Full text: St. Ingberter Anzeiger

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1881. 
M 73. 
Sonntag, den 8. Mai 
Deutsches Reich. 
Die Wahlen für den bayerischen Landtag werden 
Münchener Nachrichten zufolge bereits in der zweiten Hälfte des 
MRonals Juni Statt finden. Eine Verlängerung des gegenwärtig 
lagenden Landtages über den 21. Mai hinaus dürfte demnach 
kaum zu erwarten sein. 
Die Gerichtskostengesetz-Kommis,sion des 
Reichstags lehnte alle auf Herabsetzung der Pauschquanten im 
prozesse abzielenden Anträge ab. 
Die Stempelsteuer-Kommission des Reichstags nahm 
den Stempel auf Lotterieloose nach der Vorlage an, jedoch unter 
Aufhebung aller Befreiungen. 
Ausland. 
Die Herren Franzosen, welche seiner Zeit nicht genug über 
den Barbatismus der „Prussiens“ schimpfen konnten, betreiben ihre 
avilisatorische Thätigkeit in Tunis in einer eigenthümlichen Weise. 
Was einer Hütie aͤhnlich sieht, wird angezündet, das ganze Ge⸗ 
sreide wird abgeschnitten, Feigenbäume werden abgehauen. Sidi 
Ali schreibt dem Bey, seinem Bruder, die Franzosen tödten die 
Frauen gerade so, wie die Männer. Allerdings erklärt Logerol 
diese Meldungen für falsch, aber selbst der „Figaro“ giebt die 
Verwüstung der Pflanzungen und die Brandstiftungen in einer 
Depesche aus Calle vom 2. Mai zu, schiebt die Schuld davon aber 
den algerischen Gums zu. Doch für diese irregulären Truppen ist 
Frankreich verantwortlich, weil sie unter seinem Commando stehen. 
Der russiche Vorschlag zur Abhaltung einer Konferenz wegen 
Bekämpfung der internationalen Revolution ist von England, 
Frankreich und Italien abgelehnt worden. Oesterreich hat hierauf 
crtlärt, vaß es zwar bereil gewesen sei, an der Konferenz Theil 
zu nehmen, daß aber ohne die Mitwirkung Englands und Frank⸗ 
eichs ein Ergebniß nicht zu erwarten und die Konferenz daher 
gegenstandsloss sei. Welche Wirkung die Ablehnung Englands, Frank⸗ 
reichs, Italiens und Oesterreichs in Petersburg haben wird, ist 
unschwer vorauszusehen; man wird an der Neva dadurch der fran⸗ 
zösischen Republitk nicht günstiger gestimmt, dem Kabinet Gladstone 
her gegenüber ohne Zweifel küͤhler werden; man wird in Zukunf! 
wohl weniger von russisch französischer Allianz und von Gladstone'⸗ 
schem Liebeswerben in Petersburg hören. Die Orientfrage mag 
eher ewwas mehr zu Ruhe kommen. Dieser Mißerfolg weist, ab⸗ 
gesehen von anderen dabei mitspielenden Motiven. jedenfalls darauf 
hin, welchen Stoß die Machtstellung Rußlands in den Augen der 
in erster Linie ablehnenden Regierungen erhalten hat. 
Die nihilistischen Rundgebungen in Rußland mehren sich 
von Tag zu Tag in bedenklichem Umfange: aufrührerische Pro— 
dlamationen werden im ganzen Reiche verbreitet, sogar in den bal⸗ 
tischen Provinzen, die früher davon verschont geblieben waren. 
Es vergeht kein Tag, ohne daß in Moskau, in Kiew und Odessa, 
aber auch in ganz kleinen Flecken und Städten Proklamationen 
der „Narodnaja Wolja“ angeheftet oder gefunden werden; in den 
Milüarcasernen hat man sie hinter den Defen entdeckt. Ferner 
wurden sie in hölzernen Ostereiern, wie maun sonst zum Fest ver— 
schenkt, sehr oft gefunden, in Jekaterinoslaff wurden sie in der 
Osternacht während der Weihe des Osterbrodes im Kirchengarten 
angeschlagen. In Petersburg haben die meisten hochstehenden Per⸗ 
sonen in äußerst frechem Ton gehaltene Proclamationen der Nihi⸗ 
listen erhalten, indessen wurde die Gesellschaft, die von Tag zu 
Tag gleichgiltiger wird, nicht besonders dadurch errxegt, im Gegen⸗ 
theil, man scherzt darüber. 
Die Gesandten der Mächte theilten der griechischen Regierung 
mit, daß die Türkei die von den Großmächten vorgeschlagene 
Grenzlinie annehme. Die griechische Regierung wiederholte ihre 
Annahmeerklärung und sprach gleichzeitig den Wunsch aus, daß 
die Abgrenzungs-Kommission bezüglich der Uebergabe der abgetrete— 
nen Gebietstheile energisch vorgehen möge. 
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wurde in eine Geldstrafe von 3 Mk. event. 1 Tag Haft verurtheilt, 
gegen einen Mann von hier, welcher wegen Hausfrieden s⸗ 
druch mit 10 Tage Gefängniß belegt und gegen ein anderes 
Individium von hier, wegen Kärperverletzung, gegen wel⸗ 
hes eine Geldstrafe von 8 Mk. event. 1 Tag Gefaͤngniß ausge⸗ 
prochen wurde. 
