Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wie das „Verl. Tobl.“ durch eine telegraphische Privatmeld⸗ 
ung erfährt, sucht die griechische Regierung eine größere Anzahl 
Feld- Aerzte und Chirurgen, unter besonderer Bevorzugung des 
deutschen Elementes, zum Eintritt in die griechische Armee. 
— — 
Vermischtes. 
Am 4. April feierte zu Schnappbach Herr Gerhard, 
Direklor der Altenwalder Kolsofenanlage der Herren Gebr. Röch— 
ling zu Saarbrücken, sein 285jähriges Dienstsubiläum. Abends 
brachte demselben das auf der Anlage beschaͤftigte Personal unter 
den Klängen eines Musikcorps einen Fackelzug. Schon vorher 
waren dem Jubilar verschiedene Geschenke uͤberreicht worden; so 
z. B. von den Arbeitern der Anlage eine Chaise longue, von den 
Veamten ein kostbares Bierseidel und ein Schreibzeug, von den 
Herren Prinzipalen ein Besteck von 18 silbernen Eßlöffel und eine 
werthvolle Lampe. Zu Ehren des Jubilars fand später am Abend 
im Eisel'schen Saale ein überaus zahlreich besuchtes Festessen statt, 
bei dem Herr Carl Röchling den ersten Toast auf den Jubilar 
ausbrachte. 
4Das kgl. Bezirksamt Bergzabern wendet sich in einem 
Zirkular an die Bürgermeisterämter gegen die abscheuliche Thier⸗ 
quälerei, welche mit der üblichen Methode bei der Gewinnung von 
Froschschenkeln verbunden ist, und ordnet an, daß unter Hinweis 
auf 8 360 Ziff. 13 des R.St.⸗G.⸗B. durch die Schelle und durch 
Anschlag am Gemeindebrette bekanntgegeben werde, daß es verboten 
ist, Fröschen, die nicht vorher getödiel wurden, die Schenkel abzu— 
schneiden oder abzureißen. Der angeführte Gesetzesparagraph bedroht 
jede Aergerniß erregende Thierquälerei mit Geldstrafe bis zu 150 
Rark oder mit entsprechender Haftstrafe. Eine ähnliche Aufforder⸗ 
ung erging an die Schulinspektoren und die Lehrer des Bezirks. 
FNach der „Pf. Ztg.“ soll die Prüfung für das Gerichts- 
vollzieherami im Landgerichtsbezirk Frankenthal am 28. d. 
M. in Frankenthal ihren Anfang nehmen. 
Dem, wie in der letzten Nr. des „Anz.“ erwähnt, an 
Blutvergiftung in Folge einer Bißwunde darniederliegenden 
Manne in St. Johann, mußte auch der Arm amputirt 
werden. 
Ein kleiner, aber reger Ort ist nach dem „Allg. Anz.“ 
bp. St. Johann a. d. Saar“ Türkismühle. Dieser Ort ist 
wohl einer der merkwürdigsten auf der ganzen Erde. Er enthäli 
10 Häuser, darunter ein noch unbewohntes, und dennoch sind dort 
borhanden: 1 Bürgermeisterei und Standesamt, 1 Bahnstation 
nebjit Expedition, 1 Postamt, 1 Posthalterei, 1 Hotel, 4 Wirthe, 
1 Mehlhandlung, 1 Bäcker, 8 Kohlenhandlungen, 2 Holzhand- 
lungen, 1 Kramladen, 2 Eisenhandlungen, 1 Bierniederlage, 1 
Agenturgeschäft, J1 Metzgerei, 1 Lohnfuhrwerksbesitzer, 1 Schusterei, 
1Schmiedewerkstätte, J Schneiderei, 1 Friseurgeschäft, 1 Kegelclub 
und, zur Vervollständigung des Ganzen, 1 Polizeidiener! 
F Die „Mezzer Ztg.“ hatte anläßlich des Kasernenbrandes zu 
Sit. Avold die Nachticht gebracht, daß das Feuer böswillig 
angelegt worden sei und daß ein Sergeant nebst mehreren Dragonern 
sich in Haft befünde. Letztere Thatsache ist, nach der „Lothr. Z.“, 
richtig; es soll auf dem Quartiermeister der 1. Eskadron ein starker 
Verdacht ruhen und, wie man hört, die Kaserne nicht allein durch 
Zufall an dem Tage abgebrannt sein, wo die Kammerrevision Statt 
finden sollte. Mehr ist nicht unter das Publikum gedrungen, und 
über das Ergebniß des Verhörs ist Nichts bekannt. 
