St. Ingberler AAnzeiger.
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M 56.
Donnerstag, den 7. April
1881.
Deutsches Reich.
(Bayerischer Landtag.) Die Abgeordnetenkammer hat
am Montag eine Anzahl Eingaben von Gemeindeverwaltungen,
omités und Privatleuten aus Unterfranken, welche alle um Zu—
schüsse zum Bau von Sekundärbahnen bitten, der Staatsregierung
zur Würdigung hinüber gegeben, nachdem Minister Frhr. v. Crails—
seim darauf hingewiesen hatte, daß die Regierung den sich theilweise
reuzenden Wünschen gegenüber abwarten müsse, bis an sie bestimmte
Anträge gelangen und für die einzelnen Projekte gewisse Garantieen
geboten werden. — Sodann sprach die Kammer auf Antrag des
Abg. v. Hörmann und Genossen einstimmig den Wunsch aus,
Urt. 14 des Landrathsgesetzes vom 28. Mai 1852 sei dahin zu
assen, daß die Mitglieder des Landrathes, welche nicht am Sitze
desselben wohnen, eine Reisekostenentschädigung von 25 Pfg. fuͤr
jeeden Kilometer der Hin⸗ und Rückreise und 5 Mark Diäten er—⸗
zalten. Der Beschluß wurde mit 102 Stimmen gefaßt.
Der Reichstag verwies am 4. April den Gesetzentwurf über
ne Unfallversicherung an eine Kommission von 28 Mit—⸗
zliedern. Dann kam der Windthorst'sche Antrag (Verfolgung von
Fürstenmördern betr.) zur Berathung, welcher fast einstimmig an⸗
jenommen wurde, nachdem Hänel namens der Forftschrittspartei
erklärt hatte, der Antrag enthalte eigentlich nichts neues, sondern
ihnliches sei bereits in vielen Anträgen enthalten. Virchow und
Wöllmer (Fortschr.) stimmten gegen den Antrag; einige andere
Mitglieder der Fortschrittspartei und der Volkspartei hatten sich vor
»er Abstimmung aus dem Saal entfernt.
Anläßlich der Reichsstags-Debatte über den Gesetzentwurf betr.
Arbeiter⸗Unfallversicherung bemerkt die „Irkf. Pr.“ u.
1.. „Das hervorragendste Ergebniß der Debatte ist, daß in zwei
ehr wesentlichen Punkten der Gesetzentwurf auf eine Majorität
nicht zu rechnen hat, sondern vielmehr ziemlich von allen Seiten
urückgewiesen wird. Es ist Dies der Reichszuschuß und die Reichs—
ersicherungsanstalt. Das die Monopolisirung eines der wichtigsien
zweige des Versicherungswesens in sich schließende Reichsinstitut
vurde aus den verschiedensten praktischen und prinzipiellen Grün—
den bekämpft und wird ebensowenig durchzubringen sein wie die
irecte Reichsunterstützung an die untersten Arbeiterstufen, oder,
wie die Gegner sagen, thatsächlich an die Großindustriellen. Der
seichskanzler hat erklärt, daß diese beiden Vorschläge für ihn sehr
werthvoll, wenn nicht unentbehrlich seien; er hat einfließen lassen,
daß er sich schon darauf gefaßt mache, das Gesetz in dieser Session
cheitern zu sehen, daß er damit in einer solgenden Legislatur—
deriode wiederkehren werde und bei den Wahlen an das Urtheil
derer zu appelliren gedenke, deren Interessen damit befördert wer⸗
»en sollen. Es kämpfen hier zwei sozialpolitische Systeme einen
dampf, der für lange Zeit im Mittelpunkt unserer gesellschaftlichen
ind staatlichen Entwicklung stehen wird: auf der einen Seite
»as „freie Spiel der Kräfte“, auf der andern das staatliche Ein⸗
greifen in die Entwicklung des sozialen Lebens. In Einseitigkeit
und Uebertreibung sind beide Systeme zu verwerfen: sie lassen
ich aber bis zu einem gewissen Grad sehr wohl vereinigen, und
vir wollen nicht verzweifeln, daß es gelinge, den ersten großen
Schritt auf dem Wege der „Lösung der sozialen Frage“, wenn
uuch nicht gleich beim ersten Anlauf, so doch mit der Zeit zu
einem ersprießlichen Ende zu führen.“
Bei den diesjährigen Frühjahrsübungen des preußischen
Bvardekorps werden sich in Ansehung besonderer Wünsche des
önigl. bayerischen Kriegsministeriums 10 bayerische Offiziere bis
ur Charge der Regiments-Kommandeure zu betheiligen haben.
Iun früheren Jahren betheiligten sich vorzugsweise sächsische Offiziere
dei diesen Uebungen und es steht zu erwarten, daß auch jetzt die
zahl derselben sich nicht verringern wird.
Ausland.
Zwischen französischen Truppen und Tunesen kam es an
der Grenze von Algier zu blutigen Zusammenstößen. In Folge
dessen hat die französische Regierung die Kommandanten des 15.
und 16. Armeekorps angewiesen, Truppen bereit zu halten, um
ie nach Algier zu schicken zum Ersatz der nach der Grenze von
Tunis abgegangenen Truppen.
