Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
Dder Et. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich? mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mil illustrirter Bei—⸗ 
age) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutaqg. Der Abonnementspreis betragt vierieliahrlich 
40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 A0 60 , einschließlich 420 — Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 B, von Auswarts 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blatischrist oder deren Raum, NReclamen mit 30 — pro Zeile berechnet. 
43 26. Samstag den 14. Februar 1880. 
23 
Deutsches Neich. 
Wie ein München er Correspondent des „Pf. K.“ ver— 
ummt, wird die Dauer des Landtags bis zum 20. d. Mts. 
»erlängert werden. Man hofft, daß bis dahin außer dem Budget 
amentlich auch der Gesetzentwurf über den Branntweinaufschlag 
nit beiden Kammern vereinbart sein wird. 
Durch Einführung des Branntweinaufschlages werden in 
Bayern 69 neue Aufschläger⸗Stellen nothwendig 
Muͤnchen. Nachdem der Finanzausschuß der Abgeordneten⸗ 
ammer den Zuschuß für die Pfälzer Bahnen, welcher von der 
stegierung mit 8,157, 170 M. eingestellt war, auf 2,700,000 M. 
estzustellen beschlossen, ist nach den bisherigen Beschlüssen für den 
Abschluß des Budgets folgendes Ergebniß in Aussicht zu nehmen: 
Die Ausgaben werden sich berechnen auf 220,802,000 Martk, die 
cSinnahmen auf 217,639 500 Mi., jedoch abgesehen vom Eriräg⸗ 
niß der Brannweinsteuer. Hiernach bliebe noch die Summe von 
2,662,600 M. ungerechnet; wenn man die Branntweinsteuer auf 
662,000 Mt. veranschlagt, verbliebe noch ein Defizit von 1 
Million, welches sich um soviel erhöht, als die Branniweinsteuer 
iwa geringer veranschlagt wird. Sonach kann die Bilanzirung 
»es Budgets keiner Schwierigkeit unterliegen und ist in leinem 
xyalle eine Erhöhung der direiten Steuern nothwendig. Zu be— 
zauern ist nur, daß kein Budget eines Einzelstaates und nament- 
ich lein bayerisches Budget eine zuverlässige Bilanzirung mehr zu⸗ 
ißt. weil die Matrikularbeitrüge niemals auch nur mit einiger 
Bestimmtheit bemessen werden können. Während die Staatste-⸗ 
gerung dieselben mit 16,800,000 Mark, die Kammer der Abge— 
ezdneten mit 16 Millionen rund einstellt, was kein erheblicher Un⸗ 
erschied ist, würden nach dem Entwurf des Reichsetats, soweit 
xujetzt bekannt ist, für das Jahr 1880 81 bereits ca. 19 Mill. 
cforderlich sein und ist ein Einfluß der Erhöhung der Zoölle nicht 
emerlbar. Wenn nun auch angenommen werden kann, daß bei 
ur einiger Besserung der Lage durch die Mehreinnahmen in 
Zahern das Defizit von 1 Million jedenfalls gededt werden kann, 
achdem die Einnahmen fast sämmtlich sehr niedrig eingestellt wur⸗ 
ꝛen, ist es doch zweifelhafi, ob durch diese Mehteinnahmen auch 
me erhebliche Vermehrung der Matrikularbeiträge ausgeglichen 
perden kann. Es ist deshalb unabweisbar, daß das Reich für 
ᷣhere Ausgaben, wenn sie bewilligt werden sollten, auch die 
dechungsmiltel selbst beschaffe und nicht durch Vermehrung der 
Natrikularbeiträge das Gleichgewicht der Budgets in den Einzel- 
caaten immer störe; am Besten wäre es, wenn die Mehrausgaben, 
»weit als thunlich, durch anderweitige Ersparungen ausgeglichen 
vurden. 
Im Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer hielt 
»i Feststellung des Zinszuschusses für die Pfalzischen Bahnen der 
lbgeordnete Schlör eine längere Rede über die Lisherige Ent⸗ 
videlung der Pfalzischen Bahnen, über die Geschichte der Fusion 
nd die wahrscheinliche Gestaltung der Verhälinisse der Zukunft. 
er betonte, daß die Ausdehnung des pfälzischen Bahnneyes in 
en letzten zehn Jahren eine Junahme um 103 pCt., der Verkehr 
ui denselben aber nur eine solche um 34 pCt. aufweise, und 
mpfahl angelegentlichst die Erwerbung der Pfalzischen Bahnen 
vurch den Staai, indem er die Regierung zugleich bat, sich über 
esen Wunsch ihrerseits zu außern. Minister v. Pfretzschner er⸗ 
laärte indessen jede Aeußerung darüber für unpassend und nur 
ceignet die Stellung der Staatsregierung zu der ganzen Frage 
ind zu den Actionaren zu erschweren. Daraufhin stellten der 
Uba. v. Schlör und später auch der klerikale Abg. Daller eine 
iesbezügliche Anregung im Plenum der Kammer in Aussicht. 
Bayerischer Landtag.) Die Kammer der Reichsräthe 
rtlärte sich in der Sitzung vom Jö. ds. M. mit der von der Ab 
eordnetenkammer beschlossenen Erhohung der Telegramm⸗Worttare 
von 3 auf 5 Pf. einverftanden, ebenso mit dem Antrage, daß das 
Speyerer Lycenm aufgehoben und das Regensburger Reaigymnasium 
mwein humanistisches umgewandelt werden möge. Abweichend vom 
jeschslusse der Abgeordnetenkammer dewilligte sie die Mittel für acht 
eue Bezirksssamtsassessoren⸗Stellen. 
