Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler AAnzeiger. 
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M6. 
Sonntag, den 9. Januar 
1881. 
Deutsches Reich. 
Aus München schreibt man dem „Nürnb. Korr.“! Dem 
Vernehmen nach sollen die von Griechenland an die Erben des 
Königs Ludwigs J. zu entrichtenden 2,600,000 Franks, welche 
zur Errichtung eines Fideikommisses für die Descendenz des Prinzen 
Adalbert bestimmt sind, bereits zur Zahlung angewiesen sein, und 
es dürfte diese Summe demnächst in die Hände der Empfangs- 
berechtigten kommen. 
Frankfurt, 6. Januar. Fünfzehn theils in Darmstadt 
und Mannheim verhafteten Sozialdemokraten, deren Namen bis 
jetzt nicht bekannt wurden, sind alle zur Aburtheilung vor dem 
Reichsgerichtshof nach Leipzig übergeführt worden. 
Der Gouverneur der Festung Straßburg, Generallieut. 
b. Schkopp, der Kommandant Generalmajor Bauer und der Poli— 
zeidirektor v. Saldern sollen Gesuche um Enthebung von ihren 
Stellen eingereicht haben, und zwar deßhalb, weil der Statthalter 
das vom Gouverneur gegen die Straßburger Feuerwehr, die be—⸗ 
kanntlich gegen einen Truppentheil in betheiligender Weise aufge⸗ 
treten war, erlassene Verbot öffentlicher Umzüge aufgehoben habe. 
Wenn wahr, sa gabe diese Nachricht allerhand zu denken. 
Vermischtes. 
F Wie die „Zw. Zig.“ schreibt ist unser neuer Bezirksamt⸗ 
mann, Hr. Dr. Emil v. Schlagintweit bereits vor einigen 
Tagen in Zweibrücken eingetroffen; seine förmliche Einführung 
in's Amt soll nächsten Montag Statt finden. 
F Aus Saarbrücken, 7. Jan. berichtet die „Srbr. 3.“: 
Gestern wurden nach Aushebung der nöthigen Rinne, von der Post 
bis zur neuen Brücke und längs der Saar bis zur Hafeninsel, mit 
der Legung von fünf unterirdischen Kabeln à 7 Drähten begonnen, 
durch welche die seitherigen oberirdischen Leitungen der hiesigen 
Telegraphenstation ersetzt werden sollen. Heute dürfte die An— 
splissung der neuen Leitung an das Saarkabel und demnächst die 
Beseitigung der alten oberirdischen Leitungen erfolgen. 
F Aus Pechelbronn (Elsaß) wird berichtet, daß man 
dort beim Bohren nach Petroleum in einer Tiefe von 175 Meter 
auf eine außerordentlich reiche Erdölschicht gestoßen ist. 
F Wie aus London geschrieben wird, ist der Dampfer 
„Montgomeryshire“, der vor wenigen Tggen von dort seine erste 
Reise nach China antrat, an der spanischen Küste zu Grunde ge— 
gpgen Die aus etwa 50 Personen bestehende Mannschaft iss 
ertrunken. 
Drisbehörde dahin zu wirken, daß dieselben polizeilich ausgewiesen 
werden. 83. 
Der andere Theil der Vereinskasse — bei reger Betheiligung 
hoffentlich der Haupttheil derselben — dient, nach Abzug der ge⸗ 
ringen Vexwaltuͤngskosten, zur Unterstützung der Dürftigen in hie⸗ 
siger Stadtgemeinde. 84 
Behufs Aufklärung über Unterstützungsbedürfniß bestimmt 
Ausschuß aus der Reihe der Vereinsmitglieder 12 Vertrauensmänner, 
möglichst gleichmäßig entfernt in den verschiedenen Stadttheilen 
wohnend. Dieser Commission liegt es ab, unter den Einwohnern 
in Bezug auf Hilfsbedürftigkeit beständig und mit Vermeidung 
des Aufsehens Umschau zu halten und nach bestem Gewissen als⸗ 
dann über den Befund empfehlende Vorschläge an die Unterstütz- 
ungsbeörde gelangen zu lasen. ß 
Da der doppelte Zweck des Vereins desto besser erreicht wird, 
je einiger und allgemeiner die Einwohnerschaft mitwirkt, so soll 
der Ausschuß sich an die bestehende Polizei- und Armenpflege⸗ 
Behörden wenden und nach Verständigung — Einvernehmen 
mit diesen die Grundsätze feststellen, welche die Art und Weise der 
Ausführung dieser Statuten bestimmen sollen, damit sie möglichst 
hren Endzweck erreichen. Das Ergebniß legt der Ausschuß als 
Reglement dem Verein vor, welcher demselben durch Abstimmung 
tatutarische Kraft verleihen wind 
6. * 
Jedes Mitglied verpflichtet sich zu einem jährlichen Beitrage 
»on mindestens 2 Mark, welche halbjährlich gegen Quittung des 
Rechners im voraus erhoben werden. In der Ueberzeugung, daß 
der Verein sowohl für die Gerechtigkeit als auch für die Sittlich— 
keit von hebender Wirkung sein wird, steht zu erwarten, daß auch 
bedeutend höhere Beträge gezeichnet werden. 
