Hl. Ingberler Nnzeiger.
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Sonntag, den 26. Juni 1881.
Deutsches Reich.
Bismarck legte dem Bundesrath den Hamburger Vertrag
nit einem Begleilschreiben vor. Es heißt in leßzterem: „Die durch
»en Eintritt Hamburgs in den Zollverein dem heimischen Verkehr
rwachsende Begunstigung wird das finanzielle Opfer eines Reichs—
‚uschusses von 40 Millionen reichlich aufwiegen, die Veränderung
her Stellung Hamburgs im heimischen wie im Welthandel wird
aicht minder zu Hamburgs Blüthe als zum Nutzen des übrigen
Deutschlands ausschlagen. In der Begrenzung von 40 Millionen
ind die finanziell erforderlichen Garantieen gegen die übermäßige
Inanspruchnahme von Reichsmitteln gegeben.“
Der Bundesrath hielt am 23. dv8. eine Plenarsitzung
unter Vorsitz des Staatsministers v. Bötticher. Die Beschlußnahme
uber das Unfallgesetz wurde für eine der nächsten Sitzungen vertagt.
Der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung von Bestimmungen
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ollzieher wurde angenommen.
Auf die vom Verein deutscher Tabaksfabrikanten und ⸗-Händlern
m den Bundesrath gerichtete Eingabe, betr. den Geschäftsbe—
rieb der Tabaksmanufaktur in Straßburg, ist an den Vorstand
des Vereins vom Reichskanzler die Antwort ertheilt worden, daß
der Bundesrath beschlossen hat, den Anträgen der Petenten keine
Folge zu geben.
zingen, daß Meister zuerst an den Zeugen Schattner gerieth, der ihn fragie,
vas er mit dem Schurhaken machen wolle, worauf Meister erwiderte:
Nichts, ich suche einen Anderen“, daß Meister alsdann auf den Zeugen
dahm zusprang, daß Nahm weder ein Messer noch sonst eine Waffe in der
zand hatte, daß derselbe nicht angriffsweise gegen Meister oder den Ange⸗
lagten vorging, vielmehr den Meister zu beruhigen suchte, daß aber Meisier
nit dem Schurhaken ausholte und dem Nahm einen Schlag an das rechte
Auge versetzte. Nach Aufstellung der Anklage kann daher wohl kein Zweifel
bestehen, daß Angeklagter den geleisteten Eid durch ein falsches Zeugniß ver⸗
etzte, indem es nicht denkbar ist, daß Angeklagter Vorgänge, welche nicht
tattfanden, erdichten konnte, ohne sich der Unwahrheit seiner Aufstellungen
ewußt zu sein. Der Angeklagte wurde fuür schuldig erklärt, zu einem Jahr
— verurtheilt und ihm für drei Jahre die burgerlichen Ehrenrechie
berkannt.
23. Juni. Das Schwurgericht hat heute den wegen Meineids ange⸗
lagten Tagner Karl Knisckel von Kindenheim dieses Verbrechens schuldig er⸗
tlärt und der Cerichtshof denselben zu sechs Monaten Gefängniß verurtheilt.
23. Juni. Verhandlung gegen Stephan Glafser, 40 Jahre alt,
kagner von Deidesheim, wohnhaft in Winzingen, wegen Vornahme unzuchtiger
dandlungen. Vertreter der Anklage: Staatsanwalt Dr. Krell, Vertheidiger:
Kechtsanwalt Geib.
Der Angeklagte wurde ohne Annahme mildernder Umstände zu drei
Fahren Zuchthaus verurtheilt und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte in der
Dauer von 5 Jahren aberkannt.
Vermischtes.
