Full text: St. Ingberter Anzeiger

im Jahre 1879). Der Reingewinn beträgt, nach Abzug der M. 
7812. 18 betragenden Unkosten, M. 19,521. 083. Der Reservefonds 
heträgt M. 17,070. 53; der Delkredere⸗ Conto M. 36,000. 
F Auch in Alsenz hat man einen Bergruisch zu verzeichnen. 
In einer der letzten Nächte rutschte der fest ans Ort angrenzende 
Hammelsberg und drüdte die Seitenwand einer Scheune ein. Ein 
Weiterrutschen dieses Berges steht bevor und bedroht eine ganze 
Hauferfroni, die an diesen Berg grenzt. 
4 Eine Anzahl Aktien der „Aktienbrauerei Kaiser s lau⸗ 
bern“ wurde durch einmaliges Inserat zum Verkaufe ausgeboten. 
An dem ersten Tage schon waren sämmtliche Objekte zu guten 
Preisen abgesetzt. Es ist dies, sagt die „K. Z.“, ein Zeichen, daß 
diese Papiere wieder recht beliebt sind und genanntes Unternehmen 
biel zu thun hat. 
In Waldsee haben sich für die Auswanderung nach 
Amerika auf Kosten der dortigen Gemeindekasse bereits 19 Familien 
mit 74 Kindern und 8 erwachsenen ledigen Personen angemeldet. 
Anter den 19 Familien befindet sich eine Wittwe. Die Gesammt⸗ 
zahl der Angemeldeten beträgt 119 Personen. 
Aus Speyer meldet die „Speierer Ztg.“: „Die hier 
erscheinenden llerikal-konservativen Blätter möchten auf Grund der 
jamstäglichen Zwangsinnungsversammlung gerne glauben machen, 
daß der ganze Gewerbestand Speiers mit Sack und 
pack in das freiheitsfeindliche Lager übergegangen sei. Dem ge— 
genüber ist einfach zu konstatiren, daß die von dem hiesigen Ge— 
verbeverein am 24. Februar in Umlauf gesetzte Liste zur Samm⸗ 
lung von Unterschriften für die Gewerbefreiheit am 26. Fe— 
bruar, Abends 6 Uhr, mit 176 Unterschriften von nur Ge⸗ 
werbetreibenden versehen war. Die Liste konnte nicht 
länger zirkuliren, da sie am 27. Februar von den hiesigen Dele— 
girien dem Vororte überbracht werden mußte.“ Dagegen berichtet 
die „Pfälzer Ztg.“ „Die Petition der hiesigen Handwerker und 
Bewerbetreibenden um Abschaffung der Gewerbefrei— 
heit und Einführung von Zwangsinnungen ist, 
mit 312 Unterschriften bedeckt, an ihren Bestimmungsort abge— 
angen.“ 
Eine Gesellschaft englischer Kapitalisten trägt sich mit dem 
Plan, einige pfälzische Städte (Landau, Speier, Ludwigshafen., 
Frankenthal) sowie Mannheim und Worms mit gutem Trink— 
wasser zu versorgen, das denselben mittelst großartiger Leitung 
zus einer starken Quelle im Tunnel bei Münchweiler, 
Kanton Pirmasens, zugeführt werden soll. Angeregt wurde die 
Sache von Hrn. Ingenieur Adolph Lindemann, dem Erbauer der 
Pirmasenser Wasserleitung. 
FSaarbrücken, 7. März. (Der Fahnenring des 29. 
Infanterieregiments.) Wie die „Saarbr. Ztg.“ meldet, ist kürzlich 
im Spichernwalde vom Kommunalförster Herrn Weißmüller der 
Fahnenring des 8. Bataillons des niederrheinischen Füsilierregiments 
Rr. 39 aufgefunden worden, welches bei dem von ihm so tapfer 
aröffneten Siurm auf die Spicherer Höhen so schwere Verluste er— 
litt. Der Ring, von dem Finder dem hiesigen Bürgermeisteramt 
abgeliefert, wird an das Regiment zurückgelangen. 
4 Als Ursache des Kasernbraindes in St. Avold wird 
Brandstiftung vermuthet, was allerdings nicht unwahrscheinlich ist, 
da das Feuer an mehreren Stellen zugleich hervorbrach und in 
kurzer Zeit das ganze Dach in Flammen stand. Der Schaden 
läßt sich jetzt noch nicht genau angeben, bemißt sich aber nach 
Hunderttausenden. 
