Full text: St. Ingberter Anzeiger

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„MM.42. 
Sonntag, den 13. März 1881. 
Deutsches Reich. 
Gerüchtweise wird aus München gemeldet, daß der Kriegs⸗ 
mir?er datauf beharrt, sein diesjähriges Budget noch durch die 
.Westehende Kammer berathen zu iassen, und zwar entweder 
— D0—— im Juni nochmals statt⸗ 
ewlende Einberufung der Abgeordneten. Das Mandat derselben 
Aijcht mit dem 15. Juli. Das Gerücht gewinnt dadurch an 
ein.ijcheinlichkeit, daß die betreffenden Geniedirektionen schon vor 
20 gen Wochen strengste Weisung erhalten haben sollen, in kür— 
au Aer Zeit Kostenvoranschläge und Pläne für Erbauung zweier 
aus xnen in Bayreuth und Amberg für zwei aus der Pfalz zurück⸗ 
F hnde Bataillone anzufertigen. Das Militaäͤrbudget soll auch ein 
Mo nzit von einigen hunderttausend Mark ausweisen. Angenehme 
icht! 
»nn vDie Ausarbeitung einer Verordnung über die Einführung eines 
Eisenbahnrathes im jenseitigen Bahern, wurde vom König 
genehmigt. 
In den Ausschuüssen des Bundesraths hat man die Be⸗ 
calhung des Gesetzes üͤber die Bestrafung der Trunksucht nahezu 
heeudet. Der Eniwurf wird trotz der von einzelnen Seiten ange— 
regten Bedenken ziemlich unverändert im Bundesrath angenommen 
werden. Damit durfte denn die Reihe der Vorlagen für den 
Reichsstag im Wesentlichen abgeschlossen sein. 
Das Wehrfteuergesetz ist, wie schon erwähnt im Bundes— 
rath angenommen worden, und zwar mit einer Zusatzbestimmung, 
wonach der aus der Wehrsteuer der Reichskasse zufließende Ertrag 
den Buͤndesstaaten nach dem Matrikularfuße überwiesen werden soll. 
WBom Reichstag wurde der Antrag Stumm auf Ueber⸗ 
weisung der Vorlage betreffs Einführung zweijähriger Etatsperioden 
in eine Kommission mit 127 gegen 111 Stimmen angenommen. 
Es wird nach der „Voss. Zig.“ beabsichtigt, den Reichstag 
m Mai aufzulösen. Die Neuwahlen fallen dann in den Juli und 
s liegt dabei die Berechnung zu Grunde, daß das die ungünstigste 
Zeit für die liberalen Parteien sei. — Bei dem letzten parlamen⸗ 
arischen Diner erklärte Bismarck, daß er auf das Zustandekommen 
des Ünfallversicherungs-Gesetzes noch in dieser Session das aller⸗ 
zrößte Gewicht lege. 
Die wuͤrtembergische Abgeordnetenkammer hat nach kurzer 
Debatte den Antrag ihrer Finanzkommission, die Regierung zu er⸗ 
uuchen, sie möge im Bundesrath auf Einführung des Tabakmonopols 
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Ausland. 
Die Unannehmlichkeit eines kriegerischen Conflikts zwischen 
den Engländern und den Aschanti's scheint beseitigt, nach— 
hem der König der Aschanti's hat erklären lassen, sein Abgesandter 
habe seine Befugnisse überschritten. Der König bemerkte, er sei 
ein Freund der Engländer und denke nicht daran, ihnen den Krieg 
zu erklären. (Da wird es den Engländern wieder etwas leichter zu 
Muthe werden.) 
4 Die „S. Pr.“ brachte die Mittheilung von einer bevor⸗ 
stehenden Convertirung des 4/2 procentigen Anlehens der pfäl⸗ 
zischen Eisenbahnen in ein 4procentiges. Wie der „Pf. K.“ nun 
demerkt, ist die Sache zwar angeregt, aber bisher kein Bescheid 
der Regierung darüber ergangen. 
p'In Reckarau Waden) hat sich dieser Tage ein gräß⸗ 
liches Unglück zugetragen. Eine dortige Wittwe hat die Gewohn⸗ 
heit, mit einem 14 Jahre alten Nachbarskinde mit einem unge⸗ 
adenen Gewehr zu spielen, welches von ihrem Manne her in ihrem 
Besitze war. Vor einiger Zeit hatte die Frau das Gewehr verliehen 
und es geladen zurück erhalten, von welchem Umstand ihr indeß 
nichts bektannt war. Es setzte nun die Frau ein Zundhütchen auf 
das Gewehr und drückte es, in der Meinung, es sei nicht geladen, 
los und ver Schuß fuhr dem Kinde durch Kinn und Hals, so: daß 
sofort dessen Tod eingetreten ist. 
4ꝓ Aufsehen erregte jüngst ein in Offen burg Gaden) 
verhandelter Schwurgerichtsfall, in welchem ein 17jähriges Mäd— 
chen, Sophie Ernst, eine 74jährige Verwandte, deren Pflege sie zu 
rühren hatte, aus Unlust an dem gebundenen Leben erschlug. Wegen 
hrer Jugend erhielt die Mörderin nur eine Strafe von 14 Jahren 
Zuchthaus. 
