Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzei 
Ingberler Anzeiger. 
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A 36. 
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Donnerstag, den 3. März 1881. 
Deutsches Reich. 
(Bayerischer Laudtag.) Die wichtigsten Paragraphen 
des Haussteuergesetzes, wie sie nach den Beschlüssen der Abgeord— 
aetenkammer nunmehr lauten sollen, sind die folgenden: 
8 8. Bei Villen und anderen Luxusgebäuden in Gemeinden, 
in welchen die Arealsteuer zur Erhebung kommt, kann die Verhält— 
nißzahl bis zum Doppelten oder Dreifachen des regelmäßigen Be— 
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neinden befindlichen Gebäuden von Fabriketablissements soweit sich 
letztere in wirklichem Betriebe befinden. Nebengebäude, welche 
risschließend landwirthschaftlichen Zwecken dienen, bleiben von der 
Frhöhung der Verhältnißzahl unberührt. Für diese Feststellungen 
jann vom Rentamte die Mitwirkung der Gemeindebehörde, sowie 
»er Organe der Brandversicherungskammer in Anspruch genommen 
verden. Gegen die rentamtliche Berechnung ist Beschwerde zur 
Regierung, Kammer der Finanzen, zulässig, welche hierüber nach 
Finvernahme der Diftriktsverwaltungsbehörde und eines unbetheiligten 
Sachverständigen in kollegialer Berathung endgiltig entscheidet. Die 
näheren Vollzugsanordnungen werden von der Staatsregierung 
erlassen. 
8 14. Zu Musterhäusern werden solche gewählt, welche ganz 
»der zum größeren Theile wirklich vermiethet sind. Gebäude, bei 
velchen außergewöhnlich günstige oder ungünstige Verhältnisse be— 
tehen und auf die Höhe der Miethzinse Einfluß haben, sind von 
der Aufnahme unter die Musterhäuser ausgeschlossen. Als Muster- 
häuser können übrigens nur solche Gebäude benützt werden, bei 
welchen der vom Eigenthümer und von den Miethbewohnern 
uingegebene Miethertrag von sämmtlichen Taratoren anerkannt 
und gegen deren Wahl, Geltungsbereich und Mielhsätze von 
leinem anderen Hauseigenthümer innerhalb einer unerstrecklichen 
Frist von 14 Tagen, von der öffentlichen Bekanntmachung der 
Musterhäuser, ihres Geltungsbereiches und ihrer Miethsätze an, ein 
begründeter Einspruch erhoben worden ist. Ueber die Einsprüche 
der Hauseigenthümer entscheidet, soferne dieselben nicht von dem 
ibgeordneten Kommissar für bebründet anerkannt werden, die Re— 
gierung, Kammer der Finanzen, in kollegialer Berathung. 
8 24. Eine Reklamation gegen die regulirte Häusersteuer kann 
nit Erfolg überhaupt nur dann ergriffen werden, wenn eine Prä— 
gravation von mindestens 9 Mark Miethertrag gegeben ist. 
8 37. Für neu aufgeführte Gebäude beginnt die Steuerpflicht 
mit Ablauf des dem Jahre, in welchem der Neubau vollendet wurde, 
folgenden Kalenderjahres. Die Gemeindebehörden sind verpflichtet, 
nach Maßgabe der vom Stactsministerium der Finanzen ergehenden 
Anordnungen über alle in ihrer Gemeinde Statt gefundenen Neu— 
zauten periodische Anzeigen zu erstatten und im Betreffe der Kataster⸗ 
'ortführung die verlangten Aufschlüsse zu ertheilen. 
Die Aenderungen am Grundsteuergesetz, sowie sie die Steuer⸗ 
flichtigen berühren, sind ganz unbedeutend. Ansprüche auf Nück— 
xrsatz bezahlter Grund und Haussteuer erlöschen, wenn sie während 
dreier auf einander folgender Jahre, von dem Zahltag an gerechnet, 
zei der Behörde, an welche die Zahlung erfolat ist. nicht geltend 
gemacht worden sind. 
(Bayerischer Landtag.) Der Ausschuß der Abgeord⸗ 
netenkammer für die Novelle zum Landtagswahlgesetz hat den 
Besetzentwurf, wie er aus den bisherigen Berathungen hervorge— 
zangen und von dem Regierungskommissär im Benehmen mit den 
eidert Schriftführern des Ausschusses redigirt worden war, ein— 
fimmig angenommen. Mit der mündlichen Berichterstattung in der 
Kammer wurde Herr Abg. Dr. Daller beauftragt. Der Streit⸗ 
punkt über die Diäten wurde dahin entschieden, daß nur die nicht 
in München wohnenden Abgeordneten eine Entschädigung von 10 
M. pro Tag beziehen sollen. Außerdem soll jeder Abgeordnete 
für die Landtagsdauer eine Freikarte für die Staatsbahn erhalten 
und die von den Bahnen entfernt wohnenden Abgeordneten für die 
reffende Strecke eine einmalige Vergütung von 50 Pf. für je einen 
Kilometer der Zu⸗ und Abreise. 