7 Nach neuester Anordnung der hessischen Ludwigs— 
bahn müssen nunmehr für alle Kinder über 8 Jahre zur Eisen— 
dahnfahrt Billete gelöst werden. Hat ein Kind kein Billet, so soll 
eine Strafe von 6 Mark angesetzt werden. 
4Einen Eisenbahn⸗-Unfall recht eigenthümlicher Art, der sich 
am Sonnabend auf der Main⸗Weserbahn zugetragen hat, berichtet 
die „Hess. Morgenzeitung“. Als der nach 4 Uhr in Kassel 
abgehende durchgehende Tagesschnellzug Berlin-Frankfurt auf Station 
Kirchhain anlangte, entstieg einem Wagen 2. Klasse ein Offizier 
mit dem Bemerken, daß er keinesfalls in dem verlassenen Wagen, 
der über alle Gebühr heftig hin- und herschaukele und nicht zum 
Aushalten stoße und rumpele, weiter fahren werde, man möge ihm 
ein anderes Coupé anweisen. Das Fahrpersonal bedauerte, kein 
anderes Coupo disponibel zu haben, und war über die Ausstellungen 
des Passagiers sehr verwundert, dieser jedoch beharrte energisch auf 
seinem Verlangen — und da entdeckte man denn, daß der (zum 
Blück auf drei Axen laufende Wagen) ein Rad verloren hatte, das 
auf irgend eine Weise defect geworden war, ohne daß dieses bis 
dahin das Fahrpersonal oder die Aufsichtsbeamten bemerkt hatten, 
da der betreffende Wagen auf 5 Rädern noch leidlich im Zug 
nitgelaufen war. Die Gefahr, in der der Schnellzug geschwebt 
hatie, war übrigens größer gewesen, als man zuerst nachdem man 
ie glüdlich üaerstanden, angenommen, indem auf einer Strecke von 
ö Kilometern das andere Rad sämmiliche Bolzen, Schrauben ꝛc. 
an den Schienen geschädigt und gelockert hatte, von der Stelle an, 
wo das Rad defect geworden war. 
F Dieser Tage ereignete sich in Mestz folgender lustige Vor. 
all. Aus dem Fenster des zweiten Stockes eines Hauses daselbft 
vinkte eine Frau ängstlich einem vorübergehenden Polizeibeamten 
ind rief ihm zu, er möchte doch an der Hausthüre stehen bleiben. 
kaum hatte der Schutzmann diesem Wunsche entsprochen, als die 
Frau bestürzt und die Hände ringend unten ankam mit den Wor. 
en: Gott sei Dank, jetzt bin ich gerettet; mein Mann hat einen 
Nordversuch gegen mich begangen!“ Der angeklagte Ehemann kam 
einer Ehehalfte alsbald nachgestürzt, erklärte mit großer Ruhe 
»eren Aussage als der Wahrheit gemäß und zog gleichzeitig den 
Revolver aus der Tasche. Der Schrecken über diese Kaltblüligkeit 
nachte jedoch schnell großer Heiterkeit Platz, als dieses Mordin 
trument sich bei näherer Besichtigung als eine Cervdelatwurst er— 
vies, welche genau die Form eines Revolvers hatte und von der 
Ferne aus auch als ein solcher erscheinen mußte. Vollständig aus— 
jesohnt folgte die Frau lachend ihrem Manne zurück in die Wohnung. 
F München, 9. März. Der Abgeordnete Domkapitulat 
Dr. Anton Schmid ist heute Morgen um 1 Uhr gestorben. 
F Das „Attentat“ auf die Ludwigsstatue. Wie man schreibt, 
st man den Thätern der an der Münchener König Ludwigsstatu⸗ 
erübten Büberei auf der Spur; es sollen drei Polytechniker sein— 
Dder von ihnen im Arm des Pagen zurückgelassene Farbentopf 
vurde, wie es heißt, ihr Verräther, da man durch ihn die Käuferin 
er rothen Farbe, ein kleines Mädchen, ermittelte. Sie werden 
hren Thorenstreich theuer zu büßen haben. 