4In Hessen hat das Ministerium in einem Zirkular an 
ämmiliche Bürgermeistereien des Landes anempfohlen, mit Tanzer⸗ 
aubnißscheinen sehr sparsam zu sein, und namentlich nicht zu dulden, 
daß junge Leute unter 17 Jahren auf den Tanzboden erscheinen. 
uIn Würzburg humpelte dieser Tage, auf eine Krücke 
gestützt, in hohem Grade Mitleid erregend ein Mann in einer gut 
»esuchten Wirihschaft herum, mit klaͤglichen Worten eine Gabe 
Jeischend und erhielt reiche Spenden. Ein Gast, der sonst sich ge⸗ 
rade nicht gern buͤckt, war sogar so gutherzig ihm ein Geldstück vom 
Voden aufzuheben. Als der Bettler die Thür hinter sich hatte, 
nahm er die Krücke auf die Schulter und ging laut lachend, eiligen 
Z„chrittes davon. 
In verschiedenen Gegenden Deutschlands haben in 
Folge des anhaltenden Regenwetters Ueberschwemmungen stattge⸗ 
umden. — Aus Ungarn werden mehrfache Dammbrüche in Folge 
Zochwassers, sowie der Einsturz einer Eisenbahnbrücke der Südbahn 
gemeldet. 
4Eine interessante Kopulation fand vor einigen Tagen vor 
inem Siandesbeamten in Berlin statt. Die Herren Wilhelm 
ind Max W., Zwillingsbrüder, heiratheten die Damen Anna und 
Martha H., Zwillingsschwestern und nebenbei Kousinen ihrer Gat⸗ 
en. Die Aehnlichkeit der Paare ist eine so auffallende, daß im 
Vorzimmer des Standesbeamten für einen Augenblick die unrichtige 
Zraud an den Arm des unrichtigen Bräutigams kam. Erhöht 
vird die außerordentliche Aehnlichkeit noch dadurch, daß die beiden 
HZraute von Kindheit an ganz gleich gekleidet gingen; nur den 
aächsten Bekannten war es möglich, die Personen von einander 
zu unterscheiden. Max W. geht mit'der Gattin nach außerhalb, 
d daß weitere Verwechslungen vorläufig vermieden werden. 
F Unter den Schiffen, welche dieser Tage in Folge der heftigen 
Ztürme an der schottischen Küste gescheitert sind, befindet sich auch 
je VBremer Bark „Friedrich Pethes“. Zehn Mann von der 
Besatzung sind ertrunken. 
(Mittel gegen Zahnschmerzen.) Dr. Spörer hat nach 
Wiener med. Bl“ gegen Zahnschmerzen das folgende Verfahren 
rprobt: Man nimmt 3 bis 4 Kornchen (circa 5 Centigr.) Chloral⸗ 
yydrat, wickelt diese in ein kleines Tröpfchen Watte (nur um die 
dörnchen beisammenzuhalten), legt diesen Tampon mit seinem In⸗ 
jalte in die Höhlung des kariösen Zahnes und läßt ihn da liegen, 
bis das Chloralhydrat aufgelößt ist, wo dann auch jedesmal nach 
wenigen Minuten der heftige Zahnschmerz komplet geschwunden war. 
4 Eine umfangreiche Persönlichkeit. Vergangenen Montag 
präsentirte sich im Bahnhofe von Orleans ein Reisender von 
phänomenaler Korpulenz und nahm ein Billet dritter Klasse nach 
hordeaux. Als es sich darum handelte einzusteigen, stellte sich die 
Unmöglichkeit heraus, die Fettmasse in den Waggon zu bringen. 
der Maun ist erst 22 Jahre alt, wiegt 210 Kilogramm und hat 
inen Umfang von 3 Metern. Der Stationschef sah sich ge— 
Vermischtes. 
St. Ingbert. Der hiefige Vorschuß-Verein zählte am 
Schlusse des Vorjahres 485 Mitglieder, 57 mehr als 1879. Dem 
Rechenschaftsberichte pro 1880 entnehmen wir, daß der Verein im 
letzten Geschäftsjahre einen Gesammtumschlag von 7,617,183 M. 
hatte, und einen Reingewinn von 14,907 M. erzielte. Aus dem 
Reingewinne sollen nach dem Vorschlage des Verwaltungsrathes zur 
Vertheilung kommen: 7 96 Dividende auf hierzu berechtigte Stamm⸗ 
antheile im Betrage von 9808 M., ein Beitrag zum deutschen und 
ofälzischen Verband mit 120 M., 10 0 Abschreibung auf Mobilien 
mit 32 M., Stipendien an Fortbildungsschüler mit 50 M., 1761M. 
zum Delcrederefond und 3120 M. zum Reservefond, wodurch dieser 
die Höhe von 24,000 M. erreicht. Die Verwaltungskosten betrugen 
im verflossenen Jahre 6480 M. Die Stammantheile beliefen sich 
auf 163,415 M. Der Reservefond stand am Schlusse des Ge⸗ 
schaͤftszahres auf 20,880 M., der Delerederefond auf 5799 M. 
däs Spärkassen⸗Conto betrug 315,877 M. 
* Die Verwesung der prot. Pfarrei St. Ingbert wurde 
bom 11. März ab dem ständigen Vikare Herrn Olto März in 
FInsheim übertragen.