Als Beitrag wolle sich Jeder diejenige Summe einsetzen, die 
er früher jährlich an die Veiler bezahlt hat 
7. 
Durch Einzeichnung des Namens und des Beitrags in die 
Zahlungsliste wird die Mitgliedschaft erlangt, womit das Stimm⸗ 
recht in der Generalversammlung verbunden ist. 
Jedes Mitglied des Vereins empfängt gegen Entrichtung von 
30 Pf. ein Blechschild mit der Aufschrift ,Verein gegen Bettelei,“ 
welches beim Hauseingange zur Abwehr der Betitler anzuheften 
n beim Ausscheiden aus dem Verein an diesen gratis zurückzu— 
geben ist. 
Für die Redaction verantwortlich: F. X Demenk. 
Statuten 
des Vereins gegen Bettelei für die Stadt 
St. Ingbert. 
Die Unterzeichneten bilden eine Gesellschaft unter dem Namen 
„Verein gegen Bettelei“. 
Zweck des Vereins ist: 
a. Verdrängung des Haus- und Straßenbettels; 
b. Unterstützung der wirklich Hilfsbedürftigen, sowohl der Rei⸗— 
senden als auch besonders der Einheimischen. 
Dieser doppelte Zweck wird angestrebt auf Grundlage fol—⸗ 
gender Satzungen: 
81. 
Die Mitglieder verpflichten sich, die Haus- und Straßen⸗ 
bettler ohne alle Unterstützung abzuweisen. 
82. 
Fremde Handwerksgehilfen, welche hier Arbeit suchen und 
die vom Ausschuß näher zu bezeichnenden Legitimationspapiere be— 
fitzen, erhalten aus der Vereinskasse eine Unterstützung, deren Höhe 
im Verhältniß zur Unterstützung in Nachbarvereinen vom Aus— 
schusse reglementarisch festgestellt wird. Für Bestimmung einer 
Legitimationsstelle sorgt der Ausschuß. Was die übrigen, na—⸗ 
mentlich die Handwerksburschen beirifft, welche die Bettelei gewerbs⸗ 
mäßig betreiben, so wird der Ausschuß stets bemüht sein bei der 
88. 
Die Geschäfte des Vereins besorgt ein Ausschuß von 9 Mit⸗ 
gliedern, die aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und dessen Stell⸗ 
dertreter, den Rechner, den ersten und zweiten Schriftführer wählen 
und bei Anwesenheit von fünfen beschlußfähig sind. 
Die vorstehend veröffentlichten wichtigeren Bestimmungen der 
Statuten des dahier neu gegründeten Vereines gegen Bettelei, 
werden zur Aufklärung folgende, im Ausschusse des Vereines be— 
prochene Bemerkungen beigefügt: 
Der Verein will den Bettel verdrängen, und die wirk⸗ 
lich Hilfsbedürftigen unterstützen. Diese beiden Zwecke des 
Vereins sind unzertrennlich mit einander verbunden. Die Ver— 
drängung der Bettelei soll ermöglicht werden dadurch, daß den 
wvirklich Hilfsbedürftigen Unterstützung gereicht wird, ohne daß sie 
hetteln; und die Unierstützung soll den thatsächlich in Noth befind— 
lichen Personen in solcher Weise zufließen, daß die Ursache des 
Bettels beseitigt ist. 
Die Betielei unnöthig zu machen ist eine Pflicht der Barm— 
jerzigkeit und Nächstenliebe; dieselbe unmöglich zu machen erweist 
sich immer mehr als eine öffentliche und sittliche Nothwendigkeit 
wegen der Schäden und Gefahren, welche mit dem Bettel ver⸗ 
hunden sind. 
Unter Bettelei ist zu verstehen: das gewohnheits und ge⸗ 
werbsmäßige Fordern von Gaben an Geld, Nahrungsmitteln, Be⸗ 
leidungsgegenständen u. s. w. Wenn es nun das Ziel des Vereins 
st. allen Bettel in hiesiger Stadt allmählig zu beseitigen, so will