Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

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M 2838. 
Sonntag den 8. Februrr 
— 1880. 
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Deutsches Reich. 
München, 6. Febr. In der heutigen Sitzung beider Ge⸗ 
meindekollegien gab Buͤrgermeister Erhardi ein Schreiben Sr. 
Majestät des Koͤnigs belannt, worin jenen Programmabschnitten 
—A auf Einleitung von 
Festtagen, auf Abhaltung von Gottesdienst für Civil und Militär, 
sowie auf Veranstaltung von Schulferien beziehen, zugestimmt, je— 
doch gebeten wird, von prunkvollen Festlichkeiten, wodurch München 
und übrigen Landesorten Kosten erwachsen könnten, Umgang zu 
nehmen. 
Aus der Sitzung der Abg.Kammer vom 3. Februar ist noch 
Folgendes zu erwähnen: Eine Petition der Bezirksgeometer 
wurde, soweit sie Verbesserung der Lage anstrebt, der Regierung nach 
Ausschußantrag zur Würdigung hinübergegeben; soweit dieselbe 
indeß Einreihung unter die pragmatischen Beamten erbittet, wurde 
über sie zur Tagesordnung uͤbergegangen. 
Nach dem „Pf. K.“ werden diejenigen unserer Landtagsab⸗ 
geordneten, welche auch Mitglieder des Reichstages sind, an den 
ersten Sitzungen desselben nicht theilnehmen können, weil ihre An⸗ 
wesenheit in unserer Kammer noch erforderlich ist. Man hofft aber 
jetzt, daß das Budget, das bekanntlich schon Ende September ds. 
an den Landtag gelangte, bis zum 20. ober 21. ds. Mis. verein. 
bart sein wird und dann die Vertagung des Landtages erfolgen 
kann. Einige Regierungsvorlagen werden wohl unerledigt auf die 
Sommersession übergehen müssen, unter diesen wahrscheinlich auch 
die beiden Gesetzentwürfe, welche Credite für außerordentliche Be— 
dürfnisse des Heeres verlangen. 
Das Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 8 publizirt heute die 
von Sr. Maj. dem Konige d. d. Hohenschwangau den 1. Februar 
sanktionirten zwei Gesetze betreffend die Vervollständigung des Staats⸗ 
eisenbahnnetzes und die pfalzischen Eisenbahnen. (Im ersten Ge⸗ 
setzentwurfe sind mit 31800 000 M. bewilligt die Linien Wiesau⸗ 
Redwitz, Dinkesbühl-Feuchtwangen, Stodheim⸗Ludwigstadt⸗Landes⸗ 
grenze, Neumarkt a. R.-Landshut, Gemunden-Hammelburg; im 
letzteren die Linie von Kaiserslautern nach Lauterecken mit 4prozen⸗ 
tiger Zinsengewährleistung für 4300 000 M., ferner für die Bahn⸗ 
linien Bitsch-Saargemünd,, Zweibrücken- Saargemünd einer⸗ und 
Saargemünd- Saaralben anderseits eine Zinsengewährleistung von 
41 Prozent für 265 000 M. Ban—-⸗ Vund Einrichtungslapital 
bewilligt.) 
Aus Berlin wird der „Mgdb. Z.“ geschrieben, daß es mit 
der vom Reichskanzler gewollten Regelung der Gütertarife auf den 
deutschen Eisenbahnen gute Wege zu haben scheine; dem nächsten 
Reichstag wenigsteus werde daͤrüber leine Vorlage zugehen. Es 
scheinen die zu überwindenden Schwierigkeiten groß zu sein. 
Am Donnerstag trat das preußische Abgeordnetenhaus in 
die Berathung des Budgets des Culusministeriums. Aus der Rede 
des Cultusministers v. Puttkamer ist die Bemerkung von Wichtig⸗ 
deit, daß der Ausgleich mit der Curie, nur stattsinden werde aus— 
dem Boden der preußischen Landesgesetzgebung. 
Ueber die angeblich vom Reichskanzler projectirte Wehrsteuer 
erfährt man Folgendes: Es ist beabsichtigt, jedem Manne, der vom 
Militardienst besteit ist, und zwar ohne Rücksicht auf den Grund 
der Befreiung, also auch wegen körperlicher Gebrechen, für die 
Dauer der zwolfjährigen Dienstzeit alljährlich eine Steuer aufzu— 
erlegen und zwar bis zu einem festen Einkommen von 1000 M, 
jährlich 4 M. und dann mit einem festen Procentsatz von höherem 
Einkommen. Es ist berechnet worden, daß dadurch ein Ertrag er⸗ 
zielt werde, welcher die beabsichtigen Mehtausgaben für den Mili— 
täretat nahezu deckt. Ob und wie weit nun diese Absichten greifbart 
Gestalt gewinnen werden, bleibt abzuwarten; unglaublich ist's nicht, 
daß so etwas geplant wird, denn die Fruchtbarkeit an Steuerpro⸗ 
jecten ist jezt sehr groß. 
Der Contre⸗Admital Bats ch (der das Geschwader beim Zu⸗ 
sammenstoße des Großen Kurfürst“ kommandirte) ist außer seinet 
—&t zum Vize⸗Admital zugleich das Adelsbrädilat verliehen 
worden. 