Der Petitionsausschuß der bayerischen Abgeordnetenkammer 
»af die Vetition der Vosthoötfen um Entschädigung für ihre Mühe 
in Besorgung der sogenannten Zustellungsurkunden dem Finanzaus⸗ 
schusse zur Berücksichtigung beim nächsten Budget zugewiesen. 
Der Bundesrath wird bei den Verhandlungen über den In— 
nungsentweurf nicht umhin können die zahlreichen Petitionen 
u berücksichtigen, welche aus allen Theilen Deutschlands gerade zu 
dieser Vorlage eingelaufen sind. Im Allgemeinen läßt sich nicht 
verkennen, daß in gewerblichen Kreisen die Tendenz, das Hand⸗ 
verk durch positive Berechtigungen zu stärken, Billigung findet. 
Doch steht man mit entschiedenem Mißtrauen denjenigen Punkten 
der Vorlage gegenüber, welche den Innungsverwallungen gestatten, 
mit ihren Reglements über den Bereich der Innung hinauszu⸗ 
zreifen und durch die eine zu weitgehende Einmischung der Be— 
hörden in das gewerbliche Corporationswesen ermöglicht wird. 
Nach der „Nationalzeilung“ wird Varnbüler demnächst im 
Reichstag einen zahlreich unterstützten Antrag einbringen, wo—⸗ 
nach unter Aufhebung des Prinzips des Unterstützungswohnsitzes 
die Heimathberechtigung (wie in Bahern kraft dessen Reservatrechts) 
wieder zur Grundlage der Beziehungen zur Gemeinde gemacht wird. 
Der Antrag will Freizügigkeit und Gewerbefreiheit unangetastet 
assen und die Erwerbung der Heimrathberechtigung an einen 
ünfjährigen Aufenthalt knüpfen. Die jetzigen Landarmenverbände 
ollen zur Uebernahme der Kosten für Irre, Unheilbare und ähn— 
liche Fälle aufrecht erhalten bleiben. 
Eine Reihe deutscher Versicherungsgesellschaften hat an den 
Bundesrath und Reichstag eine Petition gerichtet, worin ersucht 
vird, das Unfallversicherungsgesetz abzulehnen, dagegen 
die Erreichung des Zweckes desselben durch Verbesserung und Er—⸗ 
zänzung des Reichshaftpflichtgesetzes sicher zu stellen. Die Petenten 
zegründen ihr Gesuch hauptsächlich damit, daß die Errichtung einer 
nonopolisirten Reichsunfall-Versicherungsanstalt in die berechtigten 
Interessen, in den Geschäftsbetrieb, die Leistungsfähigkeit und die 
Fxistenzbedingungen der Privatversicherungsgeschaften schädigend und 
zerstörend eingreifen werde. 
Der deutsche Kaiser derlieh dem französischen Botschafter 
St. Vallier den schwarzen Adlerorden — eine ganz hervorragende 
Auszeichnung. 
Die „Nat.«Ztg.“ schreibt, die Thatsache von Unterhandlungen 
Preußens mit Rom werde ihr besstätigt: es handle sich um 
Verhandlungen von Fall zu Fall und scheine augenblicklich die 
Verwaltung des erledigten Bisthums Fulda in Frage zu stehen. 
Auslaud. 
Im österreichischen Abgeordnetenhaus wurde der Antrag 
dienbacher's auf Verkürzung der achtjährigen Schulpflichtdauer 
nach stürmischer Debatte in dritter Lesung mit 113 gegen 79 
Stimmen angenommen. 
Der Zusammentritt der internationalen Münzkonferenz zu 
Paris ist nunmehr für den 18. resp. 19. April ausgesetzt. Die 
Verhandlungen sollen in drei Sprachen, französisch, deutsch und 
nglisch geführt werden; ebenso sollen die Protokolle in diesen drei 
Sprachen redigiert werden. 
„Independance Roumäine“ behauptet bestimmt, RNumänien 
verde am 10. Mai zum Königreich proklamirt. 
Serbien hat bei der Gewehr- und Waffen-Fabrik Gebrüder 
MNauser und Co. in Oberdorf (Württemberg) eine Lieferung von 
120.000 Gewehren aufgegeben. Friedensaussichten! 
Vermischtes. 
Im Jahre 1880 sind in der Pfalz 15 altive und 13 
densionirte Lehrer gestorben. Das Durchschnittsalter der aktiven ist 
14,6 Jahre, das der pensionirten 61 Jahre. 
Aus dem Jahresbericht des landwirthschaftlichen Konsum— 
bereins für den Bezirk Homburg geht herbvor, daß der Verein 
m letzten Jahr ca. 50,000 M. umschlug, und zwor wurden be— 
ogen an künstlichen Düngemitteln ca. 4820 Ztr., welche kosteten 
32,000 M., an Oelkuchen ca. 2000 Ztr. fuͤr 14,000 M. und 
dleie ca. 1000 Zir. für 5000 M. 
F Die am Sonntag in Kaiserslautern abgehaltene 
Bersammlung von Vertretern pfälzischer Gewerbevereine war be— 
schickt von Frankenthal. Grünstadt. Kaiserslautern. Kirchheimbolanden.