Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
* St. Ingberter Anzeiger und das (Z mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
age) ericheint woͤchentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonunementeovreis beträgt vierieljahrlich 
40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1446 60 , einichließlich 420 Zustellgeblhr. Anzeigen werden mit 10 H, von Auswäris 
mit 12 — fur die viergespaltene Zeile Blattschri oder deren Raum, Neclamen mit 30 — vro Zeile berechnet. 
M 82. Dienstag, den 24. Mai 1881. 
Deutsches Neich. 
Der bayerische Landtag wurde am Samstag durch 
den Prinzen, Luitpold, als Stellvertreter Sr. Maj. des Königs, 
seierlich geschlossen. Der Landtagsabschied erwähnt, daß den mei— 
ten der beschlossenen Gesetze und Anträge die kgl. Sanction er— 
heilt worden ist. In Sachen der Großkarlbacher Simultanschulen 
vird die Umwandlung derselben in confessionelle Schulen aus 
RFücksicht auf die Unterrichtss und Gemeinde-Interessen abgelehnt. 
Ebenso wird die Sanction des Antrags von Sauerbrey (Heran⸗ 
ziehung der Einkommensteuerpflichtigen zu den Districisumlagen) 
abgelehnt. Der Abschied schließt mit den Worten: „Wir sehen 
im Zurücktreten der Parteigegensätze gern ein Zeichen der Rückkehr 
jenes inneren Friedens, welcher die gedeihliche Entwickelung be— 
dingt. Von unserem treuen Volk, dessen Wohlfahrt alle unsere 
Bestrebungen und Wünsche gelten, erwarten wir, daß seine in un—⸗ 
wandelbarer Anhänglichkeit gipfelnden Tugenden sich immerdar be— 
währen werden zum Heile des Vaterlandes.“ 
Der Reichstag erledigte am Samstag zunächst das In— 
aungsgesetz überall nach den Vorschlägen der Kommission. Bei der 
—V— 
Diskussion der Autrag von Payer angenommen, welcher die von 
der Kommission befürwortete Ermäßigung der Neben-Prozeßkosten 
auch für die Haupttosten ausgedehnt wissen will. Die Bundes— 
tommissare Kurlbaum und Zenthe hatten aus vorwiegend finanziellen 
Gründen den Antrag bekämpft. 
Die Reichstags-⸗Kommisston für das Gesetz gegrn die 
Trunkenheit hat in zweiter Lesung mit acht gegen 4 Stimmen den 
33 der Voriage, „die Verschärfuüng der Haftstrafe durch Schmä— 
crung der Kost für Gewohnheitstrinker und bei Solchen, welche 
zum driten Male vor Ablauf von drei Jahren wegen ärgernißer— 
regender Trunkenheit verurtheilt worden,“ angenommen. Bei der 
ersien Lesung war diese Bestimmung mit sechs gegen 5 Stimmen 
abgelehnt worden. Die Schmäalerung der Kost, bestehend in der 
Beschränkung auf Wasser uud Brod, soll, wie die Kommission ab— 
weichend von der Vorlage beschlossen hat, an jedem zweiten Tage 
rintreten. Z 4 der Vorlage: „Auf die vorbezeichnete Strafschärfung 
ann außer den Fällen dieses Gesetzes erkannt werden, wenn der 
Verurtheilte die That, wegen welcher er bestraft wird, in einem 
aicht unverschuldeten Zustande von Trunkenheit begangen hat,“ 
wurde von der Kommission abgelehnt. 
Die offiziöse „Nordd. Alig. Z.“ erklärt ganz bestimmt, in 
dem Unfallversicherungsgesetz, wie es aus den Ber ithungen 
der Reichstagscommission hervorgegangen ist, sei ein Punkt, der 
zasselbe für die verbündeten Regierungen unannehmbar machen 
würde, wenn der Reichstag darauf bestaͤnde. Die Commission hat 
sich dahin ausgesprochen, daß die Verficherungsprämie blos von 
den Arbeitgebern und den Arbeitern entrichtet werden solle, wäh— 
rend die verbündeten Regierungen darauf bestehen, daß die Reichs- 
jasse oder die Kassen der Einzelstaaten den Beitrag des Arbeiters 
leisten, wenn derseibe nicht über 780 Mk. Jahres-Einnahme hat. 
Wenn der Reichstag sich den Beschluß der Commission aneignen 
würde, würden die verbündeten Regierungen lieber mit einem künf— 
tigen Reichstag das Gesetz zu Stande zu bringen suchen. 
Ausland. 
Die Absendung von Truppenverstärkungen aus Franukreich 
nach Tunefien dauert fort. Von Lyon rückten zwei Regimenter 
ab. Die Franzosen in Tunis unterzeichneten eine Petition um 
Besetzung der Hauptstadt Tunis wegen ihrer Sicherheit. 
Die Krumirs machen den Franzosen doch noch zu 
schaffen: auch die Colonne des Obersten Innocent wurde von 
ihnen angegriffen (,Aufständische“ nennt sie der franzöfische Bericht). 
Die Franzosen blieben nach einem lebhaften Gefecht, welches ihren 
einheimischen Hilfstruppen 40 Todte und Verwundete kostete, Sieger. 