In Baden stoßt die Regierung mit ihrem Bestreben, den 
Tonflict zwischen Staat und Kirche zu beendigen, auf unerwartel 
große Hindernisse. Die Commission der Abgeordnetenkammer für 
das Exramengesetz beschloß mit 10 gegen 8 Stimmen zu beantra⸗ 
gen, daß die Kammer gar nicht in die Berathung der Regierungs— 
vorlage eintreien möge. 
Ausland. 
Paris. Die Zahl der Todten, welche bei dem Eisen⸗ 
bahnunfalle bei Argenteuil umtamen, betragt über zwanzig, 
die der Verwundeten über hundert. 
Auf der Insel Kreta sollen kürzlich blutige Zusammenstöße 
zwischen Muhamedanern und Chriften statigefunden haben. 
Philadelphia, 5. Februar. (Für den Schutzzoll.) Die 
don der republikanischen Konvention beschlossenen Resolutionen be— 
ämpfen jede Aenderung des jetzigen Finanzsystems, protestiren gegen 
jeden Versuch, durch Handelsverträge einen neuen Zolltarif einzu⸗ 
führen und sprechen sich gegen den Freihandel und für die bis— 
derige Schutzzollpolitik aus. 
Die republikanische Konvention von Pennsylvanien hat 
hre Delegirten bei der Nationalkonvention instruirt, die Aufstellung 
des Generals Grant zum Kandidaten für den Präsidentensitz der 
Vereinigten Staaten zu befürworten. 
Die Chilenen halten jetzt nahezu die ganze peruanische 
Küste blokirt. 
Vermischtes. 
Gerüchtweise verlautet, der Reichstagsabgeordnete für Kai— 
erblantern, Dr. Zinn, beabsichtige, sein Mandat niederzulegen. 
.7 In Frankenthal und Neustadi sieht die Polizei den But⸗ 
erverkäufern scharf in die Korbe. In beiden Städten wurde von 
derselben auf den Wochenm ärkten der letzten Woche Butter wegen 
zu leichten Gewichtes beschla gnahmt. 
f Bei der Herxheimer Jagdverpachtung wurden diesmal 
nicht so viel Mark erlöst, als früher Gulden. 
F In englischen industriellen Kreisen erregt es nicht geringes 
Aufsehen, daß die Lieferung der für die im Bau begriffene Forth⸗ 
brücke erforderlichen Gußstahlplatten (Bessemer) Herrn Krupp in 
Efsen anvertraut worden ist und zwar weil seine Oferie 3 Lstr. 
pr. Tonne billiger war als die der englischen und schottischen 
Mitbewerber. 
F Der Kaiser hat für die auf dem Schachte Meißen bei 
Minden Verunglüdten und deren Himterbliebene eine Unterstützung 
von 1000 M. bewilligt. 
FEchwerer Diebstahl.) Von dem Tegeler Militärschieß— 
platze wurde am 2. ds. ein 16 Centner schweres Geschützrohr, ein 
ogenannter Zwölfpfünder, gestohlen. Das Rohr fand sich am fol⸗ 
genden Tage bei einem Berliner Schlosser vor; die drei Diebe sind 
verhaftet. 
Der erste Versuch, Fleisch in frischem Zustande von 
Australien nach London zu bringen, ist vollständig geglüdt. 
Der Dampfer Strath Leven, welcher mit einer Ladung von aus 
70 Stück todtem Rindvieh, 500 geschlachteten Schafen und 40 
JZentner Butter am 7. Dezember aus Sydney absegelte, lief am 
Montag wohlbehalten in die Themse ein, und der Zustand der 
ꝛadung ist alsbald mit der Zunge geprüft worden. Sowohl 
Fleisch wie Butter sollen sich vorlrefflich gehalten und ihren Ge— 
chmack vollkommen bewährt haben. Die Aufbewahrung im Schiffs⸗ 
'aum ist wenig kostspielig. Es ist somit eine neue, und zwar 
ausgiebige Bezugsquelle für Fleischnahrung eröffnet. 
F Augenentzündung durch zu enge Halskragen veranlaßt. 
Wie dem „Niederschl. Anzeiger“ aus Grünberg mitgetheilt wird, 
Jat ein Mitglied des dortigen Gewerbevereins vor Kurzem in Folge 
ingetretener Augenentzündung den gesuchten Augenarzt Herrn Pro⸗ 
essor Dr. Förster in Breslau deßhalb konsultirt, weil er glaubte, 
die Augentzunduug und der dauernde Drud in den Augen sei die 
angsam zu heilende egyptische Augenkrankheit. Der Arzt habe ihm 
jedoch nach stattgehabter Untersuchung der Augen mitgetheilt, daß 
die Entzündung nur alleind herruhre von dem Tragen zu enger 
dalskragen, und daß mit dem Tragen weiterer Kragen die Ent⸗ 
ündung der Augen schwinden würde. Dies ist auch geschehen. 
herr Professor Dt. Förster hat bei dieser Gelegenheit noch erklärt,