*St. Ingbert, 24. Juni. In der vorgestrigen Sch ð f⸗
tensitzung wurden folgende 6 Fälle verhandelt: Ein Buͤrsche
„on Oberwürzbach wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit-
els eines als gefährliches Werkzeug zu beirachtenden Prügels unter
Annahme mildernder Umstände zu einer Gefängnißstrafe von 14
Tagen verurtheilt; eine Frau von Elbersberg wurde wegen Berufs⸗
zeleidigung mit zwei Tagen Haft bestraft; ein Ehepaars von St.
Ingbert wurde wegen gleichen Vergehens verurtheilt und zwar der
Mann zu 30 und die Frau zu 10 Tagen Haft und wegen eines
leichen Reates wurde ein Mann von Sengscheid zu einer Geld—
trafe von 3 Mk. event. 1 Tag Haft verurtheilt; der von 2 Ehe⸗
euten von St. Ingbert erhobene Einspruch gegen einen Straf⸗
efehl des kgl. Amtsgerichts St. Ingbert, durch welchen sie wegen
ẽntwendens von Gras zu einer Geldstrafe von je 1 M., ev. 1
ag Haft, verurtheilt wurden, wurde als unbegründet abgewiesen;
chließlich wurde gegen einen Handwerksburschen wegen Betiels,
randstreicherei und groben Unfugs eine Gesammtstrafe von 42 Tagen
haft ausgesprochen.
F Vom oberen Gebirg wird dem „Pf. K.“ ge—
chrieben: Die Traubenblüthe ist da, die Sonne scheint warm,
s regnet nicht, man bemerkt weder Heuwurm, noch Oiĩdium, noch
chwarzen Brenner, nichts als zahlreiche, schön blühende, köstlichen
Duft verbreitende Traubenblüthen. Da wird's dem Winzer wie—
der wohl im Herzen, und im festen Vertrauen auf die bevorstehende
zute Weinlese verschmerzt er gerne seinen lästigen Durst oder sucht
denselben mit Wasser, oder mit wässerigem, die Glieder erschlaffen⸗
dem Biere zu stillen. Wohl die Hälfte aller Weinberge hat reich⸗
lich Samen, während die andere Hälfte durch den Frost mehr oder
ninder gelitten hat, so daß auch viele Weinberge gar keine Samen
ragen. Immerhin läßt sich noch ein mittelmäßiger Herbst er⸗
varten, wenn keine weiteren Beschädigungen eintreten. Nur schade,
daß der hohe Reichstag in Berlin keine Zeit gefunden oder wohl
iuch keine Lust verspürt hat, den vielgeplagten Weinproduzenten
ie so unheilvolle Konkurrenz der künstlichen Weinfabrikation vom
dalse zu halten, oder auf ein geringes Maß zu beschränken!
Die neulich erwähnte Mittheilung, daß der Geheime Kom⸗
nerzienrath Stumm der bekanntlich ein Abgeordnetenmandat
nicht wieder annehmen und sich vom politischen Leben vollständig
urückziehen will, in den Adelstand erhoben werden soll, isi
zenaueren Nachrichten zufolge dahin zu ergänzen, daß die Nobi—
itirung der ganzen Familie in naher Aussicht steht.
Am Dienstag beging zu München das k. b. J. Inf.⸗
stegiment in feierlicher Weise sein 100jähriges Jubiläum mit Feld⸗
jottesdienst, Parade und Festbankett. Se. Maj. der König spendete
rachtvolle Fahnenbänder, welche von der Prinzession Gisela ange—
eftet wurden. Nach diesem Akt brachte Prinz Arnulph ein
doch auf den König aus. Die Mannschaften des Regi—
nentes wurden am Nachmittag reichlich bewirthet: jeder Soldat
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Ausland.
In Lyon (xFrankreich) wurden gleichfalls die Italiener an⸗
zegriffen und mußten polizeilich beschützt werden.
Die Fenier haben England bereits eine diplomatische Unter⸗
redung mit Amerika eingetragen. Der neue englische Gesandte in
Washington Sackville West ist aufgefordert worden, die Aufmerk—
samkeit der Unionsregierung auf die fenische Presse zu lenken.
