27. Jun i. Verhandlung gegen Georg Schaumlbffel, 39 J, a.,
pensionirter Wagenwärter von Ludwigshafen, wegen Meineids. Ver⸗
ireter der k. Staatsbehörde: Staatsanwalt Petri Vertheidiger Rechtsan⸗
walt Gebhart.
Im Sommer des Jahres 1880 Keß sich der Angeklagte gegen dessen Ruf
im Allgeweinen bis jetzt nichts Nachtheiliges vorliegt, unter der Leitung seines
Biuders, des Maurers Joöoseph Schaumlöffel von Kaiserslautern, auf sein
zu Ludwigshafen gelegenes einstöckiges Wohnhaus einen zweiten Stock auf⸗
bauen. Die hierbei nothwendige Schiefer eckerarlieit suchte sich der Schiefer⸗
decker Ignatz Schneider von dort zu verschaffen« und nach mehrfachen Trängen
wurde ihm die Aussührung derselben Anfangs Juli 1880 zugesagt und diese
dann auch sofort aui 2. Juͤli 1880 in Angriff genommen. Nach beendigtem
Geschäfte übergab Schneider, nach dessen Auffiellungen den Preis der Arbeit,
zu 2 Gulden 6 Kr. — 8 M. 60 Pfg. pro Quadratmeter vorher vollständig
dereinbart worden war, dem Angeklagten die Rechnung, welche dieser, ohne
sie näher zu betrachten, in sein Nebenzimmer legte. Die ganze Rechnang be⸗
srug 79 M. 89 Pf. Wegen der Bezahlung kam es jedoch zum Prozesse und
Geoͤrg Schaumlöfsel beschwor vor dem Amisgerichte Ludwigsheifen, daß es
wahr sei, daß er die sämmtlichen Schieferdeckerar eiten auf seinem Hausdache
dem Schneider um die Pauschalsumme von 86 Mark, welche am J1. Januai
1881 zahlbar sein sollte, veraccordirt habe; daß später eine andere Verein⸗
barung nicht zu Stande gekommen sei, und daß, wenn er nachher dem Kläger
2 fl. s kr. oder 83 M. 60 Pf. pro Quadratmeter der Bepeckun-, geboten habe,
dies nur für den Fall geschehen sei, daß die Sache außergerichtlich erledigt würde.
Nach den Aufstellungen der Anklage sollen sich nun hinreichende Verdachts⸗
momenle ergeben haben, daß der Angeklagte diesen Eid, in seinen wesentlichsten
Punkten fatsch ausgeschworen habe und, wurde auch derselbe des faͤhrlässigen
Meineides füt schuldig befunden und in eine Gefängnißstrafe von
4Monatenverurtheilt.
720. Juni. Verhandlung gegen Katharina Stork, 22 J. a. ledig,
Tochter von Michael Stort, Aclerer in Mackenbach, wegen Kindsmordes. Ver
sfreter der k. Staatsbehörde: II. Staatsanwalt Dr. Krell, Vertheidiger:
Rechtsanwalt Schmidt.
Die Angeklagte, eine etwas beschränkte Person, befand sich seit der Heu⸗
ernte v. Is. in anderen Umständen. Weit entfernt nun, daß sie diesen ihren
Zustand ihren Eltern, welche sie danach fraaten, zugab, oder daß sie Anstalten
für die Geburt ihres zu erwartenden Kindes traf, verheimlichte sie denselben
hartnäckig. Sie stellt auf. daß sie diesen ihren Zustand nicht gekannt habe,
indem sie sich für wassersüchtig gehalten habe. Am 21. Mai tam die Ange⸗
klagte in ihrer elterlichen Wohnung in einem Zimmer, in dem sie allein schlief,
nieder mit einem Kinde weiblichen Geschlechts. Nach der Gevurt stach sie mit
einem Messer dem Kinde in den Unterleib, wickelte dasselbe dann in einen
Unterrock, trug es morgens gegen 3 Uhr auf den Kartoffelacker des Ackerers
Philipp Schmuͤt von Mackenbach und verscharrte es hier im Boden, wo es
qm 27. Mai abhin aufgefunden wurde. Die Sektion des Kindes hat er⸗
geben, daß dasselbe vollstaändig lebensfähig war.
Der Tod desselben ist erfolgt durch gewaltsames Eintreiben eines schnei—
denden oder stechenden Instrumentes in die Bauchhöhle. Derselbe ist also,
da die Angeklagte zugibt, denn Kinde mit einem Mejser in den Leib gestochen
zu haben, durch diese herbeigeführt worden. Die Angeklagte will glauben
machen, daß sie nicht gewußt habe, daß die Leiche ein Kind war, Sie spricht
foriwährend von einem „Gegenstande“, in den sie deßhalb gestochen habe,
um zu konstatiren, was es sei.