— Die allgemeine bayerische Lehrerversammlung wird dieses 
Jahr nicht in Kempten, wie projektirt war, sondern den 29., 30. 
und 31. August in Bamberg abgehalten werden. 
F'In Heilbronn und dessen Umgebung sind falsche 
Reichskassenscheine in Verkehr gesetzt worden. Vorerst hat man 
tuschend nachgemachte 50-M.-Scheine angehalten. Das Landge— 
richt ist der Falschmünzerbande auf der Spur. Dieselbe hat auch 
in Frankfurt a. M. und in Offenbach den Vertrieb des falschen 
Papiergeldes vorgenommen. Es sind bereits Personen verhaftet, 
darunter namentuͤch ein Bauunternehmer, bei dem man ganze 
Paquete solchen falschen Geldes gefunden hat. Auch falsche 
100.M.«Scheine sind im Umlauf. Man hat sogar tüchtige Ge— 
schäftshäuser getäuscht. Da ist Vorsicht geboten. 
F'In Folge der Unsitte so vieler Eltern und Dienst— 
mädchen, kleinen Kindern beim Zubettgehen Furcht einzuflößen, 
damii sie einschlafen, ist kürzlich in Berlhin Nachts ein 214jäh 
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so weit verbreitete, eigenthümliche Erziehungsmethode aufhören? 
— Eine gefährliche Liebkosung. Durch fortgesetzte, gefährliche, 
wenn auch gut gemeinte Liebkosungen ist die 18 Jahre alte Tochter 
eines Berliner Gerichtsbeamten in schweres Unglück gerathen. Der 
1Hjährige Bruder hatte sein Vergnügen daran, die Schwester bei 
jeder Gelegenheit in die Arme zu kneifen. Dadurch hatte sich aus 
den häufiger wiederkehrenden blauen Flecken eine schwammartige 
Verletzung gebildet, die lebensgefährlich wurde und nur durch eiñe 
Amputatibn des Armes in ihren entseßzlichsten Folgen paralysiert 
werden konnte. Das bedauernswerthe Mädchen ist zwar außer 
debensgefahr, wird aber noch wenigstens 2 Monate im Kranken⸗ 
Jause zubringen müssen. 
FBei dem Stiftungsfest der Berliner medizinischen Ge— 
ellschaft, welches am 80. März gefeiert wurde, wurde von Prof. 
Hirschberg ein Lied auf die „innere Chirurgie“ vorgetragen, in dem 
ů. A. auf Billroth folgender Vers vorkam: 
Herr Billroth schneidet ohne Harm, 
Zurück bleiet kein Atom, 
Aus Magen und Zwölfingerdarm 
Ein Riesencarcinom; 
Ganz Karlsbald wird vor Schreden starr: 
Herr Gott, was wird daraus! 
Bald kratzt er jeglichen Katarrh 
Mit scharfem Löffel aus.“ 
4 Die wahrscheinliche Ablehnung der Wehrsteuer im 
steichstage stößt auf manches Kopfschütteln. In der „Eis. Ztg.“ 
hersichert, Einer aus der Landwehr“: „Wenn man über diese Frage 
ur Klarheit kommen will, so muß man Militärpflichtige fragen. 
Linsender hat die Ueberzeugung, daß von 100 Reserve- und Land— 
wehrleuten 90, vielleicht sogar 100 für die Wehrsteuer stimmen 
pürden.“ (Ter Landwehrmann hat Recht. Man vergibt seiner 
Freisinnigkeit ebensowenig etwas dadurch, daß man einer guten 
borlage, wenn sie auch von einer konservativen Regierung kommt, 
ustimmt, als dadurch, daß man seine Unwissenheit in einer Frage 
ugesteht, welche kennen zu lernen das vraktische Leben keine Ge— 
egenheit bot.) 
