über den Erwerb der 
Küheinischen und der Potsdam-Magdeburger Vahn für den preuß. 
Staat an. 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ schreibt: „Es ist vielfach die Rede 
on einer Anzahl neuer Steuern, welche dem Reichstag jetzt 
orgelegt werden sollen. Gutem Vernehmen nach ist feststehend 
ur die Wiedereinbringung der Brausteuer (Bayern nicht betreffend) 
ind der Börsensteuer und wahrscheinlich noch die Einbringung einer 
nittungssteuer.“ (Auch das isi uns schon genug.) 
Bei der Berathung des Justizausschusses des Bundesrathes 
iber den die Disziplinarstrafen behandelnden sechsien 
Abschnitt des Strafvollzugs-Gesetzentwurfs gab die Frage der kör⸗ 
erlichen Züchtigung Veranlassung zu einer prinzipiellen Debatte. 
Während von einer Seite die Beseitigung der als entbehrlich und 
chmiachvoll bezeichneten Strafart beantragt wurde, trat eine ent— 
egengesetzte Richtung für die Ausdehnung ihrer Zulässigkeit auf 
rwachsene Sträflinge aller Art ein. Sämmtliche Abänderungs⸗ 
vorschläge blieben aber in der Minorität und die Bestimmungen 
es Entwurfs wurden angenommen. Danach ist die körperliche 
züchtigung nur gegen nicht ehrberechtigte männliche Zuchthaus— 
träflinge für zulässig erklärt. 
Die in Aussicht genommene Vermehrung des deutschen 
)ecres bringt schon jetzt wieder eine Sturmfluth von Petitionen 
einet Provinzialstädie im Ueberweisung von Garnisonen in Fluß. 
eim Kriegsministerium gehen bereits solche Petitionen ein; in 
coßer Anzahl werden aber solche noch vorbereiiet. 
Die Abendblätter melden die Beförderung des Contre⸗Admirals 
jatsch zum Vice-Admiral. Dem General v. Kirchbach, welcher den 
detenen Abschied erhielt, ist der Grafentitel verliehen worden. 
Generallieutenant v. Pape ist zum General der Infanterie 
end commandirenden General des 5. Armeekorvs (Nachfolger 
stirchbach's ernannt. 
Die erste fächsische Kammer hat den Antrag der zweiten 
rammer, daß bei dem Bundesrath auf Abänderung des Gerichts⸗ 
osten⸗ Gesetzes hingewirkt werde, abgelehnt, nachdem der Justizminister 
enjelben als verfrüht bezeichnet hatte. 
Kronprinz Rudolph von Oesterreich ist am Mittwoch Morgen 
Uhr zum Besuch der kgl. Familie aus Prag in Dresden amn— 
crroffen und wurde von dem König und dem Prinzen Georg herz⸗ 
q begrüßt. 
jetroffen. Der Kaiser und die Mitglieder der kaiserlichen Familie 
empfingen die Kaiserin auf dem Bahnhofe und geleitete dieselbe nach 
dem Winterpalais. Die Kaiserin fuhr in einem geschlossenen zwei⸗ 
pännigen Wagen und wurde auf dem Wege durch die mit Flaggen 
eschmückte Stadt von der dichtgedrängten Menschenmenge, welche 
zpalier bildete, mit begeisterten Zurufen begrüßi. 
Auf die Vorstellungen der Mächte hat Montenegro sich 
ntschlossen, von den angedrohten Sequestrationen der Besitzthumer 
her Mohamedaner in den neuokkupirten Gebietstheilen abzufehen. 
In einer anscheinend von unterrichteter Seite herrührenden 
Zuschrift der „Pol. Corr.“ aus Montevideo wird dringend vor der 
luswanderung nach Uruguay gewarnt. Die dortige Regierung 
nacht zwar den Auswanderungslustigen durch eigens aufgestellie 
Agenten die größten Versprechungen, hält diese aber niemals ein. 
