Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
Dder St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich? mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) ericheint wochentlich viermal: Dienstag, Dounerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementépreis beträgt vierteliahrlich 
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mii 13 — fur die viergespaltene Zeile Blatischriit oder deren Raum, Neclamen mit 30 A vro Zeile berechnet. 
M 3. Sonntag den 4. Januar 
Iso. 
—A 
Muünchen, 830. Dez. Das Präsidinum der Abgeordneten⸗ 
kammer hat den Ersatzmann des Abg. Dr. Freyburger, Landge⸗ 
richtsdirector Reiffel' in Kaiserslautern, direct in die Kammer 
einberufen, scheint demnach der Ansicht zu sein, daß die Beforder⸗ 
ung desselben vom Bez.⸗Gerichtsrath zum Landgerichts- Director kein 
Grund zu einer Neuwahl sei, wie sie bei der Beförderung eines 
sein Mandat bereits ausübenden Abgeordneten erforderlich ist. Herr 
Reiffel hat auch seine Bereitwilligleit, der Einberufung Folge zu 
leisten, bereits erklärt. (Fr. K.) 
Muünchen. Im Finanzministerialblatt Nr. 35 werden die 
Messungsbezirke, wie sie sich vom 1. Januar 1880 an zusam⸗ 
mensetzen, bekannt gegeben. Im Bestande der Messungsbezirke der 
Pfalz treten Aenderungen nicht ein. 
Berlin. Der „Reichsanzeiger“ meldet: Der hiesige spa— 
nische Gesandte übermittelte dem Auswärtigen Amte 10,000 Mark, 
welche der König von Spanien für die Nothleidenden in Ober— 
schlefien aus seiner Chatoulle spendete. Der kaiserliche Gesandte in 
Madrid erhielt den telegraphischen Auftrag, dem König Alfons für 
diese hochherzige Gabe, den lebhaften Dank Sr. Majestät des 
staisers und Königs auszusprechen. 
Ausland. 
London, 1. Januar. Nach einer Meldung der „Daily 
News“ aus Kabul vom 26. Dezember ist der Feind vollständig 
zersprengt, und beträgt sein Gesammwerlust 2000 Mann. Während 
der Empörung herrschte in der von den Engländern verlassenen 
Hauptstadt eine völlige Schredensherrschaft; Laden wurden gebplün— 
der Weiber mißbanßelt. friedliche Hindus erschossen. 
schwellen, Telegraphenstangen, gefrorene Dunghaufen, Garkenzäune, 
Bäume, Bretter ꝛ⁊c. zeigen, daß die entfesselten Wogen des sonst so 
uhigen Flusses in seinem oberen Lauf arg gehauft haben müssen. 
Wie es flußabwärs aussieht, kann man sich vorstellen — überall 
jzat der Fluß seine Ufer überschritten und wir werden wohl von 
dielem Unglück hören. Die Erde ist noch fest gefroren und kann 
zas durch Abschmelzen frei werdende Wasser nicht aufnehmen. 
Feldmäuse und Maulwürfe, deren man viele auf dem schwimmen⸗ 
Jen Eise bemerkte, wie sie sich vergeblich aus dem nassen Elemente 
zu retten suchen, dürften schon seit Langem nicht so gründlich ver⸗ 
tilgt worden sein. 
F Neun kirchen, 31. Dez. Vorgestern Morgen verunglüdte 
der Bergmann Peier Casper aus Nohweilerhof, indem derselbe zu 
Bahnhof Türkismühle von einem Eisenbahnzuge überfahren und 
hm beide Beine zermalmt wurden. Derselbe ist noch am selben 
Tage im hiesigen Knappschaftslazareth, wohin er gebracht worden, 
gestorben. Der Verunglückte war 29 Jahre alt, verheirathetz und 
hinterläßt 3 Kinder. — 
Wiesbaden, 30. Dez. Als bei einer gestern im Parle 
beim Jagdgeschoß Platte abzuhaltenden Jagd der berühmte Augen⸗ 
arzt, Geh. Hofraih Dr. Pagenstecher, in einen Schlitten einsteigen 
wollte, ging plötzlich dessen geladene Lefaucheux⸗Flinte los, der 
Schuß durch seine Hand, dann durch den Backeenknochen und durch 
den Kopf. Der Schwerverletzte befand sich einige Stunden in hin⸗ 
gebendster Pflege beim Verwalter des Schlosses. 
4 Vom Oberrhein, 31. Dez. Man will wieder eine regere 
Auswanderungslust nach den Vereinigten Staaten Amerikas wahr⸗ 
iehmen. Wer über alle möglichen Verhältnisse über dort das 
Sicherste, Zuverlässigste unentgeldlich erfahren will, dem können 
wir nachstehende Herren empfehlen. In Antwerpen J. W. Würden; 
Bremen Pastor Peter Schlösser; Hamburg Th. Meyenberg; Rotter⸗ 
dam Jakob Zoller; Newyork Josef Kölble. Weitere Herren sind: 
—XX 
dave der deutsche Geistliche P. Lambert Rethmann; Porto⸗Allegro 
stlemens Wallau. Wir bemerken noch dazu, daß diese Herren nur 
dollkommenen Schutz und Fürsorge garantiren boönnen, wenn alle 
Angelegenheiten der Reise von Haus aus und von Anfang an mit 
hnen brieflich berathen und ihr Rath streng befolgt wird. 