F Kahlköpfige Kinder. Der „Dresd. Ztg.“ zufolge lebt in 
Dres2den ein Ehepaar, dessen drei Kinder kahlköpfig sind. Schon 
Pater und Mutter hälten einen sehr spärlichen Haarwuchs; die 
dinder aber, unter ihnen ein Mädchen von 12 Jahren, könnten 
auch nicht mit einem einzigen Härchen ihrer Häupter Blöße be— 
decken. Der Anblick dieser lleinen Kahlköpfe sei recht überraschend. 
4 Der bestrafte Vielfresser. Im Jahre 1595 wollte ein 
Mensch, Namens Amman aus Draupach, seine Kunst im Vielessen 
zeigen, indem er sich erbot, zwanzig Pfund Fleisch auf einmal zu 
herzehren. Der Magistrat ließ ihn ohne Weiteres verhaften, die 
Arfehde abschwören und unter ernstlichem Verweis seines Vorhabens 
nit der Lehre zum Thore hinausweisen: „Man solle sich nicht vom 
Fressen, sondern vom Arbeiten nähren.“ 
Grubenunglück. Der Ausbruch eines schlagenden 
Wetters in der Kohlengrube Nr. 6 zu Marcinelle-Nord, bei Char— 
eroi (Belgien), führte am 5. April eine furchtbare Katastrophe 
—DV 
hlosionen folgien aufeinander. Zweihundert Arbeiter waren in 
der Grube, als der Ausbruch erfolgte. 
Pferde-Brillen. In London sieht man jezt 
vieder einen alten Schimmel herumtraben, der Augengläser trägt. 
die arme Mähre war kurzsichtig geworden. Da man aber schon 
inmal in London den Versuch gemacht hot, kurzsichtigen Pferden 
zurch Brillen zu helfen, so that man es auch diesmal, und zwar 
nit dem besten Erfolge. Der reiche Lord Denman, der größte 
Thierfreund Englands, reitet den Schimmel täglich zum großen 
Bergnügen der Pferdeliebhaber. (In Amerika hat man es noch 
veiter gebracht. Dort wurde einem Pferde eine grüne Brille auf⸗ 
gesezt und ihm Hobelspäne als Futter aufgesteckt. Das Pferd 
laubte Heu vor sich zu haben und verzehrte das hölzerne Futter 
mnit größlem Appetit. Hobelspäne können also künftig als Pferde— 
utter verwendet werden.) 
4 Milch als Ansteckungs-Uebertrager von Scharlachfieber. 
A 
iger Mittheilungen, daß die Milch Ursache des Uebertragens an⸗ 
teckender Krankheiten sei. Früher ist schon mehrmals berichtet 
vorden über Fälle, in welchen der Typhus in dieser Weise über— 
ragen worden sein soll, und jetzt berichten die englischen Blätter 
iber die Verbreitung von Scharlach durch Milch. Die betreffenden 
Mittheilungen entstammen dem jährlichen Berichte der Medizinal 
eamten für die Gesundheitsflege in New-Castle. Es ergab sich 
»aß die in großer Anzahl an Scharlach Erkrankten alle Milch aus 
derselben Farm, wo das Scharlachfieber geherrscht hatte, bezogen 
oder indirekt erhielten. 
4 Papierene Betidecken. Von einer englischen Popierfabrik 
verden jetzt unter der Bezeichnung „Charlotine Blankets“ Decken 
n den Handel gebracht, die aus zwei Blättern braunen Papiers, 
einer Zwischenlage von Watte und einer Umhüllung von Kalike 
zestehen. Das Papier muß stark und sehr geschmeidig sein, wird 
»eshalb aus den Fasern der Adansonia (Adansonia digitata, 
Affenbrodbaum, Baobab) fabrizirt und mittelst eines geheimen Ver— 
ahrens biegsam gemacht. Die Decken werden an vielen Stellen 
nit feinen Löchern versehen, welche die Ausdünstung gestatten, ohne 
den Zweck der Decke, nämlich das Einhalten der Wärme, zu beein⸗ 
rächügen. Ob die Behauptung der Fabrikanten, daß die Decken 
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vicht das Paar, richtig ist, mag dahin gestellt bleiben. Sicher iß 
iber, daß die Decken von solchen, welche darunter geschlafen haben, 
varm' befunden wurden. Daß sie leichter und deshalb vielleicht 
inagenehmer als wollene Decken find, ist möglich, daß sie aber billige'