(GSecundärbahnen) Die „Pfälz. Ztg.“ brachte 
unter dieser Rubrik eine Reihe von sehr sachgemäß geschriebenen 
Artikeln, auf deren Inhalt wir jedoch mit Ruͤckssicht auf den uns 
zu Gebote stehende Raum leider nicht näher eingehen können. In 
dem Schlußartikel werden 21 Linien als die wichtigsten in der 
Pfalz angeführt, welche mit Secundärbahnen zu versehen wären. 
An fiebenter Sielle wird die Linie Homburg⸗ St. Ingbert 
genannt. Die Anlage einer Secundärbahn auf dieser Linie mit 
Schmalspur auf der Kaiserstraße (für Personen und Stückgüter) 
důcde bei einer Länge von 16 Kilometer nach der „Pf. Zt.“ auf 
wa 480,000 Mark zu stehen kommen. Die Kosten wären zu⸗ 
aächst von den betreffenden Gemeinden, durch welche die Bahn 
geht, unter Zuschüssen vom Distrikt, Kreis und Staat, Industriellen 
ind sonst Beiheiligten au fzubringen. Das gesammte Secundär⸗ 
hahnet für die Pfalz, wie es die „Pf. Zt.“ im Auge hat, umfaßt 
350 Zilomeler mit einem Kostenaufwand von ungefähr 12 Mill. 
Mark. 
* Am 21. Februar l. Is. hatte der 54jährige Maschinen- 
chmied Wilhelm Schmidt aus Ernstweiler, ein arbeits- 
cheues, dem Müssiggange ergebenes und schon mehrfach bestraftes 
Zubjekt, zum Nachtheile des Schreinermeisters Hrn. Mo rl o von 
zier aus dem Hofe desselben ein zum Trocknen aufgehängtes farbiges 
Mannshemd entwendet. Dafür diktirte die Strafkammer des kgl. 
andgerichts Zweibrücken demfelben am 4. ds. M. eine Gefäng⸗ 
aißstrafe von 6 Monaten. 
* Der dritte Haupttreffer der Giesinger Kirchenbaulotterie mit 
10,000 Mark fiel in die Pfalz. Der glückliche Gewinner ist der 
Tagner Carl Dessereck in Marnhe i m, ein fleißiger und 
parsamer Mann. 
4— uUnter den pfäl z. Hufbeschlag-Schmieden, welche von der 
k. Hufbeschlaglehr-Anstalt Würzburg juͤngst mit Diplomen versehen 
worden sind, befindet sich auch Jakob Hartz aus Ommersheim. 
4 Die Stadt Annweiler beabsichtigt ein zu 4 pCt. ver⸗ 
insliches, innerhalb 0 Jahren rückzahlbares Anlehen von 49,000 
Mark in Stücken zu 500 und 100 Mark aufzunehmen. 
PIn Landau findet nächsten Dienstag die Fahnenweihe 
des 18. Inf.⸗Regts. statt. Zu derselben wird eine beschränkte Zahl 
Finladungskarten zu reservirten Plätzen ausgegeben. 
4 Für die am 28., 29. und 30. Mai in Speyer Statt 
findende II. pfälzische Kreisthierschau uud die am 30 und 31. Mai 
ind 1. Juni abzuhaltende 28. Wanderversammlung bayerischer 
Landwirthe ist folgendes Programm aufgestellt: Samstag, 28. Mai, 
Morgens 10 Uhr Eröffnung der Ausstellung, Sonntag Abend 
Hantett im Wiitelsbacherhof. Montag Vormittags Eröffnung der 
Wanderversammlung, Nachmittags 3!2 Uhr Preisvertheilung, 
Abends Kellerfest auf dem Schultz'schen Bierkeller, Dienstag, Vor⸗ 
mittags 9 Uhr Plenar⸗Versammlung der Landwirthe, Nachmittags 
3 Uhr Ausflug nach Neustadt, Besuch der Haardt, Abends 6 Uhr 
pfälzische Weinprobe im Saalbau. —XD 
serslautern. 
Der spanische Correspondent des „Parlement“ erzählt: 
„In der Gegend von Malaga hatte sich in den letzten Tagen 
mne Rauberbande in ein Pachthaus im Gebirg geflüchtet, um vor 
dem schlechten Wetter Schutz zu finden. Ein Hauptmann der 
Infanterie, von ihrer Anwesenheit unterrichtet, eilte mit dreizehn 
Mann der Truppe, dem Bürgermeister des nächsten Ortes und 
zwei Bauern herbei, ließ alle Ausgänge bewachen und forderte die 
Zandilen auf, sich zu ergeben. Diese eröffneten jedoch das Feuer, 
ind es wurden die ganze Nacht hindurch Flintenschüsse gewechselt. 
Gegen vier Uhr Morgens begehrte der Eigenthümer des Pacht⸗ 
hauses zu parlamentiren und man ließ ihn und seine Familie ruhig 
abziehen. Vor Wiederbeginn der Feindseligkeiten forderte der Haupt⸗ 
nann die Bandilen nohmals auf, sich zu ergeben, doch diese er⸗ 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 4. Mai. In heutiger Schöffengerichts— 
sitzung wurden folgende 3 Fälle verhandelt: Gegen einen Burschen 
oon Dmnmersheim wegen Berufsbeleidigung, derselbe