Die Lage des neuen Kaisers von Rußland ist eine keines⸗
vegs beneidenswerthe; er lebt in seinem Palast fast wie ein Ge⸗
fangener und das Schlimmste ist, daß er seiner ganzen Umgebung,
der hohen wie der niederen, kein Vertrauen schenken kann. Ba
den jüngsten Ereignissen ist namentlich die Unzuverlässigkeit der
Beamtenwelt klar zu Tage getreten, die für Geld zu Allem zu
haben ist. Nach einem Briesf der „Bad. Losztg.“ soll dem Zaren
Jauptsächlich das Vorgehen gegen die Schweiz und dann die Kalt—
tellung seiner Oheime Konstantin und Nikolaus am Herzen liegen.
Zegen die Schweiz ist der Zar namentlich nach den Genfer Vor⸗
ällen, den auf der Straße vorgenommenen Jubelumarmungen der
Reihilisten u. s. w. außerordentlich erbittert.
Bezüglich der Beschränkung des Asylrechts bemerken rus⸗
ische, der Regierung nahestehende Blätter, man wolle dabei Nie—
mand Zwang anthun. Die Gefahr sei jedoch eine allgemeine,
deshalb müsse es folgerichtig auch die Gegenseitigkeit zum Schutze
gegen dieselbe sein. In Frankreich, England, Italien ꝛc. findet
eine solche Beschränkung nur wenig Anhänger; doch ist man ziem⸗
lich allgemein der Ansicht, daß man dem Mörder — auch dem
sog. politischen — eine Freistätte nicht gewähren dürfe.
Vermischtes.
T. Der Abschied für den Landrath der Pfalz, über
dessen Verhandlungen in den Sitzungen vom 1. mit 14. Dezbr.
1880, ist veröffentlicht. Genehmigt werden: Die dem Landrathe
vorgelegten Rechnungen über die Kreisfonds und Kreisanstalten
für das Jahr 1879. Die Steuerprinzipialsumme der Pfalz, welche
beträgt für das Jahr 1881: 2,335,666 M., wobon ein Sieuer
prozent auf 23,356 M. sich berechnet. Ebenfo wird dem von dem
Landrathe geprüften Voranschlage der Kreis-Ausgaben und Kreis—
Einnahmen in den in der Beilage enthaltenen Sätzen die Genehmig⸗
ung ertheilt. Ferner wird genehmigt, aus Anlaß der Errichtung
iner eigenen Schule für die Kinder aus dem „Thal“ der Gemeinde
Karlsberg die Miethe für die Schullokalitäten und den Lehrergehalt
zus den Ueberschüssen der Kreisfonds für die Schulzwecke zu be—
treiten. Der Bitte des Landraths entsprechend wird die Kreis—
degierung beauftragt, behufs einer Revision der den Gemeinden
rus Kreisfonds fuͤr die Schulen gewährten Unterstützungen dem
ꝛandrathe bei seiner nächsten Versammlung über die finanzielle Lage
der betheiligten Gemeinden und über die Vertheilung der Kreis—
ondszuschüsse nühere Mittheilung zu machen. Der Bitte ves
Landraths, eine Aenderung der Strafbestimmungen wegen schuld⸗
darer Schulversäumnisse herbeizuführen, wird keine Berücksichtigung
nn Aussicht gestellt. Den Beschlüssen des Landraths bezüglich der
Taubstummen-Anstalt in Frankenthal und der vom Landrathe be⸗
dingungsweise beschlossenen Erhöhung der Ausgabeposition für die
landwirthichaftlichen Fortbildungsschuͤlen in Alsenz und Göllheim
wird die Genehmigung ertheilt. Bezüglich der vom Landrathe bei
Berathung des Voranschlages der Kreisbaugewerkschule in Kaisers⸗
lautern geäußerten Wünsche wird die Kreisregierung beauftragt,
denselben die Berücksichtigung zuzuwenden. Bezüglich der erneuten
Bitte des Landraths um Gewährung eines erhöhten Zuschusses aus
Staatsfonds für die bezeichnete Anstalt wird auf Ziffer Ul Nrs
des Landrathsabschiedes vom 20. April verwiesen. Die Bitte des
Landraths, den dermalen auf 34,286 M. festgesetzten Staatszuschuß
ur Gestütsanstalt Zweibrücken auf den Betrag von 4000 M. zu
erhöhen, wird bei Aufstellung des nächsten Staatsbudgets in Er—⸗
vägung gezogen werden. Für den Musikunterricht an der Kreis—
ateinschule zu Kaiserslautern wird entgegen dem Beschlusse des
Landrathes die Summe von 150 M. in das Kreisbudget für 1882
eingesetzt. Zum Schlusse wird in Aussicht gestellt, daß dem Land—
rath zur Gründung eines Pfälzischen Bodenkreditinftitutes sach⸗
dienliches Material vom Staatsministerium zur Verfügung gestellt
werden wird.
TGfälzische Eisenbahmen.) Wie man der „Frankf.
Ztg.“ versichert, ist dafür gesorgt, daß der Jahresbericht pro 1880
mindestens 14 Tage vor der Generalversammlung zur Ausgabe
gelangt. Die rechnerischen Hauptergebnisse des Jahres sind fol—
jende: Einnahmen von Personen und Gopäck Mk. 3,139 540;