ẽben jetzt wurde den europäischen Vertretern der Republik ein Cir— 
rular zugeschickt, in welchem den Auswanderern freie Ueberfahrt, 
mentgeltlichet Unterhalt bis zu einem gewissen Zeitpunkt, soivie 
der unentgeltliche Besitz von Grundstücken zugesichert und üherhaupt 
die Verhältnisse der Einwanderer in einem so rosigen Licht darge- 
tellt werden, daß so mancher europäische Landbauer sich nur zu 
eicht täuschen lassen könnte. Mögen dieselben es wohl beherzigen, 
aß alle diese Versprechungen leerer Schall sind, da der Erfüllung 
erselben sich ausnahmslos unübersteigliche (wohlweislich geheimge⸗ 
haltene) Hindernisse in den Weg stellen. 
Vermischtes. 
K Echule und Militär.) Interessant und lehrreich ist 
olgende Tabelle aus dem Jahre 1878 über die Ausgaben einiger 
änder für das Schulwesen und das Militär. Die Kosten de— 
iefen sich pro Kopf der Bevölkerung: 
a) für Unterricht: b) für Militär: 
l. Nordamerika (Vereinigte 
Staaten)... n8 Mk. 5,56 Mk. 
Schweiz... 258 4, 
England...... 2,64 , .4.44 
Deutschland .. 2,08, 9.,166, 
. Desterreichh 1,3686 5,566, 
3. Frankreich WF 1,168 18,00, 
7. Italien WWWVW 0,5328, 6,28, 
f Eine Anzahl Viehhändler aus der Pfalz beabsichtigen eine 
Vetition an die Abgeordnetenkammer zu richten, wegen Abanderung 
des Gesetzes über die Besteuerung des Gewerbebetriebs im Umher⸗ 
iehen. Sie empfinden nämlich die Besteuerung, soweit sie von 
herselben getroffen werden, als eine Ungerechtigkeit, da der Vieh— 
jandel seiner Natur nach eben gar nicht anders als im Umherziehen 
netrieben werden kann. 
Der Stadtrath von Pirmasens hat die Erbauung 
iner für sämmtliche städtischen Schulen ausreichenden Turnhalle 
ind eines Spritzenhauses beschlossen. 
fKaiserslautern. Nach der „Kais. Ztig.“ wurden 
inigen Commis hiesiger Geschäfte, die es mit der Ratrheit zu bunt 
rieben, seitens ihret Prinzipale ihre Stellung gekündigi. 
F Die „Pfälz. Volksztg.“ in Kaiserslautern, welche schon 
ermöge ihres demokratischen Standpunktes der projectirten Ver— 
nehrung des deutschen Heeres nicht freundlich zugethan ist, versteht 
8 doch, aus dem Uebel, wenn es unvermeidlich sein sollte, das 
Hhute herauszuziehen; sie empfiehlt nämlich, wenn man Platz für 
as vermehrte Militär braucht, Kaiserslautern als Garnisonsort. 
zo seht wir den Kaiserslauterern die Garnison gönnen, müssen 
vir doch sagen, am liebsten wäre es uns, wenn der Kriegsminister 
jar nicht in die Lage kaäme, sich nach Casernen für noch mehr 
zoldaten umsehen zu müssen. 
f Otterberg. In Vetreff der zu erbauenden Lautetthal- 
ahn wurde in einer Sitzung des Stadtraths und verschiedener 
jiesiger Interessenten beschlossen, an geeigneter Stelle dahin vor—⸗ 
tellig zu werden, daß der Bahnhof, der für Otterberg in Betracht 
ommt, möglichst nahe an die Stadt verlegt werde. Insbesondere 
burde dabei in's Auge gefaßt, daß die bezügliche Bahnlinie bei 
Ausland. 
Petersburg, 4. Februar. die Kaiserin ist heute Nach⸗ 
nitiag 4 Uhr bei heiterem, milden Wetter wohlbehalten hier ein⸗