Im ganzen geben sie ihren Verlust auf 37 Todte und 46 Ver— 
wundete an.“ Die einheimischen Truppen hatten sich schon zur 
Flucht gewandt, und es bedurfte großer Anstrengungen. um die 
rumirs zurückzutreiben. 
Der Verttag über die Abtretung türkischen Gebietes an 
Gricchenland ist endlich unterzeichnet worden. Die Räumung 
beginnt nach Verlauf eines Monats nach der Unterzeichnung, de— 
ꝛen Beendigung ist jedoch noch nicht definitiv festgesetzt; was je— 
»enfalls der hohen Pforte noch Anlaß zur Verschleppung der An— 
gelegenheit geben dürfte. Freilich hat die Türkei gewissermaßen 
zuch Ursache, mit der Räumung nicht gar zu schnell bei der Hand 
zu sein; geht es ihr doch ähnlich wie jenem Hunde, dem bekannt⸗ 
iich der Schwanz immer nur stückweise abgeschnitten wurde. Erst 
holten sich Oesterreich und Rußland ihren Theil, dann Montenegro 
und jetzt Griechenland. Wer kommt zunächst noch? 
Aus Petersburg wird fast täglich von der Auffindung 
kleinerer oder größerer Parthien Sprengmaterial berichtet. Unter 
diesen Umständen wird man es dem Kaiser nicht verargen können, 
daß er sich mit dem Gedanken trägt, einige Zeit in Moskau zu 
residiren. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert. In einer am Samstag stattgehabten 
Sitzung wählte der Stadthrath aus seiner Mitte ein Comite, dem 
unter Beiziehung des Herrn Bauschaffners die Dekoration unserer 
Stadt zum Empfange S. Kgl. Hoheit des Prinzen Lud— 
wig von Bayern obliegt. Gleichzeitig wurde beschlossen, die 
daraus entstehenden Ausgaben aus der Stadtkasse zu decken. — 
das Programm, nach dem die verschiedenen Vereine, Corporationen, 
Schulen ꝛc. beim Empfange des Prinzen Aufstellung zu nehmen 
haben, wird erst in einer am nächften Freitag stattfindenden Sitzung 
des Empfangs-Comites definitiv festgesetzt. So viel bis jetzt be— 
timmt, wird S. K. Hoheit bei seiner Ankunft am Bahnhofe hier, 
von einem Comite, an dessen Spitze Herr Bürgermeister Custer, 
empfangen, sich sodann durch die Haupt- und Kohlenstraße (Jo⸗ 
epsthal) in die Rischbach zur Besichtigung des Einfahrts-Stollens 
in die Grube begeben, dann durch die Kohlenstraße zurückfahren, 
Glashütte und Eisenhüttenwerk besuchen und vor seiner Rückfahrt 
nach Zweibrücken bei Hrn. Eisenhüttenwerksbesitzer Oskar Krämer 
das Dejcuner einnehmen. 
* Am Samstag ertrank in dem benachbarten Rohrbach 
ein 15 Monate altes Kind des Bergmannes Peter Badar. 
Dasselbe stürzte in der elterlichen Wohnung in einen halb mit 
Wasser gefüllten Zuber und wurde erst bemerkt und herausgezogen. 
nachdem es schon todt war. 
Das Ergebniß der am 2. Osterfeiertage d. J. in den prot. 
sKirchen der Pfalz erhobenen Kollekte für das evang. Diakonissen⸗ 
haus in Speyer heläuft sich auf M. 2970 95 Pf. oder M. 20 
89 Pf. mehr, als im Vorjahre. 
WZweibrücken, 23. Mai. Unter den jungen Män— 
nern, welche die am 22. und 23. April im Direktionssaale zu 
Ludwigshafen abgehaltene Prüfung, bezüglich der Aufnahme im 
pfälz. Bahnbetriebsdienste bestanden haben, befinden sich auch die 
Herren: Jac. Remplein von Zweibrücken und Anton Hoff⸗ 
mann von Niederwürzbach. 
Zum Direktor des pfälzischen Landgestüts in Zwei⸗ 
brücken wurde der Landgestütsthierarzt der Landgestütsanstalt rechts 
des Rheins, Peter Adam, ernannt. 
Das Centralwahlkomite der demokratischen Partei der Pfalz 
hat auf nächsten Donnerstag, Christi-Himmelfahrt eine Volksver⸗ 
ammlung nach Landstuhl berufen, in welcher über die bevor— 
tehenden Wahlen berathen, das heißt den Wählern die Wahl demo⸗ 
ratischer Kandidaten empfohlen werden soll. Zunächst ist es auf 
den Wahlkreis Landstuhl-Kusel abgesehen. Die bisherigen Abge— 
ordneten werden einstweilen in der „Pfälz. Volksztg.“ dem Miß— 
trauen der Wähler empfohlen, während die unbekannten Größen 
der „Volksztg.“ natürlich Alles viel besser machen werden, obwohl 
sie auch keine Hexenmeister sein sollen. 
Die Handels⸗ und Gewerbekammer in Ludwigshafen 
hat auf Anregung der Mannheimer Handelskammer Schritte ge— 
than, damit auch diese Stadt in das Netz der Telephon-Anlage, 
die gegenwärtig in Mannheim eingerichtet wird, hereingezogen 
werde. 
Wie man die Aufmerksamkeit des Publikums auf seine 
Waare lenkt. weiß der Kaufmaäann BVutzenberqer. der im