Die Anklage erblickt in der Verheimlichung der Schwangerschaft, der
Unterlassung der Herrichtung von Kindszeug, der Abweisung jedes Beistandes
be der Geburt, der Verheimlichung der Geburt, dem Verscharren der Kinds⸗
leiche sowie in dem Besitze und Gebrauche des Messers unwiderlegliche Bewe se
dafür, daß die Angeklagle wußte, daß sie ein Kind geboren und daß sie dieses
Kind vorsätzlich getödtet habe.
Tie Angeklagte wurde unter Annahme mildernder Umstände für schuldig
erkannt und zu einer Gefängnißstrafe von zwei Jahren verurtheilt.
Vermischtes.
* St. Ingbert, 1. Juli. Auf gestern Nachmittag hatte
der engere Ausschuß des liberalen Wahlver—
eins sfür de Wahlbezirk Zweibrücken-Pirma—
sens die Vertrauensmänner zu einer Besprechung über die Can—
didaturen für die bevorstehenden Landtagswahlen nach Zweibrücken
eingeladen. Nach kurzer Berathung wurden vorläufig als Candi—
daten für den Landtag in unserem Wahlbezirk aufgestellt: Herr
Oberapellrath C. Schmidt in München, Herr Bürgermeister
Märker in Zweibrücken und Herr Oekonom Höh in Gerhards—
brunn. Leider lehnte der anwesende Herr Fabrikant Adt von
Ensheim, der als Candidat in Aussscht genommen war, aus Ge—
schäftsrücksichten entschieden ab. Die Herren Schmidt und Höh
haben bekanntlich unseren Wahlbezirk schon in der abgelaufenen
Legislaturperiode im Landtage vertreten und besitzen gewiß in doll⸗
stein Maße das Vertrauen der Bevölkerung, das letztere läßt sich
wohl auch von Herrn Bürgermeister Märker in Zweibrücken sagen.
Schließlich wurde »den Vertrauensmännern noch Mittheilung ge—
macht von der Annahme der Candidatur für den Reichstag seitens
des Herrn Oskar Krämer. Es wurde diese Mittheilung allgemein
mit der größten Befriedigung aufgenommen.
Vom 1. Juni 1880 bis J. Juni 1881 wurden im Forst⸗
amtsbezirke Zweibrücken erlegt: 48 Wildschweine, 371 Reh—⸗
böcke, J Haselhuhn, 6182 Hasen, 1628 Feldhühner, 60 Wildenten,
144 Waldschnepfen, 96 Bekassinen, 524 Füchse, 10 Edelmarder,
45 Steinmarder, 3 Wildkatzen, 7 Fischotter, 32 Dächse und 60
Iltis mit einem Gesammtwerthe von 32,676 Mark.
Im k. Forstamtsbezirke Pirmasens wurden erlegt: 40
Sauen, 202 Rehböcke, 4 Haselhühner, 1598 Hasen, 484 Feld⸗
hühner, 1 Wildente, 48 Waldschnepfen, 4 Bekassinen, 213 Füchse,
9 Edel- und 11 Steinmarder, 1 Fischotter und 4 Iltis in Summa
2622 Stück mit einem Werthe von 10,421 Mark.
Griginelle Bekanntmachung.) Der Ge—
meindediener eines Dorfes in der Südpfalz machte durch die Orts—
schelle gemäß eines ihm ertheilten Auftrages dieser Tage Folgendes
zekannt: „Am Samstag Morgen um 9 Uhr kommt der Perpel—
posser; wer Kinder zu perpeln hat, der kann sie zum Wirth N. N.
bringen, dort werden sie geperpelt.“
F'In Landa'u nahm eine Gemeindeversammlung ohne
discussion einstimmig den Antrag des Stadrathes an, ein Anlehen
bon 300,000 Mtk. aufzunehmen, nachdem Herr Bürgermeister Dr.
Fichhorn die einzelnen Positionen erläutert und bemerkt hatte, daß
ꝛs zur Deckung dieser vom Stadtrathe beschlossenen, der Stadt zu
dauernden Nutzen gereichenden Ausgaben nur zwei Wege gäbe,
»ntweder Aufnahme eines Anlehens oder Einführung von Gemein-
deumlagen, die in diesem Falle 2 bis 300 pCt betragen würden.
FWie das „T. f. S.“ mittheilt, wurde bei einem am 28.
v. Mis. niedergegangenen Gewitter in dem Walde bei Reisdorf
eine Frau von dort beim Heidelbeerpflücken vom Bliz erschlagen.
— Bezirksrabbiner Dr. Salvendi in Dürkheim hat in nahe⸗
zu drei Wochen über 6000 M. zur Unterstützung der Opfer der
Judenverfolgung in Rußland gesammelt.