Frau Hannah Mathilde von Rothschild in Frankfurt hat 
der Frankfurter israelitischen Waisenanstalt für Herstellung eines 
Anbaues an das Anstaltsgebaude den Betrag von 30,000 Mark 
gestiftet. 
Stutitgart, 31. Dez. Ein gräßliches Verbrechen ist gestern 
Abend in der Weberstraße 55b, eine Treppe hoch, begangen wor⸗ 
den. Der daselbst wohnende, etwa 40 Jahre alte Zimmermann 
Ferd. Waibel ist sammt seiner Frau und zwei Kindern ermordet 
worden. Nur eine Tochter von etwa 13 Jahren und ein Sohn 
don etwa 8 Jahren sind, übrigens ebenfalls mit erheblichen Ver⸗ 
letzungen am Kopfe, noch am Leben, allen Andern sind die Hirn⸗ 
schalen mittels eines Hammers oder einer Art eingeschlagen worden. 
Der Anblick, den die Wohuung bietet, ist grauenhaft. Der Mann 
auf dem Boden, die Frau im Bett in Blutlachen, der lleine Säug⸗ 
ling in der Korbwiege neben der Mutter, laum mehr als mensch⸗ 
liche Gestalt, blutbedeckt, zu erlennen, ein anderes Kind, ebenfalls 
ermordet, gänzlich mit Blut bedecktt; kurz ein unbeschreibliches Bild, 
des Entsetzens. Der That verdächtig ist der 48jährige einaͤugige 
Bruder des Ermordeten, ein Mühlarzt, der seit einigen Tagen hier 
jum Besuch bei seinem Bruder war und flüchtig ist. 
München, 30. Dez. Die Commandantur dahier gibt 
helannt, daß das kursirende Gerücht; „es seien im Militärgefang⸗ 
nisse dahier drei Soldaten erfroren“, vollstandig aus der Luft 
gegriffen ist. 
4 Neuulm, 27. Dez. Der Gewinner der 10.900 M. der 
Münsterlotterie ift Polizeidiener Luitgart von Dellmenfingen. Der⸗ 
'elbe hat sein hübsches Christlindgeschenl schon abgeholt. Den ersten 
Hewinn sollen zwei Eisenbahnbedienstete in Schleswig gewonnen 
haben. für den zweiten hat sich noch Niemand gemeldet 
Vermischtes. 
St. Ingbert, 83. Jan. EEingesandt.) Wäre es nicht 
möglich auch hier wie in unseren Nachbarstädten St. Johann, Saar⸗ 
brücen, Neunkirchen u. a. einen Verein zu gründen, damit dem 
lästigen Betteln von Fremden endlich abgeholfen würde. 
Mehrere Bürger. 
Zweibrücken, 1. Januar. Ein Theil unserer Stadt, 
nämlich der größte Theil der Hauptstraße, die Poststraße, Wall⸗ 
traße, Löwengasse, ein Theil der Hintergasse, Alexanderstraße, so⸗ 
wie das Mühlgäßchen stehen unter Wasser; letzteres nimmt immer 
größere Dimensionen an, stellenweise ist es beinahe 1 mm hoch. 
Sollte der Regen nicht nachlassen, so ist zu befürchten, daß es in 
hauser, Läaden ꝛc. dringt und Schaden verursacht. Auch die be⸗ 
aachbarten Doͤrfer, insbesondere der Ort Bubenhausen, stehen zum 
gröoßten Theil unter Wasser. 
fF Kaiserslautern. Jener Handwerlsbursche, von dem wir 
neulich gemeldet, daß er mit vollständig erfrorenen Füßen im 
Breitenauer Hofe eintraf, ist am 28. d. am Starrkrampf gestor⸗ 
z»en, bevor die nothwendig gewordene Ampuiation der erfrorenen 
chliedmaßen vorgenommen werden konnte. 
f Aus Saarbrücken, 2. Jan. schreibt die Saarbr. Zig.: 
Seit vorgestern, bis heute früh 5 Uhr, ist das Wasser der Saar 
in fortwahrendem Steigen begriffen. Am Mittwoch Abend 9 Uhr 
bereits war bei 83 m Wasserhöhe der Leinpfad überschwemmt; am 
folgenden Abend 6 Uhr betrug die Wasserhohe ber its 6,59 m und 
erreichte ihren Stand heute früh 5 Uhr mit 7,13 m. Seitdem 
jällt das Wasser langsam, Zoll für Zoll. Unser schönes Saarthal 
von Saargemünd bis hier glich gestern und heute einem großen 
See, aus dem gleich Inseln einzelne Städte, Dörfer und Etablisse⸗ 
ments sich erhoben. Hier stand das Wasser bis in der Canalftraße. 
ein Wasserstand, wie wir ihn seit 1841 nicht mehr hatten. Tausende 
von Menschen standen gestern und heute auf den Vrücken und an 
den Ufern des zum reißenden Strome gewordenen Flusses, um dem 
jeltenen Naturschauspiele zuzusehen. Knirschend brachen sich die 
vom gewaltigen Strome fortgerissenen Eisblöͤde an den Pfeilern 
der Brücken. In St. Johann stand gestern bereits das Fluß⸗ und 
GBrundwasser in vielen Kellern von Häusern an der Soarseite und 
während der Nacht hatten auch die nieder gelegenen hiesigen Keller 
Wasser. Allerband mitgerissene Gegenstande. Vrücken, Eisenbahn⸗