Besonders namhaft gemacht sind zwei Artikel, von denen der eine
ein durch vier Personen zu vollstreckendes Todesurtheil für Glad—
tone, der andere eine Darlegung der Möglichkeiten für ein dem
Prinzen von Wales einmal ungestraft beizubringendes Eisenbahn⸗
inglück enthält. Bisher galt der englische Thronerbe wegen seines
hekannten, dem Ansehen des Königthums wenig förderlichen Cha—
alters immer für einen besonderen Günstling des englischen Radi⸗—
alismus.
Wfälzisches Schwurgericht.
I. Quartal 1881.
Verhandlung gegen Anton Schwalb, 28 Jahre alt, Erdgräber in
Hettenleidelheim wegen Meineids. Vertreter der kgl. Staatsbehörde: Staats⸗
anwalt Petri. Vertheidiger: Rechtsanwalt Schmitt.
In einer gegen den Wilhelm Meister, Erdgräber von Hettenleidelheim
vegen Körperverletzung vor der Strafkammer des kgl. Landgerichts Franken⸗
chal stattgehabten Gerichtsverhandlung wurde der Angeklagte als Zeuge eidlich
»ernommen und gab in seiner Deposition folgendes an: „Ich wollte nach
dause gehen, vor der Wirthschaft traf ich den Zeugen Nahm mit einem
HResser an; er sagte dabei: ‚So kommst Du auch noch so frech heraus!“
Ddaraufhin ging ich wieder reiour in die Wirthschaft; Nahm und gleich hinter
hm Schattner verfolgten mich bis an die Hausthür. Ich schlug die Hausthür
u und flüchtete mich in das Wirthszimmer. Rach fünf Minuten sagte ich
u Meisier, der noch in der Wirthschaft war: „Ich gehe jetzt nach Hause, es
st Zeit, sonst macht uns die Polizei ein Uebersitzprotokoll.“ Ich forderte den
MNeister auf, mit mir zu gehen, und wir entfernten uns. Meister bewaffnete
ich beim Fortgehen mit einem eisernen Schürhaken und ich mit einer Kohlen⸗
chaufel, damit ich mich wehren könnte, wenn mir ungefähr etwas passiren
sollte. Als wir um die Ecke des Hauses herumgebogen waren, standen an
zinem engen Gäßchen Nahm und Schattner und in einer Entfernung von
etwa 25 bis 30 Schritten davon weg Ulrich. Nahm hatte ein Messer und
machte damit einen Angriff auf Meisier. Ich bin gleich retour und entfernte
mich. Als ich im Begriff war, mich zu entfernen, rief Nahm: „Ich bin ge—
chlogen worden.“ Den Meister hörie ich mehrmals sagen; „Franz, laß mich
ain Gotteswillen gehen, ich habe nichts mit Dir.“ Ich bin gleich fort nach
hause und habe nicht gesehen, wie Meister den Nahm mißhandelt hat, wohl
iber habe ich noch gesehen, daß er mit dem Schürhaken abparirt hat.“ Durch
die vollständig unverdächtigen und glaubwürdigen Zeugen Nahm und Schattner
ist festgestellt, daß der Angeklagte bei dem in Frage flehenden Vorfalle, am
i9. Dezember 1880 zu Hettenleidelheim, in dem Hofe der Maltry'schen
Wirthschaft das offene Messer in der Hand hatte und in die Wirthschaft
urückging, als Nahm zu ihm sagte: „Anton, Du stehst ja da wie ein Moörder,
was willst Du denn mit dem Messer?“ Dieselben Zeugen wie auch zwei
veitere noch geben in übereinstimmender Weise an, daß kurz darauf Wilhelm
Meister und der Angeklagte, jener mit einem Schürhaken, dieser mit einer
dohlenschaufel bewaffnet, aus der Wirthschaft heraus kamen und auf sie los⸗