- Vor einer Versammlung von 300- 400 liberalen Wählern
erstatteten am Sanntag in Langmeil die Landtagsabgeordneten
von Kaiserslautern-Kirchheimbolanden die HH. v. Stauffenberg,
Vaillant und Herr, Bericht über die Thätigkeit des Landtags. Die
drei Herren wurden hierauf einstimmig wieder als Kandidaten für
die bevorstehende Wahl aufgestellt.
4 Am Dienstag Nachmitiag waren die Pioniere in Speyer
auf ihren Uebungsplatz ausgerückt, um Minensprengungen vorzu⸗
ehmen. Die zur Verhütung eines Unglücks erforderliche Posten⸗
ketie war aufgestellt, um den Platz abzusperren. Zwei Schüler
der 5. Lateinclasse, der Eine der Sohn des Herrn Bauamtmannes
Geyer, der Andere der Sohn der Bauamtmannsassessorswittwe
Hroß, wagten sich trotz der Warnung eines Postens (wie man er—
zählt, nur fünf Schritte) über dic Grenze. Die Mine flog auf
uͤnd ein etwa Fuß langes Stück einer Eisenbahnschiene traf Beide
'o unglücklich an den Kopf, daß bei denselben augenblicklich der
Tod eintreten mußte. Die Unglücklichen standen nämlich fest neben
inander gelehnt, der Arm des Einen auf der Schulter des Anderen.
Heyer wurde zuerst getroffen und zwar so, daß der obere Theil
des Kopfes vom Beginn der Stirn an abgerissen wurde. Groß
wurde in's Gesicht geschlagen. Die Aufregung in der Stadt läßt
iich denken. Die erste Kunde wurde von einem Adjutanten gegen
4 Uhr der Polizei gebracht.
4 Die diesjährige Anstellungsprüfung der prote—
ttantischen Pfarramis-Candidaten der Pfal z ging am Dienstag
zu Ende. Sämmtliche Candidaten haben dieselben bestanden und
erhoffen, da gegenwärtig siebzehn Pfarrstellen unbesetzt sind, in
kürzester Zeit ihre Anstellung.
Selstlobeines Wurstmachers. Ein Münchener
Schweinemetzger hat das Innere seines Hauses mit folgenden
Reime geschmückt:
„Feindlich ist des Metzgers Streben;
Mit zerreißender Gewalt
Geht er Ochsen, Stieren an das Leben,
Und macht fette Schweine kalt.
Was er schuf, verzehrt man wieder,
Nimmer ruht der Wurstgenuß;
Froh erschallen seine Lieder,
Wenn er Därme füllen muß,
Mensch! daraus erkenn' die Lehre:
„Jeder Stand hat seine Ehre!“
4 Ein 2hhzjähriges Mädchen ersticht ihren Bruder. Am 24.
Juni versetzte zu Welchen bach (Niederbayern) das 2/ jährige
Mädchen enes Schreiners seinem 7jährigen Bruder einen Stich in
die Brust, welcher den augenblicklichen Tod zur Folge hatte.
4 In der Umgebung von Hof (Oberfranken) hat ein am
Zamsiag niedergegangenes Hagelwetter furchtbare Verwüstung an⸗
jerichtet. Es fielen Schlossen in der Größe von Hühnereiern; die
Feldfrüchte sind total zerstört.
f7 Weibliche Feuerwehr, — das ist die neuest⸗
Frrungenschaft der Frauenemanzipation. In Flötzingen (Württem—⸗
Herg) desitzt die Feuerwehr 42 vollstöndig zur Feuerwehr heran⸗
zezogene Wasserträgerinnen, die bei einer durch den Landesinspektor
horgenommenen Uebung sämmtlich in Reih und Glied, in zwei
Interabtheilungen, jede mit einem zu diesem Zwecke auf eigene
dosten angeschaͤfften verzinnten blechernen Wassereimer ausgerüstet.
n ihrer schmucken Sonntagstracht angetreten waren. Jede Unter⸗
ibtheilung hat eine Führerin, welche die Liste führt und welche
die Mädchen auf dem Rathhause selbst wählen dürfen. Die Ja⸗
pektion fiel in Zufriedenheit des Feuerwehr-Inspektors aus.
4 Ein Rellungsapparat gegen das Ertrinken führle kürzlich
m Admir alsgartenbad zu Berlin der Ingenier v. Nawrock
einem zahl reich erschienenen Publicum, darunter höhere Beamter
— DD
Der Apparat besteht aus einer aus wasser-luftdichtem Gummistof
ingefertigten, unten offene Tasche von 14 Centimeter Breite und
»8 Centimeter Länge. Innerhalb derselben bemerkt man ein kle