F Weiteste Verbreitung verdient eine an die „Tribüne“ ge— 
ichtete Zuschrift, welche für die Schadloshaltung unschuldig Ver— 
irtheilter eintritt. Ein gewisser Lembach aus Göltingen wurde 
im 22. Juni 1878 wegen Majestätsbeleidigung zu 30 Jahren 
vefängniß verurtheilt. Heute, nachdem der Unglückliche langer als 
wei Jahre in der Gefangenschaft gelitten hat, stellt sich heraus, 
haß er auf das falsche Zengniß zweier Personen hin veruͤrtheili 
vorden ist. Der eine dieser Zeugen war vorbestraft, der andere 
aß wegen Brandstiftung im Zuchthause. Dies ist, wenn wir nicht 
rren, der fünfte oder sechste Fall, in welchem nachträglich entdeät 
vurde, daß aus gemeiner Rachsucht abgelegte falsche Zeugnisse in 
ener Periode schweres Unglück über Unschuldige gebracht haben 
Kürzlich ist in Essen ein ganz ähnlicher Fall vorgekommen.) Jetzt 
vo man damit umgeht, der Gesellschaft die Verpflichtung zuzuer 
ennen, den ohne Schuld im Fabrikbetrieb beschädigten Ärbeiter 
hadlos zu halten, scheint der Gedanke sehr nahe liegend, daß man 
ich due des ohne Schuld durch Richterspruch so schwer Getroffenen 
annehme. 
Hamburg, 6. März. (Falschmünzer.) In diesen 
Tagen hat unsere Polizei durch die Verhaftung zweier Falschmünzer 
inen prächtigen Fang gemachi. In letzter Zeit machten in unsern 
einsten Restaurants ein Herr von Sierra, spanischer Grande, und 
in Herr Baron von Worneck, dessen Güter feiner Versicherung 
jemäß in Schlesien liegen, durch ganz fabelhafte Ausgaben ein ge⸗ 
wisses Aufsehen. Da die beiden Herren im Ganzen auch noble 
Manieren zur Schau trugen, gelang es ihnen bald, mit Herren 
der hiesigen Aristokratie Umgang zu pflegen, ja selbst in der Ge— 
ellschaft eine gewisse Rolle zu spielen. Verschiedene Wahrnehm⸗ 
ingen machten jedoch die Polizei aufmerksam und schließlich wuͤrde 
)aussuchung gehalten. Das Resultat war ein überraschendes: man 
and in dem Zimmer des angeblichen Barons von Sierra, der 
ohne alle Papiere betroffen wurde, nicht allein eine große Menge 
pöchst werthvoller Schmucksachen, sondern vor Allem eine große 
Unzahl von Apparaten zur Herstellung von Münzen, einen vor⸗ 
üglich gebauten Schmelzofen und eine Menge der erforderlichen 
ohen Metalle. Bisher leugnet sowohl Baron don Siera als auch 
Zaron von Worneck. Der 'letztere kam übrigens vor kaum einem 
Jahre hier mittellos an und hat innerhalb dieser Zeit so viel Geld 
jemacht, daß er nach Genf übersiedeln wollte, wo er den Kauf 
ines größeren Besitzthums beabsichtigte. Man vermuthet, daß— 
Zierra ein Glied der großen spanischen Fälscherbande ist, welch⸗ 
üngst zum großen Theil eingesperri wurde. 
Eine Anzahl Notabilitäten von Berlin und andern Orter 
erlassen einen Aufruf zu Gunsten von Geldsammlungen für die 
Boeren, um ihnen die Wohlthaten geordneter militärischer Sani⸗ 
ätseinrichtungen zu verschaffen. Fließen die Gaben reichlich, so 
sollen deutsche Aerzte und Krankenpfleger nach Transvaal gesandt 
werden. Auch die demnächst vermuthlich bevotstehende Beendigung 
des Krieges macht diese Maßregel nicht überflüssig, da die Boeren 
vohl noch längere Zeii von den Folgen des Krieges zu leiden haben 
verden. — Sendungen sind an Herrn Konsul C. Gärtner, Pots⸗ 
damerstraße 86 4, Berlin, zu adressiren. 
fUngeheure Heiterkeit herrschte am Montag Vor— 
mittag in dem Audienzzimmer des Einzelrichters auf dem Molken⸗ 
narkte in Berlin, welche selbst den Richter, den Amtsanwali 
ind den Gerichtsschreiber mit ergriff. Mit noch 19 Schichsalsge⸗ 
iossen wurde ein kleiner, schwächlicher, noch nicht 20jähriger Mensch 
em Einzelrichter vorgeführt, der wie die übrigen Arrestaͤnten beim 
Betteln atrappirt worden war. Es entspann sich mit ihm nun