Der Aufstellung des bayerischen Militärbudgets für 
das Rechnungsjahr 188081 ist nachstehende Etatsstärke der Ar⸗ 
mee zu Grunde gelegt: Offiziere 2136 (1 mehr als im Vorjahre) 
uind zwar: Infanterie: 18 Infant.⸗Regimenter, und die Militär⸗ 
Zchießschule 1050, 4 Jägerbataillone 72, Suͤmma 1189; Ka⸗— 
zallerie: 10 Regimenter und die Equitationsanstalt 256; Ariillerie: 
Feldartillerie 4 Regimenter 184, Fuß-Artillerie2 Regimenter 90, 
usammen 274; Pioniere ꝛc. 2Bataillone und 1 Eisenbahn⸗ 
dompagnie 56; Train: 2 Bataillone 28; besondere Forma⸗ 
ionen, als: Hartschiere, Halbinvaliden, Kriegsakademie, Ärtillerie— 
ind Ingenieurschule, Kriegsschule, Cadettenkorps, Lehrschmiede, 
Oberfeuerwerkerschule, Militar⸗Gefängnisse und Arbeiter⸗Abtheilung 
38; nicht regimentirte Offiziere Kriegsministerium, höhere 
Truppenbefehlshaber, Gouverneuré, Kommandanten und Platzma⸗ 
ore, Adjutantur-Offiziere, Generalstab- Vermessungswesen, Inge⸗ 
nieurkorps, Train⸗Depots, Artillerie- und Waffenwesen, technische 
Institute ꝛc.) 295 (1 mehr als im Vorjahre)y; Man nschaften 
18.244 und zwar: 6076 Unteroffiziere (45 weniger), 87 Zahl⸗ 
meister⸗ Adsriranten, 590 Unteroffizier⸗ und 897 Gemeinen⸗Spiel⸗ 
eute, 38,554 Gefreite und Gemeine (5 weniger), 920 Lazareth⸗ 
Behilfen und Sanitätstruppen (50 mehr); 1120 Oekonomie⸗ 
dandwerker; Militär-Aerzte 197; Zahlmeifter 913 Veterinäte 
»4 (1 mehr), 74 Büchsenmacher und 10 Sattler. Die eingestellte 
zahl der Dienstpferde ist 8786. hievon hat die Kavallerie 6890. 
die Artillerie 1600 und der Train 236. 
Der bay erische Verwaltungsgerichtshof hat 
n einem Erkenntniß ausgesprochen, daß die Prüfung und Ent—⸗ 
cheidung der Frage, ob zum Betriebe einer Schankwirthschaft ein 
Bedürfniß vorhanden ist oder nicht, Sache des freien administra⸗ 
iven Ermessens und deshalb der Verwaltungsgerichtshof zur Ver⸗ 
bescheidung desfallsiger Beschwerden nicht zuständig sei. 
General⸗Pardon gibt das bayerische Finanz-Ministerium 
esp. die Rentämter bezw. Steuerausfchüsse allen denjenigen Kapital⸗ 
entensteuerpflichtigen, welche bei der demnächstigen Neuanlage der 
dapitalrentensteuer aus eigenem Antriebe eine be Wahrheit gemäße 
Fassion angeben, wenn sich herausstellen sollte, daß gegen früher 
was verschwiegen worden sei, da die bett. Behörden voh der Ber⸗ 
nuthung ausgehen wollen, daß die gänzliche oder theilweise Ver— 
hweigung fruͤher nur in fahrlässiger Weise statigefunden hat und 
)emgemäß von Stellung eines Sirafantrags Umgang genommen 
werden soll. Wird freilich auch diesmal wieder verschwiegen, dann 
exfolgen beim Betretuͤngsfall scharfe Strafen. 
Die bei der am Donnerstag stattgehabten Eröffnung des 
deutschen Reichstags verlesene Thronrede kündigt die so⸗ 
ortige Vorlage des Budgets an, wobei die Erhohung der Matri— 
ular⸗Beitrage, sowie eine Anleihe für unaufschiebbare Aufwendungen 
ils erforderlich vorgesehen seien. Ferner soll dem Reichstage eine 
borlage über 2jährige Budget-Perioden, sodann das Militairgesetz 
inter Hinweis auf die in den Nachbarstaaten vorgekommenen um— 
angreichen Erweiterungen in den Heereseinrichtungen, wodurch 
Deutschland unbeschadet seiner friedfertigen Politik im Interesse 
einer Sicherheit und zur Vervollstandigung seiner militärischen Ein⸗ 
tichtungen gezwungen sei, vorgelegt werden. 
Angekündigt werden ferner: Vorlagen über die Verlangerung 
)cs Sozialistengesetzes, über Abwehr gegen Viehsenchen, über das 
Vfandrecht, sowie Vorschläge über die Erweiterung der deutschen 
andelsbeziehungen mit den Südsee⸗Inseln. Die Thronrede schließt: 
Deutschlands Beziehungen zum Auslande sind friedliche und 
reundschaftliche zu allen Mächten. Die Bestimmungen des Ber— 
iner Friedens fanden Ausführungen in nahezu allen ihren Fest— 
etzungen. Deutschland wird sich nach wie vor an allen weiteren 
Bestrebungen zur dauernden Sicherstellung des Friedens eifrig 
ꝛetheiligen. 
Die Politik des Kaisers bleibt in Uebereinstimmung mit den 
riedlichen Neigungen des deutschen Volkes auf die Erhaltung des 
Friedens gerichtet und wird nicht nur mit bollet Uneigennußigkeit 
ür denselben eintreten, sondern auch unter Buürgschaft gleichgesinnter 
Nachte den Gewinn desselben sicher zu stellen suchen“